DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-04-2018 07:01
SXEU31 DWAV 230800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.04.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa, ab Mittwoch Übergang zu TrW
Heute im Süden und Südosten nochmals kräftige Gewitter, Unwetter nicht
ausgeschlossen, aber weniger wahrscheinlich als am Vortag. Dienstag und Mittwoch
im Norden voraussichtlich nicht warnrelevanter Regen. Auf einigen Berggipfeln
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... überquert - eingebettet in die recht kräftige Frontalzone - ein
Kurzwellentrog unter Amplitudenverlust Deutschland rasch ostwärts. Rückseitig
stellt sich eine recht glatte westliche Höhenströmung ein. An den Trog gekoppelt
ist auf Meeresniveau die Kaltfront eines allmählich Richtung Norwegische See
ziehenden Tiefs, die das Vorhersagegebiet heute von Nordwesten her überquert.
Während sie über der Nordhälfte rasch nach Osten vorankommt, hängt sie über
Süddeutschland aufgrund strömungsparalleler Exposition zur Höhenströmung zurück
und gerät ins Schleifen. Vorderseitig verbleibt der Südosten noch längere Zeit
im Einflussbereich recht feuchter und labil geschichteter Luftmassen, während
postfrontal erwärmte Meeresluft in den Norden und die Mitte des Landes advehiert
wird. Mit der Tageserwärmung verstärkt sich der thermische Gegensatz vorder- und
rückseitig der Front, was frontogenetisch wirkt. Ansonsten sind nur wenig
dynamische Hebungsprozesse auszumachen, da die trogvorderseitig generierte PVA
durch KLA, die den Trog überläuft, teilweise kompensiert wird.
Die Luftmasse über dem Süden und Südosten des Landes ist weiterhin labil
geschichtet, wenngleich sie nicht mehr die Labilitätswerte des Vortages
aufweist. Die höchste ML-Cape wird über dem Osten und Süden Bayerns simuliert
mit bis zu 700 J/kg (ICON-EU) bzw. sogar bis an die 1000 J/kg (COSMO-DE und
SuperHD), wobei noch fraglich ist, ob diese mangels Einstrahlung überhaupt
generiert werden kann. Die PPW-Werte schwanken um 25 mm, Richtung Alpen eher
weniger.
Die Hauptgewitteraktivität dürfte sich somit im Frontbereich bzw. an einer Art
konvektiven Linie im unmittelbar präfrontalen Bereich abspielen, wie von einigen
Konvektion zulassenden Modellen simuliert. Über den mittleren Landesteilen
verlagert sich diese recht rasch ostwärts, bereits um die Mittagszeit bzw. am
frühen Nachmittag sollte sich die gesamte Osthälfte inklusive östlicher
Mittelgebirgsraum bereits im postfrontalen Bereich befinden, wobei dann rasch
Wetterberuhigung einsetzt und es kaum mehr Schauer bzw. Gewitter geben sollte.
Im Süden geht dieser Vorgang deutlich langsamer vonstatten. Ob sich im Vorfeld
sogar noch aus den Alpen heraus bzw. vom Schwarzwald und der Alb her Gewitter
entwickeln, die dann ostnordostwärts durchs Alpenvorland bzw. über Franken und
die Oberpfalz hinweg ziehen, ist fraglich, da einige Modelle (COSMO-DE) bereits
im Vorfeld den Durchzug einer Druckwelle mit auffrischendem Westwind (bis Bft 7
in freien Lagen im Alpenvorland bzw. Ostbayern) simulieren, die der Luftmasse
einiges an Energie entzieht.
Sicher ist aber auf jeden Fall die in den kommenden Stunden wieder auflebende
Gewitteraktivität im Frontbereich bzw. an der ihr vorgelagerten konvektiven
Linie. Dabei fallen die Begleiterscheinungen der Gewitter im Allgemeinen markant
aus (Starkregen, kleiner Hagel, Sturmböen), wobei Unwetter lokal eng begrenzt
nicht ausgeschlossen sind, allerdings wohl deutlich weniger wahrscheinlich als
am Vortag. Am Abend bzw. in der ersten Nachthälfte erreichen die Gewitter dann
auch die Alpen.
Mit Durchschwenken der Kaltfront bzw. postfrontal verschärft sich der
Druckgradient vorübergehend, vor allem im Norden und Osten frischt der Wind aus
West auf, wobei es am ehesten in freien Lagen sowie Richtung Küsten für steife
Böen reicht, auf einigen Mittelgebirgsgipfeln kann es stürmische Böen,
vereinzelt auch Sturmböen geben.
Ansonsten kommt es postfrontal zu einer raschen Wetterberuhigung, zumal sich im
Bodenfeld ein flacher Hochkeil von Frankreich bzw. Benelux her dort hin schient.
Vor allem im Nordwesten kann sich auch wieder länger die Sonne durchsetzen.
Im Bereich der postfrontal einströmenden Meeresluft sinkt die Temperatur in 850
hPa bis zum Abend auf 6 Grad in der Mitte und 1 Grad ganz im Norden, während
präfrontal nochmals bis zu 14 Grad (Alpenrand) erreicht werden. Mit etwas Sonne
steht somit in Südostbayern stellenweise nochmals ein Sommertag ins Haus,
während sonst Höchstwerte zwischen 18 und 23 Grad erreicht werden, im Nordwesten
zwischen 12 und 17 Grad.

In der Nacht zum Dienstag erreicht die Kaltfront die Alpen, verliert aber
aufgrund des nachfolgenden und sich etwas verstärkenden Bodenhochkeils zusehends
an Wetterwirksamkeit. Vor allem in der ersten Nachthälfte gibt es Richtung Alpen
noch schauerartige, teils gewittrige Regenfälle, anfangs vielleicht auch noch
kräftige Gewitter. In der zweiten Nachthälfte kommt das Ganze dann mehr oder
weniger zum Erliegen.
Auf die Nordhälfte greift ein in die kräftig ausgeprägte Frontalzone
eingebetteter flacher Kurzwellentrog über, wobei WLA in Verbindung mit etwas PVA
einen trogvorderseitigen dynamischen Hebungsantrieb liefert. Eine daran
gekoppelte Kaltfront erreicht in den Frühstunden die Nordseeküste, im Vorfeld
setzen im Laufe der zweiten Nachthälfte schauerartige Regenfälle meist aber nur
leichter Intensität ein, für Gewitter sollte es mangels Labilität nicht reichen.
Dabei hat ICON-EU die progressivste Version auf der Karte, nach Lesart des GFS
z.B. wäre erst das unmittelbare Nordseeumfeld ab den Frühstunden betroffen.
Der Wind nimmt abends und in der ersten Nachthälfte nach Kaltfrontpassage
zunächst rasch ab, ehe er morgens im Nordseeumfeld mit Böen Bft 7 aus Südwest
wieder auffrischt. Auf dem Brocken kann es dann auch stürmische Böen geben.
Im Großteil des Landes verläuft die Nacht somit im Einflussbereich des Hochkeils
wettertechnisch relativ ruhig, vielerorts lockern die Wolken auf, örtlich kann
sich Nebel bilden.

Dienstag... verbleibt Deutschland unterhalb der recht glatt verlaufenden, über
dem Norden mit einem stärkeren Gradienten als über Süddeutschland ausgestatteten
westlichen Höhenströmung. Dabei schwächen sich die dynamischen Hebungsantriebe
über Norddeutschland vorübergehend ab, ehe sie sich zum Abend hin vorderseitig
eines Richtung Britischen Inseln schwenkenden Kurzwellentroges vor allem
aufgrund von PVA wieder verstärken.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront über Norddeutschland aufgrund
strömungsparalleler Exposition zur Höhenströmung nicht viel weiter nach Süden
voran und gerät ins Schleifen. Vor allem nachmittags und abends verstärken sich
mit Annäherung einer Welle die Niederschläge im Frontbereich und weiten sich
etwa bis zu einer Linie Westmünsterland - Oderbruch aus. Warnrelevante Mengen
stehen aber zunächst mal nicht auf der Karte.
Im Frontbereich frischt der Wind vorübergehend auf, an den Küsten und im
Nordosten gibt es steife Böen (Bft 7) aus Südwest, auf einigen Gipfeln der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge auch stürmische Böen (Bft 8), auf dem
Brocken eventuell Sturmböen (Bft 9). Mit Annäherung der Welle fächert der
Gradient am Nachmittag von Westen her aber wieder auf und der Wind nimmt ab.
Die Südhälfte befindet sich im Einflussbereich des dorthin gerichteten
Azorenhochkeils. Dort herrschen somit stabile und windschwache Verhältnisse und
die eingeflossene Meeresluft kann sich bei von Südwesten zunehmendem
Sonnenschein wieder kräftig erwärmen. Zwar bilden sich über den Alpen und dem
ostbayerischen Mittelgebirgsraum wieder Quellwolken, für Schauer oder gar
Gewitter reicht es aber wohl nur im inneralpinen Bereich, also Richtung
Österreich.
Unter den dichten Wolken im Norden und Nordwesten steigen die Temperaturen auf
Höchstwerte zwischen 10 und 14 Grad, in der Mitte werden etwa 15 bis 20 Grad
erreicht, in der Südhälfte 20 bis 25 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der flache Kurzwellentrog zur Nordsee. Auf
dessen Vorderseite verstärken sich die Hebungsprozesse weiter und somit
intensivieren sich die Regenfälle im Bereich der bis Mittwochfrüh nach
Norddeutschland ziehenden frontalen Welle, weiten sich aber kaum mehr nach Süden
aus. Warnrelevante Mengen zeigt allerdings keiner der aktuellen Modellläufe,
maximal werden (bis Mittwochmittag) 25 mm in etwa 30 Stunden simuliert (ICON-EU,
GFS eher weniger) und auch die probabilistischen Verfahren (ECMWF-EPS,
COSMO-LEPs, allerdings noch die gestrigen 12 UTC-Läufe) liefern keine Hinweise
darauf.
An der Südflanke des Wellentiefs frischt der Wind vor allem über der Mitte des
Landes auf, wobei es wohl nur in höheren Lagen für warnrelevante Böen (Bft 8 bis
9) aus Südwest reicht.
Im Süden bleibt es weiterhin trocken und bis auf eine sich wohl weitgehend auf
höhere Lagen beschränkende Windzunahme bekommt man vom Frontgeschehen weiter
nördlich kaum etwas mit. Vor allem Richtung Alpen ist der Himmel sogar oft
gering bewölkt. Hier und da kann sich vielleicht auch etwas Nebel bilden.

Mittwoch... verlagert sich der weiterhin nur sehr flach ausgeprägte, aber
zunehmend breit angelegte Kurzwellentrog über die Nordhälfte des Landes hinweg
ostwärts. Dabei wird die Frontalzone von Westen her etwas nach Süden gedrückt.
Das Wellentief über Norddeutschland zieht rasch Richtung Baltikum. Die Kaltfront
kommt mit der niedertroposphärisch jetzt mehr auf Nordwest drehenden Strömung
etwas schneller nach Südosten voran und erreicht abends in etwa eine Linie Pfalz
- Lausitz. In erster Linie aus PVA resultierende Hebungsprozesse (die allerdings
von den Trog überlaufender KLA teilkompensiert werden) halten die
Wetteraktivität im Frontbereich bzw. unmittelbar präfrontal aufrecht, wobei die
Niederschläge zunehmend konvektiven Charakter annehmen. Bei kräftiger
hochreichender Scherung (über 30 m/s 0 bis 6 km), aber arg limitierter Labilität
(kaum mehr als 100 J/kg ML-Cape) ist die Ausbildung einer oder mehrerer Schauer-
und Gewitterlinien denkbar, wobei sich die markanten Begleiterscheinungen aber
wohl auf den Wind (durchaus Sturmböen denkbar, vor allem bei organisierter
Konvektion) beschränken.
Der Wind ist auch außerhalb der Gewitter Thema, da es rückseitig des Wellentiefs
vorübergehend zu einer generellen Gradientzunahme kommt. Verbreitet gibt es
steife Böen, in freien Lagen und orographisch getriggert (z.B. Leitplankeneffekt
an den Alpen und im Erzgebirgsvorland) vereinzelt auch "nichtkonvektive"
stürmische Böen, präfrontal aus Südwest, postfrontal aus West bis Nordwest. In
den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss mit Böen Bft 8
bis 9 gerechnet werden. Im Norden lässt der Wind nachmittags allerdings wieder
nach.
Mangels "Luftmasse" sollten sich präfrontal ganz im Süden kaum Schauer und
Gewitter bilden, dort steht noch einmal ein recht freundlicher Tag ins Haus und
die präfrontal wetterbestimmende Warmluft (über 10 Grad in 850 hPa im Südosten
Bayerns) lässt die Temperatur noch einmal auf frühsommerliche 21 bis 25 Grad
steigen. Ansonsten werden noch Höchstwerte zwischen 15 und 20 Grad erreicht, im
Norden und Nordwesten, wo sich im Trogbereich auch postfrontal noch einzelne
Schauer und eventuell auch kurze Gewitter entwickeln, nur 10 bis 15 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht die Kaltfront mit schauerartigen, teils
auch noch gewittrigen Regenfällen schließlich die Alpen, wobei sie ICON-EU noch
deutlich wetteraktiver simuliert als GFS, die nur wenig Niederschläge auf der
Karte haben. Postfrontal beruhigt sich das Wetter rasch und es gibt zunächst
kaum mehr Schauer, auch der Wind nimmt ab und ist höchstens noch auf exponierten
Gipfeln warnrelevant.
Im Laufe der zweiten Nachthälfte greift von Nordwesten her ein weiterer
Kurzwellentrog auf die Nordsee über, vorderseitig lebt im Nordwesten im Laufe
der Nacht die Schauertätigkeit wieder auf, auch kurze Gewitter können eventuell
erneut dabei sein.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren die Wetterentwicklung im Kurzfristbereich
sehr ähnlich. Auf die vor allem in den Konvektion zulassenden Modellen
vorhandenen Signale für lokal eng begrenzte und ganz vereinzelt auftretende
unwetterartige Entwicklungen im Süden/Südosten wurde im Text hingewiesen. Dabei
treten von Modell(lauf) zu Modell(lauf) die für diese Lage typischen Differenzen
auf, was die räumliche Verteilung und die Intensität der Gewitter angeht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff