DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-02-2018 08:30
SXEU31 DWAV 260800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.02.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNFz
Im Nordosten durch Lake-Effekt teils markante Schneefälle mit Verwehungen
(Dienstag eventuell Unwetter). Verbreitet leichter bis mäßiger, nachts teils
strenger Dauerfrost. Im höheren Bergland, Dienstag auch an den Küsten
stürmischer Nordostwind.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich Deutschland zwischen einem Höhenhoch über dem
Europäischen Nordmeer und einem umfangreichen Langwellentrog, der sich von
Nordwestrussland über das östliche Mitteleuropa hinweg bis nach Oberitalien
erstreckt, unterhalb einer nordöstlichen Höhenströmung. Im Tagesverlauf schnürt
sich über der nördlichen Adria ein eigenständiges Höhentief ab, das Drehzentrum
des Troges verbleibt über dem Baltikum, nimmt aber Dipolcharakter an mit einem
zweiten Drehzentrum knapp östlich davon. Abends und in der Nacht setzt sich
ersteres Drehzentrum als Höhentief allmählich Richtung Südwesten in Bewegung und
nimmt in weiterer Folge nicht unerheblichen Einfluss auf den Wetterablauf vor
allem im Nordosten des Vorhersagegebietes.
Im Bodenfeld stützt das zunehmend elliptische Form annehmende und mehr und mehr
zonal ausgerichtete Höhenhoch über dem Nordmeer ein kräftiges nordeuropäisches
Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über der Barentssee bzw. Nordskandinavien. Bis
zur kommenden Nacht verstärkt sich das Hoch noch ein wenig (auf über 1050 hPa)
und verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach Süden. Somit bleibt die markante
"High-over-Low"-Konstellation über Mitteleuropa mit tiefem Luftdruck im
zentralen Mittelmeerraum erhalten bzw. kann sich noch ein wenig verstärken. Die
Advektion kontinentaler Polarluft von Osten her dauert somit an, die
Temperaturen in 850 hPa geht bis zum Abend sogar noch ein wenig zurück und
beträgt dann etwa -15 Grad im Nordwesten und -19 Grad in der Lausitz.
Über der Ostsee nimmt die von Haus aus trockene Luft Feuchtigkeit auf, was mit
Hilfe zwar nicht besonders hochreichender (nur bis etwa 700 hPa), durch den
Unterschied zwischen Oberflächenwasser und sehr kalter niedertroposphärischer
Luft (DeltaT über 15 Grad zwischen Oberfläche und 850 hPa) aber sehr
ausgeprägter Labilität in zahlreiche Schneeschauer umgesetzt wird. Diese ziehen
mit dem frischen Nordostwind noch ein wenig landeinwärts, wobei insbesondere die
Regionen von der Lübecker Bucht bis zur Pommerschen Bucht betroffen sind sowie
das südöstliche Schleswig-Holstein und das nördliche Mecklenburg-Vorpommern,
während der Küstenabschnitt weiter nordwestlich weniger betroffen ist. Bis zum
Abend werden teilweise mehr als 5 mm in 12 Stunden simuliert, was umgerechnet
etwa 5 bis 10 cm Neuschnee bedeuten würde, wobei die Mengen im Bereich einer
(eventuell auch mehrerer) Schauerstraßen kleinräumig sicherlich etwas
unterschätzt werden. Zusammen mit dem böigen Nordostwind (Bft 7, rund um Rügen
vielleicht auch mal eine Bft 8)) gibt es vor allem in Küstennähe dabei
Schneeverwehungen. Landeinwärts nehmen die Mengen mangels Feuchtenachschub von
unten her allerdings recht rasch ab. Bis in die mittleren Landesteile kann es
allerdings leichte Schneeschauer geben, vor allem im Nordoststau des Harzes
können vielleicht auch mal gebietsweise 1 bis 3 cm fallen, ansonsten sind die
Mengen aber nicht nennenswert bzw. wird der gefallene Schnee in der trockenen
Luftmasse wieder sublimiert.
Auch über der Nordsee haben sich Schneeschauer gebildet, die allerdings meist am
deutschen Küstengebiet vorbei nach Westen geführt werden. Lediglich die
Ostfriesische Küste, insbesondere die Inseln sind betroffen, dort kann es
ebenfalls einige Zentimeter Neuschnee geben.
Aufgrund des rasch kräftig ausgeprägten Gradienten, an dem sich zunächst auch
nicht viel ändern wird, weht nach wie vor lebhafter Nordostwind. Neben den
bereits erwähnten steifen Böen an den Küsten gibt es in den Kamm- und
Gipfellagen einiger Mittelgebirge, insbesondere des Schwarzwaldes stürmische
Böen, auf exponierten Gipfeln dort auch Sturmböen. In Oberschwaben und entlang
des Hochrheins macht sich die Bise bemerkbar mit Böen Bft 7 auch in den
Niederungen. Dort kann es stellenweise ebenfalls Schneeverwehungen geben.
Insgesamt driften von Osten her mehr Wolken ins Land als am gestrigen Sonntag.
Vor allem im Westen und Südwesten, aber auch in der Lausitz scheint allerdings
immer wieder die Sonne. Dabei gibt es fast überall leichten, im Südosten auch
mäßigen Dauerfrost. Lediglich am Niederrhein sowie in Küstennähe können die 0
Grad erreicht, vielleicht sogar knapp überschritten werden.

In der Nacht zum Dienstag kommt das oben erwähnte Höhentief über dem Baltikum
bereits ein wenig nach Westen voran, wobei sich an dessen Westflanke aufgrund
schwacher, vor allem aus PVA resultierender Hebung ein flaches Bodentief
ausbildet, das morgens die Pommersche Bucht erreicht. Das führt insbesondere im
Ostseeumfeld zu einer Gradientzunahme, so dass vor allem ausgangs der Nacht
vermehrt auch stürmische Böen (Bft 8) auftreten. Zudem dauert der Lake-Effekt
mit teils kräftigen Schneeschauern vor allem entlang der vorpommerschen Küste
weiter an, erneut werden Mengen bis 5 mm simuliert oder knapp darüber, also etwa
5 bis 10 cm Neuschnee, lokal auch mehr. Mit dem weiter zunehmenden Wind
verschärfen sich auch die Schneeverwehungen, auch unwetterartige Erscheinungen
sind diesbezüglich denkbar.
Weiter südlich fächert der Gradient dagegen etwas auf und der Wind nimmt
generell ein wenig ab, wobei aber in exponierten Kamm- und Gipfellagen nach wie
vor stürmische Böen auftreten können.
Die Nacht wird wieder sehr kalt mit lediglich an den Küsten leichtem, sonst
mäßigem, nach Südosten zu sowie in den mittleren Landesteilen auch strengem
Frost. In windschwachen Senken und Tälern an den Alpen bzw. im östlichen
Mittelgebirgsraum sinken die Temperaturen bei klarem Himmel über Schnee auch auf
nahe -20 Grad.

Dienstag... nimmt das Höhentief über dem Baltikum weiter Fahrt auf und verlagert
sich bis zum Abend zur südwestlichen Ostsee. Das korrespondierende Bodentief
füllt sich ein wenig auf, bleibt aber als recht scharfer Bodentrog erhalten und
kommt bis zum Abend ins östliche Niedersachsen voran. Vor allem an dessen
Nordwestflanke baut sich ein markanter Druckgradient auf und stellt sich auch
ein leicht konvergentes Windfeld ein, wodurch sich die Schneefälle - nach wie
vor unterstützt durch den Lake-Effekt - im Bereich der vorpommerschen Küste bis
zur Lübecker Bucht sogar noch ein wenig verstärken (bis 8 mm in 12 Stunden nach
ICON-EU, GFS und ECMWF, aber auch COSMO-DE weniger). Erneut können also im
Bereich der Schauerstraßen 5 bis 10 cm Neuschnee fallen, stellenweise auch mehr.
Zusammen mit dem vorübergehend noch weiter auffrischenden Nordost- bis Ostwind
(verbreitet Bft 7 bis 8, vereinzelt Bft 9 an der Küste, zunächst der Ostsee,
nachmittags und abends dann aber zunehmend auch an der Nordsee) kommt es zu
mindestens markanten, teilweise aber auch unwetterartigen Schneeverwehungen.
Insgesamt werden die Schneeschauer aufgrund des kräftigeren Windes auch etwas
weiter landeinwärts geführt als an den Vortagen. Recht übereinstimmend
simulieren die Modelle auch von Westmecklenburg über das nördliche
Sachsen-Anhalt bis ins östliche Niedersachsen bzw. ins Weserbergland und nach
Nordhessen 1 bis 3 mm, also etwa 1 bis 5 cm Neuschnee, stellenweise auch mehr.
Auch über der Nordsee dauert der Lake-Effekt mit Schneeschauern weiter an bzw.
verstärkt sich noch ein wenig, dort sind aber wohl nur Helgoland und die
ostfriesische Küste mit wenigen Zentimetern Neuschnee betroffen. Abends kann es
aber auch dort stürmische Böen und kleinere Verwehungen geben.
Abseits der Küsten (und Schleswig-Holsteins) spielt der Wind dagegen nur noch
eine untergeordnete Rolle. Warnrelevante Böen gibt es auch im Bergland nur noch
selten.
Das Höhenhoch über dem Nordmeer kippt mehr und mehr in die Zonale und stützt
nach wie vor das kräftige nordeuropäische Bodenhoch mit Schwerpunkt über
Nordskandinavien, das sich sogar noch geringfügig verstärken kann (zeitweise mit
geschlossener 1055 hPa-Isobare). Dadurch bleibt die Advektion trockenkalter
Festlandsluft nach Mitteleuropa aufrecht und kann sich sogar noch etwas
verstärken. Die Temperaturen in 850 hPa liegen zwischen -15 Grad im Nordwesten
und -20 Grad in der Oberlausitz. Somit gibt es erneut leichten, im Süden und
Südosten mäßigen, im Bergland strengen Dauerfrost. Selbst am Niederrhein dürften
es die Temperaturen trotz Sonnenscheins nicht mehr an die 0 Grad schaffen.
Apropos Sonne: Die zeigt sich vor allem in den mittleren Landesteilen, etwa von
Brandenburg bis nach Rheinland-Pfalz am häufigsten. Im Norden bleibt es meist
bewölkt und auch an den Alpen stauen sich die Wolken, dort kann es gebietsweise
etwas schneien, allerdings ohne nennenswerten Neuschneezuwachs.

In der Nacht zum Mittwoch zieht das Höhentief rasch über die südliche Nordsee
hinweg zur englischen Küste. Das Höhenhoch über dem Nordmeer behält seine
elliptische Struktur und verlagert den Schwerpunkt nach Island. Der Bodentrog
über Norddeutschland kommt nach Westen voran und befindet sich morgens bereits
über dem Ärmelkanal, während das skandinavische Hoch seinen Schwerpunkt etwas
nach Süden verlagert und sich ein wenig abschwächt.
Der Druckgradient im Bereich des Bodentroges bleibt weiterhin scharf ausgeprägt,
wobei sich das Hauptwindfeld rasch von der Ost- zur Nordsee verlagert und sich
bereits morgens außerhalb des Vorhersagegebietes befindet. Somit kann es im
Nordseeumfeld vorübergehend sogar Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Ost bis Nordost
geben, während sich der Wind an der Ostsee bereits in der ersten Nachthälfte
wieder abschwächt. Ausgangs der Nacht nimmt er dann auch im Bereich der
Deutschen Bucht deutlich ab. Dann gibt es dort lediglich noch steife Böen,
ähnlich wie rund um Rügen, im übrigen Küstenbereich spielt der Wind morgens wohl
keine warnrelevante Rolle mehr.
Die Hauptschaueraktivität verlagert sich im Laufe der Nacht mit der rückseitig
des Bodentroges mehr auf Ost drehenden Strömung eher zur
schleswig-holsteinischen Ostseeküste, wo vor allem von der Lübecker Bucht bis
zur Flensburger Förde teilweise mehr als 5 mm, also 5 bis 10 cm Neuschnee
simuliert werden, die auch noch bis ins Landesinnere reichen. Weitere
Schneeschauer gibt es auch auf Helgoland und an der Ostfriesischen Küste.
Schneeverwehungen (teilweise unwetterartig) spielen nach wie vor ebenfalls eine
Rolle, wenngleich die Tendenz dazu im Laufe der Nacht von Osten her abnimmt.
Weiter nach Süden klingen die Schneeschauer rasch ab, dort fällt nirgendwo mehr
nennenswert Schnee. Niedertroposphärisch erreicht die "Kältewelle" ihren
Höhepunkt, die -20 Grad in 850 hPa dringt morgens bis in die mittleren
Landesteile vor. Smit gibt es - abgesehen vom Küstenbereich und dem
Nordwesten/äußersten Westen verbreitet strengen Frost, in einigen Senken und
Tälern über Schnee auch bis an die -20 Grad.

Mittwoch... verlagert sich das Höhentief weiter westwärts bis nach Irland,
während das Höhentief, das sich ehemals über der nördlichen Adria befand, nach
Ungarn zieht. Beide Höhentiefs verbindet ein langgestreckter, zonal
ausgerichteter Trog, wobei eine darin eingelagerte flache Potentialbrücke von
Osten her nach Mitteleuropa schwenkt. Dem Trog gegenüber steht nach wie vor das
Höhenhoch mit Schwerpunkt inzwischen westlich von Island, wobei von dort
ausgehend ein Hochkeil weiterhin bis nach Nordskandinavien reicht.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über Skandinavien allmählich etwas
nach Süden, was vor allem im Norden und Westen des Landes im Tagesverlauf erneut
zu einer leichten Gradientzunahme führt. Im Küstenbereich und in
Schleswig-Holstein gibt es steife, vor allem über der offenen Nordsee und an
exponierten Küstenabschnitten der Ostseeküste auch stürmische Böen aus Ost,
womit die Schneeverwehungen Thema bleiben, wenngleich wohl nicht unwetterartig.
Auch in den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge kann es Böen Bft 7 bis 8
geben.
Der Lake-Effekt dauert weiter an, allerdings werden meist weniger als 5 mm
simuliert, also dürften die Neuschneehöhen meist 1 bis 5 cm und nur noch
stellenweise bis an die 10 cm betragen. Betroffen ist mit dem Ostwind in erster
Linie die Küste Schleswig-Holsteins, aber auch Richtung Rügen und entlang der
ostvorpommerschen Küste kann es noch einige Zentimeter Neuschnee geben.
Im übrigen Land ändert sich nur wenig, lediglich die Sonnenanteile nehmen
teilweise deutlich zu. Außer an den Küsten und in einigen Nordoststaulagen wird
es sogar recht verbreitet sonnig. Am im Westen sowie an den Küsten leichten,
sonst mäßigen, im Bergland auch strengen Dauerfrost ändert sich nichts.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. Die kleineren Differenzen bzgl. der Intensität der durch den
Lake-Effekt induzierten Schneefälle im Ostseeumfeld wurden bereits im Text
angesprochen. Zwar können lokal durchaus Schneemengen zusammenkommen, die den
Unwetterkriterien entsprechen, aufgrund der inhomogenen räumlichen Verteilung
und der Kleinräumigkeit der Ereignisse bisher von einer entsprechenden
Unwetterwarnung abgesehen. In Kombination mit dem vorübergehend zunehmenden Wind
kann es aber ab der kommenden Nacht und am morgigen Dienstag Schneeverwehungen
geben, die dann etwas verbreiteter die Unwetterkriterien erfüllen. Über die
Ausgabe einer entsprechenden Warnung wird noch diskutiert, im Falle des Falles
wird das dann wohl am späten Nachmittag oder frühen Abend erfolgen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff