DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-05-2018 17:01
SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 19.05.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs im Süden und Südosten noch Gewitter, vereinzelt Unwetter, Tendenz in der
Nacht abschwächend, aber nicht gänzlich zum Erliegen kommend.
Pfingstsonntag im Süden und Südwesten auflebende Gewitter, lokal Unwetter durch
Starkregen, vereinzelt auch durch etwas größeren Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich ein kleines, als Kaltlufttropfen agierendes Höhentief
(HT) mit seiner Vertikalachse etwa im Grenzbereich von Südhessen zu Nordbaden,
von wo aus es extrem gemächlich ein kleines Stück nach Süden zieht. Auch wenn
die Höhenströmung flau ist, wird doch auf der Ostflanke des HTs etwas
Höhendivergenz erzeugt (durch leichte PVA und WLA), die zumindest ausreicht, die
abendliche Konvektion im Süden so weit in die Nacht zu retten, dass die Gewitter
mehr und mehr verclustern. Die Folge ist schauerartiger, teils gewittrige Regen,
der sich mit der östlichen Grundströmung langsam westwärts verlagert, wobei
insbesondere in der ersten Nachthälfte die Gefahr von Starkregen (durchaus auch
mehrstündig) besteht. Die Unwettergefahr nimmt aber sukzessive ab.
Der große Rest der Republik steht vor einer ruhigen und trockenen Nacht, geprägt
durch das von der Biscaya bis zum Nordkap reichende Hoch mit Zentrum (etwas über
1025 hPa) über der Nord- und Ostsee. Am kältesten wird es nordöstlich der Elbe,
wo heute hinter einer ansonsten eher bedeutungslosen Kaltfront eine Portion
trockener und leicht unterkühlter (T850 teils unter 5°C) Kontinentalluft aus
NO-Europa eingeflossen ist. Besonders in Richtung Oder und Neiße kühlt es
gebietsweise auf unter 5°C ab, was für bodennahes Terrain zumindest lokal ein
leichtes Anheben des Bodenfrost-Damoklesschwertes bedeutet.

Sonntag ... ist Pfingsten und ein Großteil unseres Landes darf sich über
adäquates Feiertagswetter freuen. Namentlich trifft das vor allem auf die
Nordhälfte zu, die vom o.e., sich nur wenig verlagernden Hoch SVEN profitiert.
Auf seiner Südflanke wird mit östlichem Wind trockene Festlandsluft
herangeführt, in der sich - anders als heute - nur noch wenige Wolken bilden und
die sich dadurch entsprechend diabatisch erwärmen kann. So stehen am Nachmittag
verbreitet 20 bis 25°C auf der Karte (die höchsten Werte im Westen), lediglich
an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind (bei östlichem Wind ist die Ostsee
stärker betroffen) bleibt es etwas frischer.
In den südlichen Gefilden unseres Landes läuft der Pfingstochse allerdings
anders herum, was nicht zuletzt daran liegt, dass es besagtem HT offensichtlich
so gut im Ländle gefällt, dass es weite Teile des Pfingstsonntags dort
verbringen möchte. Besonders in weiten Teilen Bayerns und BWs, aber auch
ausgreifend bis nach Südthüringen, Südhessen und zur Pfalz hin startet der Tag
mit dichten Wolken, aus der es bis in den Vormittag hinein gebietsweise teils
gewittrig regnet. Danach nehmen die Niederschläge zunehmend konvektiven
Charakter an und es muss wieder vermehrt mit Gewittern gerechnet werden. Diese
erfassen im Gegensatz zu heute vermehrt den Westen und Südwesten, etwas genauer
etwa die Regionen von Eifel und Siegerland über Südhessen (vielleicht auch noch
Mittelhessen) hinweg bis nach BW und von dort bis zum bayerischen Alpenrand und
dem südlichen Alpenvorland. Allerdings wird es dort nicht überall "knallen",
verhindert doch die vielerorts vorhandene starke Bewölkung den durchaus
(mit)benötigten diabatischen Energieinput durch entsprechende Einstrahlung
(gebietsweise reicht es im Süden nicht mal für 20°C).
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass bei PPWs von etwas über 20 mm, MU-CAPE
meist unter 500 J/kg und überschaubaren (wenn auch nicht gänzlich flauen)
Strömungsverhältnissen mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und Böen 7-8 Bft
(vereinzelt vielleicht 9 Bft) gerechnet werden muss, lokale Unwettergefahr durch
Starkregen inclusive. Ob sich durch die angedeutete Zunahme vor allem der LLS am
Nachmittag tatsächlich etwas langlebigere Zellen bilden werden, bleibt
abzuwarten.

In der Nacht zum Montag schwächen sich die Gewitter ab, verclustern z.T. noch zu
schauerartigem Regen, der sich bis zum Morgen mehr und mehr in den Westen (NRW),
vielleicht sogar bis ins westliche Niedersachsen verlagert (zunehmende
Modellunterschiede). In den Hochlagen einiger Mittelgebirge legt der östliche
Wind etwas zu mit Böen 7-8 Bft in exponierten Kamm- und Gipfellagen.

Montag ... verändert sich nicht allzu viel an der Großwetterlage, auch wenn das
Hoch seinen Schwerpunkt unter leichter Verstärkung zum Baltikum verlagert und
sich nach Süddeutschland eine Rinne von Frankreich her reinmogelt, was unter dem
Strich einen strafferen Gardienten zur Folge hat. Das HT oder besser der Rest
davon zieht nach Nordwesten raus, wo er in das Zirkulationsmuster eines Troges
über Westeuropa eingebunden wird. Als "Ersatz" greift der Randtrog eines
weiteren HTs über dem nahen Osteuropa von Osten her auf unseren Raum über, das
Ganze allerdings bei extrem schwachen Höhenwinden, so dass aus
synoptisch-dynamischer Perspektive keine nennenswerten Sprünge zu erwarten sind.

So geht unser Blick rasch wieder in die unteren Troposphärengefilde, wo es im
Süden und Südwesten keinen Luftmassenwechsel gibt. Entsprechend bleibt die Luft
dort nicht nur feucht und potenziell instabil, es wird z.T. sogar mehr MU-CAPE
generiert als am Sonntag, was aber der vermehrten Einstrahlung geschuldet ist.
Trotz dieser (vermeintlich etwas besseren) Rahmenbedingungen und der vorhandenen
Tiefdruckrinne hält sich die Numerik mit virtuellen konvektiven Umlagerungen
zurück, allen voran ICON. Offensichtlich zeigt das Verschwinden des kleinen HTs
eine dämpfende Wirkung auf die konvektive Entwicklung. So ist die größte
Wahrscheinlichkeit für Gewitter eng an die Orografie gekoppelt, wobei
Schwarzwald und Alpen ganz weit vorne zu finden sind. Aber auch periphere
Mittelgebirge wie die Schwäbische Alb sowie die Reihe vom Pfälzer Wald bis zur
Eifel sind nicht gänzlich raus aus der Verlosung, ebenso wie es im äußersten
Westen einzelne Schauer geben kann.
Der große Rest des Vorhersageraums bekommt einen trockenen und
sonnenscheinreichen Feiertag geschenkt, an dem sich die nach wie vor von Osten
kommende Luft weiter erwärmen kann auf Maxima zwischen 23 und 27, vereinzelt
vielleicht sogar 28°C. Kleiner Wermutstropfen könnte allerdings der aufbrisende
Ostwind werden, der im Norden und Osten in Böen Stärke 6-7 Bft, in einigen
Hochlagen 8 Bft erreicht.

In der Nacht zum Dienstag etabliert sich über Polen ein eigenständiges HT, das
in den frühen Morgenstunden auf den NO unseres Landes übergreift - ohne Folgen.
Bei abflauendem Wind verläuft die Nacht ruhig ohne besondere Vorkommnisse,
einzig im äußersten Westen sowie im Schwarzwald besteht noch eine schwache
Schauer- oder Gewitterneigung.

Dienstag ... weitet sich die Tiefdruckrinne unter weiterhin schwachen
Höhenwinden nach Nordosten aus, wo aber nach wie vor trockene Kontinentalluft
den Ton angibt. So scheint im Norden und Osten verbreitet die Sonne bei
Tageshöchstwerten von 23 bis 27°C, bei Seewind etwas darunter.
Im Süden und Westen dagegen wird die Luft etwas feuchter (PPW teils über 25 mm),
zudem wird mehr MU-CAPE als an den Vortagen generiert, besonders am und um den
Schwarzwald herum, wo punktuell über 1000 J/kg zumindest in der Numerik
aufblitzen. Was fehlt, um die ganze Schose auch in vertikale Wallungen zu
bringen, ist das strömungstechnische Setup. Weder die Höhen- noch die
Bodenströmung liefern impulsfreundliche Muster (=> fehlende Konvergenz unten
ergo fehlende Divergenz oben), so dass einmal mehr die Orografie mit Hilfe der
Einstrahlung (Auslösetemperatur 22 bis 26°C) in die Bresche springen muss. Die
Scherung ist gering, so dass eher von pulsierender, weniger von organisierter
Konvektion auszugehen ist. Auf der Agenda potenzieller Begleiterscheinungen
stehen Starkregen, aber auch etwas größerer Hagel ganz oben, während Sturmböen
nicht ausgeschlossen sind, sich aber auch nicht überbordend ins Spiel bringen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Wie so oft bei vergleichbaren Wetterlagen passt das Große und Ganze, während es
bei den Feinheiten die eine oder andere Unschärfe gibt, die es mit Hilfe des
Nowcastings auszumerzen gilt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann