DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-05-2018 09:01
SXEU31 DWAV 140800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.05.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Tief Mitteleuropa
Im Süden Gewitter mit Unwettergefahr, nachfolgend an den Alpen Dauerregen, evtl.
auch Unwetter. In den Folgetagen weiterhin gebietsweise Gewitter und allmählich
kühler.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Am Montag... erstreckt sich ein Höhentiefkomplex über weite Teile des südlichen
und zentralen Europas. Dieser weist zwei Zentren auf, eines aktuell über den
Südalpen und das andere über der westlichen Ukraine. Bodennah liegt eine
Tiefdruckzone vorderseitig des ersten Höhentiefs vom Süden Deutschlands bis zur
Adria. Hoher Luftdruck bzw. hohes Potenzial sind einem weiten Bogen von den
Azoren bis in den Nordosten Europas hinein zu finden. Über Frankreich ist eine
polare Meeresluftmasse weit nach Süden vorangekommen. Diese beeinflusst auch den
Südwesten Deutschlands, wo in 850 hPa "nur" um 6 Grad erreicht werden. Über dem
restlichen Deutschland, quasi zwischen den beiden Höhentiefs liegt eine recht
trockene Warmluft mit 850-hPa-Werten über 10 Grad. Somit stellt sich heute in
weiten Teilen Deutschlands (in etwa nördlich von Main und Mosel) wieder sonniges
und sommerlich warmes Wetter ein. Allerdings herrscht an der Nordflanke des
Tiefs ein recht strammer Gradient, so dass dort der Wind mäßig um Ost weht und
mitunter vor allem in exponierten Lagen mal steife Böen auftreten, auf dem
Brocken auch stürmische Böen. Über dem Süden Deutschlands herrscht im Bereich
des Tiefs und der Luftmassengrenze (wobei aktuell die Konvergenz in der
Tiefdruckzone und die Luftmassengrenze noch getrennt sind) dichte Bewölkung.
Dort wird Hebung durch die bodennahe Konvergenz ausgelöst, im Tagesverlauf dann
auch zunehmend dynamisch (PVA) vom Höhentief über den Südalpen aus. Somit kommt
es heute weiterhin zu gewittrigen Regenfällen, wobei zunächst lokal meist nur um
15 l/qm in einer Stunde oder bis 30 l/qm innerhalb weniger Stunden zusammen
kommen sollten. Am Nachmittag soll sich dann im Bereich der Tiefdruckrinne eine
Schliere feuchter Luft halten, die sich in etwa von Südbayern bis zum Saarland
erstreckt, was dort die Entstehung teils hohen (um 1000 J/kg) ML-CAPEs zur Folge
hat. Die Scherung ist gering, ebenso die erwarteten Zuggeschwindigkeiten der
entstehenden Gewitter, so dass vor allem wieder Starkregen im Fokus steht, der
wieder unwetterartig ausfallen kann (evtl. auch wieder im extremen Bereich),
wobei das Cosmo-DE-EPS vor allem den Alpenrand in den Mittelpunkt rückt.

In der Nacht zum Dienstag rotieren die Höhentiefs zyklonal um ihren gemeinsamen
Schwerpunkt über Mitteleuropa, wobei sich das südliche in Richtung der Toskana,
das nördliche dagegen ins westliche Weißrussland verlagert. Bodennah verschiebt
sich der tiefste Druck allmählich in Richtung südlich der Alpen (Slowenien). Die
Gewittertätigkeit verlagert sich unter der tagesgangsbedingten Abschwächung
allmählich südwärts, wobei sich an den Alpen eine Stausituation einstellt. Dort
wandeln sich die starken Gewitter mittels Verclusterung allmählich in
gewittrigen Starkregen und später in Dauerregen um, wobei die vorliegenden
Ensembles (ICON-EPS und COSMO-LEPS) durchaus hohe Wahrscheinlichkeiten für
Dauerregen zeigen. Allerdings ist es momentan schwer zu sagen, ob nicht der
größte Teil des Niederschlags schon zuvor in starken Gewittern fällt, so dass
der Dauerregen hinterher nicht mehr allzu markant ist. Vor allem im östlichen
Alpenbereich kann es mitunter auch bis Mittwoch länger anhaltend regnen. ICON
und GFS zeigen dort bis Mittwochabend teils über 100 m, EZMW weniger. In den
vorliegenden Ensembles wird allerdings der östliche Alpenrand noch nicht so
richtig herausgearbeitet. Deswegen wurde eine Vorabinformation ausgegeben, in
der auf diese Unsicherheiten eingegangen wurde. In der Mitte und im Norden des
Landes verläuft die Nacht wolkenarm und trocken.

Am Dienstag... rotieren die Höhentiefs weiter, wobei Deutschland am westlichen
Rand des Höhentiefkomplexes liegt. Höhentief 1 erreicht im Tagesverlauf
Kroatien, Nr. 2 die Oblast Kaliningrad. Betrachtet man das Potentialfeld in 300
hPa, so fällt ein weiterer Höhentiefkern ins Auge, der von Osten her nach
Süddeutschland zieht. Für dynamische Hebung ist also gesorgt. Bodennah verlagert
sich der "Kern" des wetterbestimmenden flachen Tiefdrucksumpfes in den Bereich
der Kleinen Ungarischen Tiefebene. Der Schwerpunkt des Hochs zieht sich dagegen
über den Atlantik zurück. Der Wind weht etwas schwächer als am Vortag aus
Nordost. Die wärmste Luft über Deutschland wird Richtung Nordwesten abgedrängt,
so dass die Temperaturgegensätze über unserem Land verschwimmen und in 850 hPa
etwa um 8 Grad erreicht werden. Zwar liegt die feuchteste Luft weiterhin über
dem Süden des Landes, aber das Höhentief sorgt für Labilität vor allem in der
Mitte des Landes. Das höchste ML-CAPE wird dennoch über dem Süden des Landes
erwartet. Quellwolken werden sich landesweit bilden, im Norden reicht es aber
nicht für Schauer, in der Mitte für einzelne Schauer und im Süden wieder für
Gewitter. Allerdings sollten kaum noch Unwetter dabei sein, Feuchte und
Labilität sind geringer als am Vortag. Allerdings müsste der Starkregen durchaus
weiterhin lokal um 20 l/qm in kurzer Zeit bringen können, oder auch etwas mehr
bei wiederholten Ereignissen. Der unmittelbare Alpenrand, vor allem der
östliche, könnte bei der Gewitterei außen vor bleiben. Dort sorgt weiterhin Stau
für geschlossene Bewölkung und zeitweilige Regenfälle, wobei etwaige
Dauerregenwarnungen aber - wenn überhaupt nötig - im Laufe des Vormittages
abgesehen vom östlichen Alpenrand auslaufen können.

In der Nacht zum Mittwoch kreisen die 3 Höhentiefkerne weiterhin um Mitteleuropa
herum: #1 erreicht die westliche Slowakei, #2 das westliche Lettland und #3 die
Westalpen. Vor allem im Süden und Südosten des Landes soll es weiterhin dicht
bewölkt bleiben, wobei die Gewitteraktivität zwar insgesamt etwas nachlässt,
bzw. teilweise auch wieder in eher stratiformen Regen übergeht, andererseits
aber auch wieder verstärkt auf den äußersten Osten des Landes übergreifen soll.
Insgesamt sollte man aber den Details bei der Niederschlagsprognose noch nicht
so viel Glauben schenken, die Lage gestaltet sich ähnlich unübersichtlich und
schlecht vorhersagbar wie die Tief-Mitteleuropa-Wetterlagen im Juni 2016.


Am Mittwoch... liegen wir weiterhin am westlichen Rand des Höhentiefkomplexes,
wobei alle Zentren im Laufe des Tages östlich unseres Landes ankommen sollten,
so dass sich allmählich konsequent eine leicht nördliche Strömung einstellt.
Bodennah ist dies umso stärker der Fall, da ein Tief Richtung Galizien
(Westukraine) zieht, während sich ein kräftiger Ableger des Azorenhochs im
Bereich der Britischen Inseln einnistet. Vor allem im nördlichen Deutschland
verstärkt sich der Gradient, was steife Böen von der Nordsee bis ins westliche
Bergland zur Folge hat, an der Küste kann es auch stürmische Böen geben. Trotz
des Nordwindes gelangt keine kühlere Luft zu uns, im Gegenteil, von Norden her
nimmt die Temperatur und vor allem die Feuchte sogar wieder leicht zu, was am
Mittwoch vom Nordwesten bis zur Mitte zunehmend für Labilität sorgt. Dort muss
dann im Tagesverlauf wieder mit Gewittern gerechnet werden, wobei im Fokus
einmal wieder der Starkregen steht, für Unwetter dürfte es aber höchstens sehr
lokal reichen. Im Südosten regnet es zeitweise, am östlichen Alpenrand soll der
Dauerregen aber nachlassen. Insgesamt nimmt die Bewölkung im gesamten Land im
Vergleich zum Vortag zu, so dass bodennah nicht mehr die Temperaturen der
Vortage erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag ändert sich die Lage kaum. Der Schwerpunkt der
Gewittertätigkeit verlagert sich der Strömung folgend allmählich in den
Südwesten Deutschlands, wobei die Intensität in der zweiten Tageshälfte
nachlassen soll.

Modellvergleich und -einschätzung
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Aktuell ist die Lage unsicher: Naturgemäß ist die genaue Zugbahn von Höhentiefs
nicht gut prognostizierbar, was sich auch zeigt, wenn man die vorliegenden
Modelle am Dienstag und Mittwoch vergleicht. Zudem gibt es auch Unsicherheiten
bezüglich der Konvektion heute: Wo scheint länger die Sonne und es baut sich die
entsprechende Labilität auf? Und wie erfolgt der Übergang von Konvektion zu
Dauerregen an den Alpen? Wo an den Alpen hält der Dauerregen länger an und wie
lange? Den Unsicherheiten bezüglich der Unwetterereignisse im Alpenvorland und
am Alpenrand wurde mit der Ausgabe von Vorabinformationen Rechnung getragen.
Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle auch, dass es natürlich auch
weiter nördlich noch einmal vereinzelt zu Unwettern kommen kann.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann