DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-06-2018 16:01
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.06.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Norden und Osten sonnig und heiß. Hohe bis sehr hohe Waldbrandgefahr. Im Süden
und Westen zunehmende Unwettergefahr durch heftige Gewitter mit Starkregen.
Schwül-warm.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegt über dem Kantabrischen Gebirge ein umfangreiches Höhentief,
das auf seiner Vorderseite sehr warme und feuchte Luft in Richtung Balkan und
Alpenraum führt. Dem gegenüber kommt es über Nordosteuropa zu einem markanten
Kaltluftvorstoß, der in Verbindung mit einem sich südwärts ausdehnenden
Landwellentrog steht. Deutschland liegt zwischen beiden Druckgebilden in einer
insgesamt sehr druckgradientarmen Umgebung. Eine schwache Kaltfront ist die
vergangenen Stunden in den Nordosten Deutschlands vorangekommen, bleibt dort
aber nun mehr oder weniger vor Ort liegen. Von daher liegen die Taupunkte im
Norden meist bei rund 10 Grad und steigen im Umfeld der Kaltfront (Pommern) auf
15 Grad an. Im Südwesten und Westen hingegen sickert bereits die feucht-warme
Mittelmeerluft ein und lässt dort die Taupunkte auf 15 bis lokal 19 Grad
steigen. Da jedoch auf synoptisch-skaliger Ebene leichtes Absinken dominiert,
wird heute Abend in den meisten Bereichen Deutschlands ein ruhiger Sommertag
erwartet. Meist liegen die abendlichen Temperaturwerte bei 16 bis 19 Grad im
Umfeld der Kaltfront (Pommern) sowie im Küstenumfeld. Sonst liegt die Temperatur
bei 19 bis 24 Grad, im Südwesten bei rund 26 Grad. Meist scheint noch die Sonne,
einzig im Emsland sowie im Erzgebirgsvorland ziehen noch dichte Stratuswolken
vorüber. Im Südwesten fallen letzte Schauer und teils kräftige Gewitter rasch in
sich zusammen. Örtlich besteht noch Unwettergefahr durch Starkregen und Hagel.


In der kommenden Nacht, der Nacht zum Mittwoch, ändert sich an der antriebsarmen
und druckgradientschwachen Lage wenig. In weiten Bereichen Deutschlands verläuft
die Nacht sternenklar oder nur locker bewölkt. Einzig im äußersten Südwesten
richtet sich der Blick auf eine Kurzwelle, die über die Schweiz nach Frankreich
geführt wird. Die mit dem Kurzwellentrog einhergehende und den Südwesten
streifende Hebung könnte ausreichen, um im Schwarzwald einige Schauer und
einzelne Gewitter auszulösen. Bei PWATs um 30 mm und MUCAPE-Werten um 600 J/kg
ist punktuell Starkregen nicht auszuschließen. Abgesehen davon verläuft die
Nacht trocken. Die Tiefstwerte liegen im Norden und Osten bei 11 bis 7 Grad, im
Südwesten um 16 Grad. Der Wind weht schwach aus Ost bis Nordost und könnte im
Südwesten im Zuge der Passage einer outflow (ausgelöst durch die Konvektion auf
französischer Seite) ausgangs der Nacht vorübergehend auf Südwest drehen.


Mittwoch ... schwenkt das Höhentief über der Iberischen Halbinseln gelegen noch
etwas nach Osten und stützt somit einen schwachen Höhenkeil über Deutschland.
Gleichzeitig bildet sich niedertroposphärisch eine schwache Bodentiefdruckrinne
über Süddeutschland aus, die in ein großräumiges, jedoch schwach konturiertes
Bodentief über Frankreich mündet. Mit einer südwestlichen Strömung wird
besonders in den Südwesten und Süden eine zunehmend feuchte Luftmasse geführt,
wobei die PWATs auf Werten von rund 30 bis 35 mm ansteigen. Gleichzeitig liegt
in der Höhe noch der Rest eines "elevated mixed layers", der über der feuchten
Grundschicht liegend MLCAPE-Werte von rund 800 bis 1500 J/kg ermöglicht. Trotz
des synoptisch-skaligen Absinkens zeigen die Vorhersagesoundings zum Nachmittag
dank recht guter Einstrahlung eine durchmischte und nur schwach gedeckelte
Luftmasse. Von daher springt zunächst die Orografie ins Auge, entlang derer sich
im Mittagsverlauf die ersten Gewitterzellen entwickeln sollten (Bayerischer
Wald, Alpen, Alb und Schwarzwald). Im Nachmittagsverlauf rücken dann mögliche
mesoskalige Konvergenzen in den Fokus, deren Lagen jedoch innerhalb der Modelle
über Süddeutschland noch sehr unterschiedlich berechnet werden. Eine Konvergenz
(angetrieben durch die nächtliche Aktivität über Ostfrankreich nach
Süddeutschland laufend) könnte einen Fokus darstellen, was grob die Linie
Schwarzwald-Alb-Unterfranken betreffen würde.
Ein anderer Fokus dürfte eine stärker ausgeprägte Konvergenz über Ostfrankreich
sein, die sich am Ostrand des Bodentiefs auszubilden scheint und entlang derer
sich im Nachmittagsverlauf zahlreiche Gewitter entwickeln sollten. Wie weit
diese Konvergenz nach Osten zieht, bleibt aus heutiger Sicht erstmal abzuwarten.
Ein Ausgreifen dieser Gewittertätigkeit auf die Region Eifel, Saarland und Pfalz
ist aber aus heutiger Sicht nicht auszuschließen, wird jedoch vorerst nicht von
der Mehrheit der Modelle gestützt. Zusammengefasst sind die Unsicherheiten
besonders mit Blick auf die Lage der niedertroposphärischen Hebungsantriebe
(Konvergenzen) noch zu groß, als dass man ein bestimmtes Gebiet mit einer
Vorabinformation hervorheben könnte. Lokal besteht auf jeden Fall im Westen und
besonders im Süden Unwetterpotential, denn bei einer nur sehr langsamen
Verlagerung der Gewitter muss mit Starkregen von 25 bis 40 l/qm in kurzer Zeit
gerechnet werden. Lokal sind auch großer Hagel und stürmische Böen nicht
auszuschließen.
Über der Mitte und dem Norden hingegen überwiegt der Sonnenschein und
Niederschlag ist auch weiterhin keiner zu erwarten. Zwischen Schleswig-Holstein
und Brandenburg können zeitweise auch dichtere hohe Wolkenfelder vorüberziehen,
die die grobe Lage der Kaltfront andeuten. Dabei scheint die Kaltfront durch
eine markante Kurzwellenpassage über Osteuropa noch mal etwas weiter nach Westen
voranzukommen, allerdings verliert sie immer weiter ihre Konturen und macht sich
eher durch etwas nach Südwesten ausbreitende, niedrigere Taupunkte bemerkbar.
Die Höchstwerte liegen im Küstenumfeld bei rund 23 Grad, im Landesinneren bei 24
bis 28 Grad und vom Oberrhein bis ins Rhein-Main-Gebiet um 30 Grad. Der Wind
weht abseits der Gewitter schwach aus Ost bis Nordost.


In der Nacht zum Donnerstag bleibt diese Wetterzweiteilung bestehen. Über dem
Norden und Osten funkeln von einem meist klaren Himmel die Sterne, während über
dem Südwesten und Süden im Umfeld der Tiefdruckrinne weitere, teils heftige
Schauer und Gewitter entstehen. Zwar fehlt weiterhin unter dem schwachen
Höhenkeil ein richtiger Hebungsantrieb, allerdings bleibt die Luftmasse entlang
der Tiefdruckrinne labil (rund 500 J/kg MUCAPE) und nur schwach gedeckelt,
sodass mesoskalige Konvergenzen und auch die Orografie bereits für eine Auslöse
von Gewittern gut sein können. Was auffällt ist, dass die Höhenströmung über der
Schweiz und Südwestdeutschland etwas divergenter und zudem auch leicht diffluent
die Auslöse von Gewitterclustern unterstützen könnte, was von einigen Modelle
wie ICON angedeutet wird. Der Fokus liegt weiterhin bei Starkregen, der immer
wieder punktuell die Unwetterschwelle überschreiten wird. Der Wind weht abseits
der Gewitter schwach aus Ost bis Nordost und das bei Tiefstwerten von 10 bis 6
Grad im Nordosten und rund 16 Grad im Südwesten.


Donnerstag ... beginnt das Höhentief unter Abschwächung allmählich in Richtung
Löwengolf zu ziehen, angetrieben durch ein weiteres Höhentief, das stromab in
Richtung westliche Biskaya zieht und zum dominanten System wird. Das bisher
dominierende Höhentief fungiert nun zusehends als Sekundärtrog und erreicht zum
Abend die Seealpen. Abgesehen von dieser Entwicklung liegt weiterhin ein
Höhenrücken über Deutschland, während niedertroposphärisch zahlreiche Kurzwellen
um den Tiefdruckkomplex über Südwesteuropa und die westlichen Alpen nach Benelux
geführt werden. Gleichzeitig verschiebt sich die breite Tiefdruckrinne noch
etwas nach Norden und beeinflusst zunehmend auch die Mitte Deutschlands. Dort
und allgemein im Süden besteht bei MLCAPE-Werten um 1000 J/kg, PWATs um 35 mm
und einer hochreichenden Scherung von unter 10 kn(!) recht verbreitet die Gefahr
langsam ziehender kräftiger Schauer und Gewitter, die mit Starkregen bis 40 l/qm
in kurzer Zeit (punktuell auch mehr) oder strichweise mit deutlich mehr als 60
l/qm innerhalb weniger Stunden einhergehen können (Unwettergefahr!). Örtlich ist
großer Hagel möglich und auch einzelne "Downbursts" (Bft 8 bis 10) sind wie bei
vergleichbaren Lagen nicht auszuschließen.
Im Norden und Osten scheint die Sonne von einem wolkenlosen Himmel und dort
bleibt es trocken. Die Höchstwerte liegen deutschlandweit bei 27 bis 31 Grad. Im
Südwesten verbleiben die Maxima bei früh einsetzender Konvektion um 25 Grad. Im
Küstenumfeld sorgt schwacher auflandiger Wind mit Maxima von rund 21 Grad für
deutlich angenehmere Werte. Der Wind weht abseits der Gewitter schwach, im
Norden aus Ost und im Süden zunehmend aus West.


Die Nacht zum Freitag ähnelt der vorhergehenden Nacht, sodass dazu nicht viele
Worte verloren werden müssen. Über der Mitte und im Süden brodelt es entlang der
Tiefdruckrinne die gesamte Nacht über und es muss immer wieder mit teils
heftigen Schauern und Gewittern gerechnet werden. Durch Starkregen gelangen wir
punktuell wiederholt in den Unwetterbereich. Im Norden und Osten hingegen bleibt
es klar und trocken. Die Tiefstwerte liegen bei rund 9 Grad im Nordosten und
Osten sowie bei 16 Grad im Südwesten und Westen.


Freitag ... lässt der Höhentrog über der Biskaya den Sekundärtrog weiter in
Richtung Italien driften. Als Folge dieser Entwicklung schwächt sich der
Höhenkeil über Deutschland ab und wandert nach Tschechien und Ungarn. Somit
gelangt besonders Süddeutschland unter ein zunehmend zyklonal geprägtes
Strömungsmuster, während dieses im Norden und Osten weiterhin antizyklonal
geprägt bleibt. Abgesehen vom Norden beeinflusst überall eine labile (800 bis
1500 J/kg MLCAPE) und sehr feuchte Luftmasse (PWAT um 35 mm) Deutschland und
sorgt den ganzen Tag über besonders im Westen und Süden für zahlreiche, teils
heftige Schauer und Gewitter. Inwieweit die Gewitter auch die Mitte Deutschlands
betreffen ist noch unklar und wird bisher nur von GFS angedeutet (wobei das
Modell mit einer unrealistisch feuchten Grenzschicht aufwartet). Punktuell ist
mit Starkregen von 25 bis 40 l/qm in kurzer Zeit, strichweise mit deutlich mehr
als 60 l/qm innerhalb weniger Stunden zu rechnen (Unwettergefahr). Dass lokal
auch Hagel und einzelne Sturmböen auftreten können dürfte keinen mehr
überraschen. Den Norden hingegen -wie sollte es anders sein - erwartet ein
weiterer Tag mit viel Sonnenschein. Der dringend benötigte flächendeckende
Niederschlag bleibt weiter aus, sodass sich auch an der teils sehr hohen
Waldbrandgefahr nichts ändert. Dank ungehinderter Einstrahlung und fehlender
Evaporation wird die 30 Grad-Marke im Norden und Osten recht verbreitet
erreicht. Sonst bleibt es bei 24 bis 28 Grad etwas weniger heiß, dafür aber
deutlich drückender / schwüler.


Modellvergleich und -einschätzung
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Dem gradientarmen Druckmuster entsprechend stimmen die Modelle mit der
allgemeinen synoptischen Lage recht gut überein. Kleinere Differenzen bestehen
bei der Frage der Mächtigkeit und Nordwestausdehnung des Höhenkeils über
Deutschland (ICON mit der schwächsten, IFS mit der robustesten Lösung). Dies hat
vielleicht noch am Mittwoch einen Einfluss auf die Konvektion, die im Süden
zunächst noch vorrangig durch die Orografie angetrieben wird. In der Folge
allerdings dürfte die verstärkte Hebung in Form der konfluenten niedertrop.
Strömung die Frage der Keilstärke in den Hintergrund rücken. Einzelne Kurzwellen
werden sehr variabel gezeigt und unterliegen teilweise auch noch zukünftigen
Modellkonvektionsereignissen, sodass eine differenzierte zeitliche und räumliche
Bestimmung dieser Wellen noch nicht möglich ist. Die Ensembles wie
COSMO-LEPS/ICON-EPS und IFS-EPS springen am Donnerstag im Südwesten und am
Freitag auch im Süden auf Starkregenereignisse an. Zwar werden nur geringe
Wahrscheinlichkeiten gezeigt, die übereinstimmenden Signale dieser nicht
konvektionsauflösenden Modelle deuten jedoch auf ein erhöhtes Unwetterpotential
durch Starkregen, der strichweise auch in größeren Bereichen auftreten kann
(angetrieben durch größere Konvektionscluster).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy