DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-05-2016 21:00
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.05.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs im Nordosten kräftige Gewitter. Mittwoch vorübergehend ruhiger, ab
Donnerstag wieder zunehmende Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... haben sich entlang einer Konvergenzlinie, die in eine flache
Tiefdruckrinne eingebettet ist, über Polen und dem Nordosten des Landes Schauer
und Gewitter (lokal auch Unwetter) entwickelt. In feuchter Luft mit PPW oberhalb
von 25 mm und instabiler Luft, CAPE KKN über 1000 J/kg sind diese teilweise
kräftig und begleitet von Starkregen und Hagel. Dagegen spielt die
Windentwicklung bei schwacher Oberströmung und fehlender Scherung eine
untergeordnete Rolle. Mangels dynamischer Antriebe fallen die Gewitter nachts
wieder ins sich zusammen, auch wenn dies noch eine Weile dauern kann und
gebietsweise schauerartiger Regen übrigbleibt.
Die Gewitter über Böhmen können anfangs auch noch die grenznahen Bereiche
Sachsens und Bayerns erfassen.
Die anderen Gebiete liegen im Bereich einer flachen Hochdruckzone, die sich
ausgehend von einem Hoch nördlich Schottlands über den Westen und Süden
Deutschlands erstreckt. Dabei steht dem schwachen West- bis Nordwestwind am
Boden in der Höhe anfangs noch eine östliche Strömung gegenüber, die aber immer
schwächer wird. Entsprechendes gilt auch für die Scherung, so dass auch die
Hebungsvorgänge weiter nachlassen.
Etwas Regen fällt vor allem im Westen und im Südosten, warnwürdig sind diese
Niederschläge aber nicht.
Sollte die Bewölkung für längere Zeit auflockern, was von einigen Modellen für
den Westen und die Mitte ins Spiel gebracht wird, bildet sich auch Nebel. In den
meisten Gebieten dürfte es aber bei der starken Bewölkung bleiben.

Mittwoch ... stellt sich in der Höhe und am Boden eine gradientschwache
Situation mit einem schwachen Rücken über dem Vorhersageraum ein, der einen
zonal orientierten Trog über dem nahen Ostatlantik und Westeuropa von einem
meridional exponierten Trog bzw. Höhentiefkomplex über dem nahen Osteuropa
trennt. Im Bodendruckfeld steigt der Luftdruck leicht an, wodurch sich der o.e.
Keil von Süddeutschland her etwas nach Norden ausweitet.
Ganz im Norden und im Nordosten aber halten sich noch immer Reste der vormaligen
Tiefdruckrinne. Dabei lässt sich in den thermischen Prognosefeldern weiterhin
eine Luftmassengrenze finden, allerdings werden die thermischen Gegensätze
geringer.

Wettertechnisch verläuft der Tag eher unspektakulär. Im Nordosten, wo die
Luftmasse nach wie vor am feuchtesten und labilsten ist (CAPE wird allerdings
zunehmend gedeckelt), können sich einzelne Gewitter entwickeln. Da die
Auslösetemperatur von rund 27°C kaum erreicht wird und dynamische Impulse
fehlen, müssen die konfluenten Windstrukturen in der untersten Troposphäre als
Trigger herhalten. Unter dem Strich sollten aber nicht mehr als ein paar
Einzelzellen herauskommen, die maximal in den markanten Bereich (Starkregen)
gehen. Ansonsten bleibt es in weiten Teilen des Vorhersageraums trocken, am
ehesten entwickeln sich über dem zentralen und dem westlichen Mittelgebirgsraum
einige Schauer. Im Nordwesten fällt vorderseitig des Troges ab und zu leichter
Regen.

In der Nacht zum Donnerstag schwächt sich der schwach ausgeprägte Höhenrücken
wieder ab und von Westen her "bohrt" sich die Spitze des o.e. zonalen Troges bis
nach Deutschland vor. Dabei werden im Norden leichte Hebungsimpulse ausgelöst
bzw. die dort liegende Luftmassengrenze aktiviert, was dort gebietsweise
schauerartigen Regen, vereinzelt auch Gewitter zur Folge hat.
Ansonsten klart es teilweise auf und es bilden sich einige dichte Nebelfelder.

Donnerstag ... weitet sich der Höhentrog noch etwas nach Osten aus, wobei die
Strömungsverhältnisse schwach bleiben. Stärkere Advektionsprozesse sind damit
Fehlanzeige. Auch bodennah stellt sich eine schwachgradientige Situation ein,
wobei die thermischen Gegensätze weiter abnehmen, weil sich die alternde polare
Meeresluft durch Einstrahlung weiter erwärmt, während sich die Subtropikluft
abgekühlt hat bzw. verdrängt wurde. Mit Ausnahme des äußersten Nordens, wo von
NO her etwas kühlere und stabilere Luft einsickert, steigt die Temperatur
verbreitet auf 20 bis 25°C.

Dabei nimmt die Labilität allgemein zu, am Nachmittag reicht das ML-CAPE
vielerorts bis zu 500 J/kg, lokal etwas darüber. Mit Erreichen der
Auslösetemperatur (liegt bei 22 bis 26°C), über dem Bergland z.T. schon vorher,
kommt es zur Auslöse von Schauern und Gewittern. Da die Scherung gering bleibt,
stehen vornehmlich nicht organisierte Zellen auf dem Zettel, die bis in den
markanten Bereich gehen (vor allem Starkregen, aber auch Hagel, weniger Sturm).
Ob es auch schon wieder für lokale Unwetter reicht, ist aus numerischer
Perspektive nicht gerade wahrscheinlich. Allerdings lehrt uns sie Praxis etwas
anderes, gerade, wenn quasistationäre Gewitterzellen sich vor Ort ausregnen.

Als Schwerpunkte der Gewitteraktivität könnten sich einerseits der Nordosten
herauskristallisieren, wo die Reste der gealterten Warmluft auf die
Trogvorderseite gelangen, andererseits dringt von Südwesten wieder eine wärmere
Luftmasse ein, in der es dort häufiger zu Gewittern kommen kann.

In der Nacht zum Freitag lassen die Schauer und Gewitter zögernd nach bzw. gehen
in schauerartige Regenfälle über, die aber keine größeren Intensitäten mehr
erreichen dürften. Vor allem über der Mitte und nach Norden hin klart es auf,
vereinzelt kann sich Nebel bilden.

Freitag ... liegen wir am Rand eines Troges, der sich vom Seegebiet westlich der
Iberischen Halbinsel bis Südskandinavien erstreckt, in einer schwachen
südwestlichen bis westlichen Höhenströmung. Davon gehen weiterhin keine größeren
Hebungsantriebe aus.
Im Bereich einer flachen Tiefdruckrinne gelangt dabei feuchte und mäßig warme
Luft in die Mitte und den Süden, die zudem instabil geschichtet ist. CAPE steigt
im Tagesverlauf wieder auf lokal mehr als 500 J/kg, so dass es nach Erreichen
der Auslösetemperatur (20 bis 23 Grad) wieder häufiger zu Schauern und Gewittern
kommt.

Mangels Scherung entwickeln sich meist Einzel- oder Multizellen, die aber
durchaus Starkregen und Hagel bringen können. Meist im markanten, vereinzelt
auch im Unwetterbereich, vor allem durch Starkregen.

In den Norden fließt am Rand des Hochs über Nordeuropa eine trockenere und
stabiler geschichtete Luftmasse ein, in der sich keine Gewitter entwickeln. Wo
die Grenze zwischen der gewitterträchtigen Luftmasse und der stabileren Luft
liegt, ist noch offen. ICON simuliert große Teile Norddeutschlands trocken, GFS
nur den äußersten Norden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptischen Strukturen werden von allen Modellen ähnlich berechnet. Die
konvektiven Elemente sind ohnehin nur im Nowcasting in den Griff zu bekommen. Im
Vorfeld ist lediglich eine Schwerpunktsetzung sinnvoll.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner