DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-06-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.06.2018 um 10.30 UTC



Anfangs noch sehr warm bis heiß und vielfach gewittrig. Im Laufe der ersten
Wochenhälfte Zustrom kühlerer Meeresluft mit deutlichem Temperaturrückgang.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 14.06.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag befindet
sich Deutschland unter einem schwachen Höhenrücken, der von Höhentiefs über
Nordspanien und der Ägäis flankiert wird. Im Bodendruckfeld sucht man ein
korrespondierendes Hochdruckgebiet vergebens, stattdessen findet man bei nach
wie vor flauem Gradienten eine umfangreiche Zone mit leicht
unterdurchschnittlichem Luftdruck (um 1010 hPa), die quasi weite Teile Nord-,
Mittel- und Südeuropas überdeckt. Über Deutschland lässt sich dabei eine Art
Tiefdruckrinne ausmachen, die - grob gesprochen - von Nordwest nach Südost
verläuft. Wo genau die Hauptkonvergenz der Rinne liegen wird und wo ggf. noch
weitere konfluente Windzonen zu finden sein werden, lässt sich jetzt noch nicht
abschließend beurteilen. Fakt ist, dass sich weiterhin sehr warme bis heiße
(T850 10 bis 16°C, a, Alpenrand lokal noch wärmer) und vielerorts potenziell
instabile Subtropikluft über Deutschland befindet, in der sich kräftige Gewitter
(Starkregen, Hagel) entwickeln können. Deren genaue Positionierung ist derzeit
aber noch genau so unsicher wie die der o.e. Konvergenzen.

Zu Beginn der neuen Woche wird das "spanische" Höhentief von einem sich
amplifizierenden Trog vereinnahmt, der vom nahen Ostatlantik langsam ostwärts
schwenkt und im Laufe des Dienstag auf Deutschland übergreift. Die Tiefdruckzone
bzw. -rinne wird dabei sukzessive nach Osten abgedrängt, so dass wir auf die
Rückseite in eine bodennah schwache bis mäßige West- bis Nordwestströmung
gelangen. Mit ihr wird kühlere Meeresluft polaren Ursprungs (klingt martialisch,
ist es aber nicht) in den Vorhersageraum gesteuert, die uns aber nicht mit
"voller Härte" trifft, sondern sich über der für Anfang Juni schon relativ hoch
temperierten Meeresoberfläche der Nordsee zumindest einigermaßen erwärmen kann.

Da der Luftmassenwechsel nicht mit "Schmackes" (z.B. markante Kaltfrontpassage
mit scharfem Höhentrog), sondern eher auf gemächlicher Schiene erfolgt, dauert
es bis Mittwoch, bis die vorher wirksame Warmluft nach Süden über die Alpen
abgedrängt ist (T850 am Mittwochabend zwischen 2°C an der Nordsee und rund 8°C
in Ober- und Niederbayern). Entsprechend muss von Montag bis Mittwoch in der
Mitte und im Süden (am Mittwoch wahrscheinlich nur noch im Süden) mit weiteren,
teils kräftigen Gewittern mit örtlicher Unwettergefahr gerechnet werden, die von
Nordwesten her aber teilweise in schauerartigen Regen ohne Gewitter übergehen.

Bereits am Donnerstag steigt das Potenzial von Westen her schon wieder an, zudem
schiebt sich ein Keil des Azorenhochs bis nach Mitteleuropa respektive
Deutschland vor. Im weiteren Verlauf (erweiterte Mittelfrist) steilt die
Höhenströmung im Zuge eine Austrogung über dem Ostatlantik zusehends auf und es
wird - teils bedingt durch Absinken, teils advektiv - zunächst
niedertroposphärisch, letztlich aber auch in bodennahen Schichten wieder wärmer
(T850 am Samstagmittag um 12°C). Bei weitgehend antizyklonalen Rahmenbedingungen
bleibt die Gewitterneigung gering. Ob dann am Sonntag oder mit Beginn der neuen
Woche oder vielleicht überhaupt nicht der Trog mit einem weiteren Schwall
kühlerer Luft auf unseren Raum übergreift, liegt derzeit noch im Reich der
Spökenkiekerei.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTC-Lauf von IFS (ECMF) deckt sich in hohem Maße mit der
gestrigen 00-UTC-Version. Somit wird die Kernaussage, nämlich dass es in der
kommenden Woche zumindest vorübergehend abkühlt, bestätigt. Darüber hinaus
zeichnet sich ab, dass die einfließende kühlere Meeresluft nicht besonders
niederschlagsträchtig ist, was für den Boulevard vielleicht eine gute, genau
genommen aber eine schlechte und für die Trockengebiete Nord- und
Ostdeutschlands sogar eine sehr schlechte Nachricht ist. So gesehen würde man
sich eher die Lösung des gestrigen 12-UTC-Laufs herbeiwünschen, die im Zuge
einer Trogpassage am nächsten Donnerstag/Freitag zumindest ein paar kräftigere
Schauer respektive schauerartigen Regen zustande gebracht hätte (der aber auch
bei weitem nicht ausgereicht hätte, das Trockenheitsdefizit nennenswert zu
mindern).

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen einschlägigen Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) zeigen eine dem
IFS sehr ähnliche Lösung, so dass die Vorhersage auf Basis der deterministischen
Modelle einen hohen Vertrauensgrad besitzt. Das betrifft vor allem die
apostrophierte Abkühlung, während es bei der Niederschlags- bzw.
Gewitterprognose noch einige Unschärfen gibt. Die gibt es allgemein betrachtet
auch für den erweiterten Mittelfristzeitraum, wo die nordamerikanischen
Modellvertreter (GFS, GEM) eine zyklonalere Richtung einschlagen als IFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Sowohl die Rauchfahnen von IFS-EPS als auch von GFS-EPS sprechen in Bezug auf
die ab Montag einsetzende Abkühlung mit einer Zunge, was genau so bemerkenswert
ist wie der vergleichsweise geringe Spread, mit der der Temperaturrückgang
gezeichnet wird. Die wenigsten und auch schwächsten RR-Signale treten dabei im
Norden und Nordosten auf. Das Temperatur- und Potenzialminimum wird am Mittwoch
bzw. am frühen Donnerstag erreicht, bevor es danach - bei allerdings etwas
zunehmender Streuung - tendenziell wieder bergauf geht. Der Hauptlauf markiert
bei diesem Aufstieg übrigens den oberen Rand der Kurvenscharen (T850 und
Pot500), was vielleicht ein kleines Stück für die etwas zyklonalere Version von
GFS und GEM sprechen würde (siehe Bemerkung weiter oben).
Angesichts der Homogenität der Rauchfahnen überrascht es nicht wirklich, dass
für den Zeitraum T+72...96h (Sonntag auf Montag) und T+120...168h (Dienstag bis
Donnerstag) lediglich ein Cluster angeboten wird. Diese Zahl erhöht sich ab
Freitag (bis Sonntag; T+192...240h) auf fünf (15+HL/KL, 13, 10, 9, 4 Fälle), wobei
CL 1 und 2 am antizyklonalsten aufgestellt sind. CL 3 und 4 tendieren schon früh
zu einer Zonalisierung bzw. einer Südwestlage, während CL 5 sogar auf das
Großwetterlagenmuster TrM (Trog Mitteleuropa) setzt.
FAZIT: Die Abkühlung steht, die genaue RR- und Gewitterverteilung noch nicht
ganz. Auch der Ablauf nach Donnerstag ist noch unsicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Rein aus synoptischen Gesichtspunkten ist anfangs noch die Gefahr von kräftigen
Gewittern mit örtlichen Unwettern durch Starkregen und/oder Hagel bzw. größere
Hagelansammlungen gegeben, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür im Norden am
geringsten ist. Die Signale der Modelle sowie deren Anschlussverfahren fallen in
Bezug auf möglichen Starkregen eher zurückhaltend und in ihrer räumlichen
Verteilung allgemein aus, so dass sie für die Vorhersage nur bedingt brauchbar
sind.
Mit geringer Wahrscheinlichkeit stellt sich von Dienstag zu Mittwoch eine
markante Dauerregenlage an den Alpen ein, was vor allem auf der Vorhersage des
deterministischen IFS fußt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, EPS, Modelle
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann