DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-06-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.06.2018 um 10.30 UTC



Zunächst noch schwülwarm mit teils unwetterartigen Gewittern. Mitte kommender
Woche kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 15.06.2018


Am Montag befindet sich über Westeuropa ein großräumiges Höhentief mit einem
korrespondierenden Bodentief über Frankreich. Auf der Vorderseite des Höhentiefs
hat sich ein Höhenrücken aufgewölbt, der große Teile von Süd- und Südosteuropa
beeinflusst.
Die Frontalzone verläuft über Nordeuropa, wobei sich darin eingelagert ein
Kurzwellentrog über Südskandinavien befindet, der sich langsam ostwärts
verlagert. Dazu passend findet sich auch am Boden tiefer Luftdruck über
Skandinavien. Die davon ausgehende Bodenfront verläuft vom Baltikum kommend
zonal über die Mitte Deutschlands und geht schließlich in dem Tief über
Frankreich auf.
Diese Konstellation zeigt auch, dass ein weiteres Vorankommen der
Luftmassengrenze nach Süden durch den Tiefdruckkomplex über Westeuropa
ausgebremst wird. Für den Vorhersageraum bedeutet dies, dass die schwülwarme bis
heiße Luftmasse über der Südhälfte des Landes erneut für zahlreiche Gewitter
sorgen wird. Dabei steht bei den hohen Feuchtewerten vor allem der Starkregen im
Fokus. Aber auch die hochreichende Scherung nimmt zu, sodass größerer Hagel
ebenfalls ein Thema werden könnte. Im Norden und Nordosten ist es hingegen
freundlich, trocken und etwas kühler.

Am Dienstag verlagert sich das Höhentiefzentrum nach Zentralfrankreich. In den
Nordwesten von Deutschland schiebt sich ein neuer Kurzwellentrog. An der
grundsätzlichen Situation ändert sich im Vergleich zum Vortag nichts
Wesentliches, außer, dass die Luftmassengrenze noch ein wenig nach Süden
vorankommt, sodass die schwülwarmen Luftmassen mit Gewitter südlich des Mains
ihre Hauptaktivität haben. Im Norden bleibt es hingegen freundlicher, wenngleich
durch den Trogeinfluss die Sonnenscheindauer etwas gedämpft ist.

Am Mittwoch verlagert sich das Höhentief in Richtung Norditalien und nimmt
Verbindung mit dem Trog über Nordeuropa auf. Deutschland gelangt dabei
allmählich auf die Trogrückseite und von Westen her schiebt sich ein zonal
orientierter Höhenkeil nach Mitteleuropa. Die Luftmassengrenze verlagert sich in
Richtung Alpen, sodass es vor allem südlich der Donau noch längere Zeit regnet.
Dabei ist auch das Überschreiten von Dauerregenkriterien nicht ausgeschlossen.
Im Rest des Landes ist es unter Trogeinfluss bzw. Trogrückseite wechselnd
wolkig. Da die Luftmasse recht trocken ist und bald auch der Keil nachschiebt,
muss nicht mit Niederschlag gerechnet werden.

Am Donnerstag und Freitag dominiert Antizyklonalität. So verstärkt sich der
Höhenrücken über Mitteleuropa und bildet einen eigenständigen Höhenhochkern.
Damit überwiegt an beiden Tagen freundliches Wetter. Bei wechselnder Bewölkung
bleibt es vielfach trocken. Einzig in Richtung Alpen liegen noch die Reste der
feuchten Luftmassen, sodass dort auch etwas schauerartiger Regen möglich ist.

In der erweiterten Mittelfrist verschiebt sich das Höhenhoch nach Osteuropa,
sodass Deutschland auf die Vorderseite eines Troges bei den Britischen Inseln
gelangt. Damit werden am Samstag erneut wärmere Luftmassen mit einer
südwestlichen Strömung nach Deutschland advehiert, die auch wieder potentiell
instabil sind. Nachfolgend beginnt die Höhenströmung aber deutlich zu
zonalisieren.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die mittelfristige Entwicklung wird zunächst recht einheitlich vorhergesagt. Die
Unsicherheiten beginnen mit der Umstellung der Großwetterlage zur Wochenmitte.
Im Vergleich zu den beiden Vorläufen verdrängt der heutige 00 UTC ECMW-Lauf die
schwülwarme Luftmasse deutlich rascher aus Deutschland. So würde die LMG am
Mittwoch mit Regen südlich der Donau liegen, während nach den beiden Vorläufen
noch große Teile der Südhälfte von den schwülwarmen Luftmassen beeinflusst
wären.
Auch am Donnerstag lägen große Teile Deutschlands nach dem gestrigen 12 UTC Lauf
noch trogvorderseitig, während der gestrige 00 UTC Lauf den Vorhersageraum auf
der Trogrückseite sieht und die jüngste Rechnung von Westen sogar schon den Keil
in den Westen des Landes schieben würde.

Auch in weiterer Folge bleiben die Unsicherheiten bestehen. Beispielhaft das
Wochenende. Der gestrige 12 UTC Lauf zeigte einen sich verschärfenden Trog, auf
dessen Vorderseite Deutschland gelangt. Das würde ein erhöhtes Unwetterpotential
für den Vorhersageraum am Sonntag bedeuten. Der 00 UTC Lauf von heute zeigt
hingegen nach kurzzeitiger Trogvorderseite eine deutliche Zonalisierung der
Strömung.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich der verschiedenen Globalmodelle spiegeln sich die gleichen
Unsicherheiten wie auch zwischen den ECMWF-Läufen wieder. Es ist derzeit noch
unsicher, wie schnell die schwülwarmen Luftmassen am Mittwoch verdrängt werden.
ECMW stellt dabei die progressivste Version dar. Auch das deutsche ICON ist
ähnlich rasch. Durch Konstellation in der Höhe werden aber auch noch für den
Osten Niederschläge prognostiziert. Beim GFS liegt die schwülwarme Luftmasse
noch am weitesten im Norden.

Für die zweite Wochenhälfte sind ECMWF und ICON mit der Antizyklonalität recht
einig. GFS 00 UTC fällt hingegen aus der Reihe und zeigt fortlaufend die
Aktivität schwülwarmer Luftmassen vornehmlich über der Südhälfte des Landes. Die
Folge wäre weiterhin Gewitteraktivität. Ein wirklicher Luftmassenwechsel würde
demnach über der Südhälfte gar nicht stattfinden. Damit steht GFS auch im
Vergleich mit anderen Globalmodellen allerdings eher allein da und erscheint
zunächst wenig realistisch, zumal auch das die verschiedenen Modelläufe des GFS
nicht konsistent ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zunächst ein Blick auf das Clustering des ECMWF Ensembles. Für den Zeitraum +120
h bis +168 h (Mi bis Fr) wird nur ein Cluster angeboten. Damit wird die
Grundkonstellation der Großwetterlage als recht konsistent zwischen den
verschiedenen Ensemblemitgliedern eingestuft. Gerade bei dieser typischen
sommerlichen Konstellation in der Höhenströmung ist dies aber nicht
überraschend, da die Unterschiede dann eher im Details zu finden sind.
Für den Zeitraum +192 h bis + 240 h (Sa bis Mo) wird die volle Bandbreite an
sechs Clustern angeboten. Im Wesentlichen liegen die Unterschiede darin, ob sich
eine neue Blockadelage etabliert oder ob die Großwetterlage deutlich
zonalisiert. Das am stärksten besetzte Cluster 1 (11 Member + HL), zeigt eine
deutliche Zonalisierung, wobei die Frontalzone recht weit nördlich verliefe,
sodass die Südhälfte wohl deutlich von der Antizyklonalität profitieren dürfte.
Dem ähnlich ist Cluster 5 (6 Member), allerdings mit weiter südlich verlaufender
Frontalzone. Cluster 2 (mit immerhin auch 11 Member) zeigt ein ganz anderes
Bild. Demnach würde sich eine erneute kräftige Blockade einstellen, wobei der
Höhenrücken über Mittel- und Osteuropa wirksam wäre und stromab ein kräftiger
Trog über dem nahen Ostatlantik läge. Cluster 3 (10 Member) ist ähnlich
aufgestellt, wobei das Muster aber weiter nach Osten verschoben wäre, sodass
Deutschland, vorderseitig liegend, voll unter dem Einfluss des Troges wäre.
Cluster 4 (8 Member) und 6 (5 Member) stellen Zwischenlösungen dar.

Die Rauchfahnen von Offenbach zeigen eine enge Bündelung zu Beginn der
Mittelfrist mit einem Abfall der Geopotentials und der Temperatur in 850 hPa ab
Dienstag und einem anschließenden Geopotentialanstieg. Bei der 850 hPa
Temperatur nimmt der Ensemblemittel nach dem Tiefpunkt am Mittwoch ebenfalls
wieder zu. Allerdings zeigt sich schon am Mittwoch eine deutliche Streubreite
zwischen den Membern. Ab der zweiten Wochenhälfte
verläuft der Hauptlauf dabei deutlich am Oberrand aller Member und stellt
vereinzelt sogar die wärmste Lösung dar. Die Niederschlagssignale sind für
Offenbach ab Mittwoch nur noch gering.

Das Ensemble des GFS zeigt einen ähnlichen Temperaturverlauf, wobei sich der
Hauptlauf ebenfalls eher am Oberrand der Lösungen bewegt. Auch bei den
Amerikanern gibt es in der zweiten Wochenhälfte nur noch geringe
Niederschlagssignale, allerdings mit einzelnen Ausreißern nach oben. Zu den
Ausreißern gehört auch der Hauptlauf.

Fazit. Bis zur Wochenmitte ist die Entwicklung recht klar. Am Mittwoch selbst
ist zunächst noch unsicher wie rasch die schwülheiße Luftmasse verdrängt wird.
In der zweiten Wochenhälfte erscheint ein antizyklonaler und etwas kühlerer
Witterungsabschnitt am wahrscheinlichsten. Zum darauffolgenden Wochenende sind
von einer Zonalisierung der Großwetterlage bis hin zu einer erneuten Blockade
(meridionale Konstellation) noch alle Optionen offen und eine Vorhersage ist
noch nicht möglich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis Mittwoch teils unwetterartige Gewitter vornehmlich durch (extremen)
Starkregen. Bei langsam zunehmender Windscherung rückt allerdings auch Hagel
zunehmend in den Fokus und auch der Wind könnte bei besser organisierten
Gewitterzellen durchaus ein Thema werden.

Spätestens in der zweiten Wochenhälfte deutliche Wetterberuhigung (Ausnahme
GFS), sodass dann vorerst keine markanten Wettergefahren zu erwarten sind. Ob
sich dies dann zum darauffolgenden Wochenende wieder ändert steht derzeit noch
in den Sternen.

Mit dem Vorankommen der LMG zu den Alpen kann das Erreichen von
Dauerregenkriterien dort nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der allgemeinen
Unsicherheit ist aber eine klarere Aussage noch nicht möglich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer