DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-05-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 25.05.2018 um 10.30 UTC



Zunächst abgesehen vom Norden, zum Ende der Woche auch zunehmend im Norden teils
heftige Schauer und Gewitter mit Unwetterpotential durch Starkregen und Hagel.
Schwül-warm, im Norden und Osten zeitweise auch schwül-heiß.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 01.06.2018


Zum Beginn der Mittelfrist, am Montag, werden von IFS über der Nordhemisphäre
drei dominante Rossby-Wellen vorhergesagt. Eine erstreckt sich über Grönland
südwärts in Richtung Nordatlantik, die zweite befindet sich über Nordasien und
die dritte über dem Beringmeer. Besonders bei den beiden ersten laufen
wiederholt Kurzwellen in die Tröge und halten dadurch die Rossby-Wellen advektiv
mehr oder weniger quasi-stationär vor Ort (neben der für stationäre Wellen
förderlichen Intensität der westlichen Strömung). Von daher verwundert es nicht,
dass die Mittelfrist über mit einer sehr stabilen nordhemisphärischen
Druckverteilung zu rechnen ist. Dabei liegt Deutschland zwischen den beiden
ersten Wellen und somit insgesamt in einem Bereich mit höherem Geopotential und
sehr schwachen Luftdruckgegensätzen. Von den Trögen abtropfende kleinräumige
Kaltluftkörper "wabern" in diesen Bereich und sorgen für nicht störungsfreies
Wetter in weiten Bereichen Europas und somit auch in Deutschland.

Die gesamte Mittelfrist über - von Montag bis Freitag - ist über Westeuropa
geringeres Geopotential in Form eines schwachen, sich allerdings immer wieder
regenerierenden Troges zu erkennen, der zwar seine Geometrie, jedoch nicht seine
Lage ändert. Die geometrische Veränderung äußert sich in einem zarten Versuch
sich zum Ende der Mittelfrist in ein eigenständiges Höhentief mit mehreren
Teilzentren abzuschnüren und gleichzeitig Verbindung mit einem Trog über
Nordosteuropa aufzunehmen. Dies würde in Form einer breiten Tiefdruckrinne
geschehen, die sich über das nördliche Mittelmeer nach Osteuropa erstreckt.
Gleichzeitig wird eine positive Luftdruckanomalie über Skandinavien erwartet,
wobei zum Ende der Mittelfrist gar eine Brückenbildung mit einem sich
nordostwärts ausdehnenden Azorenhochkeil angedeutet wird.
Durch diese beständige Druckverteilung wird feuchte und sehr warme
Mittelmeerluft nach Deutschland geführt. Die Mittelfrist weist durchweg einen
sommerlich warmen und sehr gewitteranfälligen bzw. unwetterträchtigen Charakter
auf. Die für die Gewitterentwicklung interessanten Hebungsmechanismen bestehen
aus schwachen Kurzwellentrögen und mesoskaligen Konvergenzen, die auch innerhalb
der IFS-Läufe verständlicherweise noch unsicher gehandhabt bzw. noch nicht
aufgelöst/gezeigt werden.

Durch das Zusammenspiel aus einer feuchten und sehr labilen Luftmasse mit
fehlenden Jetpassagen in der mittleren Troposphäre (geringer Windscherung) liegt
der Fokus bei den täglichen Gewittern vor allem bei teils sehr heftigem
Starkregen (langsame Verlagerung) und großem Hagel (dank der üppigen Labilität
und somit robusten Aufwinden). Von diesen heftigen Schauern und Gewittern sind
abgesehen vom Norden und Nordosten zunächst die meisten Bereiche Deutschlands
betroffen. Im Norden sorgt etwas trockenere Luft zwar für eine insgesamt geringe
Wahrscheinlichkeit für konvektive Ereignisse, allerdings deutet sich auch hier
zum Ende der Mittelfrist (Donnerstag/Freitag) eine Zunahme des
Gewitterpotentials an.
Die Gewitteraktivität nimmt während der Nächte insgesamt ab, kommt jedoch nicht
vollständig zum Erliegen, sodass regional auch nachts mit teils kräftigen
Gewittern und Schauern gerechnet werden muss.

Die Höchstwerte liegen je nach Sonnenanteil zwischen 24 und 31 Grad, besonders
im Osten kann es im Zusammenhang mit den trockenen Böden und fehlender
Evaporation sowie insgesamt besserer Einstrahlung gar noch höhere Werte geben.
Zum Ende der Mittelfrist deutet besonders IFS-MOS eine allmähliche Abnahme der
Höchstwerte an, was innerhalb von MOS klimatologisch bedingt, aber auch durch
die immer weiter zunehmende Gewittertätigkeit begründet werden kann.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großskalige synoptische Lage (Tröge/Keile) wird innerhalb der letzten
IFS-Läufe gut erfasst. Was Probleme bereitet ist die Geometrie des Troges über
Westeuropa. Diese hängt vor allem von kurzwelligen Troganteilen ab, die den
Haupttrog umrunden und zeitlich bzw. räumlich inhomogen behandelt werden. Von
daher ist die Entwicklung dieser Kurzwellen als sehr unsicher anzusehen. Auch
die allmähliche Strukturänderung des Troges in ein oder mehrere Höhentiefs über
Westeuropa bereitet dem Globalmodell großes Kopfzerbrechen, sodass auf
Feinheiten nicht eingegangen werden kann.
Man kann aber sagen, dass alle Modelle in irgendeiner Weise die Interaktion von
schwachen Hebungsimpulsen in der mittleren Troposphäre mit einer sehr labilen
Luftmasse zeigen, die in rege und heftige Gewitteraktivität mündet. Zeitliche
und räumliche Schwerpunkte können noch nicht herausgearbeitet werden, außer
tendenziell einer allgemeinen Zunahme der Gewitteraktivität zum Ende der
Mittelfrist im Zuge der bereits angesprochenen Entwicklung der Tiefdruckrinne.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ähnliches kann auch beim Vergleich der weiteren Globalmodelle gesagt werden.
Alle Modelle zeigen die "Sumpflage" über Deutschland mit insgesamt tieferem
Geopotential über Westeuropa. Feinheiten wie kurzwellige Troganteile werden sehr
unterschiedlich behandelt und somit auch mögliche Schwerpunkte von Schauern und
Gewittern.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Deutschlandweit unterstützen die Meteogramme den sehr warmen und wechselhaften
Wetterabschnitt. Besonders fallen teils hohe Spitzen innerhalb der
Niederschlagsvorhersagen auf, die auf das Starkregenpotential bei Gewittern
hindeuten. Dabei nimmt das Schauer- und Gewitterpotential während der
Mittelfrist Tag für Tag zu. In 850hPa ist eine stark gebündelte Memberschar um
die 15 Grad Isotherme auszumachen und selbst innerhalb des 500 hPa
Geopotentialfeldes sind nur geringe Schwankungen zu erkennen (was u.a. auf
durchziehende Kurzwellen zurückgeführt werden kann).

Zum Beginn der Mittelfrist sind noch 5 Cluster vorhanden (klimatologische Regime
"Blockade"). Der Kontrolllauf und der det. Lauf sind beide im ersten und am
stärksten besetzten Cluster zu finden. Die Unterschiede der einzelnen Cluster
beruhen vor allem auf die bereits angesprochenen kurzwelligen Anteile und haben
für Deutschland zunächst keine großen Auswirkungen, da zunächst noch höheres
Geopotential überwiegt. Zur Wochenmitte nimmt die Anzahl der Cluster bei
gleichem klimat. Regime ab (2 Cluster), wobei sich Differenzen weiterhin auf
kleinskalige Störungen beschränken. Bei etwas abnehmendem Geopotential gewinnen
diese zunehmend auch für Deutschland an Bedeutung mit Blick auf die Entwicklung
von Schauern und Gewittern.
Die ENS von GFS sehen diese Entwicklung sehr ähnlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt bei den Höchstwerten besonders im Norden und Osten deutlich
erhöhte Werte, wobei sich diese nach Südwesten zu abschwächen. Insgesamt nehmen
die Maxima zum Ende der Mittelfrist von West nach Ost etwas ab. Ähnliches ist
bei den Tiefsttemperaturen zu erkennen, die deutschlandweit zu warm ausfallen
mit den größten Abweichungen im Norden und Osten.

Die für diese Jahreszeit ungewöhnlich labile Luftmasse äußert sich ebenfalls
durch erhöhte EFI-Werte, wobei hier der Norden "am besten" davonkommt, da dort
dank einer etwas trockenerer Luftmasse die CAPE-Werte geringer ausfallen.
Punktuell werden beim Niederschlag positive Abweichungen angedeutet, die jedoch
konvektiver Natur sind und somit von Ausprägung und Lage noch nicht ernst
genommen werden können. Das Potential für Starkregen in Verbindung mit Gewittern
wird allerdings auch hier angedeutet. Dieses Potential zeigt sich zum
Wochenbeginn ebenfalls innerhalb der Ensembles wie dem COSMO-LEPS und dem
ICON-EU-EPS, in der Folge im IFS-EPS. Die Wahrscheinlichkeiten sind gering,
müssen aber stärker gewichtet werden, da sie von nicht konvektionsauflösenden
Modellen gezeigt werden. Die Ausschläge können viel mehr als Potential für
Clusterbildung der Gewitter gedeutet werden, die großräumiger (über mehreren
Modellgitterpunkten) heftigen Starkregen bringen können.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-MOS, IFS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy