DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-04-2018 17:01
SXEU31 DWAV 071800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bayern sensationell Deutscher Meister, was Wunder! Quo vadis HSV, Kölle und
Goldisches Määnz? Ansonsten...
...Ruhiges Frühlingswochenende, morgen im äußersten Osten vereinzelte Gewitter
nicht ausgeschlossen. Im Laufe der nächsten Woche von Südwesten her zyklonaler
mit Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... verbleibt Deutschland zwischen dem von Weißrussland nach Russland
auswandernden Hoch LEO und einem amorphen Tiefdrucksumpf über Westeuropa bzw.
dem nahen Ostatlantik. Der stärkste Gradient liegt weiterhin über den östlichen
Landesteilen, so dass der Südostwind im und am Erzgebirge und bedingt im
Bayerischen Wald flott unterwegs bleibt. Besonders im Erzgebirge stehen nach wie
vor Böen 7-8 Bft auf der Karte, wobei es in den Kammlagen, die knapp unter der
bei 900 hPa positionierten Absinkinversion liegen, eher noch eine Verstärkung
des Windes ansteht (vereinzelt 9 Bft, Stichwort Low-Level-Jet).
Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten. Bei klarem oder nur ganz gering
bewölktem (dünne Cirren) Himmel kühlt es auf rund 10°C im Westen und bis zu 2°C
im Südosten ab. Da die Luft sehr trocken ist (im Osten und Südosten gebietsweise
negative Taupunkte), ist zwischen dem östlichen Mittelgebirgsraum bis hinunter
ins östliche Bayern in exponierten Lagen und lokal eng begrenzt sogar noch mal
leichter Luftfrost möglich. Nebel spielt nur eine untergeordnete Rolle, kann im
Süden aber lokal nicht kategorisch ausgeschlossen werden.

Sonntag ... ändert sich an der großräumigen Druckverteilung relativ wenig, wenn
man mal davon absieht, dass sich das gesamte Muster etwas nach Osten verlagert.
Damit rücken die o.e. Tiefdruckzone nebst eingelagerter schleifender Front zwar
dichter an den Vorhersageraum heran, können aber noch soweit auf Distanz
gehalten werden, dass die keinen größeren Schaden anrichten. Ähnlich wie heute
ziehen allenfalls wieder ein paar hohe Wolkenfelder über den Westen und
Nordwesten hinweg, ansonsten sieht es in der weiterhin trockenen Luftmasse
extrem dünn aus mit etwaiger Wolkenbilddung - mit einer Ausnahme.
Dazu müssen wir uns kurz der Potenzialverteilung widmen, die in Deutschland wie
heute auch schon im Zeichen eines Höhenrückens steht. Zwar verlagert sich dieser
etwas weiter nach Osten, greift mit seiner mittlerweile zonal exponierten Achse
aber weiterhin weit nach Westen aus, wovon auch wir hier in Deutschland
profitieren. Allerdings wird der Rücken von Süden her von einem kleinen
nachträglichen "Osterei" unterlaufen, konkret, von Austria her zieht ein kleiner
Kaltlufttropfen via Tschechien nach Niederschlesien. In den Diagnosefeldern
erkennt man wunderbar die lehrbuchhafte Verteilung der Vorticity- und
Schichtdickenadvektionsfelder mit PVA/KLA auf der Vorder- und NVA/WLA auf der
Rückseite. Der KLT sorgt von den ostbayerischen Mittelgebirgen über das Vogtland
und weite Teile Sachsens bis ins südöstliche BB für teils dichtere Quellwolken,
aus denen bevorzugt zwischen Zittauer Gebirge respektive Osterzgebirge über die
Ober- bis zur Niederlausitz einzelne Schauer fallen können. Wenn es dumm läuft,
ist auch ein Gewitter dabei.
Ansonsten geht die 850-hPa-Temperatur in den genannten Gebieten auf bis zu 5°C
zurück, so dass in 2 m Höhe dort "nur" 16 bis 21°C erreicht werden. Der große
Rest der Republik darf sich mit Ausnahme des höhere Berglands sowie einiger
Küstenabschnitte (dort bei auflandigem Wind örtlich nur einstellige Werte) auf
20 bis 25°C freuen.
Ach ja, dann wäre da auch noch der Wind. Auch hier hat der KLT seine Finger im
Spiel, induziert er doch auch in den östlichen Landesteilen leichten Druckfall,
was dem Gradienten wenig zuträglich ist. Kurzum, dieser fächert weiter auf und
der anfänglich besonders im und am Erzgebirge noch recht mobile "Südost"
verliert mehr und mehr an Fahrt. Dafür legt im Gegenzug der der Föhn in den
Alpen etwas zu, auch wenn das Ganze keinesfalls der große Klassiker ist. Nur 4-5
hPa Unterschied zwischen Alpennord- und Alpensüdseite, zudem eine ungünstige
Anströmrichtung der ohnehin nicht sonderlich starken Höhenwinde stellen nicht
unbedingt die Rezeptur da, um große Föhnsprünge zu machen. Auf einigen Gipfeln
reicht es für Böen 8 Bft, in den Tälern sollte bei 6 Bft Schluss sein.

In der Nacht zum Montag zieht der KLT knapp auf polnischer Seite
nord-nordostwärts. Entsprechend bleiben die Haupthebungsprozesse knapp östlich
von uns, trotzdem reicht es in Oder- und Neißenähe für einige Wolken und
vielleicht auch einen Schauer.
Im großen Rest tut sich bei schwachen Luftdruckgegensätzen herzlich wenig. In
den Alpen bleibt es föhnig und in der Osthälfte kühlt es immer noch soweit ab,
dass es gebietsweise für Bodenfrost reicht, während Luftfrost die absolute
lokale Ausnahme darstellt.
Kleiner Randaspekt, über UK und der Nordsee bildet sich ein schwaches Hoch, an
dessen Rand der Wind im Nordwesten auf Nordwest bis Nord dreht. Damit wird die
über dem Blanken Hans liegende tiefe Bewölkung dichter an deutsches
Hoheitsgebiet verfrachtet, der "landfall" wird wahrscheinlich aber erst tagsüber
erfolgen.

Montag ... zieht der KLT in Richtung Baltikum ab, so dass wir wieder komplett
unter den breit aufgespannten, von West nach Ost gerichteten Schirm des o.e.
Höhenrückens gelangen. Die ganz dicke Musik wird auf der Iberischen Halbinsel
gespielt, wo das heute Nacht abtropfende und gen Italien ziehende Höhentief
durch ein neues Exemplar ersetzt wird. Auf seiner Nordostflanke fällt der
Luftdruck, was in eine von Frankreich nach Süddeutschland gerichtete
Tiefdruckrinne mündet. Sie richtet zunächst aber keinen größeren Schaden an, da
die von ihr generierten Gewitter brav bei unseren westlichen Nachbarn ihre
Auftritte feiern.
So läuft der Wochenstart bei uns äußerst gemächlich ab mit einigen hohen, später
vielleicht auch mittelhohen Wolkenfeldern im Südwesten, dichter Stratus- bzw.
Stratocumulus im Nordwesten (nordwestliches NDS, Teils SHs) und reichlich
Sonnenschein im größten Teil des Landes. Immerhin steigen die Taupunkte in der
flachen Grundschicht etwas an, was mithin mehr Feuchte bedeutet und die
Wahrscheinlichkeit einiger flacher Quellwolken erhöht. Es wird wieder fast
frühsommerlich warm mit Tageshöchstwerten von 20 bis 25°C, nur ganz im Norden
(Küste und nahes Hinterland) sowie unter zähem Stratus bleibt es bei nun fast
überall auftretendem auflandigen Wind z.T. deutlich frischer.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt ein flacher, vom Iberischen Höhentief
ausgehender Randtrog nach Frankreich. Das führt dazu, dass in den westlichen
Landesteilen die Bewölkung etwas zunimmt und eventuell Schauer- und
Gewitterreste vom Tag auch auf unser Gebiet übergreifen. Am offensivsten
diesbezüglich war heute früh das IFS von 00 UTC, während sich ICON von 12 UTC in
dezenter Zurückhaltung übt.
Darüber hinaus gilt es noch zu erwähnen, dass der Luftdruck über dem
Europäischen Nordmeer deutlich steigt und sich dort ein eigenständiges Hoch
etabliert. Auf dessen Südflanke dreht der Wind im Norden auf Nordost und legt
vor allem an der Küste etwas zu, ohne die untere Warnschwelle zu erreichen
(allerhöchstens Helgoland). Auf dem Brocken treten die ersten stürmischen Böen 8
Bft auf. Dafür schwächt sich der Föhn in den Alpen ab. Frost ist weder am Boden
noch auf großmanns Kopfhöhe ein Thema mehr.

Dienstag ... nähert sich die Großwetterlage mehr und mehr einer
High-over-Low-Situation. Zum einen weitet sich das o.e. Hoch unter Verstärkung
nach Osten aus (Hoch Nordmeer-Fennoskandien), während das Höhentief über der
Iberischen Halbinsel vom Ostatlantik her abermals ausgetauscht wird. Das
korrespondierende Bodentief liegt um 12 UTC an der bretonischen Küste bzw. knapp
westlich davon. Die davon ausgehende Rinne schiebt sich über Deutschland etwas
weiter nach Norden, wobei sich möglicherweise ein eigenständiges Tief bildet.
Wie auch immer, feuchtere und labil geschichtete Luftmassen aus dem Südwesten
machen Boden nach Norden hin gut, was besonders für den Süden und die Mitte eine
erhöhte Wahrscheinlichkeit für markante Gewitter bedeutet.
Im Norden und Nordosten hingegen ist die aus dem Nordeuropahoch ausfließende
trockene und stabilere Luftmasse Trumpf. Unter dem Strich bedeutet das recht
sonnenscheinreiches Wetter, das sich aber mit einem teils ruppigen Nordostwind
erkauft wird. Besonders an der See muss mit Böen 7-8 Bft gerechnet werden bei
Tmax von rund 10°C, im nord- und nordostdeutschen Binnenland je nach Entfernung
von der Küste 13 bis 18°C. Am wärmsten wird es mit bis zu 23°C im Osten und
Südosten.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Grundsätzlich simulieren die Modelle den weiteren Ablauf sehr ähnlich.
Erstaunliche Kongruenz herrscht dabei auch in Bezug auf den morgendlichen KLT.
Am Dienstag wird es insofern etwas unscharf, als dass die Gewitter- und
Regenprognosen von den Modellen jeweils etwas anders gesehen werden. Gleiches
gilt im Detail für die Intensität der Gewitter.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann