DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-03-2018 17:30
SXEU31 DWAV 151800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.03.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An der Küste, auf höheren Berggipfeln und anfangs auch auf Alpengipfeln
Sturmböen. Bis weit ins küstennahe Binnenland hinein zeitweise stürmische Böen.

Im Laufe des Freitags Wintereinbruch, in der Mitte einsetzender Schneefall, in
den zentralen und nördlichen Mittelgebirgen mehr als 10 cm Neuschnee innerhalb
von 12 Stunden und zunehmende Gefahr von Verwehungen, im Bergland ab der Nacht
zum Samstag mit Unwettergefahr. Dann auch an der Ostsee einsetzend häufiger
Schneeschauer, wahrscheinlich auch wieder mit Verwehungen. An der Küste und in
höheren Berglagen Sturmböen.
Am Samstag in den mittleren Gebieten und an der Ostsee weiterhin Schneefall oder
Schneeschauer mit Verwehungen, hierdurch vor allem im Bergland Unwettergefahr.
Im Norden und in der Mitte verbreitet stürmische, im Bergland, im küstennahen
Binnenland Sturmböen und in höheren Berglagen sowie an einigen Küstenabschnitten
schwere Sturmböen. An der Küste und in höheren Berglagen weiterhin Verwehungen.
Am Sonntag im Süden und im östlichen Bergland noch Schneefall, wahrscheinlich
aber ohne Verwehungsgefahr. An der Küste und auf höheren Berggipfeln einzelne
stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland noch im Bereich eines Höhenkeils, der von zwei
Seiten "in die Zange" genommen wird. Dies ist einerseits durch einen von
Ostfrankreich auf den Südwesten Deutschlands übergreifenden Kurzwellentrog der
Fall, zum anderen geschieht dies durch einen Trog, ausgefüllt mit hochreichender
arktischer Polarluft, der sich von Karelien ausgehend bis nach Südschweden
ausweitet. Hierdurch erfolgt eine Abschnürung des Keils, die zu einem
abgeschlossenen Hoch über dem Nordmeer führt. Kaltluftadvektion an dessen
Ostflanke lässt ein kräftiges Bodenhoch mit Schwerpunkt über Mittelskandinavien
entstehen. An dessen Südflanke verstärkt sich zunächst im Norden und ausgangs
der Nacht auch in den mittleren Gebieten die Zufuhr arktischer Polarluft in den
bodennahen Schichten, wobei die Luftmasse in einem sehr flachen Winkel
einfließt. Im Zusammenspiel mit dem von Frankreich übergreifenden Trog, der sich
auch im Bodendruckfeld in Form von einer flachen Tiefdruckrinne abbildet, ergibt
sich ein frontogenetisches Szenario, die über der Mitte Deutschlands eine
zusehends markante Luftmassengrenze zur Folge hat. Niederschläge, die in deren
Bereich auftreten, gehen in den mittleren Gebieten allmählich in Schnee über,
wobei im Bergland einige Zentimeter Schnee fallen können. Auf den Westen und
Süden greifen zwar, bedingt durch den o.g., von Westen übergreifenden Trog,
ebenfalls Niederschläge auf, aber dort liegt die Schneefallgrenze noch weit
oberhalb von 1000 Metern.
Nach Nordosten hin klart es dagegen auf, dort ist leichter Frost zu erwarten.
Allerdings sind an der Ostseeküste ein paar Schneeschauer möglich, wobei der
Schnee zunächst wahrscheinlich noch nicht liegen bleibt.
Der Wind weht im Norden und in Teilen der Mitte kräftig aus Ost mit Windböen bis
weit ins küstennahe Binnenland und stürmischen bzw. Böen bis Sturmstärke an der
Küste sowie im höheren Bergland.

Freitag ... weitet sich der nordosteuropäische Trog bis in den Nordosten
Deutschlands aus. Mit diesem Trog dringt arktische Polarluft bis in die
mittleren Gebiete vor, wodurch die dort weiterhin liegende Luftmassengrenze
aktiviert wird. Hierdurch verstärken sich die Schneefälle, wobei in Lagen
unterhalb von etwa 400 Metern anfangs noch Schneeregen fällt. Im Bergland, so
vor allem im Harz und vielleicht auch in den Staulagen des Thüringer Waldes,
können deutlich mehr als 10 cm Neuschnee zusammenkommen. Ansonsten sind in
einem Bereich vom Sauerland bis zum Osterzgebirge, um 5 cm Schnee fallen.
Bedingt durch den kräftigen Wind mit Sturmböen auf höheren Berggipfeln nimmt die
Gefahr von Verwehungen zu.
Im Südwesten und im Süden hält sich noch mildere Luft. Bedingt durch die
Vorderseite des über Westeuropa liegenden Troges ist dort schauerartiger Regen
zu erwarten. Einzelne kurze Gewitter sind wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz
auszuschließen. Die Schneefallgrenze liegt dort nach wie vor weit oberhalb von
1000 Metern.
Nach Nordosten hin sind Auflockerungen und zum Teil auch längere sonnige
Abschnitte zu erwarten. Allerdings dürfte sich an der Ostsee die
Schauertätigkeit (in Form von Schneeschauern) noch etwas verstärken. Sollten
sich Schauerstraßen ausbilden, besteht auch dort die Gefahr von
Schneeverwehungen.
Im Norden sind Wind-, im küstennahen Binnenland stürmische und an der See sowie
auf höheren Berggipfeln Sturmböen zu erwarten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden und Nordosten nur noch 0 bis 3
und in den mittleren Gebieten in tieferen Lagen etwa 4 Grad. Im Westen und Süden
wird es mit 7 bis 13 Grad noch einmal recht mild.
In der Nacht zum Samstag weitet sich der von Nordosteuropa ausgehende Trog bis
in die Nordsee aus. Infolge weiter südlich ansetzender Kaltluftadvektion
verschiebt sich der Schwerpunkt des wetterbestimmenden Bodenhochs nach
Südnorwegen. Dies bringt im Norden und in der Mitte Deutschlands eine weitere
leichte Gradientzunahme mit sich, so dass nach wie vor gebietsweise Windböen, im
Bergland und an der See Sturmböen zu erwarten sind. Da es im Bereich der
Luftmassengrenze weiterhin schneit, muss mit Verwehungen gerechnet werden. In
den Staulagen einiger Mittelgebirge, vor allem am Harz und Thüringer Wald,
können um 10 cm Neuschnee hinzukommen. Da der Schnee zusehends trockener wird,
können diese Verwehungen unwetterartigen Charakter annehmen.
An der Ostsee ist eine rege Schauertätigkeit zu erwarten, so dass dort in
Verbindung mit dem Wind, der in Böen Sturmstärke erreicht, ebenfalls Verwehungen
auftreten können.
Während es im Süden zumindest in tieferen Lagen noch weitgehend frostfrei
bleibt, ist sonst flächendeckend leichter bis mäßiger Frost zu erwarten.

Samstag ... tropft der über der Nordsee liegende Trog aus. Das Cut-Off-Tief, das
ein Kaltlufttropfen ist, wird mit der bodennahen östlichen Strömung rasch zu den
Britischen Inseln gesteuert. Der Resttrog verbleibt noch über dem äußersten
Norden Deutschlands, ist aber nicht mehr in der Lage, synoptische Antriebe zu
generieren.
An der Südflanke des sich von Südnorwegen allmählich in die nördliche Nordsee
verlagernden Bodenhochs wird weiterhin arktische Polarluft in den Norden und in
die Mitte Deutschlands geführt. Kaltluftadvektion in den bodennahen Schichten
sorgt für Druckanstieg, so dass sich auch in den südlichen Teilen Deutschlands
eine östliche bodennahe Windkomponente einstellt und ein Temperaturrückgang
einsetzt. Wahrscheinlich werden bis zum Abend auch dort die Niederschläge
zusehends in Schnee übergehen. Zuvor sind dort noch einmal Höchstwerte zwischen
1 und 6 Grad zu erwarten.
Die Windentwicklung an der Südflanke des Bodenhochs dürfte im Tagesverlauf ihren
Höhepunkt erreichen. Im Nordwesten und Norden sowie in weiten Teilen
Mitteldeutschlands sind Wind- und stürmische Böen, bis ins küstennahe Binnenland
hinein Sturmböen und an der See sowie auf höheren Berggipfeln schwere Sturmböen
zu erwarten. Im Südwesten und im Süden bleiben hingegen warnrelevante Böen (auf
exponierten Berggipfeln bis hin zu stürmische Böen) weitgehend auf das Bergland
beschränkt.
Mit den im Bereich der o.g. Luftmassengrenze weiterhin zu erwartenden
Schneefällen, die noch einmal einige bis etwa 5, in Staulagen auch bis 10 cm
Neuschnee bringen können, besteht die Gefahr von starken Verwehungen, wobei auch
unwetterartige Auswirkungen vorstellbar sind. Da bei Tageshöchsttemperaturen,
die im Bereich leichten und im Bergland mäßigen Frostes liegen, ist der Schnee
locker, trocken und verweht leicht. Selbiges trifft für die Ostseeküste zu, wo
eine rege Schauertätigkeit zu erwarten ist. Allerdings sollten dort die
Auswirkungen nicht mehr ganz so heftig sein wie Ende Februar. Mittlerweile hat
sich die Ostsee noch etwas abgekühlt und auch die untere Troposphäre ist nicht
ganz so kalt, kurz gesagt, die Labilisierung erfolgt nicht im dem Maße wie bei
dem Wintereinbruch Ende Februar.
In der Nacht zum Sonntag verbleibt Deutschland im Einflussbereich eines
Höhentiefkomplexes, der nicht in der Lage ist, nennenswerte synoptische Antriebe
zu generieren. Hierdurch verliert die anfangs noch etwa über der Mitte
Deutschlands liegende Luftmassengrenze an Aktivität bzw. das, was davon übrig
ist, wird nach Süden gedrückt. Allerdings sind dort weiterhin einige, in einigen
Regionen durchaus auch um 5 cm Neuschnee zu erwarten. Da sich an der
einfließenden Luftmasse nicht allzu viel ändert, dürfte an der Ostseeküste die
Schauertätigkeit andauern. Da aber generell der Gradient etwas
auseinandergezogen wird, sind stürmische Böen bzw. Sturmböen auf die Küste und
das Bergland sowie deren exponierte Lagen beschränkt. Einzelne Windböen können
aber auch im Norden und in den mittleren Gebieten in tieferen Lagen noch
auftreten. Die Wahrscheinlichkeit wird hierfür jedoch zusehends geringer. Die
Gefahr von Verwehungen dürfte dann auf das Bergland und Teile der Ostseeküste
beschränkt bleiben. Wahrscheinlich weisen diese Verwehungen dann keinen
Unwettercharakter mehr auf.
Nahezu flächendeckend ist mäßiger, vor allem im nördlichen und östlichen
Bergland auch strenger Frost zu erwarten. Lediglich in den tieferen Lagen West-
und Süddeutschlands sowie unmittelbar an der See kühlt sich die Luft in den
Bereich leichten Frostes ab.

Sonntag ... liegt Deutschland an der Südflanke einer Hochbrücke, die von einem
Hoch nördlich von Schottland (das durch ein relativ genau darüber liegendes
Höhenhoch gestützt wird) ausgehend bis nach Russland in das Wolga-Don-Gebiet
reicht. An dessen Südflanke dauert die Zufuhr arktischer Polarluft an, wobei der
Gradient sich aber weiter abschwächt. Dies ist zum einen durch einen
allmählichen Abbau der Hochbrücke bedingt, zum anderen ist eine regen
Tiefdrucktätigkeit erst über Süd- und Südosteuropa zu finden. Allerdings kommt
der Tagesgang ins Spiel, so dass im Norden und in der Mitte erneut Windböen
aufkommen. An der Küste und im Bergland sind noch einmal stürmische Böen, auf
exponierten Gipfeln Sturmböen zu erwarten. Bis zum Abend flaut der Wind jedoch
ab, so dass dann warnrelevante Böen auf einige Küstenabschnitte und auf höhere
Berggipfel beschränkt bleiben. Da die Schneefälle, abgesehen vom Südwesten und
vom Süden Deutschlands, allmählich nachlassen, sollte dann die Gefahr von
Verwehungen nicht mehr gegeben sein. Und selbst dort, wo die Schneefälle noch
andauern, ist der Wind vergleichsweise schwach, so dass der Schnee nicht mehr
verweht wird. Auch an der Ostseeküste sollte die Schauertätigkeit weitgehend zum
Erliegen kommen.
Im Norden und in den mittleren Gebieten, die vom Absinken im Randbereich des
o.g. Hochs profitieren, sind längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Nach
Südwesten und Süden hin hält sich jedoch mehrschichtige und meist geschlossene
Bewölkung. Während im Norden und in Rheinnähe Höchstwerte zwischen 0 und 3 Grad
zu erwarten sind, herrscht ansonsten auch tagsüber meist leichter, im östlichen
Bergland auch mäßiger Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die verfügbaren Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Probabilistische Verfahren stützen weitgehend die obigen Ausführungen. Demnach
wären in Teilen Mitteldeutschlands bis Samstagabend akkumuliert 15 bis über 20,
im Harz und Thüringer Wald auch mehr al 30 cm Schnee vorstellbar. In Verbindung
mit der oben beschriebenen Windentwicklung wären dann starke, d.h.
unwetterartige Schneeverwehungen zu erwarten. Der meiste Schnee dürfte bereits
im Laufe des Freitags fallen, allerdings liefert der Wind erst am Samstag zu den
Verwehungen den entscheidenden Beitrag.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann