DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-02-2018 09:30
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.02.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: WW (Winkel West)

Heute auch im Süden nachlassender Niederschlag.
Am Samstag in der Südhälfte Schnee und Regen, gebietsweise markanter Schneefall
bis in tiefe Lagen möglich. Vorhersage aber noch mit einigen Unsicherheiten
behaftet.
Am Sonntag wieder vermehrt Hochdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... startet Deutschland unterhalb einer relativ glatten zonalen
Höhenströmung, die sich im Tagesverlauf aber leicht modifiziert. Impulsgeber
dafür ist ein KW-Trog, der vom Ostatlantik Richtung UK/Irland respektive Biscaya
schwenkt (Freitag, 24 UTC), was stromab wiederum das Aufwölben eines flachen
Rückens zur Folge hat. Dieser liegt mit seiner Achse zum Tagesende knapp
westlich des Vorhersageraums, so dass der Höhenwind zuvor auf West-Nordwest
dreht und dabei eine leicht antizyklonale Kontur annimmt. Entsprechend setzt
sich heute in weiten Teilen des Landes leichtes Absinken durch, bei der die
frisch eingeflossene subpolare Meeresluft etwas abtrocknet.
Bodennah hat sich bereits landesweit Druckanstieg durchgesetzt, der in die
Bildung einer vergleichsweise schmalen, zonal angeordneten Hochdruckzone mündet.
Für den Norden und die Mitte bedeutet das nach Auflösung von Nebel ruhiges,
teils wolkiges, teils heiteres und weitgehend niederschlagsfreies Wetter. Ob die
Restlabilität der sich stabilisierenden Luftmasse ausreicht, noch ein paar
schwache Schauer ins Leben zu rufen, so wie es ICON und auch IFS in ihrer
Modellwelt sehen, bleibt abzuwarten. Diese stellt sich in ähnlicher Weise auch
in Bezug auf den Wind, der aus Südwesten bis Westen kommend im Norden zwischen
der Hochdruckzone und einem vom Skagerrak über Südschweden in Richtung Baltikum
ziehenden Tief (es handelt sich um ein Teiltief, das sich an der Okklusion
gebildet hat, die unseren Raum gestern ostwärts passiert hat) durchaus spürbar
auflebt, die Schwelle 7 Bft wahrscheinlich aber nur in Einzelfällen erreicht.
Am meisten "Wetter" gibt es heute in Süddeutschland, wo sich eine schleifende
Kaltfront befindet - es handelt sich um den Fortsatz der o.e. Okklusion -, die
zunächst noch recht aktiv ist und entsprechend Niederschläge induziert. Meist
handelt es sich um Regen oder Nieselregen, nach Osten hin teils auch um Schnee
(vor allem im Bergland) und - da Frost und Kältelöcher nicht überall ausgeräumt
werden konnten - stellenweise auch gefrierenden Regen/Nieselregen mit Glatteis.
Letzteres Phänomen kann hier und da noch bis in den Vormittag auftreten, bevor
die Gefahr durch Zunahme der (Belags)Temperatur abnimmt. Außerdem wird die Front
unter vorübergehender Deaktivierung ganz allmählich gegen die Alpen gedrückt,
wodurch die Niederschläge von Norden her nachlassen bzw. sich an die Alpen
zurückziehen. Dort fällt dann noch am längsten etwas Regen oder Schnee, wobei
die Schneefallgrenze in etwa bei 1000 m anzusiedeln ist, so dass auch das
Tauwetter im Allgäu zu Ende geht oder zumindest gebremst wird. Während die
nördlichen Landesteile von Bayern und Baden-Württemberg postfrontal Chancen auf
auflockernde Bewölkung und sogar ein paar sonnige Abschnitte haben, sieht es
diesbezüglich ganz im Süden eher düster aus. Dafür lassen die anfangs auf
einigen Alpengipfeln noch auftretenden Böen 8-9 Bft mehr und mehr nach.
Die Temperatur steigt auf 4 bis 8°C, am Oberrhein stellenweise bis zu 10°C.

In der Nacht zum Samstag okkupiert der flache Rücken den Vorhersageraum, während
der nachfolgende KW-Trog mit seiner Achse in den Frühstunden die südwestliche
Nordsee und die Bretagne erreicht. Vorderseitig beginnt der Luftdruck zu fallen,
was über der östlichen Biscaya bzw. Westfrankreich die Bildung eines flachen
Wellentiefs zur Folge hat. Gleichzeitig zieht sich Hochdruckzone etwas
südostwärts zurück, bleibt aber für den größten Teil des Landes wetterbestimmend
- mit zwei Ausnahmen: im äußersten Nordosten könnte es in der Peripherie des von
Schweden zum Baltikum ziehenden Tiefs für vereinzelte Schnee- oder Regenschauer
reichen. Und im Südwesten wird die kurzzeitig stillgelegte Kaltfront reaktiviert
und kurzerhand zu einer Warmfront "umfunktioniert", die sich vorderseitig des
Tiefs aus den Alpen heraus ganz langsam nordwärts orientiert. Weit vorauseilende
WLA lässt nicht nur mehrschichtige Bewölkung im Südwesten aufziehen, im Laufe
der zweiten Nachthälfte setzen in Baden-Württemberg auch leichte Niederschläge
ein. Wie weit diese nach Norden und Osten ausgreifen, ist noch nicht ganz klar.
GFS agiert offensiv (bis bayerisch Schwaben), EURO4 und IFS eher defensiv (kaum
Niederschlags auf deutscher Seite), ICON liegt dazwischen.
Wie auch immer, aus jetziger Sicht einmal mehr alle Phasen denkbar; am Nord- und
Nordostrand des Niederschlagsgebiets eher Schnee, sonst Regen oder Nieselregen,
der aber dort, wo die (Belags)Temperatur zuvor in den Frostbereich abgesunken
und durch Gegenstrahlung nicht wieder ins Plus gestiegen ist, durchaus gefrieren
kann.
Zwischen den zwei zyklonalen "Baustellen" im SW und NO, wo es zumindest
teilweise auch frostfrei bleibt, gestaltet sich die Nacht im größten Teil des
Landes trocken, teils sogar klar, gebietsweise aber auch mit dichtem Nebel. Die
Temperatur geht auf 0 bis -5°C, in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen
lokal auf Werte um -7°C zurück. Stellenweise besteht Glättegefahr durch
gefrierende Nässe oder Reif.

Samstag... erreicht der leicht nach Südwesten zurückhängende KW-Trog bis zum
Abend unser Land. Zuvor wird zwar die weit nach Osten ausgreifende WLA immer
schwächer, dafür kommt nun zunehmend vorderseitige PVA ins Spiel, die nach ICON
über dem Südwesten (RP, westliches BW) ein signifikantes Maximum aufweist. Die
dynamischen Voraussetzungen für flächige Hebungsprozesse stehen also nicht
schlecht, hinzu kommen noch Komponenten durch das sich von Frankreich nähernde
Wellentief (SABINE!) respektive der dazugehörigen Warmfront. Kurzum, die
Niederschläge werden sich intensivieren und weiter nach Osten ausbreiten, so
dass auf alle Fälle BW und Bayern die volle Breitseite abbekommen. Ob sich die
nördliche Grenze etwa auf Höhe von Main und Mosel einstellt, wie z.B. von GFS
und bedingt auch von IFS propagiert, oder noch darüber hinausgeht (südliches
NRW, Mittelhessen, Südthüringen), wie von der deutschen Modellkette und EURO4
simuliert, ist noch nicht abschließend zu beantworten und hängt natürlich in
starkem Maße von Zugbahn und Intensität des Wellentiefs ab. Leider ist aber auch
die Frage nach Niederschlagsstärke und -phase nicht unerheblich von genau diesen
Parametern ab, was eine genaue Vorhersage aus jetziger Sicht doch erheblich
erschwert. Hinzu kommt die starke Baroklinität in der Südhälfte, was die
Angelegenheit auch nicht gerade vereinfacht. Nimmt man den Mittagstermin auf
Basis von ICON, dann liegen die Temperaturen in 850 hPa zwischen -6°C in
Südthüringen und +5°C im Allgäu, also 11 Grad Unterschied auf etwas mehr als 300
km.
Bleiben wir bei ICON, dann könnte es morgen insbesondere vom Saarland über die
Pfalz bis hinüber in den Norden BWs eine ganzen Batzen Schnee geben und zwar bis
in tiefe Lagen (beste Gegenstromverhältnisse mit O-NO unten und W-SW oben) mit
Mengen von 5 bis 10 cm, teils sogar um oder etwas über 15 cm binnen 12 h.
Letzteres wäre sogar Unwetter. Auch weiter nördlich würde es bis ganz runter
schneien, allerdings mit geringerer Intensität. Auf der anderen Seite steigt die
Schneefallgrenze im Süden, der ja in den Warmsektor gelangt, auf deutlich über
1000 m an. Wie gesagt, ICON bewegt sich definitiv am oberen Rand möglicher
Wetterszenarien, was übrigens auch auf den Wind zutreffen würde. Der frischt aus
NO kommend auf der Nordflanke des am Nachmittag von den Vogesen auf den
Oberrheingraben übertretenden Tiefs stark böig auf mit Böen 7, in freien Lagen
sogar 8 Bft, so dass man sogar über Schneeverwehungen nachdenken müsste.
Weg vom Konjunktiv, hin zum Indikativ, der guten Gewissens in der Wetterprognose
für den Norden angewendet werden kann. Zwar setzt sich die Sonne nicht überall
nachhaltig in Szene (am ehesten im Nordwesten), warntechnisch kann man tagsüber
aber die Füße hochlegen.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 1 bis 5°C, im Nordwesten sowie im
äußersten Süden auch etwas darüber.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Tief unter Verlust seiner Kontur
ost-südostwärts ab. Auch der KW-Trog schwenkt südostwärts durch, was die
Höhenströmung zunehmend auf Nordwest drehen lässt. Auf alle Fälle wird die milde
Luftmasse im Süden abgedrängt und durch kältere Luft aus der Mitte des Landes
ersetzt. Liegt die 850-hPa-Temperatur am Alpenrand am Abend noch bei rund +2°C,
so sind es am frühen Sonntagmorgen -6°C. Damit gehen die Niederschläge, die sich
in die Regionen südlich der Donau zurückziehen, von Norden her bis ganz nach
unten in Schnee über. Bei apostrophierten Niederschlagsmengen bis zu 10mm/12h,
lokal auch etwas drüber (ICON und EURO4 ganz vorne, IFS und noch stärker GFS
zeigen weniger), sind einige Zentimeter Neuschnee wahrscheinlich. Punktuell
reicht es sogar für 10, in Staulagen vielleicht sogar für 15 cm.
Weiter nördlich klart es gebietsweise auf, Schauer sind im Trogbereich eher
selten, lokal bildet sich Nebel. Die Temperatur geht im Küstenbereich sowie am
Hochrhein auf Werte um den Gefrierpunkt, sonst auf -1 bis -7°C zurück. Dort, wo
zuvor Niederschlag gefallen ist, besteht Glättegefahr durch Schnee oder
gefrierende Nässe (bzw. gefrierenden Schneematsch).

Sonntag... gelangt Deutschland zwischen einen sich vom nahen Ostatlantik bis zum
Europäischen Nordmeer aufwölbenden Höhenrücken und einen recht breiten Trog über
Nordosteuropa und dem nahen Osteuropa. Während der nördliche Teil des o.e.
KW-Trogs in diesen großräumigen Trog integriert wird, tropft der südliche Teil
über der Schweiz ab.
Bodennah steigt der Luftdruck wieder an und wir gelangen in eine umfangreiche,
von den Azoren bis nach Mitteleuropa gerichtete Hochdruckzone, in der sich über
Deutschland sogar eine kleine eigenständige 1030-hPa-Parzelle bilden soll. Die
Folge ist vielerorts heiteres bis wolkiges Wetter unterhalb einer sich zwischen
950 und 900 hPa einstellenden Inversion. Im Süden verlagert sich der Schneefall
in die Alpen, am Alpenrand sowie im südlichen BW reicht es anfangs aber noch für
Neuschnee (0,5 bis 3 cm). Dort dürfte es auch mit Auflockerungen oder gar
sonnigen Abschnitten eher schwer werden.
Auch in Teilen Nord- und Nordwestdeutschlands wird die monatliche
Sonnenscheinbilanz nicht exorbitant aufgebessert. Erst macht sich eine alternde
und letztlich scheidende Okklusion über der Nordsee mit Wolkenfeldern bemerkbar,
dann sorgt WLA im Vorfeld einer Warmfront über Westeuropa (das zugehörige
Randtief liegt mittags knapp nördlich von Schottland) für weitere Bewölkung und
zumindest nach IFS an der Nordsee für etwas Regen.
Bei meist schwachem Wind steigt die Temperatur auf 2 bis 7°C.

In der Nacht zum Montag zieht besagtes Randtief zur Nordsee und im Nordwesten
setzen Niederschläge, teils als regen, teils als Schnee ein. Dort sowie an der
See bleibt es teilweise frostfrei, sonst gibt es verbreitet leichten bis mäßigen
Frost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Hinsichtlich der groben Ausrichtung - heute und Sonntag zunehmender
Hochdruckeinfluss, am Samstag in der Südhälfte zyklonales Geschehen - sind sich
die Modelle einig. Im Feintuning hapert es aber noch an der einen oder anderen
Stelle, was im Text ja bereits angerissen wurde. Vergleicht man mal, wo am
Samstagmittag 12 UTC die verschiedenen Modelle das Wellentief sehen, kommt man
bei ICON und EURO4 auf knapp westlich der Vogesen, bei IFS auf Nordtirol und bei
GFS auf den Chiemgau. Das sollte in den nächsten Läufen doch bitteschön noch
etwas homogener werden, wenn´s geht.
Hinsichtlich der vor allem von ICON und EURO4 gerechneten stärkeren
Niederschlagsintensitäten fällt auf, dass es durchaus Unterstützung von der
Statistik gibt, insbesondere von PEPS und COSMO-LEPS. So findet man zwischen
Saarland/Pfalz und dem nördlichen BW recht deutliche Signale für mehr als 10 cm,
punktuell sogar mehr als 15 cm Neuschnee innert 12 h. Sollte sich dieses
Szenario in den nächsten Modellläufen erhärten, würde es sich aus
warntechnischer Perspektive anbieten, am späten Nachmittag/frühen Abend für den
genannten Streifen eine ausgereizte markante Schneefallwarnung herauszugeben mit
der Option, kurzfristig (also am Samstag) und wahrscheinlich kleinräumig noch
ggf. WU draufzusatteln.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann