DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-04-2018 08:01
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.04.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HM (Hoch Mitteleuropa)

Heute im Osten und Südosten schauerartiger Regen, lokal Starkregen, später
eingelagerte Gewitter möglich. Auch im mittleren Drittel (meridional betrachtet)
einzelne Gewitter, lokal mit Starkregen.
Ab Morgen verbreitet Hochdruckwetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... startet die neue Woche mit einer recht diffizilen Potenzialverteilung,
die sich in den nächsten Tagen aber konsolidieren wird - nicht zu unserem
Nachteil, wie wir noch sehen werden. Heute früh allerdings stellt sich die
Ausgangssituation so dar, dass über dem mittleren Nordatlantik ein sehr breit
angelegter Höhentrog liegt, der mit einem umfangreichen Orkantief Marke
"Acrylschallplatte" korrespondiert. Dabei konnte in der 00-UTC-Analyse ein
Kerndruck von etwas unter 955 hPa registriert werden, was für einen 16. April
eine nicht alltägliche respektive alljährliche Hausnummer ist. Wie das nun mal
so ist bei solch extremen Druckgebilden schaufelt auch dieses Tief reichlich
Warmluft auf seiner Vorderseite nord-nordostwärts, wodurch sich ein Rücken
aufwölbt. Dieser befindet sich - derzeit noch zart besaitet und erst am Anfang
einer noch großen Karriere stehend - aktuell bei Irland (300 hPa), von wo aus er
bis zum Abend unter Intensivierung aber Boden nach Osten hin gut macht. Um 24
UTC reicht seine Achse dann schon von West-Südwestfrankreich über die Nordsee
bis zur Norwegischen See.
Vor dem Rücken wiederum fristet ein kurzwelliger Höhentrog sein Dasein, der
heute von Westeuropa unter Verkürzung seiner Wellenlänge und gleichzeitigem
Konturverlust Deutschland langsam ostwärts überquert. Wenn man so will, wird er
vom nachrückenden und aufstrebenden Rücken und einem weiteren, vom östlichen
Mittelmeer bis zum Baltikum reichenden Rücken in Mangel genommen. So, und als ob
das noch nicht reichen würde, müssen wir unseren Blick auch noch in den
zentralen Mittelmeerraum richten, wo ein weiterer Höhentrog platziert ist.
Zwischen ihm und dem östlichen Rücken wird über unseren östlichen Landesteilen
eine schwache südliche Höhenströmung generiert, mit der kurzwellige Troganteile,
die in den Diagnosekarten mit dem bloßen Auge kaum erkennbar sind, nordwärts
gesteuert werden.
So viel zunächst mal zur Höhe. Dem gegenüber entpuppt sich die großräumige
Druckverteilung in weiten Teilen Kontinentaleuropas als regelrecht flau, ja fast
schon amorph. Immerhin kristallisiert sich infolge andauernden Druckanstiegs im
Tagesverlauf ein von SW nach NO gerichteter Bodenkeil raus, der von Frankreich
und Benelux her langsam auf den Vorhersageraum übergreift und damit von Westen
her für eine einsetzende Stabilisierung sorgt. Als Antipode dazu fungiert eine
breite und langgestreckte Rinne, die am Mittag vom zentralen Mittelmeer über
weite Teile des östlichen Mitteleuropas bis nach Lappland reicht. Ach ja, fast
vergessen, zwischen Keil und Rinne können wir noch eine alternde,
teilokkludierte Kaltfront begrüßen, die zu einem Randtief des Orkantiefs gehört
und die es heute tatsächlich noch bis zu uns schafft, bevor sie spätestens in
der kommenden Nacht ihre Karriere infolge andauernden Druckanstiegs beenden muss
und von der Wetterkarte gestrichen wird.
So viel zur Lage, und wie wird nun das Wetter? Nun, im Süden und Osten haben
sich ja bereits schauerartig verstärkte Regenfälle breit gemacht, die sich noch
etwas nach Norden kämpfen. Schaut man sich die Vertikalsondierungen in diesen
Regionen an, erkennt man sehr schön, wie die west-nordwestliche Grundströmung
zwischen 800 und 700 hPa über Nord auf Südost und schließlich auf Süd dreht, was
eine wunderbare Gegenstromlage beschreibt, die besonders im unteren Teil nach
thermischer Windgleichung den Tatbestand der WLA erfüllt. Diese Situation dauert
heute noch längere Zeit an, so dass auch weiterhin mit Niederschlägen zu rechnen
ist. Diese fallen häufig aber nicht ausschließlich konvektiv bzw. konvektiv
verstärkt aus, wobei aufgrund der potenziellen Instabilität der gehobenen
Luftmasse einzelne Gewitter (mit Starkregengefahr) nicht ausgeschlossen sind.
Die höchsten Regenmengen bis Dienstagfrüh werden - z.T. auch mit Unterstützung
von Staueffekten - für den Alpenrand sowie das östliche Sachsen bis hoch zur
Niederlausitz vorhergesagt, will heißen, dort sind stellenweise 25 bis 30 mm,
vereinzelt auch noch etwas mehr Niederschlag innert 24 h möglich. Heute Morgen
wurden in Sachsen lokal Stundensummen von rund 10 mm gemessen (bzw. über 20 mm
binnen kurzer Zeit), eine flächige Stark- oder Dauerregenwarnung drängt sich
aber trotzdem nicht zwingend auf, da die Hot-Spots wahrscheinlich nur sehr eng
begrenzt auftreten werden und die Numerik nicht wirklich "auf Krawall gebürstet"
ist.
Rücken wir ein kleines Stück nach Westen, so sieht das Wetter dort zunächst
recht freundlich aus. Mit Annäherung des Troges und der vorgeschalteten Front
sowie der Unterstützung des Tagesgangs dürfte sich das aber insofern ändern, als
dass es später in der ebenfalls potenziell instabil geschichteten Luftmasse
(ML-CAPE bei 100 bis 250 J/kg) zu konvektiven Umlagerungen in Form von Schauern
und einzelnen Gewittern kommt. Betroffen davon ist ein Korridor, der etwa von SH
bzw. der westlichen Ostsee über die östliche Mitte bis nach Oberschwaben und das
südliche BW reicht. Bei PPWs um 20 mm und geringer Mobilität der Zellen ist
lokal Starkregen von mehr als 15 mm/h nicht ausgeschlossen, für das ganz große
Feuerwerk (im Sinne der Frequentierung und räumlichen Ausdehnung der Gewitter)
reichen Luftmasse und Rahmenbedingungen aber nicht aus.
Bliebe letztlich noch der westliche Part unserer Republik, wo heute Vormittag
noch einzelne Schauer möglich sind, wo sich aber im weiteren Verlauf in der
einfließenden etwas kühleren subpolaren Meeresluft (T850 rund 4°C) die bereits
angesprochene Stabilisierung durchsetzen wird. Temperaturmäßig landen wir in
weiten Teilen des Landes bei 15 bis 20°C, bei etwas mehr Sonne leicht darüber,
bei etwas mehr Regen leicht darunter. Kühler bleibt es auch an den meisten
Küstenabschnitten.

In der Nacht zum Dienstag nimmt der Hochdruckeinfluss von Westen her weiter zu.
Die anfänglich noch auftretenden Schauer/Gewitter fallen rasch zusammen, und
auch der Niederschlag im Osten bzw. Südosten hört auf respektive zieht sich ins
südöstliche Bayern und an den östlichen Alpenrand zurück. Gleichzeitig reißt die
Wolkendecke von Westen her mehr und mehr auf. Am kältesten wird es dabei im
Nordwesten, wo ganz vereinzelt sogar leichter Frost in Bodennähe denkbar ist.
Ansonsten steht in der vielfach noch feuchten Grundschicht Nebel auf der Karte.
Besonders MOS und das polnische UM (stark in der Prognose von Nebel und tiefer
Bewölkung) sehen den Nebel gebietsweise im Norden, sonst örtlich. Sollte es im
Osten schnelle aufgehen als von vielen Modellen gezeigt, könnte aber auch dort
der Nebel etwas großflächiger ausfallen als prognostiziert.

Dienstag... setzt der inzwischen weiter verstärkte Höhenrücken zum Vollangriff
auf unser Gebiet an, was ihm auch weitgehend gelingen wird. Am Abend reicht
seine Achse (300 hPa) von NW-Afrika über Frankreich und die Westhälfte
Deutschland bis nach Skandinavien bzw. noch etwas darüber hinaus. Der Luftdruck
steigt weiter an und es bildet sich ein abgeschlossenes Bodenhoch, das weite
Teile Mitteleuropas überdeckt und in der Nacht zum Mittwoch in seinem Zentrum
etwas über 1030 hPa aufweist. Absinken sorgt für Ausbildung einer klassischen
Absinkinversion, die im Westen und Nordwesten auf unter 800 hPa runtergedrückt
wird. Hinzu kommt, dass die eingeflossene maritime Luftmasse zusehends
abtrocknet und sich gleichzeitig erwärmt, so dass sich insbesondere die
Westhälfte und der Norden trotzt einiger flacher Quellungen über einen
sonnenscheinreichen Tag freuen können, an dem die Temperatur auf 19 bis 24°C,
vereinzelt vielleicht schon auf 25°C steigt. Für den Norden und Nordosten muss
man allerdings ein paar Einschränkungen hinnehmen, Zum einen muss sich der Nebel
erst mal auflösen, was vor allem Richtung Ostsee (Seenebel/tiefer Stratus) etwas
dauern kann. Zum anderen machen sich das kalte Nord- und Ostseewasser sowie der
z.T. auflandige Wind negativ auf die Temperaturentwicklung bemerkbar, will
heißen, bevorzugt unmittelbar an der See, aber gebietsweise auch im Hinterland,
bleiben wir um Einiges von der 20-Grad-Marke entfernt.
(Noch) nicht astrein präsentiert sich das Dienstagswetter auch Richtung
Südosten, wo das Absinken noch nicht griffig genug ist. In der labilen
Grundschicht wird der Quellwolkenanteil nicht nur höher als in den übrigen
Regionen sein, die "Cumulanten" werden auch noch etwas höher in die Troposphäre
steigen. Bevorzugt am östlichen Alpenrand sowie über den ostbayerischen
Mittelgebirgen (vielleicht sogar bis hoch zum Erzgebirge) entwickeln sich mit
orografischer Unterstützung einzelne Schauer, bevor es am Nachmittag und Abend
aber auch dort zunehmend stabilisiert. Ob unter den Schauern auch noch mal ein
Gewitter dabei ist, ist eher unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich
ausgeschlossen.

In der Nacht zum Mittwoch verstärkt sich der Hochdruckeinfluss weiter. Letzte
mögliche Schauer im Südosten sind damit chancenlos, uns ihr Leben noch längere
Zeit zu schenken. Stattdessen klart es verbreitet auf, wobei sich aufgrund der
fortgeschrittenen Abtrocknung der Luftmasse nur noch vereinzelt Nebel bilden
kann. Auch Frost in Bodennähe tritt kaum noch auf, wenn, dann am ehesten in den
östlichen Landesteilen. Über den Norden ziehen einige hohe oder mittelhohe
Wolkenfelder nördlich um das Hochzentrum herum durch.

Mittwoch... spaltet sich mitten über Deutschland eine eigenständige
Höhenantizyklone ab. Sie wird flankiert von Trögen über dem Ostatlantik (es
handelt sich um den bereits o.e. Trog, der mittlerweile aber seine Wellenlänge
deutlich verkürzt, dafür aber seine Amplitude sichtbar vergrößert hat) und dem
nahen Osteuropa, was dem gesamten Potenzialmuster zunehmend das Aussehen des
berühmten Omegas gibt. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen
Schwerpunkt (um 12 UTC etwas über 1035 hPa) in den Nordwesten Polens, so dass
wir zunehmend auf seine Südwestflanke gelangen. Dabei macht die
(niedertroposphärische) Erwärmung weitere Fortschritte, da zum andauernden
Absinken nun auch noch eine advektive Komponente ins Spiel kommt. Bis zum Abend
steigt die 850-hPa-Temperatur auf 9 bis 13°C mit den höchsten Werten im Westen.
So verwundert es nicht, dass dort die Temperatur bei reichlich Einstrahlung auf
bis zu 26 oder 27°C steigt, während man im großen Rest des Landes mit 20 bis
25°C auskommen muss. Einzig an Küstenabschnitten, wo der meist nur schwache Wind
von der See her weht, bleibt es z.T. deutlich kühler.
Ansonsten gilt für Mittwoch Sonne satt, die nur im äußersten Norden von einigen
Wolkenfeldern sowie im südlichen und östlichen Bergland von ein paar flachen
Quellungen eskortiert wird. Aufgrund der Position des Hochs frischt der
Ost-Nordostwind insbesondere in den Hochlagen des Schwarzwalds böig auf (Bise),
was in exponierten Kamm- und Gipfellagen einzelne 8er-Böen zur Folge haben kann.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung hin zum Hochdruckeinfluss ist unstrittig. Am diffizilsten
präsentiert sich der heutige Montag, wo insbesondere die Niederschlags- und
Gewittervorhersagen der Modelle und deren Anschlussverfahren etwas divergieren.
Die Schwierigkeiten wurden im Text diskutiert, und bei Gewittern ist man ohnehin
auf In-situ-Warnmanagement angewiesen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann