DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-03-2018 09:30
SXEU31 DWAV 020800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.03.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Immer noch HNFz (Hoch Nordmeer Fennoskandien zyklonal), allmählich
absterbend

Im Norden nachlassende Schneeschauer, dafür von SW her leichter Schneefall, bis
zur Mitte vorankommend. Im Osten und Nordosten kommende Nacht noch mal strenger
Frost.
Im Laufe des Wochenendes weitere Milderung bzw. Frostabschwächung, dabei von SW
her leichte Niederschläge mit der örtlichen Gefahr von gefrierendem Regen mit
Glatteis. Sehr wahrscheinlich keine überregionale Glatteislage.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein Minimum über dem nahen
Ostatlantik und über Weißrussland, von dem aus ein Ausläufer (im Grunde ein
Kaltlufttropfen) bis nach NW-Polen reicht. Dieses kleine Höhentief sollte nach
der gestrigen ICON-Version von 00 UTC nach Norddeutschland ziehen und dort das
gesamte Wochenende verbringen. Inzwischen hat das Tief aber seine Reisepläne
geändert und beschlossen, sich aufzulösen - auch ´ne Maßnahme. Offensichtlich
ist der kleine aber robuste Höhenrücken, der die beiden Potenzialminima
voneinander trennt und der von der Adria über Süd- und Westdeutschland bis zur
südwestlichen Nordsee reicht, resistent genug, die Attacke des KLTs zu parieren.
Was er aber nicht verhindern kann ist die Tatsache, dass ein langgezogener, vom
westlichen Drehzentrum ausgehender Randtrog über Frankreich langsam nordostwärts
schwenkt. Dabei tropft er in seinem Südostteil über dem Ligurischen Meer ab, was
für uns aber nur informelle Bedeutung hat. Viel wichtiger ist, dass die
vorderseitige PVA des Troges mit dem okkludierenden Frontensystem eines von der
Biscaya zum Westausgang des Ärmelkanals ziehenden Tiefs interagiert und die
resultierenden Hebungsprozesse im Tagesverlauf auf Südwestdeutschland
übergreifen.
Zuvor liegen wir aber nach wie vor in einer bodennahen östlichen Anströmung,
auch wenn das Hoch über Nordeuropa merklich schwächelt und von etwas über 1035
hPa vergangene Nacht 00 UTC auf rund 1020 hPa zum Tagesende zusammensackt. Da
sich gleichzeitig auch das besagte Tief auffüllt, fächert der Gradient bis heute
Abend immer weiter auf, was dem Ostwind nicht gerade zuträglich ist. Oder anders
ausgedrückt, vor allem am Vormittag ist er in Teilen West- und
Nordwestdeutschlands sowie der Mitte noch so flott unterwegs, dass er besonders
in freien Lagen in Böen Stärke 7 Bft, an der Nordsee sowie in einigen Hochlagen
8 Bft erreicht. Am Nachmittag und Abend nimmt er dann insbesondere im Binnenland
immer mehr ab, während er an der See noch frisch mit Böen 7 Bft (an der Ostsee
deutet sich am Nachmittag sogar eine Windzunahme an).
Apropos Ostsee, auch heute ziehen immer noch ein paar Schneeschauer in den
Norden SHs bzw. tangieren die Küste MVs und SHs. Die Intensität nimmt aber immer
weiter ab und ist nicht mehr vergleichbar mit der der vergangenen Tage, was auch
einen Grund hat. Niedertroposphärisch beginnt sich die Luftmasse zu erwärmen
(T850 von rund -14°C heute früh auf rund -10°C heute Abend), was natürlich eine
Stabilisierung der Luftmasse zur Folge hat. Kurzum, wesentlich mehr als 5 cm
(und das auch nur lokal) werden heute wohl nicht mehr dazukommen, allerdings
besteht weiterhin die Gefahr von Schneeverwehungen, auch dort, wo es gar nicht
mehr schneit.
Ansonsten scheint in weiten Teilen der Nordhälfte die Sonne von einem
wolkenlosen oder nur locker bewölkten Himmel, während nach Süden zwar auch
sonnige Abschnitte am Start sind, von Südwesten her die Bewölkung aber
tendenziell dichter wird - womit wir wieder bei der schon erwähnten Okklusion
bzw. Trogvorderseite wären. Bereits aktuell erkennt man über Frankreich
veritable Radarechos, die auf reges Niederschlagsgeschehen hindeuten. Einzelne
Echos streifen in abgeschwächter Form den SW unseres Landes, was lokal zu
leichtem Regen oder Nieselregen mit Glatteis führt. Mehr als markante Warnungen
sollten heute Morgen aber nicht erforderlich sein. Interessant in diesem
Zusammenhang ist die thermische Konstellation in der unteren Troposphäre.
Während nämlich bodennah noch leichter bis mäßiger Frost herrscht, hat sich
oberhalb etwa 900 hPa eine "warme Nase" gebildet, was in (gemessenen)
850-hPa-Temperaturen von 2 bis 6°C plus eindrucksvoll verdeutlich wird
(Feldberg/Schwarzwald heute früh +2°C, Buchenbach am Fuße desselbigen -5°C). Im
weiteren Verlauf des Tages holt sich die "warme Nase" dann aber eine "blutige
Nase" (okay, okay, jetzt nicht zu sehr ins Blödeldeutsch abgleiten), sprich, die
Warmluft wird durch den fortschreitenden Okklusionsprozess sowie Hebungs- und
Verdunstungsabkühlung (fallende Niederschläge in relativ trockene Luft) gänzlich
getilgt, so dass T850 bis zum Abend auf etwa -1 bis -5°C zurückgeht. Dieser
Prozess ist deswegen so wichtig, garantiert er uns doch, dass die am Nachmittag
und Abend von Frankreich und der Schweiz her auf den SW übergreifenden
Niederschläge im Wesentlichen als Schnee fallen. Nur anfangs kann sehr lokal und
auch nur kurzzeitig gefrierender Regen dabei sein. Das Schneefallgebiet erreicht
bis zum Abend etwa eine Linie Eifel-westlicher Alpenrand. Südwestlich davon kann
sich eine dünne Schneedecke bilden, z.T. bleibt der Schnee bei positiven
Belagstemperaturen aber auch nicht liegen. Am meisten Schnee dürfte im südlichen
Schwarzwald fallen, wo durchaus 5 bis 10 cm zusammenkommen können.
Während die Temperatur im Süden und Westen gebietsweise in den leichten
Plusbereich steigt, hält sich sonst leichter bis mäßiger Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag kommt das Schneefallgebiet unter Abschwächung noch
etwas nach Nordosten voran, bis zum frühen Morgen wird etwa eine Linie
Münsterland-Rhön-Oberfranken anvisiert. Dabei kann 1 bis 5 cm Neuschnee fallen,
nach Norden und Osten hin wird es durch das Entrainment trockener Luft von Osten
her z.T. aber nur noch ein paar marginale Flocken geben. Und auch im Südwesten
lässt der Niederschlag bereits in den Abendstunden wieder nach. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass am hinteren Rand des Schneefallgebietes vereinzelt etwas
Regen oder Nieselregen fällt (leichte niedertroposphärische Erwärmung), der
dort, wo noch Frost im Boden steckt, gefrieren kann. Wie gesagt, noch viel
"Wenn" und Konjunktiv, aber eben nicht ausgeschlossen. Grundsätzlich muss aber
dort, wo Niederschlag gefallen ist und sich keine Schneedecke gebildet hat, mit
gefrierender Nässe gerechnet werden. Hinzu kommt im SW durch die Anfeuchtung der
Luftmasse die Gefahr einzelner Nebelfelder.
Im N und O bleibt die Nacht vielerorts klar, anfängliche Schneeschauer im
Ostseeumfeld und im nördlichen SH werden immer weniger. Frost gibt es einmal
mehr im ganzen Land, im S und W meist leichter Art, sonst überwiegend mäßig oder
streng (letzteres besonders im O und NO).

Samstag... steilt der Höhenrücken seine Achse etwas auf und verlagert diese
leicht ostwärts, so dass der gesamte Vorhersageraum vom Rücken überdeckt wird.
Bodennah bleibt uns auch morgen die östliche Grundströmung zwischen dem immer
noch existenten Hoch im Norden und einem Doppeltief süd-südwestlich von Irland
erhalten. Allerdings fächert der Gradient weiter auf, so dass der Wind zumindest
aus warntechnischer Perspektive kaum noch eine Rolle spielt. Am beweglichsten
ist der Wind noch an und auf der Ostsee, wo Böen der Stärke 7 bis 8 Bft,
vereinzelt (am ehesten Helgoland) 9 Bft auftreten.
Ansonsten verläuft der Tag zunächst relativ unspektakulär mit recht viel
Sonnenschein im Norden und unterschiedlich dichter Bewölkung sonst. Das
Schneefallgebiet löst sich - sofern es nicht schon am frühen Morgen geschehen
ist - rasch auf. Interessant wird es dann wieder in der zweiten Tageshälfte im
SW, der allmählich auf die Vorderseite eines breiten Troges über dem Ostatlantik
gelangt. Zudem greift ein Bodentrog mit einer nachfolgenden Okklusion (mit
Warmfrontcharakter) von Frankreich und der Schweiz her über, der für
einsetzenden leichten Niederschlag sorgt. Dabei sind aus heutiger Sicht alle
Phasen denkbar, wobei in tiefen Lagen Regen überwiegen dürfte. Tendenziell
steigt die Schneefallgrenze auf 1000 m oder etwas darüber an. Dort, wo sich
tagsüber Kaltluftreste halten bzw. noch Frost im Boden steckt, besteht die
Gefahr von Glatteis. Eine genaue räumliche Differenzierung, wo was fällt, ist
aus heutiger Sicht aber nicht belastbar aufzudröseln, hängt doch Vieles vom
Tagesgang insbesondere der Temperatur, aber auch von der Niederschlagsintensität
ab. Eine überregionale Glatteislage ist aber auch aufgrund der günstigen
Tageszeit nicht zu erwarten.
Die Temperatur verharrt in der NO-Hälfte verbreitet im leichten Frostbereich,
sonst dauert der Aufwärtstrend an mit +1 bis +6°C, am und um den Rhein herum
sowie an den Alpen örtlich sogar etwas darüber.

In der Nacht zum Sonntag verlagern sich Okklusion und Niederschlag aus dem SW
langsam nordostwärts, wobei er mehr und mehr zerfleddert. Genau dieser
Tatbestand macht es auch schwierig, eine genaue Grenze anzugeben, bis wohin der
Niederschlag vorankommt. Auch wenn GFS eine recht forsche Gangart an den Tag
legt, kann man doch guten Gewissens davon ausgehen, dass weite Teile Nord- und
Ostdeutschlands weitgehend niederschlagsfrei bleiben.
Dort, wo tatsächlich Niederschlag fällt, nimmt die Wahrscheinlichkeit
gefrierenden Regens/Nieselregens gegenüber dem Tag zu, weil niedertroposphärisch
wieder mildere Luft ins Spiel kommt, bodennah z.T. aber noch negative
Temperaturen vorherrschen. Gebietsweise ist aber auch leichter Schneefall
möglich, so dass es letztlich - wie so oft bei heterogenen Niederschlagsfeldern
geringer Intensität und diffiziler thermischer Schichtung - auf
In-situ-Warnungen herausläuft. Im W/SW bleibt es gebietsweise frostfrei, sonst
steht leichter, im O/NO auch mäßiger Frost auf der Karte.

Sonntag... verlagert sich der Höhenrücken nach Osten und wir gelangen unter eine
südwestliche Höhenströmung, die zunächst zyklonal, später zunehmend antizyklonal
konturiert ist. Eines der zahlreichen Bodentiefs im Westen Europas zieht zum
Ärmelkanal, wodurch die o.e. Okklusion noch etwas Boden nach NO hin gut macht.
Die zugehörigen Niederschläge allerdings sollen sich abschwächen bzw. ganz
aufhören, dafür sollen sich im W und SW einige Regenschauer bilden (etwas
höhenkalte Luft mit bis zu -30°C in 500 hPa). Grundsätzlich lässt sich aber
sagen, dass die Niederschlagsprognose für den Sonntag noch unsicher ist und von
den Modellen unterschiedlich abgehandelt wird.
Einigkeit herrscht dahingehend, dass die Grundströmung nach rechts auf SO bis S
dreht, wodurch der Milderungsprozess respektive die Frostabschwächung weitere
Fortschritte macht. Bis zum Abend steigt die 850-hPa-Temperatur auf +5°C am
Alpenrand und -3°C im Norden SHs, was nicht ohne Folgen auf die 2m-Temperatur
bleibt. So werden von MOS-Mix - man mag es heute kaum glauben - für den S und W
gebietsweise zweistellige Plusgrade als Tageshöchstwert vorhergesagt, vereinzelt
taucht im SW eine +13°C! auf. Vielleicht mag diese Zahl etwas zu hoch gegriffen
sein, eine Erwärmung auf 5 bis 11°C/12°C scheint in weiten Teilen des Landes
aber realistisch zu sein. Als deutlich bockiger entpuppen sich der N und O, wo
sich die Kaltluft nicht so einfach ergeben möchte. In Teilen SHs und MVs reicht
es sogar nochmalig für einen Eistag, sonst stehen 0 bis +6°C auf dem Programm,
was natürlich wärmer ist als die Tage zuvor, von Frühling aber noch um einiges
entfernt ist.
Der Wind erreicht an und auf der Nordsee sowie an der Ostseeküste SHs Böen 7
Bft, vereinzelt 8 Bft. Auch in einigen exponierten Kammlagen der Mittelgebirge
sind stürmische Böen 8 Bft möglich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der begonnenen Milderungsprozess respektive die Frostabschwächung machen auch in
den kommenden Tagen weitere Fortschritte, was von den Modellen auch unisono so
gesehen wird. Unschärfen treten besonders beim Parameter "Niederschlag" auf, was
im Text aber bereits gewürdigt wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann