DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-04-2018 17:01
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis in die Nacht hinein vor allem im Westen, in der Mitte und im Südosten teils
kräftige Gewitter oder Starkregen, Unwetter nicht ausgeschlossen.
Am Mittwoch und Donnerstag ebenfalls einzelne Gewitter.
Im äußersten Norden lebhafter Ost- bis Nordostwind, an den Küsten teils
stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Nordostflanke eines hochreichenden
und umfangreichen Tiefdrucksystems über Südwesteuropa, dessen Drehzentrum in 500
hPa sich im Laufe der Nacht von Nordwestspanien nach Katalonien verlagert. Davon
ausgehend, erstreckt sich in 500 hPa ein Randtrog bis nach Süddeutschland.
Dieser verliert mehr und mehr an Kontur, wird aber im weiteren Verlauf der Nacht
von Süden her durch einen weiteren Randtrog, der morgens mit seiner Achse in
etwa den äußersten Süden des Landes erreicht, regeneriert.
An der Nordflanke dieser Randtröge wird hauptsächlich aufgrund von PVA vor allem
über der Mitte und dem Südosten Deutschlands immer wieder Hebung generiert, die
zur Ausbildung einer Tiefdruckrinne geführt hat, die sich aktuell vom südlichen
NRW/nördlichen Rheinland-Pfalz über Mittelhessen und Franken bis nach Oberbayern
erstreckt. Im Bereich der innerhalb dieser Rinne verlaufenden
(Feuchte)konvergenz befindet sich eine potenziell instabile Luftmasse mit einer
ML-Cape von gebietsweise mehr als 500 J/kg und PPW-Werten um oder knapp über 20
mm. Entsprechend haben sich dort auf der "warmen" Seite Gewitter entwickelt, die
sich mit der niedertroposphärisch südöstlichen bis östlichen Strömung nur sehr
langsam westnordwestwärts verlagern und dazu immer wieder von Osten her neu
"anbauen".
Somit steht als Begleiterscheinung neben kleinkörnigem Hagel und sporadisch
auftretenden Böen Bft 7 bis 9 vor allem der Starkregen im Fokus. Eben aufgrund
der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit und des rückwärtigen Anbauens können
kleinräumig durchaus auch mal mehr als 25 mm innerhalb von einer Stunde fallen,
womit das Unwetter-Starkregenkriterium erfüllt wäre.
Schauer und Gewitter gibt es anfangs auch noch rückseitig der Rinne, im
Südwesten Deutschlands. Diese kommen allmählich nordostwärts voran und auch dort
kann kleinräumig Starkregen auftreten, allerdings wohl nicht mit
Unwetterpotenzial.
Im Laufe der Nacht kommt die Rinne vor allem mit ihrem Ostteil allmählich nach
Norden voran, während sie über dem Westen des Landes quasistationär bleibt, so
dass sie mehr und mehr eine zonale Ausrichtung annimmt, sich dabei aber
allmählich auffüllt, nicht zuletzt auch, da sich der thermische Gegensatz
zwischen der Luftmasse im Vorfeld der Rinne und der durch den Niederschlag
abgekühlten dahinter nachts geringer wird, was frontolytisch wirkt.
Entsprechend nimmt die Gewittertätigkeit im Laufe der Nacht allmählich ab bzw.
die Gewitter verclustern mehr und mehr. Vor allem in der ersten Nachthälfte kann
es dabei nicht nur im einstündigen Zeitraum, sondern auch innerhalb von 3 bis 6
Stunden durchaus markante Niederschlagsmengen von 20 bis 30 mm, lokal eng
begrenzt auch mehr als 35 mm geben, womit das sechsstündige Unwetterkriterium
erfüllt wäre. COSMO-LEPS zeigt die größten Wahrscheinlichkeiten dafür am
Niederrhein/im nördlichen Rheinland-Pfalz und an der Ostalb, SuperHD und ARMOE
simulieren die höchsten Mengen geringfügig weiter nördlich.
Südlich der Rinne gibt es nachts kaum mehr Schauer und die Wolken lockern auf,
wobei sich gebietsweise Nebel bilden kann.
Nach Norddeutschland gelangt dagegen am Südrand des kräftigen fennoskandischen
Hochs von Osten her recht trockene Festlandsluft, wobei sich über der südlichen
Ostsee an der dort über dem kalten Ostseewasser markant ausgeprägten Inversion
ein kompaktes Stratusfeld gebildet hat, das auch nach Vorpommern und
Schleswig-Holstein driftet, so dass die Nacht dort teilweise bedeckt bleibt.
Zwischen Rinne und dem kräftigen Hoch hat sich über Norddeutschland ein
veritabler Druckgradient aufgebaut, so dass dort weiterhin lebhafter Wind aus
Ost bis Nordost weht mit steifen Böen an den Küsten und im angrenzenden
Binnenland und stürmischen Böen vor allem in exponierten Ostseeküstenabschnitten
und in Nordfriesland. Entlang einer von Polen über Brandenburg und
Sachsen-Anhalt bis nach Südostniedersachsen reichenden Konvergenz (Winddrehung
von Nordost auf Ost bis Südost) kann es im Laufe der Nacht von Polen her vor
allem im mittleren Brandenburg einzelne Schauer, eventuell auch ein kurzes
Gewitter geben.

Mittwoch ... kommt der Randtrog unter Konturverlust bis in die mittleren
Landesteile voran, wobei die dynamischen Hebungsantriebe auf dessen Vorderseite
mehr und mehr zum Erliegen kommen. Dahinter dreht die Höhenströmung auf Süd und
es setzt WLA ein, an den Alpen wird es leicht föhnig, eventuell reicht es auf
exponierten Gipfeln für stürmische Böen.
Auch im Bodenfeld setzt von Südwesten her wieder leichter Druckfall ein, so dass
die inzwischen in etwa über der nördlichen Mitte angelangte Rinne mehr und mehr
an Kontur verliert und später nicht mehr als solche zu erkennen ist. Dennoch
bleibt dort eine recht ausgeprägte Feuchtekonvergenz erhalten, die aufgrund der
Blockadewirkung des unverändert kräftigen Fennoskandienhochs nur wenig nach
Norden vorankommt. Die höchste ML-Cape wird in einem Streifen von NRW über das
südliche Niedersachsen, Nord- und Mittelhessen bis nach Südbrandenburg bzw.
Ostsachsen simuliert, fällt aber mit meist unter 500 J/kg etwas geringer als
heute aus bei ähnlichen PPW-Werten. Dennoch reicht es erneut für einzelne
Gewitter mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und Böen Bft 7 bis 9. Da aber der
dynamische Hebungsantrieb ebenfalls schwächer ausfällt als am Vortag und die
konvergente Struktur im Bodendruckfeld kaum mehr zu erkennen ist, sollte es kaum
für unwetterartige Entwicklungen reichen und wohl auch nicht für so verbreitet
auftretende Gewitter wie am Vortag. Bis zum Abend kommen die Gewitter etwas nach
Norden voran, vom nördlichen Niedersachsen bis nach Nordbrandenburg und nördlich
davon bleibt es aber trocken.
Richtung Küste weht aber nach wie vor lebhafter Ost- bis Nordostwind mit
steifen, exponiert auch stürmischen Böen.
Über Süddeutschland sorgt die sich niedertroposphärische verstärkende WLA für
einen starken Deckel und weitgehend stabile Verhältnisse, so dass es dort wohl
weitgehend trocken bleibt und häufig die Sonne scheint.
In den äußersten Norden gelangt von der Ostsee her weiterhin recht kalte Luft
mit Höchstwerten von 10 bis 14 Grad, im Ostseeumfeld teilweise auch deutlich
darunter, wobei von Osten her eventuell erneut gebietsweise dichte Stratusfelder
landeinwärts driften. Ansonsten bleibt es mild bis warm mit Höchstwerten
zwischen 14 und 19 Grad, in der Lausitz und in Südostbayern bis 22 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Randtrog unter weiterem
Konturverlust und unter Verkürzung der Wellenlänge Richtung Benelux. Der
Haupttrog über Nordostspanien kommt nur wenig nach Nordosten voran. An dessen
Ostflanke wird ein weiterer flacher Randtrog von Süden her Richtung Alpen
geführt, so dass sich die WLA über dem Vorhersagegebiet weiter verstärkt.
Im Bodenfeld setzt sich der Druckfall insbesondere über Süddeutschland fort, so
dass sich am Gradienten kaum etwas ändert und Richtung Küsten nach wie vor mit
steifen bis stürmischen Böen aus Ost zu rechnen ist.
Die Schauer- und Gewittertätigkeit kommt dagegen im Laufe der Nacht rasch zum
Erliegen und die Wolken lockern auch in der Mitte und eventuell im Norden auf.
Lediglich im Südwesten werden durch die WLA wieder etwas dichtere mittelhohe
Wolkenfelder geführt, es bleibt aber trocken. Vielerorts kann sich allerdings
Nebel bilden.

Donnerstag ... überquert der nur noch sehr flach ausgeprägte Randtrog von den
Alpen her Südwestdeutschland im Tagesverlauf nordwestwärts. Dabei dreht die
Höhenströmung mehr auf Südost und vor allem niedertroposphärisch dauert die WLA
weiter an. Bis zum Abend steigen die Temperaturen in 850 hPa auf Werte zwischen
8 Grad ganz im Norden und 13 Grad im Alpenvorland, wo es föhnig bleibt.
Im Bodenfeld verstärkt sich eine Tiefdruckrinne über Südwest- und Süddeutschland
noch etwas und somit auch das konvergente Windfeld innerhalb der Rinne.
Unterstützt durch die starke Deckelung (aufgrund der kräftigen
niedertroposphärischen WLA) kommt es im Bereich der Konvergenz zu einer weiteren
Feuchteanreicherung, am Nachmittag wird im Südwesten gebietsweise mehr als 500
J/kg ML-Cape simuliert bei PPW-Werten von knapp über 20 mm. Der starke Deckel
wirkt weitgehend konvektionshemmend, dennoch ist orogpaphisch getriggert
punktuell Auslöse denkbar (SuperHD z.B. am Pfälzer Wald), als Begleiterscheinung
steht dann aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit erneut hauptsächlich der
Starkregen im Fokus, kleiner Hagel und stürmische Böen sind natürlich ebenfalls
nicht ausgeschlossen.
Die Region stärkster WLA wird durch ein recht kompaktes mittelhohes Wolkenfeld
markiert, das sich vom Südwesten des Landes allmählich in die mittleren
Landesteile bzw. in die nördliche Mitte verlagert. GFS simuliert auch dort recht
verbreitet Schauer und auch kurze Gewitter, die zwar nicht ausgeschlossen sind,
dennoch wohl bei Weitem nicht so verbreitet auftreten sollten.
Mit der Vertiefung der Rinne verschärft sich auch in der Osthälfte der
Druckgradient. Neben den Küstenregionen, wo erneut recht verbreitet mit Böen Bft
7 bis 8 aus Ost bis Nordost zu rechnen ist, kann es auch in den Kamm- und
Gipfellagen der ost- und südostdeutschen Mittelgebirge stürmische Böen und in
einigen Tälern bzw. im Erzgebirgsvorland auch steife Böen aus Südost geben. An
den Alpen bleibt es föhnig mit Sturmböen auf exponierten Gipfeln.
Insgesamt steht ein recht freundlicher Tag ins Haus. Die oben beschriebenen
mittelhohen Wolkenfelder sind vor allem im Westen und in der Mitte vorübergehend
auch mal dichter, so dass die meisten Sonnenstunden im Osten und Süden zu
erwarten sind. Die Temperaturen steigen wieder verbreitet auf 18 bis 24 Grad,
lediglich ganz im Norden bleibt es weiterhin kühler, im Ostseeumfeld werden
gebietsweise kaum mehr als 10 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag wird der Höhentrog über der Iberischen Halbinsel
regeneriert, das Drehzentrum über Nordostspanien wird in das Zirkulationssystem
mit eingebunden und verlagert sich unter Konturverlust bis Freitagfrüh Richtung
Zentralmassiv. Dabei greift im Laufe der Nacht von Süden her ein weiterer
Randtrog auf den Südwesten Deutschlands über, an dessen Nordflanke sich aufgrund
von PVA die Hebungsprozesse vor allem über dem Westen und der Mitte des Landes
deutlich verstärken.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne bis Freitagfrüh etwa bis in die mittleren
Landesteile voran. Mit der sich verstärkenden dynamischen Hebung setzen im
Bereich der Rinne im Laufe der Nacht im Westen und in der Mitte schauerartige
Regenfälle ein, wobei auch kurze Gewitter auftreten können. Lokal eng begrenzt
muss mit ein- oder mehrstündigem Starkregen gerechnet werden, am ehesten ab der
zweiten Nachthälfte.
Ganz im Süden und Südosten sowie im Nordosten (außer nach GFS, die die Schauer
und Gewitter etwas weiter nach Nordosten vorankommen lassen) bleibt es wohl noch
weitgehend trocken.
Der Föhn an den Alpen bricht zusammen, was mit dem Durchzug einer Druckwelle mit
steifen bis stürmischen Böen aus West im Alpenvorland einhergehen könnte. Somit
gibt es lediglich an den Küsten weiterhin lebhaften Ost- bis Nordostwind mit
steifen, exponiert auch stürmischen Böen. Auch im östlichen Bergland kann es
noch steife, auf Gipfeln stürmische Böen geben.

Freitag ... kommt der Randtrog in etwa bis zur Mitte des Landes voran, wobei an
dessen Nordflanke weiterhin markante Hebungsprozesse wirksam sind, die erst im
weiteren Tagesverlauf allmählich nachlassen.
Die Tiefdruckrinne verlagert sich ebenfalls allmählich nordwärts und erstreckt
sich abends in etwa vom nördlichen Emsland bis zur Lausitz, wobei sich über dem
nördlichen Emsland bzw. Ostfriesland ein kleinräumiges Bodentief bildet.
Im Bereich der Rinne verstärkt sich die Feuchtekonvergenz noch, vor allem nach
Osten zu, wo auch länger Einstrahlung wirksam ist, steigt die Cape gegenüber dem
Vortag etwas an und auch die PPW-Werte erreichen häufiger die 25 mm. Somit ist
davon auszugehen, dass sich im Bereich der Konvergenz im Tagesverlauf erneut
Gewitter entwickeln, vielleicht etwas nach Norden abgesetzt gegenüber der Region
mit den schauerartigen Regenfällen, die ausgehend in etwa von den mittleren
Landesteilen allmählich nach Norden vorankommt. Die Begleiterscheinungen der
Gewitter sind nach aktuellem Stand der Dinge natürlich nur schwer abschätzbar
und hängen nicht zuletzt auch von der Einstrahlung ab. Sollten die Parameter
aber passen, sind bzgl. Starkregen auch wieder unwetterartige Entwicklungen
denkbar.
Rückseitig der Tiefdruckrinne gelangt von Westen her ein Schwall recht labil
geschichteter Meeresluft nach Südwest- und Süddeutschland, wo sich ebenfalls
Schauer und auch einzelne Gewitter entwickeln können, allerdings dort mit einem
deutlich geringeren bis nicht mehr vorhandenen Unwetterpotenzial ausgestattet.
GFS von 06 UTC simuliert an der Südwestflanke des oben genannten Bodentiefs etwa
vom zentralen Mittelgebirgsraum an nordwestwärts bis ins Emsland ziehend
kräftige schauerartige und mit Gewittern durchsetzte Regenfälle, die
sechsstündig sogar Unwetterkriterien erfüllen sollen, steht mit dieser Lösung
aktuell aber alleine da.
Wie weit die Niederschläge noch nach Norden vorankommen, steht in den Sternen,
voraussichtlich bleibt es im Ostseeumfeld und im nördlichen Schleswig-Holstein
aber noch trocken. Dort hält das fennoskandische Hoch noch erfolgreich dagegen.
Allerdings gibt es dort weiterhin steife bis stürmische Böen aus Ost bis
Nordost.
Die Sonne zeigt sich am ehesten noch im Südosten und in der Lausitz, auch im
Südwesten kommt sie im Tagesverlauf wieder häufiger durch. Von Westen her
gelangt kühlere Luft ins Vorhersagegebiet, die Temperatur in 850 hPa sinkt auf 3
bis 7 Grad. Die Höchstwerte bewegen sich entsprechend zwischen 12 und 18 Grad,
mit mehr Sonne im Osten und Südosten können nochmals mehr als 20 Grad erreicht
werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine ähnliche Entwicklung im Kurzfristzeitraum.
Die Differenzen bzgl. der räumlichen Verteilung und Intensität der meist
konvektiven Niederschläge wurden im Text angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff