DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-05-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.05.2018 um 10.30 UTC



Allmähliches Ende des Frühsommers, in der zweiten Wochenhälfte wechselhaft und
langsam kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 13.05.2018


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Mittwoch verliert die im
Kurzfristzeitraum wetterwirksame Antizyklone über dem Baltikum den Einfluss auf
das Vorhersagegebiet. Von Österreich nähert sich dabei ein kleinräumiges
Höhentief, das den Druckfall über Ostfrankreich und Südwestdeutschland weiter
verstärkt, womit eine dort in Entwicklung befindliche Bodenrinne weiter an
Bedeutung gewinnt. Bei nur schwachen Druckdifferenzen deuten die Modelle aber
auch über Ostdeutschland ein schwach konvergentes, bodennahes Windfeld an, das
die Entwicklung lokaler Schauer und Gewitter begünstigt. Fraglich bleibt,
inwieweit die nur schwache Hebung und die trockene Vorgeschichte Konvektion
überhaupt zulässt. Wahrscheinlich reicht es nur mithilfe der Orographie lokal
für kurzlebige Schauer und Gewitter, die aufgrund des trockenen "Entrainments"
rasch wieder zusammenbrechen. Im Norden und Nordwesten bleibt es mit ziemlicher
Sicherheit trotz nachlassendem Hochdruckeinfluss noch trocken. Das
Temperaturniveau bleibt in der subtropischen Luftmasse mit 850 hPa Temperaturen
über 10 Grad landesweit bei Höchstwerten zwischen 23 und 29 Grad noch
sommerlich.

Am Donnerstag greift von Westen ein Kurzwellentrog auf das Vorhersagebiet über,
der das zuvor angesprochene Höhentief über Süddeutschland "einfängt" und neben
Dynamik auch Struktur ins Wettergeschehen bringt. Ihm vorgelagert ist eine
Kaltfront, die im Tagesverlauf von West nach Ost durchschwenkt. Dahinter folgt
kühlerer Atlantikluft mit Temperaturen unter 5 Grad in rund 1500m Höhe nach.
Präfrontal vertieft sich die Rinne unterdessen weiter und sorgt vor allem über
Ostdeutschland in der feucht-labilen Warmluft für teils kräftige Gewitter, die
die sonnige und sehr warme Frühsommerphase wohl fürs erste beenden. Aufgrund des
weitaus vielversprechenderen Hebungs- und Scherungs-Setups, sind langlebige,
organisierte Strukturen mit lokalem Unwetterpotential deutlich wahrscheinlicher
als noch am Vortag (siehe Abschnitt signifikante Wettererscheinungen).

Der Freitag lässt sich kurz und knapp unter dem Oberbegriff
"Zwischenhocheinfluss" zusammenfassen. Eventuell halten sich am Alpenrand noch
Reste der instabilen Luftmasse des Vortags. Sonst gelangt die eingeflossene
Meeresluft unter Hochdruckeinfluss, kann sich so rasch erwärmen, so dass der
Temperaturunterschied zu den Vortagen moderat ausfällt (rund 5K kühler mit
maximal 19 bis 25 Grad). Ein Umstand, über den sich die Wetterfühligen unter
Ihnen sicherlich nicht beschweren werden.

Am kommenden Wochenende ist die Wetterentwicklung noch sehr unsicher. Die
Tendenz geht dahin, dass ein weiterer ostatlantischer Trog nach Westeuropa
vorstößt und damit auch bei uns gebietsweise weitere schauerartige Regenfälle
ausgelöst werden. Eventuell bildet sich dabei eine Luftmassengrenze aus, an der
es auch längere Zeit (da strömungsparallel) und teils gewittrig durchsetzt
regnen kann. Im Westen hält wohl der Zustrom kühler Atlantikluft an. Bei 850 hPa
Temperaturen, die meist unter 5 Grad liegen, werden dort 2m-Höchstwerte von 20
Grad nur noch selten erreicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen ist eine gute Konsistenz des aktuellen EZ-00UTC Laufs zu
seinen Vorläufen mit weiterer Tendenz zu zyklonal geprägter, kühlerer Witterung
am kommenden Wochenende zu beobachten. Der Donnerstag manifestiert sich als
potentieller Schwergewittertag in der Osthälfte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Freitag sind kaum prognoserelevante Unterschiede unter den
verschiedenen gängigen Globalmodellen auszumachen. Lediglich ICON lässt den Trog
am Donnerstag seit mehreren Läufen über Frankreich abtropfen, wodurch dem nur
noch schwachen Residuum beim Durchschwenken über dem Norden Deutschland einiges
an Hebungsantrieb und damit Wetteraktivität genommen wird - ein aufgrund der
geringen Ausgangsamplitude des Ostatlantiktroges samt Potentialanstiegs von den
Azoren doch sehr unrealistisches Szenario. Zudem ist dadurch bedingt auch die
Bewölkung am Freitag im Südwesten des Landes deutlich überschätzt. Die
Entwicklung zum Wochenende ist noch sehr unsicher. Die Mehrzahl der Modelle
folgt dabei nicht dem EZ mit Trogvorstoß Mitteleuropa sondern favorisiert ein
Abtropfen über der Biskaya und Südfrankreich (GFS, GEM, ICON, CMA). Demzufolge
würde es hierzulande mehrheitlich warm und trocken bleiben.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Abgesehen von vereinzelten Gewittern (Bergland) ist der Verbleib des traumhaften
Frühsommerwetters bis einschließlich Mittwoch auch anhand der Rauchfahnen
gesichert. Ebenso ist der Tag des Kaltfrontdurchgangs am Donnerstag (Absinken
der 850 hPa Temperaturen auf 0 Grad von West nach Ost) bei geringer Streuung und
gleichartigem Verhalten von Haupt- und Kontrolllauf schon fast gebucht. Die
Frage nach den Niederschlagsschwerpunkten muss naturgemäß auf die Kurzfrist
vertagt werden. Eine kurze Erholphase mit Temperatur- und Potentialanstieg im
Laufe des Freitags lässt auch wenig Zweifel am Timing des Zwischenhochs
aufkommen.

Die spannendste Frage ist nun, wie es zum Ende der Mittelfrist - sprich am
kommenden Wochenende weitergeht. Dabei lässt die große Bandbreite der Lösungen
keine verlässlichen Aussagen mehr zu. Gleichwohl deuten sowohl die
deterministischen Läufe des EZ als auch die Mehrheit der Ensemble-Member
zumindest in der Westhälfte auf kühleres (T nahe 0 Grad in 850 hPa) und zyklonal
geprägtes Wetter hin (im Osten noch alles offen). Haupt- und Kontrolllauf finden
sich dabei in der Potentialverteilung allerdings am unteren Rand (aber nicht als
Ausreißer!) der Lösungen wieder.

Die Ensembleschar des GFS lässt den Trog im ungewichteten Mittel zwar nicht
abtropfen, belässt die Trogachse aber westlich über Frankreich. Damit wird das
Potential einer strömungsparallelen Luftmassengrenze über Deutschland (warmer
Osten, kühler Westen) gestützt.

"Hartes Brot" heute in der Welt der Cluster. Im Zeitraum +120-168h (Fr-So)
stehen satte 6 Varianten zur Verfügung, die nahezu gleich verteilt sind. Die
Keil (über Skandinavien)-Trog (über UK) Struktur ist dabei zwar ähnlich, im
Detail für das weiterer Wettergeschehen über Deutschland aber entscheidend. In
der Mehrzahl wird zum Sonntag in der Höhe eine Südströmung über Deutschland mit
diffluenter Trogvorderseite im Westen simuliert.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Markante Wettererscheinungen sind im gesamten Mittelfristzeitraum auf
potentielle Gewitter beschränkt.

Während die Gewitter am Mittwoch wie beschrieben eher im Osten und Süden
orographisch initiiert und kurzlebig sein dürften, nimmt die Gefahr
organisierter Strukturen am Donnerstag deutlich zu. Bei einem niederschlagbaren
Wassergehalt um 25 mm, CAPE-Werten über 1000 J/kg und einer zu erwartenden
thermischen Querzirkulation sollten Starkregen, Hagel und Sturmböen als markante
Begleiterscheinungen gesichert sein.

Auch wenn das synoptische Setup lokal auch unwetterartige Entwicklungen mit
heftigen Starkregen von mehr als 25 l/qm binnen einer Stunde, größerem Hagel und
schweren Sturmböen zulassen würde, so liefern die Verfahren bis dato keinerlei
Anzeichen hierfür. Überraschend schwach ist der EFI CAPESHEAR aufgestellt, der
in keinster Weise auf ein erhöhtes Potential hindeutet. Womöglich ist die
berechnete Scherung doch zu schwach, immerhin liefern ICON-EU EPS und EZ-EPS im
Maximum CAPE-Werte bis 2000 j/kg über dem Nordosten des Landes.

In den 90%-Perzentilen der 24-stündigen Niederschlagssummen des COSMO-LEPS,
ICON-EPS und EZ-EPS tauchen immerhin flächendeckend zweistellige
Niederschlagssummen über Deutschland auf. In Anbetracht des mehrheitlich
konvektiv geprägten Niederschlagscharakters immerhin ein Hinweis auf ein
markantes Niederschlagsereignis nächsten Donnerstag.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen