DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-05-2018 08:01
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.05.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrW (Trog Westeuropa), später wahrscheinlich Übergang zu NEa (Nordost
antizyklonal)

Heute in der Nordhälfte windig bis stürmisch, Tendenz von Süden her abnehmend.
Kommende Nacht Gefahr von Bodenfrost, teils auch Luftfrost.
Am Mittwoch zum Abend hin im äußersten Osten und Südosten einzelne Gewitter mit
Starkregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... befindet sich Deutschland vorderseitig eines umfangreichen
Trogkomplexes, der weite Teile West- und Nordwesteuropas respektive des nahen
Ostatlantiks überdeckt. Eingelagert sind mehrere Drehzentren, von denen eins
knapp nördlich der Pyrenäen und ein weiteres über der Dänemarkstraße liegen.
Weitaus relevanter für das Geschehen bei uns, speziell für die nördlichen und
westlichen Landesteile, ist allerdings das Höhentief über der Nordsee, das mit
einem kleinen Sturmtief am Boden korrespondiert. Es hatte in den frühen
Morgenstunden noch einen Kerndruck von etwas unter 995 hPa, die senkrechte
Achsstellung sowie die Drucktendenzen - deutlicher Anstieg von Südwesten her,
nur noch wenig Fall - deuten aber an, dass das Tief den Scheitel seiner Karriere
bereits überschritten hat. Im Tagesverlauf wird es ganz gemächlich in Richtung
Oslofjord ziehen und sich dabei peu a peu auffüllen. Immerhin reichen Energie
und Wirkungsradius des Tiefs noch so weit, um der Nordhälfte sowie Teilen der
Mitte einen windigen bis stürmischen Maifeiertag zu bescheren, an dem so manch
geplante Radtour entweder gestrichen wird oder einen deutlich erhöhten
Körpereinsatz erforderlich macht, vor allem bei Fahrtrichtung West-Südwest. Vor
dort nämlich kommt der lebhafte Wind, der in Böen Stärke 7 Bft, im Norden und
Nordwesten sowie im Bergland 8 bis 9 Bft, an der Nordsee exponiert 10 Bft und
schließlich auf dem Blocksberg bis zu 12 Bft bringt. Erst am Nachmittag und
Abend lässt der Wind mit Abzug des Tiefs von Süden bzw. Südwesten her deutlich
nach. Die letzten warnwürdigen Böen (7 Bft) dürften in der ersten Nachthälfte an
der Ostseeküste auftreten, dann hat es sich erst mal ausgeblasen.
Ansonsten gilt zu klonstatieren, dass es im Nordwesten zeitweise regnet,
ausgelöst durch um den Tiefkern herumgeholte und abgehobene Warmluft
(Okklusion). Warnschwellen werden dabei aber nicht gerissen, außerdem zieht sich
der Regen im Laufe des Tages Richtung Nordsee, SH und westliche Ostsee zurück.
Und wie wird das Wetter im Süden und Osten? - Diese Landesteile werden weniger
vom genannten (Höhen)Tief beeinflusst sondern befinden sich unter einer leicht
flatternden südwestlichen Höhenströmung, die zunächst noch zyklonal, mit
zunehmender Tageslänge aber mehr und mehr antizyklonal konturiert ist und dabei
einen schwachen Azorenhochkeil stützt. So fallen anfangs noch gebietsweise ein
paar Tropfen Regen, bevor es später dann weitgehend trocken bleibt (einzelne
Schauer am ehesten noch an den Alpen). Zwischen der kompakten Bewölkung im
Nordwesten sowie in Teilen Süd- und Südostdeutschlands tut sich ein Streifen mit
zeitweise aufgelockerter Bewölkung und sonnigen Abschnitten auf, der etwa von
Vorpommern über die östliche Mitte bis nach BW reicht.
Noch ein Wort zur Temperatur, die heute in der frisch einfließenden
Meereskaltluft polaren Ursprungs (T850 zwischen -3°C im NW und +5°C im SO) eher
defensiv agiert. Besonders unschön präsentiert sich dabei das regnerische
Schleswig-Holstein, wo die Temperatur vielerorts im einstelligen Bereich bleibt.
Ansonsten stehen im Nordwesten 10 bis 14°C, sonst, 13 bis 19°C auf der Karte mit
den höchsten Werten im Osten.

In der Nacht zum Mittwoch wölbt sich von Süden her ein flacher Höhenrücken auf,
gleichzeitig spaltet sich aus dem Azorenhochkeil eine eigenständige kleine
Hochparzelle ab, die bis zum Morgen nach Polen wandert. Kurzum, die
eingeflossene Polarluft kommt zur Ruhe und es kühlt verbreitet in den unteren
einstelligen Bereich ab. Insbesondere in geschützten Mittelgebirgslagen, lokal
aber auch in trockenen Gebieten Nord- und Ostdeutschlands reicht es sogar für
leichten Luftfrost bis maximal -3°C! Besonders für den zentralen
Mittelgebirgsraum sollte nicht zuletzt auch wegen der schon fortgeschrittenen
Jahreszeit am Mittag eine Frostwarnung herausgegeben werden.
Etwas wärmer bleibt die Nacht in weiten Teilen Süd- und Südostdeutschlands, was
an der dichten Bewölkung liegt, die - getriggert durch leichte WLA - ein
stärkeres Auskühlen der Luftmasse verhindert.

Mittwoch... verlagert sich ein schmaler Höhentrog von UK/Irland ganz langsam in
Richtung Nordsee. Vorgeschaltet ist eine Okklusion bzw. Kaltfront, die zu einem
von Island zur Norwegischen See ziehenden Tief gehört. Beides, Trog und Front
bleiben tagsüber aber noch soweit außen vor, dass sie noch keinen "Schaden"
anrichten. Stattdessen bleibt die südwestliche Höhenströmung zunächst weitgehend
antizyklonal geprägt, und auch im Bodendruckfeld überwiegt schwacher
Hochdruckeinfluss in Form einer schmalen, fast brückenartigen Konstellation
zwischen dem o.e. Tief und einem weiteren bei Sizilien. So dürfen sich Nord- und
Westdeutsche im Gegensatz zu heute über einen sonnenscheinreichen und trockenen
Tag freuen, an dem sich die Meereskaltluft allmählich erwärmt und es immerhin
auf 15 bis 19°C, punktuell vielleicht sogar auf 20°C bringt.
Richtung Süden und Osten präsentiert sich das Wetter tendenziell wolkiger, wenn
auch nicht vollständig stark bewölkt oder bedeckt. Weiterhin greift leichte WLA,
die laut GFS und COSMO-DE im Osten und Südosten gebietsweise sogar etwas Regen
bringen. Andere Modelle sind diesbezüglich etwas zurückhaltender. Wie auch
immer, Tatsache ist, dass die ost-südöstlich von uns positionierte wärmere
Luftmasse vor allem in Österreich und Tschechien, später auch im südlichen Polen
zunehmend labilisiert wird und es dort - trotz hebungsungünstiger
Potenzialverteilung - zur Auslöse von Schauern und einzelnen Gewittern kommt,
die am Nachmittag, eher aber zum Abend hin auch mal die Grenze nach Westen hin
überschreiten könnten (Ostbayern, Sachsen, Lausitz). Ob aus dem Konjunktiv
letztlich ein Indikativ wird, muss aber noch abgewartet werden. Sollte es
letztlich für einzelne Gewitter reichen, gilt es, das Augenmerk auf möglichen
Starkregen zu legen. Trotz geringerer Einstrahlung wird es im Süden und Osten
u.a. wegen der höheren Startwerte (zumindest gebietsweise) und der höheren
850-hPa-Temperatur (am Nachmittag 6 bis 12°C) mit 16 bis 22°C etwas wärmer als
nach Nordwesten hin.

In der Nacht zum Donnerstag greift die Okklusion bzw. Kaltfront auf den Westen
und Nordwesten über, zeigt sich dabei aber vergleichsweise handzahm. So fällt
weder nennenswerter Regen (ein paar Tropfen im Nordseeumfeld sowie im
Grenzbereich zu den Niederlanden), noch macht der Wind irgendwelche größere
Zicken. Zwar frischt der kurzzeitig auf S-SW rückdrehende, später wieder auf W
drehende Wind auf der Nordsee kurzzeitig auf, für warnwürdige Böen wird es
wahrscheinlich aber nicht mal reichen (vielleicht ´ne schlappe 7 Bft auf
Helgoland).
Im Osten bleibt die Gefahr einzelner Gewitter (mit Starkregen) oder auch
gewittriger Schauer bestehen, weil sich über Polen eine Tiefdruckrinne nach
Norden ausweitet. Last but not least wird auch aus der Schweiz heraus etwas
Regen generiert, der auf Teile BWs und das bayerische Schwaben übergreift.


Donnerstag... schwenkt der Höhentrog unter Amplitudenverlust über die Nordhälfte
ost-nordostwärts, wobei er die vorgelagerte Front noch etwas weiter landeinwärts
"schiebt". Dabei wird sie von Druckanstieg überlaufen, der sich in Form eines
sich ostwärts ausweitenden Azorenhochkeil widerspiegelt. Der Druckanstieg macht
der Front mächtig zu schaffen, will heißen, ihre Wetterwirksamkeit bleibt gering
(ein dichtes Wolkenband, aus dem nur vereinzelt ein paar Tropfen fallen, das
war´s). Und auch in der rückseitig einfließenden subpolaren Meeresluft (T850 in
der NW-Hälfte -1 bis +4°C) tut sich schauermäßig mangels ausreichend
Höhenkaltluft nicht viel bis gar nichts. Im Gegenteil, die Wolkendecke reißt auf
und lässt längere sonnige Abschnitte zu.
Nach Süden und Südosten zu bleibt die (schwache) Höhenströmung zwar antizyklonal
konturiert, trotzdem präsentiert sich das Wetter alles andere als astrein. Vor
allem um 700 hPa herum wird mit südlicher Strömung relativ feuchte Luft
eingesteuert, die durch eine veritable Gegenstromlage (nördlicher Wind unten vs.
Südwind oben) etwas gehoben wird. Die Folge sind nicht nur unterschiedlich
dichte Wolken, besonders südlich der Donau kann es daraus auch hin und wieder
regnen. Ob es schlussendlich auch für einzelne Gewitter reicht, ist fraglich,
wird doch die Hauptlabilität von den meisten Modellen weiter südlich respektive
östlich gesehen.
Die Temperatur steigt auf 12 bis 19°C, im Osten und Südosten stellenweise auf
rund 20°C.

In der Nacht zum Freitag verstärkt sich der Azorenhochkeil und die Wolkendecke
reißt vielerorts auf. Im Westen und Norden tritt gebietsweise leichter Frost in
Bodennähe auf, punktuell ist auch noch mal vor der 2m-Temperatur ein
Minuszeichen (z.B. in der trockenen Lüneburger Heide).
Dichter bewölkt bleibt es im Süden und Südosten, wo es vom Alpenrand bis hinüber
zum Bayerischen Wald zeitweise regnen kann. Neben Staueffekten am Alpenrand
machen sich dort auch schwache Hebungsprozesse (hauptsächlich WLA) auf der
Nordflanke eines hochreichenden Tiefs über dem Tyrrhenischen Meer bemerkbar.
Darüber hinaus kommt im Süden BWs die Bise in Gang (NO-Wind auf der Südflanke
des Hochkeils), was den Höhen des Schwarzwalds, insbesondere dem Feldberg
Sturmböen 8-9 Bft bringt. Ob auch weiter unten die Stärke 7 Bft gerissen wird,
ist noch offen.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle zeigen im Großen und Ganzen eine sehr ähnliche Entwicklung was die
Basisfelder angeht. Die heute Wind-/Sturmsituation ist warntechnisch gut
aufgestellt, gleichwohl muss die Lage ständig gemonitort und ggf. angepasst
werden (z.B. vorzeitiges Aufheben von Süden her wie schon geschehen, Anpassen
bzw. Runterstufen von Warnungen, an der Ostsee auch verlängern).
Fraglich ist auch noch der genaue Verlauf möglicher konvektiver Umlagerungen im
Osten und Südosten am morgigen Mittwoch, was aber im Text bereits angerissen
wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann