DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-04-2018 17:30
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ab Sonntag von Westen her zyklonaler mit schauerartigem Regen und Gewittern,
meist markant, aber auch lokale Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... ist das Höhenhoch über den Alpen dabei, sich abzuschwächen. Es
bleibt aber der ummantelnde, bis zum Europäischen Nordmeer reichende Rücken
übrig, so dass Deutschland weiterhin antizyklonal beeinflusst ist. Daran ändert
auch die Tatsache nichts, dass das Bodenhoch ONNI seinen Schwerpunkt unter
Abschwächung von der Nordsee nach Polen transferiert.
Kurzum, die Nacht wird verbreitet gering bewölkt oder klar, die über den
Mittelegebirgen entstandenen Quellungen lösen sich weitgehend auf. An der
Nordsee (zwischen Elb- und Wesermündung) sowie im nördlichen SH kann es wieder
(See)Nebel geben. Ansonsten geht die Temperatur im Norden und Nordosten
vielerorts auf 6 bis nahe 0°C zurück, was gebietsweise leichten Frost in
Bodennähe zur Folge hat.

Sonntag ... beginnt die Großwetterlage sich allmählich umzustellen. So wandert
besagter Höhenrücken nebst Bodenhoch langsam aber sicher über Deutschland
ostwärts. Damit wird der Weg frei für zyklonale Spießgesellen, die sich ebenso
langsam, aber auch ebenso sicher von Westen her nähern. Namentlich handelt es
sich dabei um einen gut ausgeprägten Kurzwellentrog in der Höhe sowie ein
Frontensystem, das zu einem Tief zwischen Schottland und Island gehört. Beides -
Trog und Fronten - bleiben zwar zunächst noch westlich von uns, gleichwohl dreht
die Höhenströmung mit Durchgang der Rückenachse zunehmend auf Südwest. Zudem
rückt der vom o.e. Tief ausgehende Bodentrog immer dichter an den Vorhersageraum
heran bzw. greift am Nachmittag und Abend auf ihn über, wodurch im Westen und
Nordwesten ein konfluentes Windfeld erzeugt wird (Südost vs. Südwest). Da die
vor Ort liegende, sich im Norden wieder erwärmende Luftmasse mit Feuchte
angereichert und gleichzeitig labilisiert wird (Anstieg ML-CAPE mit Ausnahme des
Ostens und Nordostens auf 100 bis 500, im Norden und Westen gebietsweise bis
1250 J/kg), verbessern sich die Rahmenbedingungen für konvektive Umlagerungen
gegenüber heute deutlich.
Die Frage wird sein, ob diese Rahmenbedingungen nicht nur notwendig, sondern
auch hinreichend für mögliche Schauer und Gewitter sein werden. Die Modelle
beantworten diese Frage mit ja, insbesondere was den Westen und Nordwesten sowie
Teile der nördlichen Mitte (und dort eher nach Westen hin) angeht. Mittlerweile
haben sich die Modelle auch hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung angenähert,
auch wenn GFS immer noch die progressivste Variante fährt.
Fakt ist, dass die Scherung im Nordwesten, also im Bereich der Bodentrogachse
bzw. einer möglichen Konvergenz, am größten ist, so dass dort am ehesten
organisierte Gewitter auftreten. Sollte das der Fall und etwas Rotation am Start
sein, besteht durchaus die Gefahr etwas größeren Hagels. Aber auch Starkregen
ist bei PPWs von 20 bis 25 mm zu beachten, auch wenn die Zellen zwar nicht
rasend schnell, aber doch einigermaßen beweglich sind. In der Basis jedenfalls
sollten markante Warnungen ausreichen, lokale Unwetter sind aber nicht
ausgeschlossen. Tückisch könnte an der einen oder anderen Stelle auch der
Wind/Sturm werden, auch wenn die Höhenwinde nicht gerade darauf schließen
lassen. Dafür weisen die Prognosetemps vielerorts eine inverse V-Struktur auf
(=> trockene Grundschicht), was die Gefahr von Sturmböen durch verdunstenden
Niederschlag (=> Abkühlung) und daraus folgender Gravitationsbeschleunigung
erhöht. COSMO-DE simuliert punktuell sogar schwere Sturmböen 10 Bft.
Unabhängig von der Entwicklung von Westen her nimmt die
Gewitterwahrscheinlichkeit auch in und an den Alpen sowie im Schwarzwald
gegenüber heute etwas zu. Dort besteht, sofern sich ein Gewitter gebildet hat,
ein gewisses Unwetterpotenzial durch Starkregen, weil sich die Zellen kaum vom
Fleck rühren.
Die Temperatur steigt im Süden und in der Mitte auf 24 bis 30°C, sonst auf 19
bis 24°C, an der See z.T. etwas darunter.

In der Nacht zum Montag nähert sich der KW-Trog, aus dem aber noch kürzere
Anteile von SW nach NO über Teile des Vorhersageraums hinweglaufen. Dazu und zum
Bodentrog korrespondierend verlagern sich die Schauer und Gewitter aus dem
Norden und der Mitte in den Nordosten, wo sie dann als abgehobene Konvektion
agieren. Die Unwettergefahr nimmt ab, für markante Entwicklungen insbesondere
durch Starkregen könnte es aber noch reichen.
Gleichzeitig greift die Kaltfront des o.e., Richtung Norwegische See ziehenden
Tiefs auf die westlichen Landesteile über. Im Vorfeld kommt es zu
schauerartigen, teils gewittrigen Regenfällen, wobei aufgrund der inzwischen
relativ flotten Grundströmung die Gefahr von stürmischen Böen gegeben ist.
Postfrontal gelangt ein Schwall subpolarer und relativ stabil geschichteter
Meeresluft in den Nordwesten (T850 unter 5°C). Darüber hinaus frischt der auf SW
bis W drehende Wind abseits von konvektiven Böen besonders in exponierten
Hochlagen stark böig auf mit Böen 8-9 Bft auf dem Feldberg und dem Brocken.

Montag ... schwenkt der KW-Trog unter Amplitudenverlust ostwärts, bevor die über
Deutschland verlaufende Frontalzone zonalisiert und eine sehr glatte Struktur
annimmt. Die Kaltfront des Tiefs über der Norwegischen See überquert uns
ost-südostwärts, wodurch sich die schauerartigen Regenfälle und weiterhin teils
kräftigen Gewitter mehr und mehr in die östlichen und südlichen Landesteile
verlagern. Am längsten, nämlich bis in die Abendstunden dürfte es im und am
Erzgebirge, in den ostbayerischen Mittelgebirgen sowie am Alpenrand schauern und
gewittern.
In der rückseitig einströmenden subpolaren Meeresluft geht die
850-hPa-Temperatur in weiten Teilen des Landes auf 5 bis 0°C zurück, nur im
Süden und Südosten bleibt es mit 6 bis 9°C milder. Dabei stellt sich bei rund
800 hPa eine Inversion ein, unter der die Grenzschicht labil geschichtet ist und
sich Quellungen bilden, deren vertikale Mächtigkeit aber kaum für Schauer
ausreicht. Stattdessen breitet sich die Cumulusbewölkung vielfach aus
(Stratocumulus cumulogenitus), was eine stark gedämpfte Einstrahlung und
verhaltene Temperaturen zur Folge hat. So landen wir in der NW-Hälfte nur noch
bei 14 bis 20°C (an der See z.T. etwas darunter), sonst bei 18 bis 23°C.
Der westliche Wind lebt besonders in höheren Lagen sowie im äußersten Norden
zeitweise stark böig auf mit einzelnen Böen 7 Bft, in exponierten Kamm- und
Gipfellagen 8 Bft, Tendenz am Nachmittag mit steigendem Druck allmählich
abnehmend.

In der Nacht zum Dienstag klingen letzte Schauer und Gewitter am Alpenrand
ziemlich bald ab. Von Westen her schiebt sich ein Keil des Azorenhochs bis nach
Süddeutschland vor, der dort für Wolkenauflockerungen sorgt, in deren Folge sich
örtliche Nebelfelder bilden können.
Anders die Situation im Nordwesten, wo sich von UK und der Nordsee her ein
okkludierendes, zur Wellenbildung neigendes Frontensystem nähert, das zu einem
Tief westlich von Island gehört. WLA in Verbindung mit etwas PVA (verursacht
durch sehr kurzwellige Anteile in der grundsätzlich eher glatten Höhenströmung)
lässt dynamische Hebung aufkommen, die zu teils schauerartig verstärkten
Regenfällen führt. Darüber hinaus frischt der auf SW rückdrehende Wind zunächst
an der Nord-, dann auch an der Ostsee wieder auf, 7er-Böen dürften aber die
Ausnahme bleiben.

Dienstag ... stellt sich eine Art nördliche Westlage ein. Die weiterhin über
Deutschland verlaufende Frontalzone bleibt glatt konturiert, wobei die westliche
Höhenströmung im Norden stärker ist als im Süden. Gleiches gilt für den Wind in
den bodennahen Luftschichten, der im Norden, insbesondere Richtung Küste, auf
der Südflanke verschiedener Tiefs über N- und NW-Europa, mäßig bis frisch weht
(7er-, vereinzelt 8er-Böen).
Der Süden präsentiert sich bei aufgefächertem Gradienten nicht nur windschwach,
dort (also in weiten Teilen Bayerns und BWs) sind bei leichtem Hochdruckeinfluss
auch die Chancen auf Sonnenschein am höchsten. Dagegen stehen die Zeichen im
Norden im Bereich der schleifenden Okklusion/Kaltfront auf Regen, der z.T.
länger andauert. Ob dabei - akkumuliert bis Mittwochfrüh - irgendwo die markante
Dauerregenschwelle von 30mm/24h angekratzt wird, ist aus heutiger Sicht eher
unwahrscheinlich. Die Temperatur erreicht bei längerem Regen im Norden gerade
mal 10 bis 14°C, sonst liegen die Höchstwerte bei 15 bis 20°C im Süden punktuell
bis 24°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung sehr ähnlich, auch wenn die Details zu
den Regenfällen und Gewittern von Sonntag zu Montag noch leicht differieren
(Timing, räumliche Ausdehnung, finale Intensität).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann