DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-04-2018 07:01
SXEU31 DWAV 190800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 19.04.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Vorerst noch HM
Bis Samstag keine signifikanten Wettererscheinungen. Samstagabend an den Alpen
geringes Gewitterrisiko.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... "trohnt" nach wie vor die schon seit einigen Tagen
wetterbestimmende Höhenantizyklone über Mitteleuropa mit Schwerpunkt genau über
dem Vorhersagegebiet, woran sich zunächst auch mal kaum etwas ändern wird. Sie
wird flankiert von Langwellentrögen über dem nahen Ostatlantik, der sich nach
Süden ausweitet und in der kommenden Nacht etwa knapp nördlich von Madeira
austropft, und über Osteuropa, wobei dort bereits heute über dem Westen
Russlands ein Abtropfprozess in Gang kommt. Ausgehend vom Hoch wölbt sich ein
Rücken über die Norwegische See weit nach Norden auf und kommt etwas nach Osten,
bis nach Norwegen, voran.
Dieser wird weiterhin gestützt durch WLA, so dass sich diese klassische Omega-
Lage nach wie vor als außerordentlich stabil erweist. Die WLA macht sich sogar
bis ins Vorhersagegebiet bemerkbar, allerdings nur in Form dünner hoher
Wolkenfelder (Cirren), die von Nordwesten her zeitweise vor allem über den
Norden, Osten und die Mitte des Landes hinwegziehen, die Einstrahlung aber nur
wenig stören.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt im Tagesverlauf allmählich vom
Nordosten Deutschlands Richtung Nordpolen. An dessen Westflanke gelangt von
Süden her nach wie vor warme Luft subtropischen Ursprungs ins Land mit
Temperaturen zwischen 10 und 14 Grad in 850 hPa. Die Luftmasse ist leicht labil
geschichtet, allerdings so trocken und zudem dominiert weiterhin Absinken, dass
sich kaum Quellwolken bilden sollten. Lediglich entlang der vorpommerschen
Ostseeküste simulieren einige Modelle auch tiefe Wolkenfelder, die von Norden
her auch ein wenig landeinwärts driften sollen (Ostseestratus), sich dabei aber
mehr und mehr auflösen bzw. in flache Quellwolken übergehend sollen.
Das Bodenhoch schwächt sich ein wenig ab, so dass der Gradient etwas auffächert
und der anfangs frische, in Böen starke, auf exponierten Gipfeln stürmische Wind
im Hochschwarzwald wieder abnimmt.
Somit stehen bei meist sonnigem Wetter keine warnrelevanten Ereignisse auf der
Karte. Die Höchstwerte liegen zwischen 23 und 38 Grad, im Westen (am ehesten
Niederrhein, Westmünsterland) könnte stellenweise sogar der erste heiße Tag (30
Grad) ins Haus stehen. Kühler bleibt es über der Nordsee und bei auflandigem
Wind vor allem auch in einigen Ostseeküstenabschnitten.
In der Nacht zum Freitag ist der Cut-Off-Prozess bei Madeira vollzogen, der
Resttrog verlagert sich Richtung Irland. Der nach Skandinavien gerichtete
Höhenrücken kommt nach Osten voran und flacht ab, so dass sich über dem Nordmeer
und Skandinavien eine südwestliche Höhenströmung einstellt, während die
Höhenantizyklone mit ihrem Schwerpunkt quasistationär über dem Vorhersagegebiet
verbleibt.
Das Bodenhoch wird noch etwas weiter nach Osten abgedrängt, so dass sich auch im
Vorhersagegebiet der Druckfall etwas verstärkt, dabei greift die Kaltfront eines
Nordmeertiefs von Nordwesten her auf die Nordsee über. Ansonsten dominiert im
Vorhersagegebiet weiterhin Hochdruckeinfluss, so dass eine wolkenarme und
wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus steht. Auch Nebel sollte weiterhin die
Ausnahme bleiben und tritt am ehesten noch im Nordosten auf.

Freitag... greift der kurzwellige Resttrog auf Skandinavien über, wodurch die
Frontalzone etwas nach Süden gedrückt wird. Das Höhenhoch nimmt eine zunehmend
zonale Ausrichtung an, befindet sich mit seinem Schwerpunkt aber nach wie vor in
etwa über der Mitte und dem Süden Deutschlands. Nördlich davon dreht die
Höhenströmung auf Westsüdwest, bleibt aber auch über Norddeutschland noch leicht
antizyklonal konturiert.
Im Bodenfeld hat sich trogvorderseitig am Okklusionspunkt des Nordmeertiefs über
Mittelskandinavien ein Teiltief gebildet, das sich bis zum Abend nach Finnland
verlagert. Die über Südnorwegen verwellende Kaltfront kommt nicht zuletzt
aufgrund der Blockadewirkung des Höhenhochs nur langsam nach Süden voran und
erreicht erst gegen Abend den Nordwesten Deutschlands. In antizyklonal geprägter
Umgebung erweist sie sich als wenig wetteraktiv und macht sich nur durch etwas
dichtere Wolkenfelder bemerkbar, die nachmittags bzw. abends auf den Norden und
Nordwesten des Landes übergreifen. Niederschläge werden keine simuliert.
Allerdings dreht der Wind auf Nordwest und somit gelangt kühlere Nordseeluft in
die Norddeutsche Tiefebene, was sich am späten Nachmittag und Abend wohl bereits
durch einen spürbaren Temperaturrückgang bemerkbar machen dürfte.
Im übrigen Land steht aber, abgesehen von ein paar hohen Wolkenfeldern, wiederum
ein recht sonniger Tag ins Haus. In den Süden und Südwesten gelangt allerdings
allmählich eine etwas feuchtere und potenziell instabile Luftmasse, vor allem
Richtung Alpen werden gebietsweise 100 bis 300 J/kg ML-Cape simuliert. Die
Luftmasse ist allerdings stark gedeckelt, so dass auch der orographische
Hebungsantrieb wohl nur für ein paar größere Quellwolken reicht, aber
wahrscheinlich noch nicht für Gewitter.
Die Temperaturen ändern sich gegenüber dem Vortag nur wenig, wobei sich der
"Hitzepol" (erneut können an die 30 Grad erreicht werden) wohl ein wenig nach
Süden (Rhein-Neckar-Raum, Untermain) verschiebt.
In der Nacht zum Samstag verlagert sich der Schwerpunkt des Höhenhochs nach
Süddeutschland, der Kurzwellentrog über dem mittleren Skandinavien kommt unter
leichter Verschärfung nach Finnland voran, so dass die Höhenströmung über der
Nordsee und Norddeutschland mit Aufwölben eines Höhenrückens über den Britischen
Inseln allmählich auf Westnordwest dreht. Das verleiht der Kaltfront einen
kleinen "Push" und sie kann bis in die Mitte des Landes vordringen. Rückseitig
steigt der Luftdruck über den Britischen Inseln und der Nordsee wieder, in der
Früh erstreckt sich ein Hochdruckgebiet bis nach Nordwestdeutschland. Somit kann
sich die postfrontale nordwestliche Bodenströmung etwas verstärken und somit
auch die bodennahe Advektion recht kühler Nordseeluft nach Norddeutschland.
Nach wie vor geht die Frontpassage mangels Hebungsantrieb lediglich mit dem
Durchzug etwas dichterer Wolkenfelder einher, es bleibt aber trocken.
Postfrontal klart es im Nordwesten und Norden wieder auf. Der etwas
auffrischende Nordwestwind erreicht auch im Nordseeumfeld keine Warnschwellen.
Ansonsten verläuft die Nacht ruhig und auch im Süden überwiegend gering bewölkt.
Da die Luftmasse im Süden und Südwesten etwas angefeuchtet wurde, steigt die
Nebelwahrscheinlichkeit dort ein wenig an, während sie im Nordosten eher
abnimmt. Warnrelevant dürfte das Ganze aber nicht sein.

Samstag... kommt der Höhenrücken über den Britischen Inseln allmählich Richtung
Nordsee voran, das Höhenhoch bleibt über Süddeutschland quasistationär und
schwächt sich ein wenig ab. Somit stellt sich neben der Nordhälfte auch über der
Mitte eine nordwestliche, allerdings weiterhin antizyklonal konturierte
Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld verlagert das Hochdruckgebiet seinen Schwerpunkt zur Deutschen
Bucht, ein Keil erstreckt sich bis in die Osthälfte Deutschlands, so dass die
Bodenströmung wieder auf Nordost bis Ost dreht und der Kaltfront somit wieder
zunehmend die Schubkomponente fehlt. Sie wird über der Mitte des Landes
quasistationär, südlich davon etabliert sich eine flache Tiefdruckrinne über
Süddeutschland. Postfrontal kann sich kühlere Nordseeluft bis etwa in den
zentralen Mittelgebirgsraum durchsetzen, während die Südhälfte im
Einflussbereich der Warmluft verbleibt. Somit verschärfen sich die
Temperaturgegensätze im Frontbereich, was frontogenetisch wirkt. Neben etwas
dichteren Wolkenfeldern über der Mitte Deutschlands simulieren einige Modelle
von der Eifel/Hunsrück über den Spessart und die Rhön bis zum Vogtland sogar
geringe Niederschläge, teils auch konvektiver Art, ein nicht von der Hand zu
weisendes Szenario, zumal das Ganze orographisch noch zusätzlich getriggert
werden könnte. Die Gewitterwahrscheinlichkeit bleibt sehr gering, ganz
ausschließen kann man sie aber nicht und wenn, tritt am ehesten Starkregen als
mit markant zu bewarnende Begleiterscheinung auf. ICON-EU lässt es sogar
komplett trocken.
Ein etwas höheres Gewitterrisiko besteht allerdings Richtung Alpen, wo die
Luftmasse weiterhin potenziell instabil geschichtet ist mit mehreren 100 J/kg
ML-Cape. Die Deckelung ist nicht mehr so ausgeprägt wie am Vortag, allerdings
ist im Einflussbereich des Höhenhochs kein dynamischer Hebungsantrieb
auszumachen und ob die Orographie ausreicht, ist fraglich. Vor allem GFS
simuliert an den Alpen zum Abend hin eine erhöhte Gewittertätigkeit, wobei der
positive Taupunktbias des Modells beachtet werden sollte. Vereinzelte Gewitter
sind dennoch möglich, mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel als markante
Begleiterscheinungen.
Im Großen und Ganzen steht somit erneut ein recht sonniger Tag ins Haus, auch
die Frontbewölkung ist wohl nur durchbrochen. Im Süden wird es mit 23 bis 28,
vielleicht 29 Grad nochmals sommerlich warm, in der Mitte bleibt es mit 21 bis
26 Grad etwas kühler, im Norden werden nur noch 15 bis 21 Grad erreicht, an den
Küsten, insbesondere der Nordsee, bleibt es bei auflandigem Wind noch etwas
kühler.

In der Nacht zum Sonntag verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt nach
Nordostdeutschland. Die sich mehr oder weniger auflösende Front wird somit mit
Drehung der niedertroposphärischen Strömung auf Süd über dem Westen des Landes
wieder rückläufig und kommt als Warmfront ein wenig nach Norden voran. Nach wie
vor beschränkt sich ihre Wetteraktivität auf einige lockere Wolkenfelder, die
später im Nordwesten mit Verstärkung der WLA vorderseitig eines zu den
Britischen Inseln vorstoßenden Höhentroges etwas dichter werden. Niederschläge
werden keine mehr simuliert (lediglich GFS anfangs noch an den Alpen). Somit
steht nochmals eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Vor allem im
Nordosten fällt diese bei klarem Himmel recht frisch aus, selbst Bodenfrost ist
dort nicht ausgeschlossen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum ein ähnliches Szenario.
Die zu hoch simulierten Taupunkte im GFS und die damit einhergehende, von allen
Modellen am höchsten zu beziffernde Gewitterwahrscheinlichkeit am Samstag wurden
im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff