DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-04-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.04.2018 um 10.30 UTC



Am Wochenende Sa (Süd antizyklonal) mit sehr mildem Frühlingswetter, danach
Übergang zu überwiegend zyklonal geprägter High-over-Low-Lage mit Nordostwind.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 11.04.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag befindet
sich Deutschland vorderseitig eines stark amplifizierten Höhentroges über den
nahen Ostatlantik, dessen Achse am Tagesende über die Iberische Halbinsel hinweg
bis nach Marokko reicht. Korrespondierend dazu findet man im Bodendruckfeld eine
großräumige Tiefdruckzone mit stark aufgefächertem Gradienten, in die über
Frankreich und Benelux eine meridional exponierte, zur Wellenbildung neigende
Kaltfront eingebettet ist.
Als Konterpart fungiert ein kräftiges Hoch mit Zentrum über Belorussland, das
von einem breiten Höhenrücken gestützt wird. Zwischen den genannten synoptischen
Systemen befindet sich Deutschland in einer hochreichenden südlichen Strömung,
mit der gesamttroposphärisch sehr milde Subtropikluft mediterranen Ursprungs zu
uns gelangt (T850 7 bis 12°C). Durch die Überströmung der Alpen ist die Luft
stark abgetrocknet, hinzu kommt, dass die gesamte Strömungskonfiguration noch
stark antizyklonal geprägt ist, so dass man sich deutschlandweit auf einen
sonnenscheinreichen und sehr milden Frühlingstag freuen kann. Einzig der
äußerste Westen könnte ein paar Wolkenfelder von besagter Kaltfront abbekommen.

Am Sonntag tropft der Trog Richtung westliches Mittelmeer ab, gleichzeitig stößt
aber ein weiterer KW-Trog Richtung Iberische Halbinsel nach, so dass der
eigentliche Haupttrog regeneriert wird. Wir verbleiben unter einer antizyklonal
konturierten südlichen Höhenströmung, allerdings rücken sowohl der
"Tiefdrucksumpf" als auch die eingelagerte Front etwas dichter an den
Vorhersageraum heran. Die Folge sind etwas zurückgehende niedertroposphärische
Temperaturen (T850 meist 5 bis 10°C, nur südlich der Donau etwas darüber) sowie
ein höherer Wolkenanteil mit latenter Schauerneigung in den westlichen
Landesteilen.

Im Laufe der kommenden Woche stellt sich die Wetterlage allmählich um. Über dem
Nordmeer und dem Westen Skandinaviens steigen Luftdruck und Potenzial an. Auf
der Ostflanke wird mit Hilfe eines Sturmtiefs über der Barentssee Kaltluft nach
Süden gesteuert, die im Bereich der deutschen Ost- und Nordseeküste nach Westen
abgelenkt wird. Gleichzeitig etabliert sich über Westeuropa ein
Potenzialminimum, auf dessen Vorderseite Randtröge über die Alpen und an den
Alpen vorbei nordwärts schwenken. Sie sorgen bei uns für Druckfall und die
Bildung einer zonalen Tiefdruckrinne mit mehreren Drehzentren. Die mediterrane
Subtropikluft wird über dem Osten Deutschlands und dem östlichen Mitteleuropa
zunächst nordwärts verfrachtet, bevor sie noch vor Erreichen der Ostsee
ebenfalls nach Westen abgelenkt und dabei abgekühlt wird. Unter dem Strich steht
eine stark frontogenetische, bei uns weitgehend zyklonal geprägte (=>
Regenfälle) High-over-Low-Situation mit starker Baroklinität im Küstenraum.

Am Mittwoch, also an der Schnittstelle zur erweiterten Mittelfrist, erdreistet
sich IFS dann doch tatsächlich, die trockene Kaltluft aus dem baltischen Raum
bzw. Südskandinavien südwestwärts zu verlagern und somit weite Teile des
Vorhersageraums damit zu fluten. Ursache sind eine leichte Verschiebung des
gesamten Strömungsmusters nach Süden sowie eine nach Südwesten gerichtete
Austrogung über Nordosteuropa. Bis Donnerstag geht die 850-hPa-Temperatur auf
Werte um 0°C an den Alpen und punktuell -10°C!! an der Ostsee zurück. Die
Niederschläge im Süden und Südosten würden am Donnerstag teils bis in tiefe
Lagen als Schnee fallen. Auch die Niederschläge, die tags darauf durch
Aufgleiten von Osten her weiter nördlich auftreten, hätten vielfach ein
flockiges und weißes Aussehen - oha...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 00-UTC-Modelllauf von IFS (ECMF) zeigt bis Mitte kommender Woche,
also quasi über den gesamten offiziellen Mittelfristzeitraum hinweg, eine gute
Konsistenz. Somit wird an der Umstellung der Großwetterlage von einer sehr
milden, teils schon frühsommerlich warmen und meist trockenen Südlage am
Wochenende hin zu einer etwas weniger warmen und zyklonaleren (=> zeitweise
Regen) Nordostlage festgehalten. Trotz kleiner Unschärfen muss das gestrige
Vorhersagekonzept nicht substanziell geändert werden.

Der "Hammer" (und damit auch die Änderung gegenüber den Vorläufen) kommt dann im
Laufe des Mittwochs (und somit größtenteils im erweiterten Mittelfristbereich),
wenn sich nämlich die knapp nördlich von uns auf Lauer liegende Kaltluft auf den
Weg nach Deutschland macht und nach den Frühlingstagen zuvor (zumindest aus
thermischer Sicht) für einen spürbaren Kaltlufteinbruch sorgt. Oder besser
gesagt "sorgen würde", denn man wird erst mal abwarten müssen, ob es tatsächlich
so kommt.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Sowohl GFS als auch GEM zeigen ebenfalls die Umstellung der Großwetterlage von
Sa (Süd antizyklonal) am Wochenende hin zu einer High-over-Low-Situation im
Laufe der Woche. Der große Unterschied zu IFS liegt darin, dass die Kaltluft
z.T. deutlich weiter nördlich verbleibt und auch in der erweiterten Mittelfrist
nicht angezapft wird.
ICON fährt insofern eine etwas andere Schiene, als dass schon am Sonntag der
gesamte Nordwesten - ausgelöst durch eine schleifende Front - mehr Wolken und
sogar leichten Regen abbekommt. Danach gelangen wir in eine von Nordwest nach
Südost verlaufende (und nicht zonal exponierte) Tiefdruckrinne mit langsam sich
von West nach Ost verlagernden Regenfällen und Gewittern. Die Isothermen
verlaufen dabei meridional und nicht wie bei den anderen Globalmodellen zonal.

FAZIT: ICON nimmt eine Außenseiterlösung ein, sonst herrscht weitgehend
Einigkeit. Einzig zum Ende hin ist der Kaltlufteinbruch a la IFS aus
deterministischer Sicht eher weniger wahrscheinlich.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Noch geringer wird die Wahrscheinlichkeit, wenn man sich die EPS-Rauchfahnen
verschiedener deutscher Städte anschaut. Egal, ob Nord, Ost, Süd oder West,
überall entpuppen sich der der Haupt- und Kontrolllauf als krasse Ausreißer nach
unten, die sich deutlich vom Gros der Ensemblemitglieder entfernen. Nun weiß man
freilich - besonders dann, wenn man im Sport unterwegs ist -, dass auch die
krassesten Außenseiter mal ganz vorne landen können, und man erinnert sich
vielleicht auch an den April vergangenen Jahres, wo es zum Ende hin (letzte
Dekade) noch mal richtig kalt wurde. Trotzdem wird diese Lösung vom Verfasser
verworfen, zumal auch GFS-EPS nur einige ganz wenige Ensembles im Portfolio hat,
die das kalte Spielchen mitspielen (und das auch nur im Norden und Osten sowie
etwas später als bei IFS).
Bis zum "Absturz", der beim IFS-Kontrolllauf übrigens schon am Dienstag beginnt,
zeigen die Kurven einen vergleichsweise homogenen Verlauf ohne große Streuung.
Die ECMF-EPS-Clusterung bietet für den Zeitraum T+120...168 h (Montag bis
Mittwoch) drei Muster an (19+HL, 17, 15+KL Fälle), die alle auf eine
High-over-Low-Situation hinauslaufen. Dass der "frühkalte" Kontrolllauf in CL 3
von 15 Fällen begleitet wird (die sich in dieser großen Zahl nicht in der
Rauchfahne widerfinden), zeigt, dass die stark kategorisierende Clusterung, die
ja auf Basis des Potenzials in 500 und 1000 hPa durchgeführt wird, auch kein
Allheilmittel darstellt und mitunter nichts oder nicht viel über die thermische
Entwicklung aussagt.
Diese Aussage passt auch zur Clusterung für die Tage Donnerstag bis Samstag
(T+192...240 h), bei der vier Cluster (20+HL/KL, 15, 11, 5) auf dem Zettel stehen.
Die Rauchfahnen zeigen mitnichten 20, sondern vielleicht 1-3 Lösungen, die die
kalte Version des Haupt- und Kontrolllaufs stützen.

FAZIT: Die Version des Hauptlaufs wird im Wesentlichen gestützt, einzig die ab
Mitte der Woche simulierte Abkühlung von Nordosten her wird als unwahrscheinlich
eingestuft.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Nach einem ruhigen Wochenende nimmt die Wahrscheinlichkeit für GEWITTER von
Südwesten her allmählich zu. Für Details ist es aber noch zu früh. Auch sonst
steigt die Niederschlagswahrscheinlichkeit im Laufe der nächsten Woche allgemein
an, wobei durch Aufgleiten von Osten her markanter DAUERREGEN vorstellbar wäre.
Allerdings halten sich sowohl die deterministischen als auch die
probabilistischen Vorhersagen derzeit noch sehr zurück
Mit Umstellung der Wetterlage rückt auch der auf Nordost drehende Wind wieder
mehr in den Fokus, wobei ECMF-EPS für die Ostsee und Teile Schleswig-Holsteins
ab Dienstag die Möglichkeit STÜRMISCHER BÖEN 8 Bft in Betracht zieht.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Aufgrund der etwas abweichenden ICON-Lösung wird MOS-ECMF und ECMF-EPS als Basis
verwendet.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann