DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-04-2018 18:01
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht auslaufende Starkregensituation. Anfangs im Osten und Norden noch
teils starke Gewitter. In der Mitte gebietsweise windig.
Am Samstag allgemeine Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt sich die Wetterlage in Deutschland mit Verlaub ziemlich
uneinheitlich. Zwar lassen sich die grundsätzlichen Strukturen einigermaßen
passabel beschreiben, die Auswirkungen zeigen sich aber recht heterogen und
vielschichtig. Versuchen wir also, etwas Ordnung in das ganze Geschehen zu
bringen.
Unstrittig ist, dass uns derzeit ein mit zonaler Achse ausgestatteter Randtrog,
der ein Bestandteil eines sich ständig neu regenerierenden LW-Troges über dem
nahen Ostatlantik ist, sehr langsam nordwärts überquert. Dabei bildet sich über
dem Nordosten ein eigenständiges kleines Höhentief, das erst im Laufe des
Samstags den Weg in oder - das Ding will ja nicht tauchen gehen - besser über
die Ostsee findet. Rückseitig greift von Süden her ein flacher Rücken auf
Deutschland über, der für eine allmähliche Wetterbesserung sorgt, was aber noch
ein bisschen dauert.
Korrespondierend zum Trog liegt auf seiner unmittelbaren Vorderseite eine
südost-nordwest-orientierte Tiefdruckrinne mit mehreren lokalen Druckminima, in
die eine Luftmassengrenze eingelagert ist. Sie trennt feuchte und milde Luft
subtropischen Ursprungs im Nordosten von kühlerer und besonders im Süden schon
deutlich abgetrockneter Meeresluft in den übrigen Gebieten. Und als wenn das
nicht schon reicht, wird das Ganze noch von einigen "Fischgräten" (flapsiges
Synonym für Konvergenzlinien) garniert, die um 15 UTC über Tschechien und Polen
analasiert werden konnten.
Soweit die synoptische Ausgangslage. In den nächsten Stunden wird sich, wie
bereits angedeutet, das gesamte System langsam nach Norden verlagern und der
Druck von Süden her weiter steigen - mit folgenden Konsequenzen, gestaffelt von
Süd nach Nord:

Zunächst mal wird die anfänglich im Süden noch auftretende (abgehobene)
Konvektion relativ bald zusammenfallen. Zudem schwächt sich der tagsüber
vorübergehend aufgefrischte Wind aus westlichen Richtungen wieder ab. Da die
Wolkendecke vielerorts auflockert, geht die Temperatur gebietsweise in den
unteren einstelligen Plusbereich zurück, wobei hier und da leichter Frost in
Bodennähe auftreten kann. Darüber hinaus bildet sich örtlich Nebel.

Die in der Mitte und im Westen/Nordwesten auftretenden, konvektiv verstärkten
und mit einzelnen Gewittern durchsetzten (Stark)Regenfälle (schöne
Gegenstromlage mit nach oben hin rechtdrehenden Winden, die den Tatbestand der
WLA erfüllen) verlagern sich in der Mitte bis Samstagfrüh ein kleines Stück
ost-nordostwärts, während sie im Norden eher noch etwas nach Westen ausscheren.
Dabei nimmt nicht nur die Gewitterneigung peu a peu ab, auch die Intensität der
Regenfälle wird langsam schwächer. Gleichwohl sind im Nordwesten und in der
nördlichen Mitte gebietsweise noch mal 10 bis 20 mm innert 12 h, punktuell (mit
konvektiver Verstärkung) auch 25 oder 30 mm drin. Von daher muss man schauen, ob
man die laufenden Starkregenwarnungen an der einen oder anderen Stelle noch um
ein paar Stunden verlängern muss. Die von EURO4 (06 UTC) für Teile
Niedersachsens simulierten 40-50 mmm, lokal um 60 mm, scheint insgesamt zu hoch
gegriffen, auch wenn dieses Modell gestern mit Abstand das beste Näschen für die
heutige Entwicklung bewiesen hat.

Die im Osten und Nordosten noch auftretenden Gewitterlinien (eine von
Tschechien, die andere von Polen) bleiben zunächst noch aktiv, wobei die
Gewitter überwiegend im markanten Bereich anzusiedeln sind. Lokale Unwetter
durch Starkregen und/oder Hagel sind zwar möglich, bisher hielten sich die
Zellen u.a. wegen der nicht allzu mächtigen vertikalen Ausdehnung diesbezüglich
aber eher zurück. Hochauflösende Modelle wie COSMO-DE oder SuperHD
(Kachelmannwetter), die die beiden Linien bisher recht gut abbilden, zeigen,
dass sich die Gewitter in den nächsten Stunden abschwächen sollen. Freilich gilt
es, die Lage weiterhin zu monitoren.

Ansonsten sei noch vermerkt, dass der am Nachmittag im Süden und der Mitte
aufgefrischte westliche Wind (verursacht von einer durch starken Druckanstieg
hervorgerufene isallobarische Komponente respektive einer vorübergehend
Gradientverschärfung an der Südflanke der Rinne) wieder abnimmt, was in der
östlichen Mitte aber bis in die zweite Nachthälfte dauern kann. Auch der an der
Ostsee anfänglich in Böen noch steife Nordostwind verliert mit Annäherung der
Rinne zunehmend die Lust, mit signifikanter Geschwindigkeit landeinwärts zu
wehen.

Samstag ... ziehen Bodenrinne und Höhentrog respektive - tief langsam gen
Südskandinavien und Ostsee ab, was summa summarum aber eine äußerst zähe
Angelegenheit ist, aufgrund des blockierenden Höhenrückens über Nordeuropa aber
auch erklärbar ist. Wie auch immer, der Norden und Nordosten dürfen sich nicht
nur den ganzen Tag mit weitgehend geschlossener Bewölkung herumschlagen, es
kommt auch noch längere Zeit zu teils schauerartig verstärken Regenfällen, in
die auch noch mal ein Gewitter eingelagert sein kann. Die über 12 h
akkumulierten Niederschlagsmengen verbleiben aber meist im einstelligen Bereich,
einzig EURO4 und COSMO-DE zeigen gebietsweise noch höhere Mengen.
Weiter südlich stehen die Chancen auf eine Wetterbesserung gegenüber heute mehr
als gut. Besonders von den Alpen und dem Hochrhein bis zur Mitte deutet sich
dank des weiter vorrückenden flachen Höhenrückens ein sonnenscheinreicher und
trockener Bundesligasamstag an - trotz einiger hoher Wolkenfelder oder flacher
"Kumulanten".
Zwischen dem "schlechten" Wetter im Norden und dem "guten" Wetter im Süden zeigt
sich noch ein Streifen mit unterschiedlicher Bewölkung, der grob gesprochen von
Westdeutschland bis hinüber nach BB reicht. Dort ist die zur Ruhe gekommene
maritime Luftmasse sogar noch leicht labil geschichtet. Zudem wird im
Tagesverlauf etwas ML-CAPE generiert, was letztlich zu einzelnen Schauern,
vielleicht auch noch einem kurzen Gewitter führt.
Apropos Ruhe, das gilt insbesondere auch für den Wind, der im für morgen
erwarteten völlig aufgeweichten Druckfeld (am Mittag im A-Format wahrscheinlich
nur eine 1015-hPa-Isobare über Norddeutschland) keine Chance mehr hat, sich
nachhaltig in Szene zu setzen. Dafür erwärmt sich die eingeflossene Meeresluft
auf Tageshöchstwerte zwischen 17 und 23°C. Frischer bleibt es bei Regen und
bedecktem Himmel im Norden mit 10 bis 15°C, stellenweise sogar noch etwas
darunter.

In der Nacht zum Sonntag verliert das gen Südschweden abziehende Höhentief
endgültig den Zugriff auf unser Wetter. Auch das korrespondierende Bodentief
bzw. -rinne verliert zunehmend an Kontur. Auf der anderen Seite zieht sich aber
auch der o.e. Rücken etwas nach Osten zurück, wodurch von Frankreich her ein
flacher Randtrog auf den Westen und Nordwesten übergreifen kann. Seine
Hebungsprozesse generieren schauerartig verstärkten Regen, der bis zum Morgen
Teile RPs, NRWs und NDSs erfasst. Die Gewitterwahrscheinlichkeit ist dabei eher
gering.
Ansonsten klart es vor allem nach Osten und Süden hin auf, wobei sich aber nur
vereinzelt Nebel bildet. Sollte allerdings die Wolkendecke auch im Norden wider
Erwarten mal stärker aufreißen, würde sich in der feuchten Grundschicht recht
zügig und auch nicht nur lokal dichter Nebel bilden.

Sonntag ... schwenkt der angesprochene Randtrog über Norddeutschland hinweg in
Richtung Nord- und Ostsee. Bei weiterhin schwachen Luftdruckgegensätzen werden
im Westen und Norden weitere Regenfälle generiert, die zunächst zumindest
gebietsweise stratiform organisiert sein können, mit zunehmender Tageslänge aber
konvektiven Charakter annehmen. Bei ML-CAPE-Werten bis etwa 200 J/kg sind auch
einzelne Gewitter mit kleinem Hagel und/oder Starkregen (PPW um 20 mm) nicht
ausgeschlossen. ICON ist dabei das Modell, das bezüglich der Regenfälle und
Gewitter am zurückhaltendsten agiert.
In der Südosthälfte bleibt der flache Rücken mit Absinken wetterbestimmend, was
trockene und heiter bis wolkige, gebietsweise sonnige Verhältnisse zur Folge
hat. Dabei steigt die Temperatur auf 19 bis 24°C, lokal vielleicht auf 25°C,
während sich die Nordwesthälfte mit 15 bis 21°C, an der See z.T. darunter,
begnügen muss.

In der Nacht zum Montag zieht sich der Rücken weiter nach Osten zurück mit dem
Ergebnis, dass der Luftdruck im Südosten - ausgehend von einem hochreichenden
Tief über dem Tyrrhenischen Meer - etwas fällt. Am Ende steht auf der
Wetterkarte eine flache, von der Adria bis nach Polen reichende Tiefdruckrinne,
an deren Westflanke teils gewittrige Regenfälle einsetzen, die u.a. auch den
Süden und Südosten Bayerns traktieren sollen. Wie viel Regen dabei runterkommt
steht aber ebenso noch nicht fest wie die genaue räumliche Verteilung. ICON von
12 UTC jedenfalls bleibt seiner eher offensiv ausgerichteten Simulation treu,
während die Externen bisher eher zurückhaltend waren.
Ansonsten fallen letzte Schauer im Nordwesten zusammen, gebietsweise bildet sich
Nebel.

Montag ... braut sich über dem mittleren Nordatlantik ein fettes (im wahrsten
Sinne des Wortes, wenn man sich den räumlichen Umfang anschaut) Orkantief
zusammen, das auf seiner Vorderseite reichlich Warmluft nord-nordostwärts
schaufelt. Folgerichtig beginnt das Potenzial zu steigen und es bildet sich ein
Höhenrücken, von dem auch wir im weiteren Verlauf der Woche noch profitieren
werden.
Zunächst aber mal kämpft der Südosten noch mit besagter Rinne bzw. einem über
Austria und Tschechien nordwärts schwenkenden KW-Trog, die weitere konvektiv
geprägte Regenfälle und Gewitter induzieren. Zwar soll der Schwerpunkt laut ICON
knapp östlich von uns liegen, doch was Niederschlagsprognosen manchmal wert
sind, wurde uns eindrucksvoll von gestern zu heute vor Augen geführt. Aktuell
bietet sich an: Möglichkeit im Hinterkopf abspeichern und weiter abwarten.
Ansonsten nähert sich von Westen her ein weiterer Randtrog, dem eine alternde
Okklusion vorgeschaltet ist. Sie gehört zu einem von Irland nordwärts ziehenden,
sich allmählich auflösenden Randtief, das der Ausdehnung des o.e. Orkantiefs zum
Opfer fällt. Rückseitig der Front gelangt ein Schwall abgetrockneter subpolarer
Meeresluft in den Westen und Nordwesten (T850 um 12 UTC um 4°C), in der der
Luftdruck beginnt zu steigen. An und vor der Front hingegen muss etwa über der
Mitte von Nord nach Süd mit schauerartigem Regen und einzelnen Gewittern
gerechnet werden. Wo genau und welcher Couleur, dazu später mehr.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grobe Entwicklung wird von den Modellen ähnlich gesehen. Vor allem bei der
Niederschlagsprognose offenbaren sich aber Unterschiede, die im Text erörtert
wurden.
Was die nächsten Stunden angeht heißt es trotz vermeintlicher
Abschwächungstendenzen (numerischer Art, aber auch aktuell zu beobachten) der
Regenfälle und Gewitter die Augen offen zu halten. Die Starkregenwarnungen
können aber größtenteils um 21 und 23 Uhr MESZ auslaufen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann