DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-06-2018 08:30
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.06.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:


In großen Landesteilen weiter teils unwetterartige Gewitter durch Starkregen.
Heute im Nordosten trockene Luft, am Sonntag im Nordwesten stabilere
Luftmassen. Am Montag in der Nordhälfte deutlich stabilere Luft.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... setzt sich die Großwetterlage der Vortage fort. So befindet sich ein
Höhentief bei Spanien. Gleichzeitig lässt sich bei den Britischen Inseln ein
Kurzwellentrog ausmachen. Deutschland befindet sich auf der Vorderseite in einer
südwestlichen Höhenströmung, die allerdings nicht sonderlich kräftig ausgeprägt
ist.

Am Boden ergibt sich erneut ein diffuser Isobarensumpf mit diversen Minima und
Maxima, wobei sich der niedrigste Luftdruck von Südostbayern bis zur Mitte
erstreckt. Orientiert an der Tiefdruckverteilung ergeben sich im Bodenwindfeld
verschiedene Konvergenzen.

Aktuell sind in der schwülwarmen Luftmasse über Südbayern schon die ersten
Gewitter aktiv, die auch Starkregen mit sich bringen. Über dem Nordwesten und im
äußersten Westen des Landes sind dichte Wolkenfelder unterwegs. Dabei regnet es
im Nordwesten auch schauerartig verstärkt. Taupunkte liegen in weiten Teilen des
Landes zwischen 14 und 18 Grad. Einzig im Nordosten und in Teilen des Ostens
befinden sich trockenere Luftmassen, wobei die Taupunkte zum Teil im
einstelligen Bereich liegen.

Das ist die Ausgangsituation für den Tag. Bei Betrachtung der Advektionsfelder
dürfte es im Tagesverlauf wenn überhaupt nur leichte Verschiebungen geben.
Zunächst ein Blick auf die heutigen Gefährdungsgebiete für Gewitter. Der
Feuchteverteilung folgend sind alle Regionen von der Mitte bis in den Süden,
sowie der Nordwesten im Fokus des heutigen Tages, während den Nordosten erneut
länger sonniges Wetter erwartet (etwa ausgehend vom östlichen Schleswig-Holstein
und Niedersachsen und nördlich von Südbrandenburg und der Leipziger
Tieflandsbucht) erneut.
Bei der Betrachtung der aktuellen und auch prognostizierten Druckverteilung und
korrespondierenden Bodenwind ergibt es ein klarer Schwerpunkt der
Gewitteraktivität. Dieser ergibt sich vom nördlichen Bayern bis nach
Südthüringen und in das südliche Sachsen. Eine Animation der Bodenwinde von
COSMO D2 zeigt in diesen Regionen starke Konvergenzerscheinungen und auch die
Feuchtflusskonvergenz zeigt dort ein Maximum. In dieser Region wird also der
Hauptfokus am heutigen Tage liegen.
Selbstverständlich sind aber auch die anderen Regionen nicht aus den Augen zu
verlieren, dort sind die entstehenden Gewitter aber zunächst vor allem an die
Orographie gekoppelt um dann im weiteren Entwicklungsprozess sich auch an
diversen Interaktionen von Outflowboundaries abseits der Berge neu zu
entwickeln.
Ein gewisses Minimum ergibt sich zwischen Alpenrand und Donau. Das erscheint
plausibel, da mit der östlichen Strömung und der Überströmung der Schwäbischen
Alb gewisse Leeeffekte zum Tragen kommen. Außen vor bleibt zunächst auch der
Nordwesten, der durch die aktuelle Bewölkung gedeckelt wird. Verschiedene
Modelle zeigen aber eine Erholung der Luftmasse im Laufe des Nachmittags und
frühen Abends, sodass dann an der Grenze zu den Niederlanden ebenfalls Gewitter
erwartet werden können. Weiter östlich dürfte die Advektion trockenerer
Luftmassen Gewitter eher unwahrscheinlich machen.

Soviel zunächst zur Gewitterverteilung. Die Hauptgefahr bei den Gewittern geht
dabei erneut von Starkregen aus. Mehr um 35 mm ppw und geringe Höhenströmung
dürften erneut für örtlich begrenzt teils hohe Niederschlagsmengen sorgen. Durch
Verclusterung einzelner Gewitter, kann es auch über einen längeren Zeitraum zur
Akkumulation größerer Mengen kommen. Die Größenordnung liegt dabei zwischen 25
und 40 l/qm in einer Stunde und ganz vereinzelt auch einmal um 60 l/qm in 1 bis
2 h. Letzteres dürfte vor allem in dem oben angesprochenen
Hauptgefährdungsgebiet im Fokus liegen.
Neben dem Regen kann es auch noch Hagel bis 2 cm, oder große Hagelansammlungen
sowie Wind- und vereinzelte Sturmböen geben. Diese Dinge sind aber angesichts
kaum vorhandener Dynamik als eher gering wahrscheinlich einzustufen.

In der Nacht auf Sonntag hält die Gewitteraktivität zunächst noch an, sodass in
der ersten Nachthälfte immer noch Potential für Unwettergewitter besteht. Im
weiteren Verlauf der Nacht lässt die Gewitteraktivität dann aber immer mehr
nach. Vor allem dort, wo es tagsüber Regen gab, kann sich bei nur schwachen
Windbewegungen und Aufklaren Nebel bilden.


Sonntag... Ist die Grundkonstellation vergleichbar mit den Vortagen. Das
Höhentief liegt weiter bei Spanien und nähert sich nur unwesentlich. Der
Kurzwellentrog wandert unter Abflachung allerdings von den Britischen Inseln
über die Nordsee ostwärts und tangiert damit auch den Norden des Landes. Damit
wird in den Nordwesten und später auch bis nach NRW stabilere und auch
trockenere Luft advehiert. Mit dem Kurwellentrog kommt die feuchte Luft über dem
Osten aber auch weiter nach Norden voran, sodass nur noch Teile von
Mecklenburg-Vorpommern im Bereich der trockenen Luftmassen verbleiben.

Daraus ergeben sich auch wieder die Gefährdungsgebiete für das Auftreten der
Gewitter und Unwetter. Die folgenden Gebiete lassen sich größtenteils aus dem
Gefährdungsgebiet herausnehmen. Das ist zum einen der Nordwesten bis nach NRW,
dann der äußersten Nordosten (bei beiden siehe Ursachen oben). Aber auch ganz im
Süden ist das Gefährdungspotential eher gering. So werden am Alpenrand
trockenere Luftmassen und ein Ansteigen des HKN vorhergesagt. Das gilt
insbesondere für die Gebiete südlich der Donau. Gerade in BaWü dürfte sich ein
Großteil der Konvektion auf die Schwäbische Alb und den Schwarzwald
konzentrieren, während in Südbayern vor allem der direkte Alpenrand betroffen
wäre.
Der Hauptschwerpunkt ist bei der Betrachtung der Druck- und Windverteilung vor
allem über der Mitte und im Osten zu finden. Die Animation der Bodenwinde zeigen
starke Konvergenzeffekte ausgehend von Rheinland-Pfalz über Hessen und Thüringen
sowie dem nördlichen Bayern, bis nach Sachsen und Brandenburg.

Als Begleiterscheinung steht erneut der Starkregen im Fokus, wenngleich mit dem
Kurzwellentrog die Höhenströmung etwas zunimmt. Vor allem im Osten steigen
gleichzeitig aber auch die ppw- Werte noch etwas an (>35 mm). Starkregen im
Unwetterbereich erscheint damit lokal eng begrenzt wahrscheinlich. Extreme
Unwetter sollten aufgrund der etwa höheren Zuggeschwindigkeit aber weniger
wahrscheinlich werden. Am ehesten sind diese bei wiederholten Treffern von
Gewittern zu erwarten.
Wind und Hagel bleiben im markanten Bereich und sollten keine größeren
Auswirkungen haben, wenn man von lokal größeren Hagelansammlungen mal absieht.

In der Nacht auf Montag gibt es bis in die erste Nachthälfte hinein die Gefahr
von Gewittern mit Potential für unwetterartigen Starkregen. In der zweiten
Nachthälfte nimmt die Aktivität dann deutlich ab. Gleichzeitig kommt die
stabilere und trockenere Luft rückseitig des Kurzwellentroges im Norden weiter
nach Osten voran. Lokal bilden sich Nebelfelder.


Montag... kommt der Höhentrog ganz allmählich in Richtung Südwestfrankreich
voran und nähert sich damit ein wenig Deutschland an. Der Kurzwellentrog zieht
über Südschweden weiter langsam ostwärts und seine Rückseite beeinflusst vor
allem den Norden mit stabileren und trockeneren Luftmassen.

Damit ergibt sich für Deutschland eine zonale Zweiteilung, wobei über der Mitte
und dem Süden weiterhin die schwülwarmen und labilen Luftmassen liegen. Das
bedeutet, dass für die Nordhälfte nicht mit Gewittern gerechnet werden muss,
während etwa südlich einer Linie Eifel - Rhön - Thüringer Wald -Westerzgebirge
erneut Gewitter bis in den Unwetterbereich zu erwarten wären.

Das Hauptaugenmerk dürfte dabei auf den Südwesten gerichtet werden (RLP, BaWü,
Südhessen), wo durch die Annäherung des Höhentiefs auch ein gewisser dynamischer
Antrieb mit ins Spiel kommt. Weiter nach Osten ist Höhenströmung hingegen eher
noch leicht antizyklonal konturiert. Zudem ist dort die Luftmasse weniger feucht
und das HKN liegt gerade über Ostbayern deutlich höher. Demnach dürfte in den
weiter östlich gelegenen Gebieten das Gewitterpotential vornehmlich auf die
Orographie beschränkt bleiben.

Als Begleiterscheinung steht abermals der Starkregen im Fokus. Bei ppw-Werten
von 35 mm sind Unwetter im Hauptgefährdungsgebiet wahrscheinlich. Bei
zunehmenden südwestlichen Höhenwinden erscheinen extreme Unwetter eher wenig
wahrscheinlich (W500: 20 bis 25 kn). Die hochreichende Scherung ist weiter eher
gering, nimmt aber im Vergleich zum Vortag zumindest etwas zu, sodass Hagel wohl
etwas präsenter sein könnte, als an den Vortagen. Gleiches gilt für das
Potential von Wind- und Sturmböen.

In der Nacht auf Dienstag nähert sich der Trog ganz zaghaft weiter an und
verstärkt durch Advektionsprozesse auch die Luftmassengrenze über den Südwesten
von Deutschland. Zudem wird die dynamische Komponente auch immer präsenter für
die Prognose der Gewitteraktivität. So zeigt ICON einen markanten
Kurzwellentrog, der in den Südwesten von Deutschland wandert. Mit diesem
Kurzwellentrog soll in der labilen Warmluft ein MCS über dem Südwesten ausgelöst
werden, das in weiterer Folge bis nach Bayern wandert. Damit wären dann alle
Begleiterscheinungen im Unwetterbereich zu erwarten. Neben Starkregen und vor
allem anfangs größeren Hagel, wären dann Sturmböen und lokal Orkanböen im
Bereich des Möglichen. Das Beschriebene stellt die Version von ICON dar.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine insgesamt konsistente Entwicklung.
Die Unsicherheiten ergeben sich bei der Prognose der genauen Schwerpunkte. Für
den heutigen und morgigen Tag sind sich die Modelle aber im Großen und Ganzen
einig. Ziemlich unsicher ist noch die Prognose der Nacht auf Dienstag, wo das
Potential für die Entwicklung eines MCS besteht. Bis dahin gehen aber ohnehin
noch einige Unwetterwarnungen von Vorabinformationen ins Land.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer