DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-04-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.04.2018 um 10.30 UTC



Zunächst überwiegend Hochdruckeinfluss, am Wochenende im Norden aber kühler. Im
Laufe der nächsten Woche Übergang zu zyklonalem Wetter mit Niederschlägen.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 24.04.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag thront eine
dicke, fette Höhenantizyklone mitten über Deutschland. Es sorgt gemeinsam mit
warmen und trockenen Luftmassen (T850 10 bis 15°C) für sonnenscheinreiches und
trockenes Frühsommerwetter, auch wenn das korrespondierende Bodenhoch NORBERT
unter leichter Abschwächung beginnt, sich in Richtung östliches Mitteleuropa zu
verabschieden. Das Nachfolgemodell steht aber bereits ante portas in Form eines
weit nach Osten gerichteten Keils des Azorenhochs, aus dem sich zum Samstag hin
über UK/Irland ein eigenständiges Hoch abschnürt, das sein Zentrum im Laufe des
Tages zur Nordsee verlagert.
Auch wenn der Wechsel von Hoch NORBERT zu seinem Nachfolger nicht besonders viel
Zeit in Anspruch nimmt, wird es doch von einer kleinen Störung genutzt, sich bei
uns reinzumogeln. Genau genommen handelt es sich um eine schwache Kaltfront, die
zu einem Tiefdrucksystem über Fennoskandien gehört und sich im Laufe des Tages
bis in die mittleren Landesteile vorarbeitet. Ihre Wetterwirksamkeit ist
aufgrund der antizyklonalen Rahmenbedingungen und der fehlenden dynamischen
Unterstützung aus der Höhe arg limitiert und beschränkt sich wahrscheinlich auf
tiefe, nicht durchweg geschlossene Bewölkung, aus der in den zentralen
Mittelgebirgen und im Harz vielleicht mal ein paar wenige Tropfen fallen. Ob es
präfrontal zu einzelnen Schauern oder sogar für ein Gewitter reicht, wie von IFS
für den Südschwarzwald und den Alpenrand zaghaft angedeutet, kann aus heutiger
Sicht noch nicht abschließend beantwortet werden.
Fakt aber ist, dass rückseitig der Front ziemlich flach (also ohne Beteiligung
von Höhenkaltluft) ein Schwall abgetrockneter Polarluft insbesondere in den
Norden gelangt, die aber rasch wieder unter den Einfluss des Nordseehochs
gelangt. Zur abendlichen Sportschau reicht die Spanne der 850-hPa-Temperatur von
wenig über 0°C in Vorpommern bis zu 14°C in Alpennähe.
Am Sonntag dehnt das weiterhin über der Nordsee positionierte Hoch seinen
Einfluss nach Süden aus, wobei es von dem das Höhenhoch ummantelnden Rücken
unterstützt wird. Genau genommen muss es "ehemaliges Höhenhoch" handeln, ist es
doch im Laufe des Samstags immer kleiner geworden, um schließlich ganz von der
Wetterkarte zu verschwinden. Wie auch immer, auch der Sonntag scheint bei uns
noch weitgehend antizyklonal über die Bühne zu gehen, wobei sich die in den
Norden eingeflossene Polarluft allmählich wieder etwas erwärmt. Im äußersten
Süden und Südwesten nimmt die potenzielle Instabilität der dort lagernden
Warmluft allmählich zu, was eine latente, aber nicht zwingend fühlbare
Schauer-und Gewitterneigung zur Folge hat. Oder mit anderen Worten, es können
sich - insbesondere über dem Bergland - einzelne Schauer oder Gewitter
entwickeln, es muss aber nicht.
Zu Beginn der neuen Woche dauert der Hochdruckeinfluss zunächst noch an. Zwar
laufen sowohl am Montag als auch am Dienstag kleine Randtröge von Frankreich her
in den Höhenrücken hinein, eine wirkliche Umstellung der Großwetterlage wird
damit aber noch nicht erreicht. Lediglich der Süden und Südwesten, am Dienstag
auch der Westen sind latent schauer- und gewittergefährdet.
Ab Mittwoch scheint es dann aber doch vorbei mit der Hochdrucklage, wenn
nämlich vom Ostatlantik her ein sich verschärfender Trog auf Mitteleuropa
zusteuert. Zwar soll er erst am Freitag bei uns aufschlagen, ihm ist aber die
Kaltfront eines Nordmeertiefs vorgeschaltet, die schon vorher (von Donnerstag zu
Freitag) den Vorhersageraum passieren soll. Außerdem wird bereits am Mittwoch
die präfrontale Warmluft deutlich labilisiert, was die Wahrscheinlichkeit für
schauerartige Regenfälle und Gewitter im ganzen Land schon für diesen Tag
erhöht.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die jüngsten Modellläufe des IFS vom ECMF geben bis einschließlich kommenden
Sonntag ein sehr homogenes Bild ab, ganz im Sinne des "Single-Voice-Prinzips".
Danach überwiegt bis dahin Hochdruckeinfluss mit sonnenscheinreichem und
trockenem Wetter, auch wenn am Samstag eine schwache Kaltfront von Norden her
durchschwenkt.
Ab Montag nimmt die Konsistenz dann ab. So setzt der heutige 00-UTC-Lauf noch
etwas länger auf Hochdruckeinfluss (bis Dienstag), während die Vorgänger eine
frühere Umstellung auf zyklonale Bedingungen geschaltet haben. Ab Mittwoch wäre
es dann aber auch in der aktuellen Version vorbei mit der Hochdruckherrlichkeit
(siehe oben).

__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen Globalmodelle zeichnen bis einschließlich Sonntag ein sehr ähnliches
Bild. Während das kanadische GEM bei der Kaltfrontpassage auf gleicher Linie wie
IFS liegt, simulieren ICON und GFS die rückseitige Abkühlung etwas gedämpfter.
Hinzu kommt, dass GFS am Sonntag nicht nur im Süden sondern auch in der Mitte
eine etwas erhöhte Wahrscheinlichkeit für konvektive Umlagerungen in petto hat.
Ab Montag laufen die Modelle insofern auseinander, als dass die anderen Modelle
(ICON und GFS am Montag, GEM am Dienstag) schon eher die Umstellung zu einer
zyklonalen (West)Lage offerieren. Dass sich dabei Unterschiede im Detail
ergeben, ist fast evident und steht gegenüber der Aussage, dass sich die
Großwetterlage überhaupt ändert, auch erst mal hinten an.

FAZIT: Auf Modellbasis kann die Vorhersage bis incl. Sonntag als ziemlich sicher
eingestuft werden. Danach werden die deterministischen Prognosefundamente
brüchiger.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahnen einiger deutscher Städte verlaufen bis einschließlich
Sonntag vergleichsweise homogen. Im Norden und Nordosten (Referenz Hamburg und
Berlin) vergrößert sich der Spread bei der 850-hPa-Temperatur am Wochenende
allerdings etwas - ein Zeichen, dass die apostrophierte Kaltfront in ihrer
Abkühlungswirkung derzeit noch schwer einzuschätzen ist. Als Beispiel sei
Hamburg, Samstag 12 UTC genannt, wo die Extrema bei -1°C (unten) und +9°C (oben)
liegen, während Haupt- und Kontrolllauf um +3°C schwanken.
Ab Montag nimmt der Spread dann grundlegend zu, was auch für die Dichte der
Niederschlagssignale gilt. Haupt- und Kontrolllauf halten dabei bis Dienstag ein
hohes Temperatur- und Potenzialniveau (oberer Rand der Kurvenscharen), während
insbesondere bei der Temperatur die meisten Ensemblemitglieder schon vorher
(z.T. recht scharf) nach unten tendieren. Die GFS-Ensembles sehen in der
Kurvendarstellung sehr ähnlich aus, einzig Haupt- und Kontrolllauf ziehen im
Gegensatz zu IFS schon am Montag nach unten.
Angesichts der zunehmenden Spreads zu Beginn der nächsten Woche verwundert es
nicht unbedingt, dass die ECMF-EPS-Clusterung für den Zeitraum T+120...168h
(Sonntag bis Dienstag) mit vier verschiedenen, aber nahezu gleichbesetzten
Clustern aufwartet (13 + HL, 13, 13 + KL, 12 Fälle). CL 1 propagiert den
andauernden Hochdruckeinfluss am nachhaltigsten, während CL 4 am schnellsten mit
der Zonalisierung respektive Zyklonalisierung ist (schon ab Montag). CL 3 und 4
liegen dazwischen, sprich, zeigen am Dienstag die Umstellung.
Im erweiterten Mittelfristzeitraum von Mittwoch bis Freitag (T+192...240h)
reduziert sich Anzahl der Cluster auf drei (19, 18 + HL, 14 + KL Fälle). Während
CL 1 und 2 anfangs auf West-, dann auf Troglage setzten, lässt CL 3 den Trog
über dem nahen Ostatlantik und wölbt stattdessen über Mitteleuropa einen neuen
Höhenrücken auf.

FAZIT: Bis Sonntag steht die Prognose weitgehend, auch wenn die
Abkühlungswirkung der Kaltfront noch nicht vollständig eingetütet ist. Danach
nehmen die Unsicherheiten zu, auch wenn sich grundsätzlich ein Übergang zu
zyklonalerem Wetter abzeichnet. Ob der allerdings von langer Dauer sein wird,
ist keinesfalls sicher (CL 3, erweiterte Mittelfrist).
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Obwohl noch Hochdruckeinfluss überwiegt, deutet sich ab dem Wochenende im
äußersten Süden und Südwesten (vor allem über dem Bergland) eine allmählich
zunehmende Gewitterbereitschaft an. Abzulesen ist das nicht nur in den Prognosen
einiger Modelle, auch die CAPE-Prognose von ECMF-EPS signalisiert eine Zunahme
dieser Größe. Ob das letztlich auch hinreichend für die Auslöse von Gewittern
sein wird, muss ebenso abgewartet werden wie deren mögliche Intensität.
Im Laufe der neuen Woche nimmt die Gewitterwahrscheinlichkeit weiter zu,
aufgrund der o.e. Unterschiede (vorwiegend, aber nicht ausschließlich wegen des
Timings) sind belastbare Aussagen aus heutiger Sicht nicht möglich.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS.
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann