DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-04-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.04.2018 um 10.30 UTC



Zunächst leicht wechselhaft, im Laufe der nächsten Woche zunehmender
Hochdruckeinfluss. Sehr mild bis warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 19.04.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am Sonntag zeigt die großräumige
Potenzialverteilung ein hochreichendes Tief, das von Tunesien zum Tyrrhenischen
Meer zieht. Es wird flankiert von zwei Höhenrücken, von denen sich der eine vom
östlichen Mittelmeer bis nach Mitteleuropa erstreckt und somit auch für
Deutschland verantwortlich zeichnet - weitgehend jedenfalls. Im Tagesverlauf
zieht sich der Rücken nämlich geringfügig nach Osten zurück, wodurch der Weg
frei wird für einen Sekundärtrog, der den Nordwesten des Vorhersageraums
tangiert, im weiteren Verlauf aber unter Konturverlust nordostwärts von dannen
zieht. Im Bodendruckfeld herrscht absolute Flaute, die von Süden eingeflossene
milde Luftmasse (T850 zwischen rund 5°C an der See und 12°C am Alpenrand) kommt
zur Ruhe.
Alles andere als ruhig geht es auf dem mittleren Nordatlantik zu, wo sich ein
umfangreiches Orkantief zusammenbraut, das am Montagmittag mit einem Kerndruck
nahe 950 hPa !! rund 1500 km westlich von Irland liegt. Es schaufelt
vorderseitig mächtig Warmluft nach Norden, wodurch sich ein weiterer Rücken
aufwölbt, der von Südwesteuropa bis zum Europäischen Nordmeer reicht.
Druckanstieg auf der Vorderseite sorgt für den Aufbau einer korrespondierenden
Hochdruckzone, die am Dienstagmittag von der Iberischen Halbinsel bis nach
Spitzbergen verläuft. Deutschland verbleibt zunächst auf seiner Ostflanke, ohne
dass dabei ein Luftmassenwechsel erfolgt. Bei schwachen, aber weitgehend
zyklonal konturierten Potenzialgegensätzen gestaltet sich der Wetterablauf
leicht wechselhaft mit Schauern und vereinzelten Gewittern, wobei eine genaue
Positionierung aus heutiger Sicht sehr schwer fällt (siehe dazu auch nächstes
Kapitel).
Am Mittwoch schnürt sich aus dem Rücken eine eigenständige Antizyklone über der
Nordsee ab. Das dazugehörige Zentrum des Bodenhochs etabliert sich mit etwas
über 1035 hPa im Bereich südliche Ostsee/Jütland. Auf seiner Ostflanke wird aus
dem Raum Finnland/Nordwestrussland kühlere Luft zunächst nach Süden, am
Donnerstag dann auch nach Westen gesteuert, so dass auch Deutschland
größtenteils davon okkupiert wird. In 850 hPa sinkt die Temperatur vorübergehend
auf 6 bis 1°C.
Darüber hinaus wird der das Höhenhoch von einem Randtrog umkurvt, das am
Mittwoch vom Baltikum kommend über Polen und Tschechien Richtung Alpen schwenkt,
wo es am Donnertag gen Frankreich abbiegt. Entsprechend dieser Zugbahn bleiben
der Osten und Süden leicht anfällig für potenzielle Schauer oder etwas Regen
(für Gewitter dürfte es zu stabil sein), während sich sonst Hochdruckeinfluss
durchsetzt.
Der soll auch im weiteren Verlauf (erweiterte Mittelfrist) bis Sonntag
weitgehend erhalten bleiben, auch wenn sich Höhen- und Bodenhoch unter
Abschwächung allmählich nach Osten orientieren. Dafür springt dann ein Ausläufer
des Azorenhochs von Südwesten her in die Bresche, wobei auch die Temperatur
sukzessive wieder ansteigt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTC-Lauf von IFS (ECMF) folgt im Wesentlichen der von seinen
Vorgängern vorgegebenen Linie. So gesehen kann - insbesondere wenn man die
Entwicklung mit der Globalbrille betrachtet, was man in der Mittelefrist primär
tun sollte - von einer guten Konsistenz gesprochen werden. Das Problem sind eher
die filigranen Stellschrauben, sprich, die kurzwelligen Anteile sowie die daraus
resultierenden Niederschläge/Gewitter, die letztendlich den richtigen Geschmack
in die Wettersuppe bringen. Hier offenbaren sich von Lauf zu Lauf immer mal
wieder kleine Verschiebungen, die auch bei anderen Modellen auftreten, die aber
letztlich die Grundausrichtung der Prognose nicht verändern. Mit anderen Worten,
der Trend in der nächsten Woche geht weiterhin in Richtung Hochdruckeinfluss,
der Weg dorthin sowie die möglichen Schwachstellen des Hochs selbst sind noch
nicht klar gezeichnet.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Es gilt eine ähnliche Aussage wie bei der Konsistenzbetrachtung. Die
Grundausrichtung ist gleich, der Weg dorthin sowie die genaue Positionierung der
synoptisch relevanten Druck- und Potenzialgebilde weiterhin unscharf. So findet
die Abschnürung des Höhenhochs bei ICON etwas weiter südlich statt, was keine
o.e. Schwachstellen im Osten und Süden sowie ein höheres Temperaturniveau zur
Folge hätte. GFS ähnelt der IFS-Lösung, allerdings kühlt es zum Donnerstag nicht
so stark ab.

FAZIT: Wie so oft an dieser Stelle lässt sich konstatieren, dass die
Basisvorhersage aus deterministischer Sicht steht. An der "Ausschmückung"
hingegen gilt es noch etwas zu feilen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die EPS-Rauchfahnen von GFS und IFS zeigen bis einschließlich Dienstag einen
vergleichsweise homogenen Verlauf mit einem gut ausgeprägten Median. Nur eine
(GFS) bzw. zwei (IFS) Lösungen scheren am Wochenanfang temperaturmäßig deutlich
nach unten aus. Ab Mittwoch nimmt die Streuung zwar zu, die Mehrheit der
Ensemblemitglieder hält aber ein relativ hohes Temperatur- und Potenzialniveau.
Die vom IFS-Hauptlauf avisierte vorübergehende Abkühlung wird nur bedingt
unterstützt und stellt eine Außenseiterlösung dar. Die Signaldichte bei den
Niederschlägen nimmt nach dem markanten Maximum am morgigen Freitag und einem
Minimum am Wochenende noch mal für zwei Tage zu, bevor ein deutlicher Rückgang
erfolgt.
Für den Zeitraum T+120...168h (Dienstag bis Donnerstag) werden vier Cluster
angeboten (16, 13 + KL, 12 + HL, 10 Fälle), die sich aber nur in der Geometrie
und der genauen Positionierung der hochreichenden Antizyklone unterscheiden. Sie
alle werden dem großskaligen Klimaregime "R2 Blocking" zugeordnet.
Von Freitag bis Sonntag (T+192...240 h) erhöht sich die Zahl der Cluster auf sechs
(12 + HL/KL, 11, 10, 9, 7, 2 Fälle), die für unseren Raum aber durchweg auf
antizyklonal geeicht sind. In CL4 ist ein leichter Trend zu einer Zonalisierung
erkennbar und im Außenseitercluster Nummero 6 wird das Hoch retrograd, so dass
noch mal der Weg für Kaltluft von Norden her frei wäre (T850 z.B. in Berlin
-10°C!) - hoffentlich nicht, vor allem im Sinne der Vegetation.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Nach Durchsicht verschiedener deterministischer und probabilistischer
Vorhersagetools steht mittelfristig eigentlich nur ein markanter Parameter auf
der Karte, nämlich GEWITTER. Dass es diesbezüglich aus heutiger Sicht schwierig
ist, sowohl Intensität als auch räumliche Zuordnung der konvektiven Umlagerungen
zu definieren, ist unterschwellig bereits angeklungen und bereitet ja schon im
Kurzfristzeitraum Probleme. Rein aus numerischer Sicht sollen die Gewitter
immerhin unterhalb der Unwetterschwelle bleiben, aber was heißt das schon.
Kurzum, wir werden uns noch etwas gedulden müssen, um konkretere Aussagen
treffen zu können.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS. Die "kalten" Andeutungen von IFS für Donnerstag und vom
EPS (CL 6) für die Zeit danach werden negiert.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann