DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-02-2018 18:01
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.02.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Übergang zu extrem kaltem Winterwetter. In den Nächten vermehrt strenger Frost,
an der Ostsee ab Sonntag Schneeschauer, teilweise kräftig und mit Verwehungen.
Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... ist die Westdrift über Europa durch einen kräftigen Rücken über
Westeuropa blockiert. Er reicht bis ins Nordpolargebiet, stützt ein sich
kräftigendes Hoch über Nordeuropa und wird im Osten von einem markanten
Höhentrog flankiert. Dieser dehnt sich über Osteuropa nach Süden aus. Dabei wird
auch ein kleines Bodentief entlang der baltischen Ostseeküste nach Süden ins
östliche Polen gesteuert.
Ein zugehöriges Wolkenband, fast schon als Kaltfront erkennbar, dringt nachts in
den Norden/Nordosten ein, und mit ihm über die Ostsee vorübergehend auch
feuchtere und weniger kalte Luft. Es bringt aber höchstens örtlich geringen
Schnee oder Schneegriesel, nachfolgend lockert es in der zweiten Nachthälfte von
der Ostsee her auch schon wieder auf. Damit wird die Zufuhr sehr kalter
kontinentaler Polarluft aus Nordosteuropa nach Deutschland eingeleitet und die
Temperatur sinkt im 850 hPa Niveau an der unteren Oder schon bis nahe -15 Grad.
Der Ostnordostwind frischt an der Ostsee auf mit Böen der Stärke 7.
Auch im Süden hält sich unterhalb einer Inversion in ca. 900 hPa starke
Bewölkung mit ebenfalls örtlich geringen Niederschlägen, Schneegriesel bzw.
gefr. Nieselregen oder Nebelnässen. Die Niederschläge sind aber so schwach,
dass, falls überhaupt Warnungen nötig werden, gelbe Warnungen ausreichen.
Überdies wird die Bewölkung etwas weiter südwärts abgedrängt. Ansonsten hat uns
das Hoch über Skandinavien fest im Griff und die Nacht geht wolkenarm über die
Bühne.
In der sehr trockenen Luft gibt es verbreitet mäßigen, örtlich strengen Frost.
Nur unter den Wolken im Süden und Nordosten fällt der Temperaturrückgang
deutlich schwächer aus. Im Norden bleibt es teilweise bei leichtem Frost.
Der östliche Wind frischt auch über dem Süden und der Mitte vor allem im
Bergland und in windanfälligen Lagen auf. Dort sind starke, auf exponierten
Bergen auch stürmische Böen oder Sturmböen zu erwarten.

Samstag ... steigt der Druck im Bereich des Hochs über Nordeuropa noch etwas,
auf knapp über 1050 hPa über Nordnorwegen (ICON), während der Druck im Alpenraum
etwa gleich bleibt. Dadurch verschärft sich der Gradient über Süd-, West- und
Mitteldeutschland wieder etwas und es muss mit starken, im Bergland mit
stürmische Böen oder Sturmböen aus Ost bis Nordost gerechnet werden. In
Norddeutschland wird die Bft 7 meist, mehr oder weniger knapp verfehlt, wenn man
mal von den Küsten absieht, wo diese dann wieder häufiger auftreten. In
zunehmendem Maße auch an der Nordsee.
Die Kaltluftadvektion an der Südflanke des Hochs verstärkt sich und führt zur
Ausdehnung des osteuropäischen Troges nach Westen. Hebung kommt durch die
überlagerte KLA kaum zustande, eher überwiegt in der unteren Troposphäre weiter
leichtes Absinken.

Das kleine Bodentief zieht unterdessen südwärts und geht im niedrigeren Druck
über dem Balkan auf. Das zugehörige Wolkenband kommt nach Südwesten voran,
verliert aber durch das überlagerte Absinken an Kontur und löst sich auf. Die
sehr kalte Luft macht Boden nach Westen hin gut, die -15 Grad Isotherme reicht
abends in der ICON Lösung etwa vom Darß nach Westsachsen. Im Westen und
Südwesten merkt man davon zunächst kaum etwas, hier beginnt erst im Tagesverlauf
die Temperatur in der unteren Troposphäre zu sinken. Dort werden auch noch 2 bis
5 Grad erreicht, am Oberrhein laut Mos vielleicht auch nochmal +6 Grad, während
es im Osten schon gebietsweise Dauerfrost gibt.
Mit der östlichen Strömung gelangt teilweise tiefe Bewölkung in den Osten
Deutschlands, an der Ostsee sind bedingt durch den zunehmend wirksamen "Lake
Effect" erste Schneeschauer möglich. Die Luft wird bis etwa 800 hPa durch die
offene Ostsee mit 2 bis 3 Grad Wassertemperatur labilisiert und mit Feuchte
angereichert.
Die Bewölkung im Süden wird Richtung Schweiz und zum Alpenrand zurückgedrängt,
dort fällt kaum Niederschlag. Dazwischen scheint meist die Sonne, der recht
kräftige und böige Ostwind dürfte aber als sehr "frisch" empfunden werden.

In der Nacht zum Sonntag verstärken sich die Schneeschauer an und über der
Ostsee durch die weitere Abkühlung der unteren Luftschichten. Kräftige
Schneeschauer in Verbindung mit Böen der Stärke 5 bis 7 können auch Warnungen
vor Schneefall und Schneeverwehungen nötig machen, vor allem wenn sich
Schauerstraßen bilden, was durchaus schon möglich ist.
Der Wind in der Südwesthälfte flaut vor allem in tiefen Lagen ab, während er auf
den Gipfeln an der Inversion eher noch zulegt. Auf exponierten Bergen im
Schwarzwald sind auch schwere Sturmböen aus Nordost möglich, sonst im Bergland
starke bis stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen.
Vielerorts klart es nachts auf und die Temperatur geht verbreitet unter -5 Grad
zurück, im Osten und der Mitte gebietsweise unter -10 Grad, so dass der strenge
Frost nun auch entsprechende Warnungen verdient.

Sonntag ... flutet die extrem kalte und meist trockene Luftmasse, die am Rand
des Hochs über Skandinavien aus Osten zu uns gelangt, ganz Deutschland. Die
Werte in 850 hPa liegen zwischen -14 Grad im Westen und -19 Grad ganz im Osten.
Der Trog in der Höhe, der sich über uns nach Osten ausweitet, macht sich dagegen
kaum bemerkbar.
Entsprechend den niedrigen Temperaturen im 850 hPa Niveau langt es, trotz
verbreiteten Sonnenscheins, nur noch in Flusstälern des Westens für Maxima um
oder etwas über der 0 Grad Marke, sonst herrscht - lokal auch schon mäßiger-
Dauerfrost.
Der Kälteeindruck wird durch den kräftigen Ostwind noch verstärkt. Im Süden und
der Mitte sind durch den kräftigen Gradienten zum Tief über dem Mittelmeer
starke, vereinzelt stürmische Böen zu erwarten, im Bergland zum Teil Sturmböen
und auf dem Feldberg im Schwarzwald auch schwere Sturmböen. Im Norden ist der
Wind schwächer unterwegs, nur an der See sind ebenfalls wieder starke Böen Bft 7
zu erwarten.
Dort gibt es in etwas feuchterer Luft auch mehr Wolken und durch den "Lake
Effect" über der Ostsee Schneeschauer, die auch etwas weiter landeinwärts
vordringen können. Sollten sich Schauerstraßen bilden, wären auch markante
Warnungen, vielleicht auch WU in Erwägung zu ziehen, teils mit Verwehungen.

Die Nacht zum Montag wird meist sehr kalt und vor allem im Süden und Osten gibt
es strengen Frost, örtlich um die -15 Grad, besonders im Mittelgebirgsraum und
an den Alpen über Schnee. Ansonsten tritt mäßiger Frost auf. Der Wind flaut
nachts wieder etwas ab, bleibt vor allem aber im höheren Bergland ein Thema. An
der Ostsee sind kräftige Schneeschauer mit Schneeverwehungen möglich. Ein paar
dichtere Wolkenfelder können vom Nordosten bis in die mittleren Landesteile
vorankommen, ob daraus etwas Schnee fällt bleibt fraglich.

Montag ... ändert sich zunächst nichts grundsätzliches. Wir liegen am Rand des
Hochs über Nordeuropa in einer extrem kalten östlichen Strömung. Dabei überdeckt
ein großer Langwellentrog weite Teile Europas, während sich über Westeuropa ins
Nordmeer bogenförmig ein kräftiger Keil erstreckt.
Von der Ostsee her dringen teils kräftige Schneeschauer mit dem Ostnordostwind
landeinwärts vor. Der Schnee wird vor allem in Küstennähe durch den stark böigen
Wind, Bft 6 etwas landeinwärts, Bft 7 direkt an der See, verweht.
Bei wiederholten Schauern können sich über längeren Zeitraum auch größeren
Schneemengen akkumulieren, die auch Unwetterwarnungen rechtfertigen. Gerade wenn
man die Verwehungen mit in Betracht zieht.
Ansonsten scheint die Sonne, später bildet sich teilweise etwas Quellbewölkung.
Am Alpenrand könnte es ebenfalls stark bewölkt bleiben.
Windig bleibt es dann vor allem weiter im Südwesten und teilweise über der Mitte
mit starken bis stürmischen Böen im Bergland.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Lage ist unstrittig. Bezüglich der Temperaturen geht es beginnend ab Samstag
von Osten her markant abwärts. Was die Ostseeschneeschauer angeht, bleiben
Fragen offen. Die Modelle dürften diese kaum richtig in den Griff bekommen. Dass
diese auftreten, ist aber klar und auch dass zumindest Unwetterpotential durch
Schnee und Verwehungen im Ostseeumfeld herrscht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner