DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-04-2018 07:30
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.04.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SEz
Heute nochmals überwiegend störungsfrei und warm, abends im Südwesten und Westen
Gewitter nicht ausgeschlossen. Danach zunehmende Gewitterwahrscheinlichkeit mit
dem Fokus wohl hauptsächlich auf Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich Deutschland noch im Einflussbereich eines breit
angelegten Höhenrückens, der sich von Ost- nach Mitteleuropa erstreckt und
umlaufen wird von einem sich im Tagesverlauf von Nordpolen zum Baltikum
verlagernden Kaltlufttropfen.
Als Gegenspieler fungiert ein Höhentiefkomplex über Südwesteuropa bzw. dem
westlichen Mittelmeerraum mit aktuell zwei Drehzentren über der Iberischen
Halbinsel und knapp nordöstlich von Sardinien. Beide Höhentiefs verlagern sich
allmählich nordnordostwärts Richtung Südfrankreich bzw. Alpen, wodurch sich die
Achse des Rückens mehr und mehr nach Norddeutschland verlagert. Vor allem an der
Westflanke des Rückens, über Nordwestdeutschland und der Nordsee, verstärkt sich
die WLA, während über Süd- und Südwestdeutschland mitteltroposphärische KLA eine
Labilisierung der Luftmasse zur Folge hat.
Im Bodenfeld setzt sich mit Annäherung der Höhentiefs vor allem im Süden und
Südwesten schwacher Druckfall fort und es bildet sich eine flache
Tiefdruckrinne, die abends etwa von der Eifel bis ins Alpenvorland reicht. Dabei
ist die Luftmasse im Bereich der Rinne zunehmend instabil geschichtet (ML-Cape
z.B. lt SuperHD kleinräumig bis über 600 J/kg), allerdings unterbinden eine
recht ausgeprägte Deckelung der Luftmasse und mangelnder Hebungsantrieb tagsüber
wohl noch im Großen und Ganzen konvektive Umlagerungen. Lediglich ganz im Westen
besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür, die meisten Konvektion
zulassenden Modelle simulieren über dem nahen Nordfrankreich und Belgien
Gewitter, die nicht das Vorhersagegebiet erfassen sollen. Erfahrungsgemäß greift
die Konvektion häufig aber doch etwas weiter nach Osten aus als vorher berechnet
und GFS hat im westlichen NRW bzw. im Schwarzwald bis zum Pfälzer Wald auch
einige Schauer und Gewitter in petto. Bei PPW-Werten um 20 mm und langsamer
Zuggeschwindigkeit sind dann als Begleiterscheinungen lokal eng begrenzt
Starkregen und kleinkörniger Hagel denkbar.
Im übrigen Land dominiert weiterhin der antizyklonale Einfluss, an den Alpen
wird es leicht föhnig, eventuell reicht es auf einigen exponierten Gipfeln für
Sturmböen aus Süd und in einigen föhnanfälligen Tälern für steife Böen. "Eitel
Sonnenschein" herrscht vor allem in der Osthälfte und im Nordosten. Im
Nordwesten sorgt die WLA für dichteres Gewölk und vielleicht auch etwas Regen
bzw. Nieselregen. Ansonsten hat sich von Süden her eine gehörige Portion
Saharastaub auf den Weg nach Mitteleuropa gemacht (gut zu erkennen im sichtbaren
Satellitenbild anhand der "kräuseligen" Wolkenstruktur), die den vor allem im
Süden und Westen mit Cirren bewölkten Himmel eher gräulich erscheinen lässt und
die Einstrahlung (und somit auch eventuelle Konvektion) zusätzlich hemmt.
Niedertroposphärisch dauert die Advektion ungewöhnlich warmer Luftmassen nach
Mitteleuropa aber an, in 850 hPa werden Temperaturen zwischen 8 Grad im Norden
und 13 Grad an den Alpen erreicht. Entsprechend steht erneut ein warmer Tag ins
Haus mit Höchstwerten zwischen 19 und 24, stellenweise im Südosten vielleicht
auch 25 Grad. Kühler bleibt es unter den dichten Wolken im Nordwesten und vor
allem im Nordseeumfeld lässt der Seewind die Temperaturen auf kaum über 10 Grad
ansteigen.

In der Nacht zum Dienstag wird der etwas an Stärke einbüßende Höhenrücken weiter
nach Norden abgedrängt, morgens erstreckt sich dessen Achse über Nordpolen und
Dänemark bis nach Schottland. Die beiden Höhentiefs verlieren zunehmend an
Kontur und greifen als Randtröge in 500 hPa auf Zentralfrankreich bzw.
Ostösterreich über. In erster Linie aus PVA resultierende Hebung wird dabei vor
allem über Nordostfrankreich simuliert.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne vor allem über dem Westen des Landes etwas
nach Norden voran, während über Skandinavien und dem Nordmeer vorderseitig des
Rückens der Druck steigt. Mit der daraus resultierenden Gradientzunahme frischt
der Wind vor allem in höheren Lagen auf und - unterstützt durch orographische
Effekte bzw. einem Low Level Jet - kann es in einigen Gipfellagen insbesondere
der ost- und südostdeutschen Mittelgebirge stürmische Böen aus Südost geben,
während der Föhn an den Alpen etwas nachlässt. Auch an den Küsten frischt der
Wind aus Ost bis Nordost auf mit ersten Böen Bft 7 in den Frühstunden.
Auch in der Nacht dürfte sich die Hauptgewitteraktivität knapp westlich des
Vorhersagegebietes abspielen. "Ausläufer" bzw. Gewitterreste können aber
zunehmend auch auf den Westen und Südwesten des Landes übergreifen. Einige
Modelle simulieren dort gebietsweise schauerartige Regenfälle, wobei natürlich
stellenweise auch Blitz und Donner auftreten können. Die Starkregengefahr ist
aber wohl eher als gering einzuschätzen.
Ansonsten verläuft die Nacht ruhig, vor allem Richtung Küste und im Südosten
kann es stellenweise auch wieder Nebel geben.

Dienstag... wird der südwesteuropäische Höhentiefkomplex durch einen Trogvorstoß
von Nordwesten Richtung Iberischer Halbinsel wieder regeneriert. Die beiden
Randtröge kommen weiter nach Norden voran, wobei sich der östliche weiter
abschwächt, der westliche dagegen in das Zirkulationssystem des neuen
Höhentroges eingebunden wird und sich von Zentral- nach Nordwestfrankreich
verlagert. Vor allem an dessen Nordostflanke wird im Tagesverlauf über dem
Westen und der Mitte Deutschlands recht markante Hebung simuliert, die wohl
hauptsächlich PVA geschuldet ist.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne etwas nach Nordosten bzw. Osten voran und
erstreckt sich abends vom Emsland über die Mitte des Landes bis nach
Südostbayern. Zunächst noch wirksame Deckelung und ein konvergentes Windfeld
führen zu einer Feuchteanreicherung innerhalb der Grundschicht im Bereich der
Rinne und zu zunehmender Instabilität. Dabei wird eine ML-Cape von gebietsweise
mehr als 500 J/kg simuliert.
Bereits morgens oder am Vormittag greifen mit zunehmender Hebung knapp
rückseitig der Rinne schauerartige Regenfälle von Frankreich her auf
Südwestdeutschland über. Somit kann sich - Einstrahlung vorausgesetzt, wieviel,
ist aber noch fraglich - auch ein thermischer Gradient aufbauen, der
frontogenetisch wirkt. Somit dürften die Regenfälle mit allmählicher
Nordostverlagerung mehr und mehr konvektiven Charakter annehmen, eventuell
bildet sich auch im Vorfeld im Bereich der Bodenkonvergenz eine durchbrochene
konvektive Linie, wie von einigen Modellen angenommen. Bei PPW-Werten von 20 bis
25 mm und gleichzeitig nur recht geringer Zuggeschwindigkeit rückt als
Begleiterscheinung der Starkregen mehr und mehr in den Fokus (aufgrund der
geringen Zuggeschwindigkeit und der niedrigen Warnschwellen sind sogar Unwetter
eventuell nicht ausgeschlossen), kleinkörniger Hagel und stürmische Böen sind
natürlich kleinräumig ebenfalls möglich. Den Schwerpunkt der Gewittertätigkeit
simulieren die Modelle so ziemlich genau im Bereich der Rinnenachse über dem
Westen, der Mitte und Teilen Bayerns.
Das Bodenhoch über Nordmeer-Fennoskandien kann sich derweil weiter verstärken
und verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach Süden, so dass sich der Gradient
weiter verschärft. Vor allem an den Küsten gibt es recht verbreitet steife,
exponiert auch stürmische Böen aus Ost bis Nordost, in den östlichen
Mittelgebirgen reicht es auf exponierten Gipfeln ebenfalls für stürmische Böen,
am Erz- und Zittauer Gebirge frischt der "Böhmische Wind" auf mit steifen Böen
aus Südost in dafür anfälligen Tälern.
Rückseitig der Tiefdruckrinne kann es aufgrund des kräftigen Druckanstiegs
(verstärkt noch eventuell durch einen "Cold Pool") ebenfalls steife, exponiert
stürmische Böen geben, allerdings aus West bis Nordwest.
Vor allem im Osten und Norden sowie im Südosten Bayerns scheint noch längere
Zeit die Sonne. Dort werden (abseits der Küsten) nochmals warme 18 bis 24 Grad
erreicht. Sonst liegen die Höchstwerte zwischen 13 und 18 Grad, an den Küsten
bleibt es teilweise kühler.

In der Nacht zum Mittwoch bleiben wir an der Nordostflanke des sein Drehzentrum
nach Katalonien verlagernden Höhentroges unterhalb einer südlichen
Höhenströmung, die im Bereich eines Randtroges über der Mitte Deutschlands nach
Osten abknickt. Mit Abzug des Randtroges über Nordwestfrankreich nehmen die
dynamischen Hebungsprozesse wieder etwas ab.
Im Bodenfeld nimmt die Tiefdruckrinne über der Mitte des Landes eine zunehmend
zonale Ausrichtung an und füllt sich ein wenig auf. Die vorgelagerten Gewitter
greifen noch ein wenig nach Norden aus, erreichen die Küsten und den Nordosten
des Landes aber nicht mehr, Im Bereich der Rinne, gibt es weitere schauerartige
Regenfälle, vereinzelt auch mit Gewittern durchsetzt. Aufgrund der geringen
Verlagerungsgeschwindigkeiten kann es stellenweise auch "ungewittrigen"
Starkregen geben, am ehesten wohl im westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum,
wo auch Staueffekte unterstützend wirken können. ICON-EU simuliert dort
entsprechend die höchsten Mengen und auch die Probabilistik zeigt am ehesten in
den genannten Regionen geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 25 mm in 6 bis
12 Stunden.
Im äußersten Norden fächert der Gradient kaum auf und es gibt an den Küsten
weiterhin steife bis stürmische Böen aus Ost bis Nordost. Im Südwesten und Süden
sowie in der Mitte - also im Bereich und südlich der Rinne - fächert der
Gradient dagegen deutlich auf, so dass der Wind warntechnisch keine Rolle
spielt. Dafür lockern vor allem im Südwesten die Wolken stärker auf und es kann
sich Nebel bilden.

Mittwoch... ändert sich an der großräumigen Konstellation der Druck- respektive
Geopotenzialgebilde nur wenig. Der Höhentrog über Südwesteuropa bleibt mit
seinem Drehzentrum nahezu quasistationär, ein Randtrog erstreckt sich bis in die
Mitte und den Nordosten Deutschlands. Flankiert wird dieser von einem inzwischen
eigenständigen Höhenhoch über Südskandinavien, das seinen Schwerpunkt allmählich
zur Norwegischen See verlagert. Somit ergibt sich eine "High over
Low"-Konstellation.
Die Bodentiefdruckrinne kommt nur noch wenig nach Norden voran und verliert mehr
und mehr an Kontur und verschwindet schließlich ganz, da auch im Südwesten
wieder Druckfall einsetzt. Abends erstreckt sich von Frankreich her eine neue,
flache Rinne bis ins Alpenvorland.
Die potenziell instabilste Luftmasse befindet sich dagegen weiterhin im Bereich
der "alten" Rinne über dem Norden und Osten des Landes. Dort werden mehrere 100
J/kg ML-Cape simuliert bei PPW-Werten um oder über 20 mm. Großartige dynamische
Hebungsprozesse sind im Bereich des sich dorthin erstreckenden Randtroges aber
nicht mehr auszumachen. Die schauerartigen Regenfälle lassen somit am Vormittag
wieder nach, allerdings können sich im Tagesverlauf erneut einzelne Schauer und
Gewitter bilden, lokal eng begrenzt erneut mit Starkregen und kleinkörnigem
Hagel. Während ICON-EU, GFS und ECMWF vom Emsland bis nach Brandenburg recht
verbreitet Schauer und auch einzelne Gewitter simulieren, hat das SuperHD nur
vereinzelte Schauer und kaum Gewitter in petto. Ganz im Norden, am Südrand des
sich vom Baltikum bis zum Nordmeer erstreckenden und sich noch etwas
verstärkenden Hochs, hält der kräftige Ost- bis Nordostwind "dagegen", dort
bleibt es noch weitgehend trocken. Allerdings kann es nach wie vor steife bis
stürmische Böen geben.
Im Süden und in der Mitte des Landes dominiert südlich des Randtroges leichtes
Absinken, innerhalb der dort südlichen Höhenströmung ist sogar eine leicht
antizyklonale Kontur auszumachen. Somit kann sich wieder zunehmend die Sonne
durchsetzen und es bleibt weitgehend trocken. An den Alpen wird es wieder
zunehmend föhnig, eventuell auch mit ersten Sturmböen aus Süd bis Südost auf
exponierten Gipfeln.
Während es im Norden bei frischem Ostwind mit Höchstwerten zwischen 10 und 14
Grad, an den Küsten teilweise auch darunter, recht frisch bleibt, wird es sonst
mit 15 bis 21 Grad wieder mild, aber nicht ganz so warm wie an den Vortagen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren eine sehr ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristbereich. Hinsichtlich der Fragen, wo und wann genau mit welcher
Intensität die Gewitter bzw. schauerartigen Regenfälle auftreten, gibt es noch
leichte Differenzen, insgesamt fahren die Modelle vor allem für den morgigen
Dienstag diesbezüglich aber eine recht einheitliche Linie. Am Mittwoch werden
die Differenzen dann etwas größer.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff