DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-04-2018 17:01
SXEU31 DWAV 111800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 11.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute in der Mitte und knapp nördlich davon einzelne Gewitter, Starkregen nur
wenig wahrscheinlich. An der Ostseeküste und in Schleswig-Holstein böiger
Ostwind, exponiert mit Sturmböen. In den Hochlagen der Alpen aufkommend durch
Föhn ebenfalls Sturmböen.
Föhn an den Alpen am Donnerstag noch andauernd. Zudem an der Ostsee, aber auch
in den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge erneut auflebender Wind mit
stürmischen Böen. Zunächst nur geringe Gewitterneigung, ab dem Abend und in der
Nacht zum Freitag im Westen und Südwesten auflebende Gewittertätigkeit, dabei
Gefahr von Starkregen.
Am Freitag verbreitet Gewitter, teils mit Starkregen, Unwetter wahrscheinlicher
als bisher. Insgesamt nur wenig Wind, an der Ostsee und auf exponierten Gipfeln
einzelne stürmische Böen.
Am Samstag wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland zwischen einem Höhenrücken über den Pyrenäen und
einem blockierenden Rücken über Fennoskandien, woraus eine südöstliche, zyklonal
geprägte Strömung resultiert. Im Bodendruckfeld wird das Wettergeschehen von
einem ausgedehnten Hoch über Fennoskandien dominiert, das durch den o.g. Rücken
gestützt wird und zu einer östlichen bodennahen Strömung führt. Aus diesem Hoch
fließt trockene und verhältnismäßig kühle Luft aus, wogegen durch das Höhentief
Warmluft eingesteuert wird. Somit konnte sich über der Mitte Deutschlands eine
Luftmassengrenze etablieren, an der sich aktuell noch Gewitter aktiv sind.
Starkregen ist jedoch wenig wahrscheinlich. Zudem wurde die Luftmassengrenze
durch einen nach Norden schwenkenden Kurzwellentrog, der das Höhentief über den
Pyrenäen umläuft, noch etwas aktiviert. Die Schichtung ist einigermaßen labil,
etwas CAPE und Scherung sind vorhanden, so dass die Voraussetzungen für
hochreichende Konvektion durchaus gegeben sind. Das Entrainment von trockenerer
Luft aus dem Hoch sollte allzu heftigen Entwicklungen jedoch entgegenwirken, so
dass der Entwicklung heftiger Gewitter Grenzen gesetzt sind. In der Nacht zum
Donnerstag sollte jedoch tagesgangsbedingt die Gewittertätigkeit alsbald zum
Erliegen kommen.
Bemerkenswert ist dann noch der böige Ostwind, der aus dem überadiabatischen
Ausfließen der Luft aus dem nordosteuropäischen Hoch resultiert und in
Ostseenähe sowie im nördlichen Schleswig-Holstein zu stürmischen Böen und
exponiert zu Sturmböen führt. Bis weit ins küstennahe Binnenland hinein treten
Windböen auf. In der Nacht zum Donnerstag flaut der Wind tagesgangsbedingt etwas
ab, bleibt sehr wahrscheinlich aber warnrelevant.
Bedingt durch die eher noch etwas zunehmende südöstliche Strömung entwickelt
sich an den Alpen eine Föhnsituation, so dass ab dem Abend in den Hochlagen der
Alpen Böen bis Sturmstärke und auf exponierten Alpengipfeln teils schwere
Sturmböen aufkommen. Bis in die Alpentäler hinein sind dann Windböen
vorstellbar.

Donnerstag ... dreht sich der o.g. Kurzwellentrog nach Nordwesten heraus und ist
dann für unser Wettergeschehen nicht mehr relevant. Somit ist die südöstliche
Strömung vorübergehend eher antizyklonal geprägt. Allerdings ist dies nicht sehr
lange der Fall. Bedingt durch einen Austropfprozess über dem nahen Ostatlantik
vor der Iberischen Halbinsel nimmt der über West- und Südwesteuropa liegende
Höhentiefkomplex eine dipolartige Struktur an, so dass sich beide Kerne um einen
gemeinsamen Drehpunkt bewegen. Als Ergebnis ergibt sich eine Verlagerung des
o.g. Höhentiefs von den Pyrenäen hin zum Zentralmassiv. Dies lässt die Strömung
ab dem Abend zumindest im Süden Deutschlands wieder zyklonaler werden.
In weiten Teilen Deutschlands sollte Absinken zu Auflockerungen und
Aufheiterungen, nach Nordosten hin auch zu längeren sonnigen Abschnitten führen.
Nach Nordwesten hin ist, bedingt durch Warmluftadvektion, etwas mehrschichtige
Bewölkung mit im Spiel. Nennenswerte Niederschläge sind nicht zu erwarten. Zwar
ist die Schichtung relativ labil, aber CAPE ist gedeckelt, so dass zur Auslösung
hoch reichender Konvektion die Orografie behilflich sein müsste. Und dort, wo
dies am ehesten der Fall wäre, d.h. in Süddeutschland, ist die Luft am
trockensten. Dies ist durch den an den Alpen noch andauernden Föhn bedingt, der
aber tendenziell im Laufe des Tages allmählich nachlässt. Somit sind am
Donnerstag Gewitter deutlich weniger wahrscheinlich als heute.
Nach einer vorübergehenden Windabnahme in der Nacht zum Donnerstag lebt der Wind
im Küstenbereich wieder auf, so dass dann vor allem an der Ostsee erneut
stürmische und exponiert durchaus auch Sturmböen auftreten können.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 22, im Osten bis 24 und in
Küstennähe in Abhängigkeit von der Entfernung von der See 7 bis 15 Grad.
In der Nacht zum Freitag wird das o.g. Höhentief etwa nach Mittelfrankreich
gesteuert, so dass der von diesem Tief ausgehende Trog auf Süddeutschland
übergreift. Vorderseitig setzt Hebung ein, wodurch dann im Südwesten, Westen und
in Teilen der Mitte eine rege Gewittertätigkeit einsetzen dürfte. Sehr
wahrscheinlich wird dann die o.g. Luftmassengrenze, die sich etwa vom Rheinland
bis ins Vogtland erstreckt, wiederbelebt. Dies könnte einen der Schwerpunkte der
Gewittertätigkeit ergeben. Aufgrund der langsamen Verlagerungsgeschwindigkeit
der Konvektionszellen dürfte Starkregen das für die Warnstufe entscheidende
Kriterium sein. Sehr wahrscheinlich wird die markante Warnschwelle erreicht;
unwetterartige Entwicklungen sind nicht auszuschließen, wobei dann eher das
6-std. Starkregenkriterium zur Anwendung kommen sollte. Eine großräumige
Unwetterlage zeichnet sich jedoch nicht ab.
Im Norden und Nordosten leibt der kräftige Gradient noch bestehen, so dass an
einigen Küstenabschnitten vor allem der Ostseeküste weiterhin stürmische Böen
auftreten. Ansonsten sind, abgesehen von ein paar Nebelfeldern, wo es aufgeklart
ist und zuvor viel geregnet hat, keine warnrelevanten Wetterereignisse zu
erwarten.

Freitag ... schwenkt der o.g. Kurzwellentrog über Deutschland hinweg nordwärts,
wobei der Nordosten noch an dessen Vorderseite verbleibt. Mit diesem Trog greift
die Gewittertätigkeit auf das Norddeutsche Tiefland und die nördlichen
Mittelgebirge über, wahrscheinlich ist nur der unmittelbare Küstenbereich
hiervon ausgenommen. CAPE erreicht großflächig 200 bis etwa 500 J/kg, der Gehalt
an niederschlagbarem Wasser liegt bei 20 bis 30 mm. Das ist zwar noch nicht
allzu viel, aber bedingt durch die langsame Verlagerungsgeschwindigkeit der
Konvektionszellen sollte das Kriterium für Starkregen "mühelos" überschritten
werden; unwetterartige Entwicklungen (ebenfalls durch Starkregen) sind ebenfalls
vorstellbar und, mit Unterstützung durch den Tagesgang, wahrscheinlicher als
bisher.
Ausgenommen von diesen Entwicklungen ist der Küstenbereich. Hier macht sich nach
wie vor die aus dem o.g. Hoch ausfließende trockene Luft und die kalte
Meeresoberfläche bemerkbar. Bedingt durch dieses Ausfließen können an der
Ostseeküste weiterhin stürmische Böen auftreten. Ansonsten sollten warnrelevante
Böen allenfalls auf exponierte Berglagen beschränkt bleiben.
Im östlichen und süddeutschen Mittelgebirgsraum erfolgt Absinken, so dass dort
nicht mehr allzu viel passiert. Dort wird die südwestliche Strömung zusehends
antizyklonaler; bedingt durch die Überströmung der Alpen erfolgt eine
Austrocknung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 14 bis 19, im Norden und Osten 19 bis 23,
in Küstennähe jedoch nur 8 bis 13 Grad.
In der Nacht zum Samstag verlagert sich der o.g. Kurzwellentrog weiter nach
Norden, wobei sich ein Austropfprozess über Westpolen abzeichnet. Mit dem
Herausschwenken dieses Troges sollte die Gewittertätigkeit auch im Norden
alsbald zum Erliegen kommen. Schauerartige Niederschläge sind aber noch im
Nordwesten und im Norden zu erwarten.
Von Süden, aber auch von Osten her solle Absinken verstärkt für Auflockerungen
sorgen, teils klart es auch längere Zeit auf. Da sich im Osten und Süden zudem
eine schwachgradientige Lage einstellt, können sich Nebelfelder bilden.

Samstag ... greift auf den nahen Ostatlantik ein breiter Trog über. Dieser
bezieht den über Westeuropa liegenden Trog in seine Zirkulation ein, wodurch
sich letzterer scheinbar retrograd verlagert. Dieser Prozess führt über
Mitteleuropa zu leichtem Geopotentialgewinn mit dem Ergebnis, dass Deutschland
mehr und mehr in den Einflussbereich des sich vom östlichen Mittelmeer bis nach
Skandinavien aufwölbenden Höhenkeils gelangt. Dies führt auch im Bodendruckfeld
zu einem Druckanstieg und somit zu einer eher antizyklonal geprägten Situation.
Letzte Niederschläge ziehen daher in Richtung Nordsee ab. Im Osten, Süden und
zumeist auch in der Mitte sind längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Da die
Luftdruckgegensätze gering sind, ist auch der Wind wahrscheinlich nicht mehr
warnrelevant.
Deutschlandweit ist ein Temperaturanstieg auf 19 bis 24 Grad zu erwarten. Etwas
ausgenommen hiervon sind noch höhere Berglagen und der Küstenbereich, wo 14 bis
18 Grad als Höchstwerte anzusetzen sind. Bei auflandigem Wind werden an der
Ostsee kaum 10 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen durchweg eine ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Wenn sich auch für Donnerstag ein vorübergehendes Minimum der
Gewittertätigkeit andeutet, so gibt es doch hochauflösende Modelle, die
Einzelentwicklungen bis in den Unwetterbereich hinein für möglich halten.
Übereinstimmend ergibt sich jedoch der Höhepunkt der Gewittertätigkeit am
Freitag.
Eine großräumige Unwetterlage zeichnet sich an keinem der Tage ab. Auch wenn die
Unwetterschwelle durch Einzelzellen "gerissen" wird, was hauptsächlich durch
Starkregen der Fall sein dürfte, so dürften dies relativ kurzzeitige und
räumlich eng begrenzte Ereignisse sein. In weiten Teilen Süddeutschlands, aber
auch gebietsweise im Nordosten und Osten, werden allenfalls geringe
Niederschläge auftreten oder es wird trocken bleiben. Von einer großflächigen
Überregnung kann daher nicht die Rede sein.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann