DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-03-2018 17:30
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.03.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In Hochlagen und im Nordosten etwas Schnee, in der Nacht zu Freitag im Nordosten
auch kräftiger Schneefall. Im Südwesten und der Mitte sowie im Nordosten
stürmische Böen und Sturmböen. Hochlagen teils Dauerregen, teils Tauwetter.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland auf der Rückseite eines Langwellentroges über
Osteuropa. Damit ist gleichzeitig ein flacher Höhenrücken für Deutschland
wetterbestimmend, der von der Biskaya über den Ärmelkanal in Richtung Nordsee
gerichtet ist. Dieser kommt in seinem nördlichen Teil nur zögerlich nach Osten
voran, während der südliche Teil zum Morgen die Pyrenäen erreicht. Gefolgt wird
der Höhenrücken von einem Langwellentrog über den Atlantik, der ausgangs der
Nacht auf die Britischen Inseln übergreift. Die den Rücken überlaufende WLA
macht sich mit dichten Wolken bemerkbar, ferner ist im Bodendruckfeld ein Trog
und in diesen eingelagert ein Frontensystem zu erkennen. Deren Warmfront hat
aktuell schon auf Benelux übergegriffen, die klassisch vorderseitig
anzutreffenden Regenfälle haben schon (19 Uhr MESZ) die Mitte erreicht. Die
Kaltfront wird schnell rückläufig und geht als Warmfront in ein sich rasch
entwickelndes, kleinräumiges Randtief über. Dieses kleinräumige Tief ist dabei
(wie der zur Warmfront gehörige Trog) Teil eines Tiefdruckkomplexes, der weite
Teile Westeuropas und des Nordatlantiks überdeckt. Dominierend innerhalb dieses
Komplexes ist das steuernde Tief zwischen Island und Schottland, welches sich in
der Nacht etwas nach Nordwesten verlagert, für uns bedeutsamer ist allerdings
das Randtief, welches laut ICON6_Nest ausgangs der Nacht mit einem Kerndruck von
knapp unter 1002 hPa über dem Ärmelkanal liegen soll. Dem gegenüber simuliert
EZMW (Lauf von 00 UTC) das Randtief mit einem Kerndruck von etwa 1004 hPa, die
Lage ist aber ähnlich. Bei ICON stimmt die Lage mit der des ICON6_Nest überein,
die Lage dagegen mit der des EZMW. Grundsätzlich wird diese Sichtweise auch von
LFPW gestützt, allerdings simuliert dieses Modell keinen abgeschlossenen Kern.
GFS liegt insgesamt nicht weit von den angesprochenen Modellen entfernt.
Aufgrund der angesprochenen vorlaufenden Warmfront dominieren dichte Wolken, so
dass Frost allenfalls im Nordosten oder in hohen Mittelgebirgslagen ein Thema
sein könnte. Dazu passt, dass der Bereich zwischen Schleswig-Holstein und
Ostbrandenburg noch weitgehend von den Niederschlägen ausgespart wird. Dort kann
es mitunter durch Reif glatt werden. Ansonsten sind die von West nach Ost
ausgreifenden Niederschläge zunächst konvektiv durchsetzt und lassen später,
ebenfalls von Westen her, nach. Am Nordostrand des Niederschlags kann teilweise
bis ganz runter Schnee oder Schneeregen fallen, die deutsche Modelkette
simuliert etwa 3 cm Neuschnee bis zum Morgen, etwa in einem Streifen von Hamburg
bis zur Lausitz. Die Schneeanteile sind also nicht groß, es reichen
voraussichtlich Glättewarnungen. Im Bergland liegt die Schneefallgrenze anfangs
bei etwa 800 m, sie steigt bis auf deutlich über 1000 m, so dass zum Morgen
allenfalls noch im den Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge, auf dem Feldberg
im Schwarzwald oder in den Hochlagen der Alpen nasser Schnee fallen kann. Dort
sind bis 5 cm, an den Alpen auch um 10 cm Neuschnee möglich. Lang anhaltend soll
der Regen in den Staulagen Süddeutschlands sein, entsprechende Dauerregen- und
Tauwetterwarnungen (sofern noch genug Schnee liegt, der die Abflussmengen
verstärkt) laufen im Schwarzwald, im Allgäu und werden für Ostbayern erwartet.
Der Wind frischt im Südwesten etwas auf. Im Hochschwarzwald und in den Alpen
sind dann auch Sturmböen auf einigen Gipfeln drin. Aber auch ganz im Norden legt
der Wind zu und an den Küsten sind einzelne 7er Böen in exponierten Lagen zu
erwarten.

Mittwoch ... kräftigen sich das Randtief sowie die mit ihm verbundene Welle.
Gestützt wird diese Entwicklung durch einen markanten Randtrog in 500 hPa, der
über Großbritannien nach Osten schwenkt und am Abend laut ICON
von Schottland aus in Richtung Ijsselmeer weist, was auch der Lösung von EZMW,
GFS oder LFPW entspricht. Der Kern des Tiefs soll zu diesem Zeitpunkt (18 UTC)
laut ICON einen Kerndruck von 994 hPa haben und über dem Ruhrgebiet liegen.
Damit liegt der Wert im Vergleich zum heutigen 00-UTC-Lauf etwa 5 hPa höher,
wobei sich die Zugbahn etwas weiter südlich befindet als im Vorlauf. ICON hat
sich damit dem 00-UTC-Lauf von EZMW angenähert, der aber immer noch etwas weiter
südlich liegt und einen leicht höheren Kerndruck aufweist. Laut 12-UTC-GFS liegt
der Kern mit einem Druck von 996 hPa über dem Münsterland. Bezüglich des
Gradienten ist zu sagen, dass der deutlich höhere Kerndruck in Verbindung mit
einem nur moderat höheren Umgebungsdruck einen deutlich schwächer ausgeprägten
Gradienten ergibt als der 12-UTC-ICON-Vorlauf. Betrug der (beispielhaft
herausgegriffenen) Druckgradient zwischen Saarland und Osnabrück im
ICON-12-UTC-Lauf noch 14 hPa (1005 zu 991), beträgt er jetzt nur noch 11 hPa
(1005 bis 994 hPa). Den Weg eines geringeren Kerndrucks geht aus COSMO-DE, das
im Vergleich zum 03-UTC-Lauf (994 hPa Kerndruck um 12 UTC) jetzt einen Kerndruck
von 999 hPa errechnet. Somit unterscheiden sich die Simulationen der Modelle
jetzt insgesamt nicht mehr so stark wie noch in den Vorläufen.

Recht markant ist der Warmsektor des Tiefs ausgeprägt. Laut ICON soll die 850er
Temperatur am Alpenrand am Abend bei bis zu 5 Grad liegen, dem stehen -5 Grad in
Vorpommern gegenüber. Da die Warmluft aber zögerlich nach Nordosten vorankommt,
steigt dort auch die Schneefallgrenze. Am Nordrand der Niederschläge, etwa von
Schleswig-Holstein bis ins nördliche Brandenburg, kann teilweise Schnee fallen,
der am Vormittag von der Elbemündung bis zur Lausitz vorübergehend zur
Ausbildung einer dünnen Schneedecke führen könnte, die am Nachmittag wieder
verschwindet. Laut ICON soll es am Abend dann allenfalls in Vorpommern noch
Schneeregen oder Schneeschauer geben, allerdings ohne dass der Schnee liegen
bleiben würde.

Mit der Verlagerung des Tiefs nach Nordosten verschärft sich an den Küsten der
Gradient, so dass am Nachmittag laut ICON6_Nest steife Böen oder stürmische Böen
auftreten können. Laut MOSMIX sind auch Sturmböen ein Thema. Wie zu erwarten ist
ICON, ebenso wie beispielsweise GFS, etwas defensiver, wobei die Unterschiede
gering sind. Ebenfalls ein scharfer Gradient wird auf der Rückseite des
Randtiefs errechnet (s.o.). Diesbezüglich gibt GFS am Abend im Südwesten Böen
der Stärke 7 her, bei ICON und den Derivaten geht es bis Bft 8, allerdings auch
aufgrund der detaillierteren Orografie. Laut MOS ist auch Bft 9 drin. Im
Hochschwarzwald können die Böen auch orkanartig werden.

Zusammen mit der Welle und dem Randtief ziehen Regenfälle auf, die sich wieder
in den Norden und Osten ausbreiten. Die vorgelagerten, mit der vorherigen
Warmfront in Verbindung stehenden Niederschläge in den anderen Landeteilen
lassen zuvor zögernd nach. Ganz im Nordosten kommt wiederum nicht viel an. Am
Nordrand der Niederschläge, etwa von Schleswig-Holstein bis ins nördliche
Brandenburg, kann teilweise Schnee fallen, tagsüber ohne Glätte. Ansonsten liegt
in der milden Luftmasse die Schneefallgrenze jenseits von Gut und Böse. An der
auf den Westen übergreifenden Kaltfront sind nachmittags und abends einzelne
Gewitter nicht ausgeschlossen, in denen die Böenaktivität im Vergleich zum
Gradientwind nochmals gesteigert sein dürfte. Möglicherweise entwickelt sich bei
starker Scherung auch eine Schauerlinie mit entsprechend markanter
Windentwicklung.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Tief laut ICON Richtung Odermündung, laut
GFS erreicht es dann den Nordosten Brandenburgs. Es liegt dann in einer zonal
ausgerichteten Tiefdruckrinne, die etwa von der Nordsee Richtung Zentralpolen
weist. Die zugehörige Kaltfront überquert den größten Teil Deutschland rasch
ostwärts, gefolgt von einem Schwall frischer Meereskaltluft. In ihr sinkt die
850 hPa Temperatur auf Werte um -5 Grad (ICON) oder sogar -6 Grad (GFS, EZMW)
und die Schneefallgrenze wieder bis auf 400 bis 600 m. Die postfrontalen Schauer
lassen aber bald nach, so dass im Bergland nicht viel Schnee fallen sollte. An
den Küsten sind weiter stürmische Böen oder Sturmböen aus östlicher Richtung zu
erwarten, in der zweiten Nachthälfte dreht der Wind an der Nordsee zunehmend auf
Nordwest. Dazu verlagert sich das Starkwindfeld nach Nordosten. Zunächst mit
stürmischen Böen oder Sturmböen. Im Verlauf der Nacht lässt der Wind von
Südwesten her, aber auch im Bereich des Starkwindfeldes nach.

Die frontalen Niederschläge ziehen sich in den Norden und zum Alpenrand zurück.
Ganz im Norden, von Schleswig-Holstein bis nach Vorpommern, fällt teilweise
kräftiger Schnee. ICON simuliert gebietsweise markante Mengen, wobei 15 l/qm
Wasseräquivalent bis zu 20 cm Neuschnee bedeuten würden. So viel Neuschnee wird
aber wahrscheinlich nicht liegen bleiben, allerdings simuliert aus GFS in 12
Stunden 10 cm Neuschnee bis zum Morgen. Bei starkem Wind sind auch
Leiterseilschwingungen nicht ausgeschlossen. Auch an den Alpen sinkt die
Schneefallgrenze auf 800 bis 1000m.

Donnerstag ... dreht die Höhenströmung vor einem Trog über Westeuropa auf
südwestliche Richtungen zurück und der Kurzwellentrog zieht nach Norden ab. Das
gleiche dürfte auch der Rinne am Boden wiederfahren. Sie verliert zwar an
Geschwindigkeit, sollte aber spätestens in der Nacht zu Freitag die offene
Ostsee erreichen, und mit ihr das eingebettete Tief. Damit lassen die
Niederschläge dort auch nach, anfangs kann es aber noch schneien. Auch der Wind
dreht von Westen her peu a peu auf westliche Richtungen und flaut dann rasch ab,
was ICON etwa so schnell simuliert wie GFS, aber langsamer als EZMW. Der Wind
kann anfangs im Osten noch kräftiger unterwegs sein mit starken Böen im Tiefland
und letzten Sturmböen auf den Bergen, am Nachmittag sollten warnwürdige Böen
aber nur noch vereinzelt auftreten.

Die Niederschläge im Süden halten bis in die Nacht zu Freitag an, da sich an der
Kaltfront eine neue Welle bildet. Diese soll zwar nach ICON südlich der Alpen
ansetzen, allerdings ist das dortige Aufgleiten auch nördlich der Alpen wirksam
wird. Die Schneefallgrenze liegt dort weiterhin bei etwa 1000 m. Dazwischen
beruhigt sich das Wetter, da sich ein sehr flacher Hochkeil von Atlantik
abschnürt und nach Nordosten wandert. Damit steigen im Süden die 850er
Temperaturen auf über null Grad, im Norden bleiben sie bei -3 bis -6 Grad. In
der Nacht zum Freitag klart es gebietsweise auf und bei Tiefstwerten zwischen +1
und -2 Grad kann es vereinzelt Glätte durch Gefrieren von Restnässe geben,
stellenweise kann sich Nebel bilden.
An den Alpen fällt zeitweise Niederschlag bei langsam steigender
Schneefallgrenze.

Freitag ... gelangt Deutschland vorübergehend in den Einflussbereich eines
Höhenrückens, der sich vorderseitig eines westeuropäischen Höhentroges durch WLA
über Mitteleuropa nordwärts aufwölbt, sich allerdings auch allmählich ostwärts
verlagert. Bereits Samstagfrüh befindet sich das Vorhersagegebiet auf der
Vorderseite des westeuropäischen Troges, der sein Drehzentrum dann zur
südwestlichen Nordsee verlagert, unterhalb einer südlichen Höhenströmung. Im
Bodenfeld gelangt mit einer sich von Frankreich nach Süddeutschland ausweitenden
Tiefdruckrinne vor allem in die Südosthälfte vorübergehend recht milde Luft, an
den Alpen stellt sich nach Lesart des IFS kurzzeitig schwacher Föhn ein
(Temperaturen in 840 hPa bis +9 Grad im östlichen Alpenvorland, dagegen -1 bis
-5 Grad im Norden und Osten). Im Tagesverlauf greifen aber mit der
Tiefdruckrinne bereits zeitweilige leichte Regenfälle auf den Südwesten des
Landes über und weiten sich in der Nacht zum Samstag bis in die Norddeutsche
Tiefebene aus, der Föhn im Südosten bricht wohl spätestens am Abend wieder
zusammen. Schnee fällt wohl nur in den Kammlagen der Mittelgebirge. Im äußersten

Norden und Nordosten bleibt es indes noch trocken.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Modelle haben sich bezüglich ihrer Interpretation der Abläufe der kommenden
Tage deutlich angenähert. Den Kerndruck des Randtiefs und seine Zugbahn trennen
nur noch wenige hPa bzw. "wenige" Kilometer. In der Folge werden auch die
Auswirkungen ähnlich eingeschätzt, sowohl bezüglich des Windes als auch
bezüglich der winterlichen Parameter. Im Detail wurden die Unterschiede im Text
angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas