DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-05-2018 07:30
SXEU31 DWAV 070800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 07.05.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFa

Viel Sonne, sommerlich warm, an den Alpen einzelne Gewitter nicht
ausgeschlossen. Ab Mittwoch abgesehen vom Norden zunehmend gewittrig.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland auf der Südostflanke eines Höhenrückens in 500 hPa,
der sich von den Azoren über den Ärmelkanal bis zur Ostsee erstreckt und von
dort als Geopotentialbrücke bis nach Russland reicht. Dieser hat seine
schwächste Stelle im Bereich des Westausgangs des Ärmelkanals, wo er
entsprechend im Laufe des Tages auseinanderreist, zumindest bei Betrachtung der
576gpdm-Isohype. Der Grund dafür ist ein Langwellentrog, der von Westen in die
Rückseite des Höhenrückens hineinläuft und diesen abbaut. Zum Abend ergibt sich
somit im 500hPa-Geopotentialdeld ein abgeschlossenes Höhenhoch, das bei leicht
elliptischer Form vom östlichen Ärmelkanal bis zur zentralen Ostsee reicht.
Dieses stützt ein Bodenhoch, welches sich über der Ostsee zwar etwas abschwächt
und bis zum Abend mit seinem Schwerpunkt von der westlichen zur zentralen Ostsee
vorankommt, das aber weiterhin für unser Wettergeschehen das entscheidende
Druckgebilde bleibt. Auf seiner Südflanke fließt mit einer östlichen Strömung
trockene und stabil geschichtete Luft ein, so dass sich der Himmel sehr
verbreitet wolkenlos präsentiert. Die 850er Temperaturen liegen zum Abend um 10
Grad, womit gebietsweise Höchsttemperaturen über 25 Grad zu erwarten sind. In
dieser Gesamtkonstellation bleiben die Wettergefahren überschaubar. Am
unmittelbaren Alpenrand sind einzelne Gewitter nicht gänzlich ausgeschlossen,
aber sehr unwahrscheinlich. Die dort simulierten CAPE-Werte sind laut aller
Modelle sehr gering, während COSMO-DE beim MU-CAPE mehr auf das Markgräflerland
setzt mit Maxima um 500 J/kg, deutet ICON6-Nest CAPE-Spitzen (so man denn da von
Spitzen sprechen kann) von etwa 100 J/kg im Allgäu an. Die Sichtweise mit etwas
höherer Gewitterwahrscheinlichkeit an den Alpen erscheint insofern plausibler,
als die Luft dort am labilsten geschichtet ist. Aber wie gesagt: Große Sorgen ob
der Gewitter muss man sich nicht machen. Zu erwähnen bleibt noch der Wind, der
bei insgesamt gradientschwachen Bedingungen im Süden durch Überageostrophie
recht lebhaft sein kann, wobei es in exponierten Lagen auch mal für eine Böen
der Stärke Bft 7 reichen kann. Dies deuten sowohl COSMO-DE als auch ICON an, und
zwar sowohl deterministisch als auch in den Ensembles. EZMW ist diesbezüglich
zurückhaltender, aber auch hier lassen sich sehr schwache Signale für Böen Bft 7
finden.

In der Nacht zu Dienstag beginnt der Langwellentrog vom Atlantik auf Irland und
Großbritannien überzugreifen. Damit sinkt das Geopotential über der Nordsee
weiter, zum Morgen bleibt die beschriebene Geopotentialbrücke aber in
abgeschwächter Form erhalten. Das Hoch über der Ostsee kommt etwas weiter nach
Osten voran, vor allem aber greift es nach Norden aus und erstreckt sich zum
Dienstagmorgen bis nach Lappland. Durch die beschriebenen Prozesse dreht die
Strömung insgesamt mehr auf östliche Richtungen, ein Wandel im Charakter der
Luftmasse ist dadurch aber nicht auszumachen. Es bleibt bei trockenen und warmen
(850er Temperaturen um 9 Grad) Bedingungen, und es bleibt im Süden bei einem
lebhaften Wind, wobei die Wahrscheinlichkeit für einzelne starke Böen
tagesgangbedingt sinkt.

Dienstag... kommt die Achse des Langwellentroges bis zur Irischen See voran, in
der Folge wird auf seiner Vorderseite das Geopotential weiter abgebaut und es
bildet sich bis zum Abend eine Geopotentialrinne, die über Frankreich hinweg bis
ins westliche Mittelmeer reicht. Damit zieht sich die Zone hohen Geopotentials
etwas nach Osten zurück, und wenn man in diesem Zusammenhang von einem Rücken
sprechen will, dann hat dieser zwei Achsen, eine die von der westlichen Ostsee
nach Norden weißt und bis nach Mittelschweden reicht, und eine, die nach
Südwesten weißt und etwa bis zur Scheldemündung reicht. Der nördliche Ableger
das Höhenhochs stützt dabei das Hoch über der Ostsee, welches sich weiter nach
Osten verlagert und dessen Schwerpunkt am Abend über Mittelfinland angekommen
sein soll. Die Bodenströmung dreht damit zunehmend auf Südost, wogegen die
Höhenströmung zumeist noch von einer östlichen Strömung geprägt ist. In diese
ist allerdings ein kleines, aber kräftiges Höhentief eingelagert, welches im
Tagesverlauf laut ICON von Ungarn nach Österreich ziehen soll und uns damit
schon recht nahe kommt. Allerdings schreiben die Modelle (weder ICON noch z.B.
GFS oder ARPEGE) diesem Höhentief einen großen Wettereinfluss zu. Somit ähnelt
die Situation insgesamt doch wieder dem Vortag. Es gibt viel Sonne, und im Süden
(an den Alpen, durch die Tiefdruckrinne auch im Schwarzwald, durch das Höhentief
auch im Bayerischen Wald) herrscht ein gewisses Gewitterrisiko vor. Die
CAPE-Werte sind aber weiterhin lausig (z.B. bei ICON maximal 200 J/kg, GFS liegt
in der gleichen Größenordnung), und auch die Werte des niederschlagbaren Wassers
erreichen in der Spitze gerade mal 20 mm. Alles in allem werden eventuelle
Gewitter kein großes Potential haben. Es sei aber angemerkt, dass GFS im
Südosten nicht nur dem Bayerischen Wald ein gewisses Gewitterrisiko zuschreibt,
sondern auch größere Teile Niederbayerns und angrenzende Regionen zumindest
gefährdet sieht. Dem gegenüber steht im Süden ein Auffächern des Gradienten, so
dass der Wind zwar weiter spürbar weht, aber wohl nicht mehr warnwürdig ist.
Aber all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass für weite Teile
Deutschlands weiter sonniges Sommerwetter zu erwarten ist, wobei die 850er
Temperaturen wieder etwas ansteigen und in der Folge gebietsweise Temperaturen
über 25 Grad zu erwarten sind.

In der Nacht zu Mittwoch wird vor allem der zur Scheldemündung gerichtete
Geopotentialrücken abgebaut. Auf der anderen Seite kommt das markante Höhentief
bis nach Oberösterreich voran, so dass zumindest der Süden Bayerns in seinen
Einflussbereich gelangt. Der Tagesgang spricht dabei gegen Gewitter, die Dynamik
aber dafür. Sollten sich Gewitter entwickeln, so steigt die Wahrscheinlichkeit
kräftiger Entwicklungen. Schließlich wird die Luft feuchter und labiler, und
auch die Scherung steigt, was organisierte Strukturen möglich erscheinen lässt.
Ansonsten dominiert weiter Hochdruckeinfluss, aber nach Mitteldeutschland und
Bayern ziehen vermehrt Wolken, so dass es dort wohl nicht mehr klar werden
dürfte. Dafür schwächt sich der Wind weiter ab, einzelne warnwürdige Böen hat
nur noch ICON im Programm, GFS oder EZMW sind da verhaltener.

Mittwoch... greift über dem Nordatlantik ein neuer Langwellentrog rasch bis nach
Irland und in der Nacht zu Donnerstag dann bis nach Großbritannien und
Nordfrankreich aus. Die vorderseitige Hebung induziert laut ICON ein flaches
Nord-Süd ausgerichtetes, an eine Rinne erinnerndes 1005er Tief, das in der Nacht
zu Donnerstag über dem Westen Deutschlands nach Norden geführt wird. Die
konvergente Bodenströmung lässt, zusammen mit der dynamischen Hebung, auch
kräftigere Umlagerungen erwarten, wobei die Luft mit PPW-Werten knapp unter 20
mm (laut ICON, bei GFS liegen die Werte um Nuancen Höher) dort nicht extrem
feucht ist. Die langsame Zuggeschwindigkeit lässt vermuten, dass Starkregen die
wahrscheinlichste Begleiterscheinung der Gewitter im Westen sein wird. Etwas
anders die Situation im Osten, wo nördlich des inzwischen über Bayern liegenden
Höhentiefs feuchte und sehr labile Luft in die Osthälfte gesteuert wird. Hier
sind die CAPE-Werte mit Maxima über 1000 J/kg (ICON) recht hoch, es ist etwas
Scherung vorhanden (Deep-Layer 10-20 m/s, Low-Level lokal über 10 m/s), so dass
dort auch besser organisierte Gewitterstrukturen möglich erscheinen, was nicht
nur auf Starkregen, sondern auch auf Hagel und Sturmböen schließen lassen
könnte. Dabei sollte man auch die Unwetterschwellen im Blick haben, denn auch
heftiger Starkregen oder größerer Hagel sind nicht auszuschließen. In der Nacht
zu Donnerstag verlagern sich die Niederschläge vom Osten wieder mehr in den
Westen, was ICON, aber beispielsweise auch GFS so avisieren. Gleichwohl zeigen
sich zwischen den Modellen am Mittwoch noch größere Unterschiede (bei GFS hat
das Tief über Westdeutschland eine deutlich andere Struktur als bei ICON), so
dass der Wetterwechsel sich zwar klar abzeichnet, die genauen Abläufe aber noch
nicht fest stehen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe bis zum morgigen Dienstag sehr ähnlich,
warnrelevante Unterschiede sind zwar auszumachen (Gewitterparameter im Süden),
sind aber nur sehr lokal relevant. Für Mittwoch zeigen die Modelle unisono einen
Wetterwechsel, dabei sind aber die genaue Position des Höhentiefs und der
Tiefdruckrinne bzw. des Tiefs im Westen noch in gewissem Rahmen strittig. Auf
einzelne Details der Modellunterschiede wurde im Text hingewiesen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas