DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-02-2018 09:00
SXEU31 DWAV 020800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.02.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von TM (Tief Mitteleuropa) hin zu NEa (Nordost antizyklonal)

In den nächsten Tagen sukzessive kälter mit verbreitetem Nachtfrost, teils
mäßig. Dazu immer wieder meist schauerartige Schneefälle, keine Unmengen, dafür
zunehmend auch bis in tiefe Lagen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland - wenn man so will - inmitten einer
inversen Omega-Konstellation. Herzstück der Potenzialverteilung ist ein sich
über mehrere tausend Kilometer erstreckender Höhentrog, der mit positiv
geneigter Längsachse von der Barentssee über weite Teile Fennoskandiens und
Mitteleuropas bis hinunter nach Nordwestafrika reicht. Flankiert wird der Trog
von einem breiten Rücken über Osteuropa und einem deutlich schmaleren Exemplar
über dem nahen Ostatlantik und dem Europäischen Nordmeer. Innerhalb des Troges
gibt es mehrere Drehzentren, von denen sich eins heute unter Verlust seiner
Kontur von der Nordsee her über Norddeutschland hinweg in Richtung NW-Polen
verlagert. Es korrespondiert mit einem Bodentief namens KARI, das um 03 UTC mit
einem Kerndruck von etwas unter 995 hPa an der deutsch-dänischen Grenze
gesichtet wurde. KARI wird heute einen ähnlichen Kurs wie dein Pendant in der
Höhe einschlagen und sich dabei weiter auffüllen. Dabei schwenkt sowohl in der
Höhe als auch am Boden ein kleiner Trog langsam über den Vorhersageraum
ostwärts, auf dessen Vorderseite in der Nacht ein kommaförmiges
Niederschlagsgebiet (ein Resultat von WLA mit etwas überlagerter PVA) auf den W
und NW übergegriffen hat. Aufgrund des stark maritimen Einflusses sowie der
Tatsache, dass es im Vorfeld nicht ausreichend abkühlen konnte, fällt der
Niederschlag größtenteils als Regen/Nieselregen oder Schneeregen. Erst wenn es
etwas höher geht (etwa oberhalb 200-300 m) ist die feste Phase im Spiel.
Im Laufe des heutigen Tages kommt das Niederschlagsgebiet noch etwas südostwärts
bis in die mittleren Landesteile, das nördliche Bayern sowie das westliche und
nördliche BW voran, wobei die Organisation des Kommas mehr und mehr verloren
geht und mit Unterstützung des Tagesgangs zunehmend Schauercharakter annimmt.
Schauer entwickeln sich auch hinter dem Komma im Norden und Westen, während es
von der deutsch-schweizer Grenze bzw. dem Alpenrand bis hoch in die Lausitz
weitgehend niederschlagsfrei bleibt. Zwar liegt über dem Süden und Osten Bayerns
anfangs noch mehrschichtige stratiforme Bewölkung - sie bildet gut die
Vorderseite des langgestreckten Troges an -, die sich später aber langsam
südostwärts zurückzieht. So zeigt sich im Süden und Südosten mitunter oder auch
mal längere Zeit sogar die Sonne, während der Rest des Landes diesbezüglich eher
darben muss.
Zurück noch mal zu den Niederschlägen, die in der einströmenden und hochreichend
kalten maritimen Polarluft (T850 um -5°C, T500 -30 bis -35°C) oberhalb 200 bis
400 m durchweg als Schnee fallen, während weiter unten vielfach noch die
Flüssig- oder Mischphase im Spiel ist (in kräftigen Schauern aber auch mal
Schnee/Graupel). Außerdem kann auch mal ein kurzes Gewitter dabei sein. In den
westlichen Mittelgebirgen bis hinüber zum Thüringer Wald sowie im Harz können im
Tagesverlauf 1 bis 5 cm, vereinzelt bis 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Der Südwestwind frischt besonders im zentralen Mittelgebirgsraum und im Harz
(Hochlagen, exponierte Leelagen) zeitweise böig auf mit Spitzen 7 Bft, exponiert
8 Bft, Brocken anfangs 9 Bft. Auch an und auf der Nordsee legt der Wind mit
Winddrehung auf Nord später zu. Besonders an der Ostfriesischen Küste
(vorzugsweise auf den Inseln) muss mit der einen oder anderen 7er-Böe gerechnet
werden.
In der durch maritimen Einfluss erwärmten Meereskaltluft steigt die Temperatur
heute noch mal auf 2 bis 7°C, am Oberrhein lokal auch darüber. Leichter
Dauerfrost beschränkt sich demnach zunächst nur auf das höhere Bergland.

In der Nacht zum Samstag kommt der Trog etwas nach Osten voran, wobei er in
seinem Südteil Abtropfungsneigungen an den Tag legt, was im thermischen Feld
besser zu sehen ist als beim Geopotenzial. Letztlich kann uns das auch völlig
schnuppe sein, bleibt uns doch bei zunehmend aufweichendem Gradienten (=>
einschlafender Wind) und weiterhin zyklonalen Strömungsbedingungen die maritime
Polarluft erhalten. Tagesgang und etwas zurückgehende 850-hPa-Temperaturen
sorgen dafür, dass die weiterhin auftretenden Schauer auch in tiefen Lagen mehr
und mehr in Schnee übergehen. Große Neuschneemengen sind zwar nicht zu erwarten,
glatt werden kann es freilich trotzdem. Kleine Schneefallwarnungen mit bis oder
um 5 cm dürften dann in einigen Mittelgebirgen (z.B. Sauerland, Harz) fällig
werden, während sonst häufig Glättewarnungen (geringer Schneefall, gefrierende
Nässe) ausreichen. Mit Ausnahme einiger (tiefer) Lagen West- und
Norddeutschlands geht die Temperatur in den leichten, im Bergland stellenweise
auch in den mäßigen Frostbereich zurück.

Samstag... setzt sich die Troglage fort. Zwar wandern der mittlere und südliche
Teil langsam ostwärts, gleichzeitig läuft rückseitig des o.e. schmalen Rückens
aber ein KW-Trog über UK/Irland nach Süden. Auf seinem Weg dahin intensiviert
sich dieser Trog (Zunahme planetarer Vorticity Beta-Effekt) und regeneriert
letztlich den Haupttrog, so dass er am Ende des Tages - nun noch etwas breiter
geworden - weiterhin seine Südwest-Nordost-Orientierung aufweist. Bodennah
fächert der Gradient noch weiter auf, so dass wir in luftdrucktechnisches
Niemandsland geraten, Dabei haben wir es weiterhin mit der eingeflossenen,
mittlerweile etwas gealterten maritimen Polarluft zu tun, die vor allem
niedertroposphärisch aber weiter abkühlt auf -6°C im Süden und bis zu -10°C im
äußersten NW. Die Labilität reicht aber weiterhin aus, um mit Unterstützung des
Tagesgangs bei wechselnder, häufig starker Bewölkung Schnee- oder
Schneeregenschauer zu generieren. In den Niederungen kann anfangs auch noch
etwas Regen dabei sein, allerdings wird es im Zuge der erwähnten
niedertroposphärischen Abkühlung bei gleichzeitig ausreichender Durchmischung
immer schwerer, die flüssige Phase zu erzeugen. Hier scheint die
Modellinterpretation von ICON, das im Norden und Nordosten noch recht viele
Regensymbole zeigt, etwas zu optimistisch oder pessimistisch, je nach
Sichtweise. Aber selbst wenn es bis ganz runter schneit, heißt das ja noch
nicht, dass der Schnee auch überall liegen bleibt. Tagsüber sollte das z.T. noch
problematisch sein, sonst liegen die anvisierten Neuschneemengen im Bereich
zwischen 1 und 5 cm innert 12 h, im Harz vielleicht auch etwas darüber.
Etwas Schnee fällt auch in unmittelbarere Alpennähe, der von Österreich her den
Grenzübertritt wagt und im Wesentlichen auf ein Tiefdrucksystem über Italien und
dem nördlichen Balkan zurückgeht. Bis zum Abend sind 1 bis 5 cm, lokal bis zu 10
cm Neuschnee möglich. Temperaturmäßig geht es langsam aber stetig abwärts, auch
wenn die morgigen Höchstwerte sicherlich nicht das ständige Herumtragen einer
Heizdecke oder eines Polaranoraks erforderlich machen. Im äußersten Norden sind
es nur noch etwa 1°C plus, sonst 2 bis 6°C. Oberhalb rund 500 m gibt es leichten
Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag schiebt sich ein neues Drehzentrum (500 hPa) in den
Norden Deutschlands, was mit einem Temperaturrückgang auf etwas unter -35°C in
diesem Höhenniveau verbunden ist. Aber auch in der unteren Troposphäre sinkt die
Temperatur weiter auf -7 bis -13°C in 850 hPa. Es fallen weitere Schneeschauer
bis ganz unten, wobei sich nun auch in den Tiefen deutscher Naturlandschaften
eine dünne Schneedecke bilden kann. Wie zuvor auch schon ist eine genaue
räumliche Zuordnung der Schneefälle - wie bei Troglagen üblich - aufgrund
fehlender organisierter Strukturen nur schwer zu bewerkstelligen
Darüber hinaus stellt sich verbreitet leichter, im Bergland teils mäßiger, an
den Alpen (bei Aufklaren) lokal strenger Frost ein. Am Rande eines sich
kräftigenden Hochs über Skandinavien frischt der nördliche Wind an der Nordsee
und der westlichen Ostsee auf mit einzelnen Böen der Stärke 7 Bft.

Sonntag... gelangt der gesamte Vorhersageraum in eine schwache, Richtung Küste
mäßige bis frische Nord-Nordostströmung. Sie wird u.a. verursacht von einem
schmalen Hoch über der Nordsee und Skandinavien, das quasi den verlängerten Arm
des gut ausgeprägten Azorenhochs darstellt und von einem veritablen, vom
Ostatlantik bis zum Nordpolarmeer reichenden Höhenrücken gestützt. Auf der
anderen Seite haben wir über dem nahen Osteuropa tiefen Luftdruck mit einem sich
verstärkenden Tief, das von der Ungarischen Tiefebene über die Ukraine gen
Westrussland zieht.
Mit der N-NO-Strömung nun zunehmend kalte und etwas trockenere Luft aus dem
fennoskandischen bzw. baltischen Raum zu uns. Der hochreichende Kaltluftkörper
(T850 bis -12°C, T500 unter -35°C), der mit dem o.e. Drehzentrum in Verbindung
steht, verlagert sich im Tagesverlauf von Nord- nach Süddeutschland. Dabei
entwickeln sich trotz beginnender Abtrocknung der Luftmasse weitere
Schneeschauer mit einer 12-stündigen Akkumulation von 1 bis 5 cm. Hin und wieder
zeigen sich aber auch mal Lücken in der Wolkendecke, durch die die Sonne ein
paar optische, weniger thermische Impulse setzen kann. Maximal reicht es auf
irdischem Niveau (üblicherweise 2m, auch wenn die wenigsten Menschen so groß
werden) für 0 bis +4°C in Lagen oberhalb 300 bis 400 m -4 bis -1°C, also
Dauerfrost.
Der Nordostwind ist an der Küste ziemlich lebhaft und ruppig unterwegs mit
steifen bis stürmischen Böen 7 bis 8 Bft, sonst sind keine Windwarnungen zu
erwarten.

In der Nacht zum Montag ändert sich an der großräumigen Strömungskonfiguration
nur wenig. Es fallen noch einige Schneeschauer, Tendenz eher nachlassend. Einzig
an der Ostsee ziehen vom Meer kommend (leichter Lake-Effekt) immer wieder
Schneeschauer ein kleines Stück landeinwärts, was in der Akkumulation - sollte
sich eine definierte Schauerstraße bilden - durchaus mal 5 cm oder etwas mehr an
Neuschnee mit leichten Verwehungen bringen kann. Der NO-Wind nimmt an der Küste
zwar etwas ab, für einige Böen 7 Bft wird es aber bis in die Frühstunden noch
reichen.
Wäre abschließend nur noch der Frost zu erwähnen, der einen weiteren Schritt
nach unten macht, will heißen, die Flächen mit mäßigem Frost zwischen -5 und
-10°C nehmen zu (vor allem Mitte und Süden). Sonst gibt es verbreitet leichten
Frost (0 bis -5°C), an den Alpen bei Aufklaren strengen Frost unter -10°C.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder sehr ähnlich. Die Hauptschwierigkeit
dürfte in der genauen Positionierung der anstehenden, meist schauerartigen
Schneefälle liegen, so dass sich teilweise des Werkzeugkoffers des Nowcastings
respektive der Kürzestfrist bedient werden muss.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann