DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-05-2016 09:00
SXEU31 DWAV 250800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 25.05.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HNFz (Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal)

Heute im NO einzelne Gewitter. Ab Donnerstag von SW her zunehmende
Gewitterneigung, dabei vor allem Gefahr von Starkregen. Lokale UNWETTER möglich.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland in einem gesamttroposphärisch
gradientschwachen Bereich, der in der Höhe von einem dünnen Rücken geprägt ist.
Dieser Rücken trennt einen zonal orientierten Trog über dem nahen Ostatlantik
respektive Westeuropa von einem meridional exponierten Höhentiefkomplex über dem
nahen Osteuropa bzw. dem westlichen Schwarzmeerbereich. Aufgrund der geringen
Strömungsgeschwindigkeit finden keine nennenswerten Advektionsprozesse statt, so
dass die Dynamik auf Sparflamme kocht. Insgesamt ist aber leichtes Absinken
wirksam, was aber nicht ausreicht, die untere und mittlere Troposphäre
nachhaltig abzutrocknen. So bleibt es auch heute in weiten Teilen des Landes
stark bewölkt oder bedeckt; die größten Chancen auf Sonnenschein gibt es im
äußersten NO (vor allem Vorpommern), aber auch von den Alpen und der Schweiz her
lockert die Wolkendecke auf.
Auf der Bodenwetterkarte überdeckt ein schwacher Hochkeil einen Großteil des
Landes, während man im äußersten N und NO noch immer Reste der seit Tagen
existenten Tiefdruckrinne findet. Die darin eingebettete Luftmassengrenze zeigt
heute tagsüber vergleichsweise nur noch wenig Wetterwirksamkeit, weil sich die
thermischen Gegensätze zwischen der sich erwärmenden alternden maritimen
Polarluft im größten Teil Deutschlands und der mittlerweile etwas abgekühlten
und längst nicht mehr so labil geschichteten Subtropikluft im NO zusehends
abbauen und außerdem die dynamische Unterstützung aus der Höhe fehlt. Trotzdem,
ein gewisses Quantum an Aktivität ist im Bereich der Luftmassengrenze dennoch
gegeben, wie man bereits heute früh erkennen konnte (vereinzeltes Gewitter
nördlich Berlins). So wird es im N und NO zum Nachmittag hin den einen oder
anderen Schauer und vielleicht auch ein Gewitter geben, allerdings sind die
apostrophierten CAPE-Werte nicht besonders hoch und zudem auch noch gedeckelt.
Sollte ein Gewitter entstehen, dann besteht aufgrund der geringen
Strömungsgeschwindigkeit und PPWs um oder etwas über 25 mm am ehesten die Gefahr
von Starkregen.
In den übrigen Gebieten bleibt es häufig trocken, einzig über dem Bergland
können sich vereinzelte Schauer bilden. Und da im Süden etwas CAPE im Spiel ist,
gilt es Richtung Alpen und über dem Böhmerwald die Augen offen zu halten
hinsichtlich möglicher Gewitter, die zwar nicht besonders wahrscheinlich, aber
auch nicht ausgeschlossen sind. Die Temperatur erreicht im äußersten NO
Höchstwerte von 20 bis 25°C, sonst 14 bis 20°C, im S und SW mit Sonne örtlich
auch etwas darüber.

In der Nacht zum Donnerstag (Fronleichnam) schwächt sich der Höhenrücken bereits
wieder ab bzw. wie nach Osten abgedrängt. Damit wird der Platz frei für den o.e.
zonalen Trog, dessen östliches Ende sich in den W des Landes vorschiebt. Trotz
nach wie vor schwacher Höhenwinde scheint der Trog die im Norden liegende
Luftmassengrenze etwas zu aktivieren, was sich in schauerartigen Regenfällen
insbesondere an und auf der Nordsee, aber auch im Binnenland (grob gesprochen
die Elbe entlang incl. das nahe Umland) äußert.
Ansonsten lockert die Wolkendecke von S und SW her teilweise auf, örtlich bildet
sich Nebel.

Donnerstag... weitet sich der Höhentrog noch etwas nach Osten aus, wobei die
Zonalachse über Norddeutschland verläuft. Seine Vorderseite interagiert
weiterhin mit der o.e. Luftmassengrenze, die dabei ein wenig nach Norden
"gedrückt" wird. In ihrem Bereich kommt es überwiegend nordöstlich der Elbe auf
einen relativ schmalen Streifen fokussiert zu teils schauerartig verstärkten
Regenfällen der Größenordnung 1 bis 7, laut COSMO-EU teils um 10 mm innert 12 h.
Da am Südrand des Regenstreifens die Luftmasse wieder potenziell instabiler wird
(ML-CAPE bei Berlin und an der Neiße um 500 J/kg), sind dort am Nachmittag - vor
allem, wenn es noch etwas einstrahlt - einzelne Gewitter mit Starkregen (PPW
25-30 mm) und kleinkörnigem Hagel nicht ausgeschlossen.
Der Großteil des Vorhersageraums liegt morgen südlich der Trogachse unter einer
west-südwestlichen Höhenströmung, mit der allmählich labil geschichtete
Subtropikluft advehiert wird. Leichter Druckfall sorgt zudem über Frankreich für
die Ausbildung einer schwachen Tiefdruckrinne, die bis nach Süddeutschland
hineinreicht. Die ML-CAPE-Werte steigen besonders in der Südhälfte auf bis zu
500 J/kg, hier und da auch etwas darüber, während sie im Mittelgebirgsraum nicht
ganz so hoch sind. Mit Erreichen der Auslösetemperatur (20 bis 26°C), noch
stärker aber mit Hilfe der Orografie kommt es zur Auslöse konvektiver
Umlagerungen in Form von Schauern und Gewittern, die aufgrund der geringen
Scherung weitgehend unorganisiert auftreten dürften. Als begleitender Parameter
steht aufgrund der ausgeprägten Unbeweglichkeit der Zellen Starkregen (PPW meist
20 bis 25 mm) ganz oben auf dem Zettel, gefolgt von kleinkörnigem Hagel.
Sturmböen dagegen sind eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht gänzlich
ausgeschlossen. Sollte sich tatsächlich eine Gewitterzelle längere Zeit vor Ort
halten (bevor es sich durch den Niederschlag selbst kaputtmacht), sind sogar
vereinzelte Unwetter möglich; 25 mm binnen einer Stunde sind jedenfalls schnell
erreicht. Die Positionierung möglicher Gewitter ist aus heutiger Sicht freilich
noch sehr schwer, es zeichnet sich aber ein Schwerpunkt in den südwestlichen
Landesteilen ab, während das südöstliche Bayern von leicht föhnigen Tendenzen
profitieren könnte.
Die Temperatur steigt verbreitet auf 20 bis 25°C, lediglich im Norden, wo mit
nördlicher bis nordöstlicher Grundströmung kühlere Luft einsickert und es durch
den Regen zumindest gebietsweise diabatisch abkühlt, reicht es nur zu 13 bis
18°C.

In der Nacht zum Freitag lässt die Gewittertätigkeit nach, es kommt gebietsweise
aber noch zu schauerartigen Regenfällen. Örtlich bildet sich Nebel.

Freitag... verbleibt Deutschland unterhalb einer eher schwachen südwestlichen
Höhenströmung, während sich im Bodendruckfeld keine klaren Konturen abzeichnen,
so dass das Ganze allmählich gen "Gewittersumpf" konvergiert. Norddeutschland
liegt dabei am Rande einer von UK bis zur Barentssee verlaufenden Hochdruckzone,
an deren Südflanke von NO her kühlere und stabile einsickert. Bei 17 bis 21°C
und zeitweiligem Sonnenschein bleibt es weitgehend trocken.
Ansonsten entwickeln sich in der nicht hochgradig labilen, aber doch weiterhin
instabil geschichteten Warmluft (ML-CAPE teils über 500 J/kg) mit Erreichen der
Auslösetemperatur (20 bis 24°C) sowie verstärkt über dem Bergland zahlreiche
Schauer und Gewitter. Mangels Scherung handelt es sich meist um Einzel- oder
Multizellen, die aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit vor allem mit
Starkregen, teils aber auch mit Hagel einhergehen. Da der Feuchtigkeitsgehalt
der Luftmasse gegenüber dem Vortag zunimmt (PPW im Süden teils über 30 mm),
nimmt auch die Wahrscheinlichkeit lokaler Unwetter durch Starkregen gegenüber
Donnerstag zu.

Modellvergleich und -einschätzung
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An der grundsätzlichen Ausrichtung der Großwetterlage hegen die Modelle keine
Zweifel. Position und Intensität möglicher Gewitter können in der Regel erst in
situ bewertet und entsprechend abgewarnt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann