DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-02-2018 09:01
SXEU31 DWAV 250800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.02.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNFz

Sehr kalt. Im Nordosten und Südwesten zeitweise starke Böen oder Sturmböen. Im
Norden, speziell an der Ostsee, zunehmend Schnee mit Verwehungen.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... stehen sich im 500-hPa-Geopotentialfeld ein Höhenrücken über dem
nahen Ostatlantik und dem Nordmeer sowie ein Langwellentrog über weiten Teilen
Nord- und Kontinentaleuropas gegenüber. Gemein ist den Geopotentialstrukturen
eine leicht retrograde Verlagerung, die auch dazu führt, dass der Höhenrücken
westlich der Biskaya allmählich abgeschnürt wird. Vor allem aber greift der
Langwellentrog von Nordosten her mehr und mehr auf Mitteleuropa und damit auch
auf Deutschland über. Seine Achse verläuft aktuell von Nordwestrussland in
Richtung nördliche Adria, bis zum Montagmorgen verlagert sie sich westwärts und
weist dann von Nordosten nach Oberitalien. Auf der Nordwestflanke des Troges
wird mit einer leicht mäandrierenden Höhenströmung polare Kaltluft nach
Mitteleuropa geführt, die 500 hPa Temperaturen, aktuell noch zwischen -26 und
-38 Grad liegend, sinken bis zum Montagmorgen allgemein auf Werte um -37 Grad.
Im Bodendruckfeld ist ein großräumiges und kräftig ausgeprägtes Hoch über weiten
Teilen Nordeuropas auszumachen, sein Schwerpunkt befindet sich dabei aktuell mit
einem Kerndruck von etwa 1050 hPa über Lappland, wo es weitestgehend ortsfest
auch bis zum Montagmorgen erwartet wird. Auf seiner Südostflanke fließt
kontinentale Kaltluft nach Deutschland, wodurch die 850er Temperaturen im
Tagesverlauf deutlich zurückgehen. Liegen die aktuellen Werte noch zwischen -8
und -15 Grad, so werden sie ausgangs der kommenden Nacht zwischen -15 und -20
Grad erwartet. Damit steigen die 2 m Temperaturen heute nur noch am Rhein etwas
über null Grad, in der kommenden Nacht werden dagegen Minima erwartet, die an
den Küsten um -4, von der Lausitz bis nach Ostbayern aber um -14 Grad liegen.
Lokal, vor allem über Schnee, sind auch noch geringere Temperaturen möglich.
Weil mit der niedertroposphärischen Nordostströmung Luftmassen über die Ostsee
hinweg nach Norddeutschland geführt werden, macht sich dort die diabatische
Hebungsunterstützung sowie die Anfeuchtung der Luft mit zumeist leichten
Schneeschauern bemerkbar. Die überwiegende Zahl der Modelle (z. B. ICON und
seine Ableger, GFS, EZMW) simulieren entsprechend geringe Niederschlagsmengen um
2 mm in 6 Stunden im erweiterten Ostseeumfeld, EURO4 bietet bis zu 5 mm in 6
Stunden an und dürfte damit das Feuchtepotential der Luftmasse ausgeschöpft
haben. Bezüglich der südwärtigen Ausbreitung des Schneefalls geben sich die
Globalmodelle etwas zugeknöpft, nach ihrer Sicht der Dinge erreichen die Schauer
bis zum Abend nur den Norden Brandenburgs und Sachsen-Anhalts sowie
Niedersachsen nördlich einer Linie, die etwa von Celle nach Cloppenburg reicht.
Dort sollen sie nach Einschätzung der Globalmodelle (und im Gegensatz zur
Einschätzung von COSMO-DE und EURO4) in der Nacht zerfallen, eine durchaus
nachvollziehbare Einschätzung, fehlen doch sowohl der Feuchteeintrag als auch
der zusätzliche Hebungsantrieb des in der aktuellen synoptischen Situation mit
etwa 3 Grad relativ warmen Ostseewassers. Erwähnenswert ist noch der Wind, der
an der Ostsee tagsüber und auch nachts sehr lebhaft und mit starken Böen weht.
Hier ist als Grund vor allem die Ageostrophie auszumachen. Im Südwesten treten
in freien und mittleren Lagen starke bis stürmische, in den Hochlagen sogar
Sturmböen oder schwere Sturmböen auf. Der Grund hierfür ist ein Tief über dem
Mittelmeer, das für eine Gradientverschärfung im Südwesten Deutschlands sorgt.
Bezüglich der Böen im Süden sind sich die Modelle (COSMO-DE, ICON, EZMW, aber
auch COSMO-LEPS und PEPS) einig. Im Nordosten fällt eine deutlich
unterschiedliche Einschätzung der probabilistischen Modelle auf, dort zeigt PEPS
deutlich höhere Anzeichen für Böen Bft 7 als dies COSMO-LEPS tut.

Montag... ist keine durchgreifende Änderung der synoptischen Situation zu
erwarten. Der Langwellentrog greift weiter nach West- und Südeuropa aus, die
höhenkälteste Luft mit Werten unter -37 Grad erreicht auch die Britischen Inseln
und Norditalien. Im 850-hPa-Temperaturfeld sinken die Werte im Südwesten Irlands
von null auf -10 Grad, im spanischen Barcelona von null auf -6 Grad. Über
Deutschland bleiben die Werte in einem Bereich von -15 bis -19 Grad. Im
Bodendruckfeld ist zu erkennen, dass das die Achse des Skandinavienhochs um etwa
90 Grad kippt. War dieses am Vortag noch Nord-Süd ausgerichtet, so nimmt es
jetzt eher eine West-Ost Ausrichtung an. Damit dreht die Strömung etwas mehr auf
Ost, allerdings ist auf der Südflanke des Hochs keine gradlinige, sondern mehr
eine mäandrierende Strömung zu erkennen mit entsprechend variabler
Windsituation. Durch die Veränderungen im Bodendruckfeld sinkt der Druck an der
Deutschen Nordseeküste um etwa 5 hPa, was auch den Druckgradienten auffächern
lässt. Weht der Wind, wie am Vortag, im Südwesten und in höheren
Mittelgebirgslagen am Tage noch kräftig mit starken Böen, so flaut er in der
Nacht deutlich ab. Zu diesem Vorhersagezeitpunkt zeigen sich schon größere
Unterschiede zwischen den Modellen, so simuliert EZMW am Dienstagmorgen die
1025er Isobare über Deutschland etwa 400 km weiter nördlich als beispielsweise
ICON. Einig sind sich die Modelle dagegen in der bodennahen Strömungsrichtung
über der Ostsee. Sie soll aus Nordost kommen, und da der Gradient scharf und die
Ageostrophie weiter vorhanden bleibt, bleibt auch der Wind kräftig mit starken
und einzelnen stürmischen Böen. Da auch die Schneeschauer-Situation an der
Nordsee anhält, werden dort einige cm Schnee dazukommen. Vielleicht auch mehr
als nur einige, bieten doch am Tage und auch in der Nacht zu Dienstag selbst die
Globalmodelle Niederschlagsmengen von bis zu 5 mm in 6 Stunden an, also Mengen,
die am Vortag nur EURO4 simulierte, wobei dieses Modell jetzt mit Mengen bis 10
cm glänzt. Somit sind sich die Modelle zumindest darin einig, dass sie höhere
Niederschlagsmengen prognostizieren als am Vortag. Somit wären in 12 Stunden
auch verbreiteter 10 cm Neuschnee möglich, und lokal kann es auch etwas mehr
sein. Das reicht nach unseren Warnkriterien für eine markante Schneefallwarnung.
Und das Gesamtpaket von Schnee und Wind reicht auch für eine Warnung vor
Schneeverwehungen, zumal der Schnee bei den erwarteten Temperaturen sehr trocken
sein dürfte. Fraglich ist die Intensität der Schneefälle bei ihrem Ausgreifen
nach Süden. Zwar sehen alle Modelle ausgangs der Nacht selbst den äußersten
Norden Hessens von Schneefall betroffen, aber während COSMO-DE einen breiten
Streifen von Vorpommern bis nach Nord- und Mittelhessen mit Niederschlagsmengen
von 1 bis 4 mm in 6 Stunden belegt, lassen es die globalen Modelle im
Landesinneren nur noch sehr moderat flöckeln, eine, wie schon am Vortag, recht
glaubwürdige Einschätzung. Und die Temperaturen? Am Tage am Niederrhein null, in
Ostbayern -10 Grad, und in der Nacht -5 bis -15 Grad, lokal auch darunter.

Dienstag... richtet sich am Tage das nordeuropäische Bodenhoch weiter und
dauerhaft in West-Ost-Richtung aus. Dabei verschärft sich auf seiner Südflanke,
und damit vor allem über dem Norden Deutschlands, der Gradient, während dieser
im Süden weiter auffächert. In der Höhe (500 hPa) tropft der Langwellentrog über
Nordwestrussland ab, in der Nacht zu Mittwoch liegt ein dipoliges, großräumiges
Höhentief über weiten Teilen Kontinentaleuropas. Während der südöstliche Kern
über dem Balkan weitgehend Ortsstabil ist, wandert der Nördliche am Tage und in
der Nacht von der Ostsee kommend über den äußersten Norden Deutschlands zur
Nordsee. Die Höhentiefzentren korrespondieren mit den Bereichen der
höhenkältesten Luft, wobei die entsprechenden Temperaturwerte jeweils deutlich
unter -40 Grad liegen sollen und im Bereich ihres Auftretens für eine deutliche
Labilisierung der Luft sorgen. Damit, und mit der o.a. Gradientverschärfung im
Norden, zeichnet sich dort eine schneereiche und windige Wettersituation ab.
Dies umso mehr, als weiterhin von der Ostsee diabatische Hebungsantriebe sowie
Feuchtebeiträge zu erwarten sind. Damit könnte nach aktueller Modelllage im
Norden auch eine Unwettersituation ins Haus stehen, sowohl bezüglich der
Schneemengen, als auch bezüglich der zu erwartenden Verwehungen. Allerdings: Bei
den Schneemengen liegt im Vergleich der Globalmodelle ICON an der Spitze, EZMW
und GFS sind defensiver, und bei den letztgenannten Modellen wird der Schnee
allein wohl auch nicht für eine Unwetterwarnung reichen. Zusammen mit dem Wind
aber sehr wohl. Wie schon am Vortag zeigen die Modelle bei der Simulation des
Bodendrucks Unterschiede, die sich natürlich auch auf den Gradientwind
auswirken. Mit dieser Unsicherheit im Hinterkopf, sind an einzelnen
Küstenabschnitten auch schwere Sturmböen möglich. Einheitlich zeigen ICON, GFS
und EZMW aber Böen in einer Spanne von 7 bis 9 Bft, mit unterschiedlichen
regionalen Maxima. Und die Temperaturen? Dauerfrost, Tags -1 bis -9, nachts -5
bis -14 Grad, und lokal geht da, wie an den Vortagen, auch noch mehr.

Modellvergleich und -einschätzung
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Insgesamt simulieren die Modelle die Situation in den kommenden Tagen recht
ähnlich. Im Detail zeigen sich schon am morgigen Montag Unterschiede in der
Druckverteilung, aber auch beim Niederschlag in der Stärke und der räumlichen
Verteilung. Diese sind aber teilweise auf die Modellauflösung zurückzuführen.
Einzelheiten zu den Modellunterschieden finden sich im Text.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas