DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-04-2018 17:01
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Von West nach Nordost ziehende kräftige Gewitter, teils Unwetter.
Morgen mit Kaltfrontpassage vor allem im Osten und Süden noch einzelne Gewitter
(meist gelb oder ocker). Am Dienstag im Norden Regen, im Süden "schön".

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... verläuft die mäandrierende Frontalzone vom mittleren Nordatlantik
kommend bis weit nach Osteuropa. Deutschland befindet sich aktuell im
Übergangsbereich eines ostwärts abwandernden Rücken und einem von Westen
nachfolgenden KW-Trog, der aber zunehmend an Konturverlust leidet. Trotzdem
induziert er auf seiner diffluenten Vorderseite weiterhin dynamische Hebung
insbesondere durch PVA, deren Schwerpunkt sich in die nordöstlichen Landesteile
verlagert. Da passt es ins Weltbild, dass die Numerik die kräftigen, teils als
Multizelle, teils als Einzelzelle auftretenden Gewitter aus dem Westen ebenfalls
in den Nordosten verlagern. Sie sind an einen Bodentrog gekoppelt, der den
Fortsatz eines nördlich von Schottland gen Norwegische See ziehenden Bodentiefs
darstellt und der ebenfalls allmählich nordostwärts schwenkt. So werden wir
wahrscheinlich bis weit in die Nacht hinein vor Gewittern warnen müssen, die in
der Basis markant ausfallen (Starkregen, kleinkörniger Hagel, Sturmböen). Die
Unwettergefahr nimmt nicht zuletzt wegen des Tagesgangs ab, nichts desto trotz
heißt es weiterhin "Spitz pass auf", zu oft schon hat uns die vermeintliche
nächtliche Stabilisierung was gehustet.
Ansonsten gilt es noch den Blick zu richten auf die Kaltfront des o.e. Tiefs,
die im Laufe der zweiten Nachthälfte auf den W und NW übergreift und dabei
schauerartigen Regen sowie einzelne Gewitter bringt. Dabei kann im Einzelfall
mal Starkregen von mehr als 15 mm innert 1 h auftreten, auch einzelne Böen 7
Bft, vielleicht sogar 8 Bft sind mit Winddrehung von S-SW auf westliche
Richtungen möglich.
Im Süden verläuft die Nacht ruhig, die anfänglich über dem Bergland vereinzelt
noch auftretenden Zellen fallen in sich zusammen.

Montag ... schwenkt der KW-Trog über Deutschland hinweg ostwärts, wobei er
weiter an Amplitudensubstanz verliert. Rückseitig greift die stark geglättete
Frontalzone auf den Vorhersageraum über, wodurch eine über mehrere Tage
andauernde Westlage eingeleitet wird. Mit dem Trog zieht auch die Kaltfront
ost-südostwärts über uns hinweg, wobei sie im durch ihre zunehmend
strömungsparallele Exposition abgebremst wird respektive ins Schleifen gerät.
Damit erklärt sich auch, warum die frontalen Regenfälle (schauerartig) und
Gewitter den Osten bis zum Nachmittag weitgehend überquert haben (mit Ausnahme
vielleicht der Lausitz, des Erzgebirges sowie dessen Vorland), während sie im
Süden bis weit in die Abendstunden, z.T. sogar bis in die Nacht zum Dienstag
hängen.
Hinsichtlich der Qualität der Gewitter lässt sich sagen, dass die
Labilitätswerte (Lapse-Rate, CAPE) nicht mehr so berühmt sind wie das heute
präfrontal der Fall war. Zwar akkumuliert sich das PPW unmittelbar vor der Front
noch mal auf bis zu 25 mm oder etwas mehr, allerdings ziehen die Gewitter auch.
Kurzum, als Begleiterscheinungen kommen Starkregen von etwas über 15 mm/h,
kleinkörniger Hagel und/oder Böen bis Sturmstärke 9 Bft in Betracht. Stärkere
Entwicklungen (bis hin zu Unwettern) sind zwar nicht kategorisch ausgeschlossen,
gegenüber heute aber weniger wahrscheinlich. Allerdings sollte man den
präfrontalen Südosten im Blick behalten, wo sich in der Warmluft am Nachmittag
und Abend auch einzelne Gewitter entwickeln können - die Betonung liegt auf
"können". Denn, es deutet sich an, dass vor der Front der Wind südlich der Donau
bereits auf West springt und zudem eine Druckwelle durchläuft, die zwar den Wind
vorübergehend ordentlich aufbrisen lässt (Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft), sich
dafür aber für mögliche konvektive Umlagerungen als kontraproduktiv erweist.
Hinzu kommt, dass die Luftmasse zunächst noch relativ trocken ist. Vorstellbar
ist, dass sich unmittelbar an den Alpen und vielleicht auch im Bayerischen Wald
einzelne Zellen entwickeln. Wie auch immer, hier werden wir einmal mehr auf
klassisches Nowcasting angewiesen sein.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass rückseitig der Kaltfront ein Schwall
subpolarer Meeresluft insbesondere in die Nordhälfte strömt, in der die
850-hPa-Temperatur auf 5 bis 0°C zurückgeht. Mit der klassischen postfrontalen
Subsidenz zeigt sich nicht nur vorübergehend die Sonne, es bildet sich auch eine
Inversion bei etwa 800 hPa. Darunter entwickeln sich dann im weiteren
Tagesverlauf vermehrt Quellungen, die mangels Höhenkaltluft aber nicht besonders
hoch hinaus können, sondern sich an der Inversion die "Birne stoßen" und sich
dann lieben ausbreiten.
De westliche Wind frischt mitunter leicht böig auf, vor allem bei KF-Passage,
bei Konvektion und mit Durchgang der Druckwelle im Süden (7-8 Bft). Aber auch an
der See sowie in großen Teilen SHs reicht es vermehrt für 7er-Böen (aus dem
Gradienten), während sonst diese Windstärke eher nur vereinzelt bzw. in
exponierten Hochlagen (dort auch 8er-Böen) auftritt.
Interessant auch die Temperaturverteilung zu Beginn der neuen Woche. Während an
der Nordsee z.T. nur Werte von 11, 12 oder 13°C auf der Tagesordnung stehen,
geht es an der Salzach noch mal bis auf 27°C hoch.

In der Nacht zum Dienstag klingen letzte Gewitter am Alpenrand ziemlich bald ab,
es könnte vor allem nach Osten hin aber noch längere Zeit schauerartig regnen.
Von Westen her schiebt sich ein Keil des Azorenhochs bis nach Süddeutschland
vor, der dort für Wolkenauflockerungen sorgt, in deren Folge sich örtliche
Nebelfelder bilden können.
Anders die Situation im Nordwesten, wo sich von UK und der Nordsee her ein
okkludierendes, zur Wellenbildung neigendes Frontensystem nähert, das zu einem
Tief west-südwestlich von Island gehört. WLA in Verbindung mit etwas PVA
(verursacht durch sehr kurzwellige Anteile in der grundsätzlich glatten
Höhenströmung) lässt dynamische Hebung aufkommen, die im Nordseeumfeld zu teils
schauerartig verstärkten Regenfällen führt. Darüber hinaus frischt der auf SW
rückdrehende Wind an der Nordsee erneut auf, 7er-Böen dürften aber die Ausnahme
bleiben.

Dienstag ... stellt sich eine Art nördliche Westlage ein. Die weiterhin über
Deutschland verlaufende Frontalzone bleibt glatt konturiert, wobei die westliche
Höhenströmung im Norden stärker ist als im Süden. Gleiches gilt für den Wind in
den bodennahen Luftschichten, der im Norden, insbesondere Richtung Küste, auf
der Südflanke verschiedener Tiefs über N- und NW-Europa (eins über der
Norwegischen See, eins knapp südwestlich von Island), mäßig bis frisch weht
(7er-, vereinzelt 8er-Böen, Blocksberg bis zu 10 Bft).
Der Süden präsentiert sich bei aufgefächertem Gradienten nicht nur
windschwächer, dort (also grob südlich der Mainlinie) sind bei leichtem
Hochdruckeinfluss auch die Chancen auf Sonnenschein am höchsten. Dagegen stehen
die Zeichen im Norden im Bereich der schleifenden Okklusion/Kaltfront auf Regen,
der z.T. länger andauert. Ob dabei - akkumuliert bis Mittwochfrüh - irgendwo die
markante Dauerregenschwelle von 30mm/24h angekratzt wird, ist aus heutiger Sicht
zwar eher unwahrscheinlich, sollte aber nicht gänzlich aus den Köpfen
verschwinden. Zudem ist denkbar, dass im Zuge weiterer Regenfälle am Mittwoch
und Donnerstag das 48h- oder gar 72h-Kriterium gerissen wird.
Die Temperatur erreicht bei längerem Regen im Norden gerade mal 10 bis 14°C,
sonst liegen die Höchstwerte bei 15 bis 20°C, in der Südhälfte bei 20 bis 25°C.


In der Nacht zum Mittwoch intensiviert sich der skalige Regen im Norden,
gleichzeitig weitet er sich etwas nach Süden bis etwa an den Nordrand der
Mittelgebirge aus. Die Ursache für die Intensivierung liegt in der Annäherung
eines sehr flachen KW-Troges in der Höhe, der wahrscheinlich auch eine Welle an
der quasistationären Front induziert. Akkumuliert über 12 h können punktuell bis
20 mm zusammenkommen (ICON), die externen Modelle agieren allerdings
zurückhaltender.
Im Süden bleibt es weiterhin trocken, vielerorts auch klar. Je nach dem wie gut
die Welle organisiert ist, könnte der südwestliche Wind auf der Südflanke
zumindest auf den Bergen soweit auffrischen, dass die eine oder andere Böe 7
Bft, exponiert bis 8 Bft auftritt.

Mittwoch ... schwenkt der flache, aber vergleichsweise breite KW-Trog über
Deutschland hinweg ostwärts. Dabei wird die Frontalzone etwas nach Süden
gedrückt. Der bodennahe Wind dreht etwas nach rechts auf W-NW, wodurch die
Kaltfront ebenfalls südostwärts vorankommt. Damit breiten sich die Regenfälle
aus dem Norden mehr und mehr in die mittleren Landesteile aus, wobei sie
zunehmend konvektiv verstärkt werden oder sogar gänzlich konvektiven Charakter
annehmen, einzelne Gewitter inclusive.
Trocken und vielfach auch sonnig bleibt es im Süden, allerdings nimmt dort die
Schauer- und Gewitterneigung über dem Bergland etwas zu.
Der Wind frischt mitunter böig auf mit der einen oder anderen Böe 7 Bft,
vereinzelt 8 Bft (besonders bei Konvektion. 850-hPa-Winde bis zu 35 Kt), in
exponierten Kamm- und Gipfellagen bis 9 Bft.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von rund 12°C an der See und bis zu 25 oder
26°C am Inn sowie im Chiemgau.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Der Generalkurs steht, die Details noch nicht ganz. Aktuell ist natürlich viel
Nowcasting angesagt, auch wenn die meisten hochauflösenden Modelle, darunter
auch COSMO-DE, einen guten Job bei der Skizzierung der nachmittäglichen
Gewitterzellen gemacht haben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann