DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-06-2018 17:01
SXEU31 DWAV 071800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.06.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin "Gewittersumpflage"; bis Samstag vor allem im Süden und in der Mitte
teils kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial vor allem durch Starkregen und
größere Hagelansammlungen. Sonntag auch im Norden zunehmende Gewittergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein Höhenrücken vom Balkan über Tschechien und die
Mitte Deutschlands hinweg bis nach Nordwestdeutschland bzw. zur südlichen
Nordsee. Flankiert wird diese von zwei Höhentiefs nordwestlich der Iberischen
Halbinsel bzw. über dem Löwengolf, die sich im Laufe der Nacht ein wenig nach
Südosten bzw. Osten verlagern.
Somit verbleiben der Südwesten und Süden Deutschlands unterhalb einer
schwachgradientigen südöstlichen Höhenströmung. Dabei verlagert sich ein flacher
kurzwelliger Randtrog allmählich über den Südwesten Deutschlands hinweg
nordwestwärts, auf dessen Vorderseite auch ein wenig dynamische Hebung (in
erster Linie aufgrund von PVA) generiert wird.
Im Bodenfeld wird dadurch immerhin eine flache Tiefdruckrinne gestützt, die sich
etwa von Südostbayern bis nach NRW erstreckt und im Laufe der Nacht kaum
Verlagerungstendenz zeigt. Dabei verbleiben weite Teile Süd- und
Westdeutschlands bis in die Mitte des Landes reichend im Einflussbereich einer
potenziell instabilen Luftmasse (etwa 800 bis 1500 J/kg ML-Cape und 30 bis über
35 mm PPW), innerhalb derer sich vor allem im Bereich einer leicht
mäandrierenden Konvergenz - mangels synoptisch-skaligen Forcings überwiegend
ausgehend vom Mittelgebirgsraum - im Laufe des Mittags und Nachmittags teils
kräftige Gewitter entwickelt haben.
Im Laufe der Nacht kommt die Gewittertätigkeit nur allmählich zur Ruhe. Vor
allem im Westen Bayerns und Richtung Eifel zeigt COSMO-D2-EPS in der ersten
Nachthälfte noch recht hohe Wahrscheinlichkeiten für Starkregen bis in den
Unwetterbereich. Auch andere Konvektion zulassende Modelle simulieren dort noch
kräftigere Entwicklungen. Erst im Laufe der zweiten Nachthälfte gehen die
Gewitterwahrscheinlichkeiten dort deutlich zurück.
Ruhig verläuft die Nacht dagegen weiterhin im Norden und Osten. Dorthin gelangt
am Südwestrand eines Hochs über Osteuropa trockene Festlandsluft und es bleibt
etwa vom Emsland bis nach Sachsen überwiegend gering bewölkt oder klar und
trocken.

Freitag ... verlagern sich die Höhentiefs bis 00 UTC vor die nordportugiesische
Küste bzw. zur mittleren Adria. Der Höhenrücken wird dadurch über Mitteleuropa
ein wenig nach Osten abgedrängt, vor allem im Süden und Westen nimmt das
Strömungsmuster dadurch eine etwas zyklonalere Kontur an und dreht im Westen des
Landes auf Südwest. Der dynamische Hebungsantrieb bleibt im Vorhersagegebiet
allerdings unverändert schwach ausgeprägt, aber nicht vernachlässigbar.
Im Bodenfeld ändert sich somit nur wenig. Nach wie vor erstreckt sich eine
flache Tiefdruckrinne in etwa von NRW bis nach Südostbayern, die sich gegenüber
dem Vortag noch ein wenig vertiefen kann. Deren genauen Lage und Ausrichtung
betreffend bestehen noch geringe Modelldifferenzen, aber im Groben dürfte der
"Fahrplan" wieder feststehen und ähnlich ablaufen wie am heutigen Tage. Im
Bereich einer in die Rinne eingelagerten Konvergenz befindet sich die potenziell
instabilste Luftmasse mit ähnlichen Instabilitätswerten wie am Vortag (bis 1500
J/kg bei PPW-Werten um 35 mm). Mit der auf Südwest drehenden Höhenströmung
kommen die Rinne und die instabile Luftmasse vor allem im Westen des Landes
etwas nach Norden voran und erreichen nach Lesart der meisten Konvektion
zulassenden Modelle eventuell auch das Münsterland und südliche Emsland.
Ähnlich wie am Vortag dürften sich - ausgehend vom zentralen bzw.
südwestdeutschen Mittelgebirgsraum und von den Alpen - ab dem späten
Vormittag/Mittag erste Gewitter entwickeln. Erneut stehen, die
Begleiterscheinungen betreffend - nicht zuletzt aufgrund der meist geringen
Zuggeschwindigkeit - Starkregen bis in den extremen Bereich (über 40 mm in
kurzer Zeit) und größere Hagelansammlungen im Fokus. GFS und einige konvektive
Modelle lassen die Gewittertätigkeit über dem Westen des Landes etwas weiter
nach Norden (SuperHD bis fast zur Nordsee) ausweiten als z.B. Cosmo-D2
(Münsterland). Ansonsten lassen sich (noch) keine genaueren Schwerpunkte
herausarbeiten.
In den Nordosten und Osten gelangt von Osten her nach wie vor trockene und sehr
warme Festlandsluft, die über der Mitte des Landes (Thüringen, Sachsen-Anhalt)
sogar eventuell etwas nach Westen vorankommt. Dort scheint erneut überwiegend
die Sonne und es bleibt trocken. Da die Strömung etwas mehr auf Südost dreht,
wird die advehierte Luftmasse noch etwas wärmer und die Temperaturen steigen
östlich von Weser und Werra - abgesehen von Schleswig-Holstein und Vorpommern -
vielerorts auf über 30 Grad (MOSMIX bis 33 Grad). Ansonsten liegen die
Höchstwerte zwischen 22 und 28 Grad.

In der Nacht zum Samstag wird das Höhentief bei der Iberischen Halbinsel von
einem Trog über den Britischen Inseln "eingefangen". Der Höhenrücken über
Mitteleuropa verlagert seine Achse noch ein wenig nach Osten, so dass sich im
Westen und Nordwesten des Landes eine schwache südwestliche Höhenströmung
einstellt. Dort sind am ehesten auch noch schwache dynamische Hebungsantriebe
auszumachen, ebenso wie an den Alpen an der Nordflanke des Höhentiefs über der
mittleren Adria, sonst so gut wie keine.
An der Lage der sich tagesgangbedingt etwas auffüllenden Bodentiefdruckrinne
ändert sich kaum etwas. Somit klingen die Gewitter im Laufe der Nacht allmählich
wieder ab, am längsten dürfte die Gewittertätigkeit aber noch im Westen und
Richtung Alpen andauern, also in den Regionen, wo eventuell ein schwaches
synoptisch-skaliges Forcing vorliegt. Bei einer MU-Cape von 500 bis 1000 J/kg -
eventuell mehr - ist dort auch die Entwicklung eines oder mehrere mesoskaliger
Systeme denkbar mit entsprechenden Begleiterscheinungen bis in den
Unwetterbereich bis weit in die zweite Nachthälfte hinein.
Im Nordosten und Osten verläuft die Nacht dagegen gering bewölkt und warnfrei.

Samstag ... ändert sich an der großräumigen Potenzial- und Druckverteilung kaum
etwas. Der Höhenrücken ändert seine Lage kaum und kann sich sogar ein wenig
verstärken, wobei die schwache südwestliche Höhenströmung über dem
Westen/Nordwesten Deutschlands leicht zyklonal konturiert bleibt. Weiterhin
bleibt der dynamische Hebungsantrieb schwach und inhomogen über dem
Vorhersagegebiet verteilt, Schwerpunkte sind am ehesten noch im Nordwesten und
Richtung Alpen auszumachen.
Die Tiefdruckrinne im Bodenfeld scheint im Osten des Landes ein wenig nach
Norden voranzukommen und somit eine mehr zonale Ausrichtung anzunehmen. Sie
erstreckt sich nachmittags/abends etwa vom Rheinland bis zum Erzgebirge. Erneut
wird am Nachmittag - Einstrahlung vorausgesetzt - eine ML-Cape von etwa 800 bis
1500 J/kg generiert bei PPW-Werten von teils über 35 mm und nur schwachem
Deckel. Somit beginnt etwa ab der Mittagszeit das Spielchen von vorne: Ausgehend
vom zentralen Mittelgebirgsraum und Alpenraum, eventuell auch an Outflow
Boundaries ehemaliger Gewittercluster entwickeln sich erneut kräftige Gewitter,
die sich - wie soll es mangels Scherung (lediglich im Nordwesten Deutschlands
ist etwas hochreichende Scherung auszumachen, die aber wahrscheinlich nicht mit
der instabilen Luftmasse überlappt) und Oberströmung auch anders sein - durch
eine geringe Zuggeschwindigkeit auszeichnen. Somit sind in erster Linie bzgl.
des Starkregens wieder unwetterartige Entwicklungen bis in den extremen Bereich
zu erwarten. Schwerpunkte lassen sich nach wie vor kaum ausmachen, allerdings
sind vor allem nach Lesart des GFS und ECMWF wohl auch Sachsen und das südliche
Brandenburg sowie das nordwestliche Niedersachsen betroffen.
In den Nordosten - von Vorpommern und Nordbrandenburg/Berlin bis ins östliche
Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg - gelangt von Osten her nach wie
vor trockene Festlandsluft. Dort scheint meist die Sonne und es bleibt trocken.
An den Höchsttemperaturen ändert sich allgemein nur wenig.

In der Nacht zum Sonntag wird der Rücken weiter nach Osten abgedrängt und von
den Britischen Inseln greift morgens ein Trog auf die westliche Nordsee über.
Somit stellt sich über weiten Teilen des Vorhersagegebietes eine schwache und
meist (außer im Norden und Westen) antizyklonal konturierte Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne somit weiter nach Nordosten voran und
erstreckt sich morgens etwa von der Deutschen Bucht bis zur Lausitz. Im Bereich
der Rinne dauert die Gewittertätigkeit voraussichtlich am längsten an, vor allem
in der ersten Nachthälfte wohl auch noch mit Begleiterscheinungen bis in den
Unwetterbereich.
Im Südwesten und Süden des Landes sollte die Gewittertätigkeit dagegen schneller
zum Erliegen kommen und die Wolken lockern auf, so dass sich örtlich Nebel
bilden kann. Ganz im Nordosten bleibt es vorderseitig der Rinne noch trocken.

Sonntag ... überquert der Höhentrog die Nordsee allmählich ostnordostwärts,
wodurch vorderseitig auch über Teilen des Vorhersagegebietes vor allem durch PVA
etwas Hebung generiert wird. Dadurch kann sich im Bodenfeld die Tiefdruckrinne
etwas vertiefen und erstreckt sich am Nachmittag - nach Lesart des ICON-EU, aber
auch die externen Modelle unterscheiden sich nur wenig - etwa von
Baden-Württemberg bis nach Vorpommern. Rückseitig sickert in den äußersten
Nordwesten voraussichtlich schon etwas kühlere und stabil geschichtete
Nordseeluft, während ansonsten die potenziell instabile Luftmasse weiterhin
wetterbestimmend bleibt. Lediglich in den äußersten Nordosten (Ostseeküste,
eventuell auch Vorpommern und Schleswig-Holstein) gelangt weiterhin trockene und
sehr warme Festlandsluft.
Bei ähnlichen Instabilitätswerten wie am Vortag wiederholt sich das Spielchen ab
den Mittagsstunden erneut: Ausgehend vom Bergland entwickeln sich ab mittags
teils kräftige Gewitter, wobei der Starkregen bis hin zu extremem Unwetter und
größere Hagelansammlungen weiterhin im Fokus stehen. Mit etwas mehr Scherung
sind vor allem im Norden und in der Mitte nun eventuell auch organisiertere
Strukturen denkbar, die große Nummer (Squallline oder ähnliches bzw. gar
Superzellen) ist es diesbezüglich aber nicht.
Die Luftmasse bleibt subtropischen Ursprungs, so dass sich an den Höchstwerten -
außer im Osten, wo die 30 Grad aufgrund von mehr Wolken nicht mehr so häufig
überschritten werden - kaum etwas ändert.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine ähnliche Wetterentwicklung. Die räumlichen
Schwerpunkte konvektiver Aktivität werden von den meisten Modellen ähnlich
simuliert, wobei sich im Detail natürlich schon gewisse Unterschiede ergeben.
Somit sollten eventuelle Vorabinformationen am morgigen Freitag und auch am
Samstag bezüglich ihrer räumlichen Ausdehnung ruhig großzügig abgefasst werden.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff