DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-05-2018 17:01
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.05.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Montag nachlassende Konvektion, tagsüber im Westen und Süden
wieder auflebend. Dabei lokal Unwettergefahr durch Starkregen, vereinzelt auch
durch Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... präsentiert sich das Wetter in Deutschland grob gesprochen
zweigeteilt. Während weite Teile der Nordhälfte und vor allem nach Osten hin
noch etwas darüber hinaus einen nahezu wolkenlosen Abend genießen können, läuft
es im Süden und Südwesten nicht ganz so rund. Dabei liegt die ganze Nation auf
der Südflanke einer umfangreichen, von UK bis in den NW Russlands reichenden
Hochdruckzone, was in erster Näherung auch die gleichen Wetterverhältnisse
erwarten ließe. Bei genauerem Hinsehen stellt man aber fest, dass die östliche
Grundströmung lediglich in den Norden und Osten trockene, kontinental geprägte
Luft steuert (T850 um 7°C, Taupunkte im unteren einstelligen Bereich, teils
sogar im Negativen). Nach Süden und Westen zu ist die Luftmasse deutlich
feuchter (Taupunkte vielerorts im zweistelligen Bereich) und
niedertroposphärisch etwas wärmer (T850 8-11°C), was sich natürlich auf die
Schichtung niederschlägt. Berücksichtigt man nun noch, dass sich über BW in der
Höhe ein kleines Höhentief befindet, hat man schnell die Erklärung für die
aktuell noch andauernde konvektive Aktivität in den genannten Regionen gefunden.

Im Laufe der Nacht ändert sich insofern etwas an dieser Situation, als dass
erstens der Tagesgang eine andere Richtung einschlägt und zweitens das Höhentief
in Richtung Luxemburg/Belgien von dannen zieht. Folgerichtig gehen die Gewitter
mehr und mehr in die Knie, bevor sie spätestens in der zweiten Nachthälfte
gänzlich von der Wetterbühne verschwinden und nur noch ein paar Restschauer im
äußersten Westen ihr Dasein frönen.
Ansonsten sei noch erwähnt, dass der östliche Wind durch leichte Gradientzunahme
in einigen Hochlagen spürbar auffrischt mit Böen 7-8 Bft in exponierten Kamm-
und Gipfellagen. Trotz der niedrigen Taupunkte soll die Nacht im Norden und
Osten nicht so kalt werden wie die Vornacht, was u.a. mit den überwiegend
höheren Tagestemperaturen, mit einigen hohen Wolkenfeldern und dem wenn auch
schwachen östlichen Wind zu tun haben könnte. Gleichwohl kann sich der Verfasser
vorstellen, dass es lokal auf 5°C oder etwas darunter abkühlt. Für Bodenfrost
wird es wahrscheinlich aber nicht mehr reichen.

Montag ... gerät das Höhentief in die "Klauen" eines Troges über Westeuropa, der
wiederum Fühlung mit einem weiteren Höhentief über dem östlichen Mitteleuropa
aufnimmt. Als Ergebnis steht bei uns eine zonal exponierte Potenzialrinne zu
buche, aus der keinerlei Dynamik ableitbar ist und die im Norden durch einen
Keil des über Fennoskandien liegenden Höhenhochs stark antizyklonal gefärbt ist.
Das Höhenhoch stützt die o.e. umfangreiche Bodenhochdruckzone, die morgen Mittag
von der Nordsee über Ostsee und Baltikum bis in den Westen Russlands reicht. Ihr
gegenüber steht tiefer Luftdruck über der Iberischen Halbinsel, von dem aus sich
eine Rinne bis nach Süd- bzw. Westdeutschland erstreckt. Zwischen Hoch und Rinne
nimmt der Gradient noch etwas zu, was mit Unterstützung des Tagesgangs einen im
Norden und Osten auflebenden Ost-Nordostwind zur Folge hat, der in Einzelfällen
zwar Stärke 7 Bft erreicht, für eine Warnung wahrscheinlich aber zu selten und
zu vereinzelt aufploppt.
Darüber hinaus scheint in weiten Teilen der Republik die Sonne, was die
Temperatur auf Tageshöchstwerte zwischen 21 und 27°C steigen lässt, abzüglich
des höheren Berglands bzw. Küstenabschnitten mit beständig auflandigem Wind.
Während der Feiertag verbreitet trocken über die Bühne geht, kann das im Bereich
der Rinne nicht garantiert werden. Dort ist die Luftmasse nämlich weiterhin
recht feucht (PPW 20 bis 25 mm, lokal sogar etwas darüber) und potenziell
instabil geschichtet. Bedingt durch die Einstrahlung wird ML-CAPE bis zu 1000
J/kg generiert, wobei die höchsten Werte zwischen Schwarzwald und Allgäu zu
verzeichnen sind - womit wir bei einem ganz entscheidenden Punkt wären. Wer
übernimmt das Auslösen von konvektiven Umlagerungen? Aus der Höhe heraus ist
wenig bis nichts zu erwarten und auch in der eher breit aufgestellten Rinne
lassen sich keine klaren Konvergenzen erkennen, die einen substanziellen Beitrag
zu Vertikalgeschwindigkeiten erwarten ließen. Kurzum, bei Auslösetemperaturen
von 20 bis 24°C muss einmal mehr die Orografie als Hauptimpulsgeber herhalten,
wobei vor allem die Alpen und die südwestdeutschen Mittelgebirge zu nennen sind.
Die Gewitter können von Starkregen, Hagel und stürmischen Böen begleitet werden,
wobei erneut räumlich eng begrenzt Unwetter möglich sind (vor allem durch
Starkregen, vereinzelt aber auch durch Hagel).

In der Nacht zum Dienstag löst sich aus der Potenzialrinne ein eigenständiges
Höhentief, das von Polen her auf die Ostsee rauszieht und dabei auch unseren NO
tangiert, ohne dabei aber nennenswerte Spuren zu hinterlassen. Während sich der
Hochschwerpunkt weiter nach Osten, weitet sich die Tiefdruckzone bis nach
Norddeutschland aus, wobei der Rinnencharakter zusehends verloren geht. Fakt
ist, dass der Gradient auffächert und der Wind entsprechend schwächer wird. Das
trifft auch auf die anfänglich noch aktive Konvektion zu, lediglich im Westen
und Südwesten bleibt bis in die zweite Nachthälfte hinein eine leichte Schauer-
und Gewitterneigung erhalten.

Dienstag ... gelangt ganz Deutschland in eine gradientschwache, von NW-Afrika
bis nach Mitteleuropa reichende Tiefdruckzone (um oder etwas unter 1015 hPa).
Sie wird überlagert von schwachen südwestlichen Höhenwinden in der mittleren und
oberen Troposphäre, während weiter unten ebenfalls schwache östliche Winde
vorherrschen.
Während die Luftmasse im Norden und Osten größtenteils trocken bleibt mit
einstelligen Taupunkten und PPWs meist unter 20 mm, nimmt die
Feuchteakkumulation insbesondere im unteren Teil der Troposphäre und das
besonders nach Westen und Südwesten hin zu (spez. Feuchte 10-11 g/kg, PPW
vereinzelt nahe 30 mm). Auch das ML-CAPE breitet sich flächenmäßig gegenüber den
Vortagen aus bei gleichzeitig leichtem Anstieg auf Spitzen knapp über 1000 J/kg.
Somit gewinnt der Treibstoff für den konvektiven Motor an Qualität gegenüber den
Vortagen, es stellt sich aber die Frage, ob das auch für die Zündkerzen gilt. Da
lassen sich in der Tiefdruckzone zwar leicht konfluente Strukturen finden bei
allerdings extrem schwachem Wind. Überlagert ist das Ganze von einem
kurzwelligen, von Südost nach Nordwest gerichteten Höhenrücken, der tendenziell
eher konvektionshemmend wirken dürfte. So ruhen die Hoffnungen einmal mehr auf
das Erreichen der Auslösetemperatur (19 bis 24°C) sowie die Orografie. Vom
Alpenrand (vielleicht noch im Bayerischen Wald) über die Mittelgebirge BWs bis
hoch nach NRW sollte man sich jedenfalls auf teils kräftige Gewitter einstellen,
die örtlich auch wieder als Unwetter auftreten können (Starkregen, Hagel). Wie
letztlich die Details aussehen werden, bleibt noch abzuwarten. Temperaturmäßig
bewegen wir uns auf sehr ähnlichem Niveau wie tags zuvor.

In der Nacht zum Mittwoch schwächt sich die Gewitteraktivität im Westen und
Süden nur zögernd ab.

Mittwoch ... scheint im Norden bei schwachen Druck- und Potenzialgegensätzen in
der Nordhälfte häufig die Sonne. In der trockenen, niedertroposphärisch moderat
temperierten Luftmasse (T850 6-9°C) bleibt es allgemein trocken. Weiter südlich
ist die wärmere Luftmasse (T850 8-11°C) nach wie vor feuchter und potenziell
instabiler, was eine erhöhte Gewitterwahrscheinlichkeit bis in den
Unwetterbereich, insbesondere durch Starkregen zur Folge hat (stehende Zellen).



Modellvergleich und -einschätzung
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Es herrscht Einigkeit dahingehend, dass in den nächsten Tagen im Wesentlichen
tagesgang-getriggerte Gewitter im Süden und Westen mit täglich wiederkehrender
Unwettergefahr insbesondere durch Starkregen auftreten werden. Die Details
allerdings werden meist erst in situ zu klären sein.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann