DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-01-2018 09:00
SXEU31 DWAV 240800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.01.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Mittelding zwischen SWz und SWa (Südwest zyklonal und antizyklonal)

Heute im Norden, Westen und Teilen der Mitte sowie in höheren Lagen windig bis
stürmisch. Mild bis sehr mild.
In den kommenden Tagen in einem Streifen von Südwest nach Nordost Regen,
wahrscheinlich aber keine oder nur vereinzelt signifikanten (warnwürdigen)
Mengen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... setzt sich die über dem Ostatlantik begonnene Austrogung fort,
während sich der bei uns anfangs noch positionierte Höhenrücken nach Osten
verabschiedet. Infolgedessen gelangen wir zunehmend auf die Trogvorderseite
unter eine südwestliche Höhenströmung, die im Nordwesten flotter ist als im
Südosten. Nicht nur in der Höhe, auch am Boden setzt sich mit Ausnahme
Süddeutschlands Südwestwind durch, der im Tagesverlauf ebenfalls an Stärke
zulegt. Voraussetzung dafür ist tiefer Luftdruck über NW-Europa und dem
Nordmeer, dem Hochdruckeinfluss im Süden und Südosten gegenübersteht.
Entscheidend für die Entwicklung vor Ort ist ein kleines Randtief, das um 03 UTC
mit etwas unter 975 hPa Kerndruck knapp westlich der Hebriden analysiert werden
konnte, von wo aus es unter weitere Vertiefung (wahrscheinlich auf etwas unter
965 hPa) dicht an Schottland vorbei in Richtung Norwegen zieht. Dabei gelangt
der Vorhersageraum - sofern es nicht sowieso schon passiert ist - in den breit
aufgespannten Warmsektor des zugehörigen Frontensystems, in dem milde bis sehr
milde maritime Subtropikluft mit 850-hPa-Temperaturen zwischen 4 und 9°C plus
advehiert wird. Diese Luftmasse wird sich auch im Osten durchsetzen, wo sich
bisher ja noch Reste der Kaltluft vom vergangenen Wochenende halten konnten.
Einstellige Tageshöchsttemperaturen wird es nur noch im östlichen
Mittelgebirgsraum, in Teilen Ostbayerns sowie in einigen isolierten Alpentälern
geben, ansonsten werden verbreitet 10 bis 15°C, im Westen örtlich 16°C, im
Oberrheingraben lokal sogar 17°C erwartet.
Im Blickpunkt des Warngeschäfts steht heute eindeutig der Wind, der in den
nächsten Stunden an Stärke zunimmt. Im Westen und Norden sowie im zentralen
Mittelgebirgsraum werden dabei Böen 7 Bft, in höheren Lagen sowie in anfälligen
Leelagen (z.B. Aachener Raum, Haarstrang) 8 Bft erreicht. 8er-Böen stehen ab
Mittag auch im Norden SHs sowie im nordwestlichen NDS auf der Karte, vereinzelt
ist dort auch eine 9 Bft nicht ausgeschlossen. Böen 8-9 Bft sind an der Nordsee
und auf den Inseln ebenso Standard wie in exponierten Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge (außer im Südosten), an der Ostsee ist der Wind im Mittel ein bis
anderthalb Windstärken schwächer als an der Nordsee. König unter den
sturmaffinen Orten ist einmal mehr das Brockenplateau, wo die Böen z.T. volle
Orkanstärke Stärke 12 Bft erreichen.
Wettermäßig läuft die Angelegenheit etwa so ab, dass der anfänglich vielerorts
noch auftretende Nieselregen immer mehr nachlässt, so dass es in weiten Teilen
des Landes bis zum Abend trocken oder zumindest weitgehend trocken bleibt. Aus
der Schweiz heraus und von Österreich bzw. Frankreich her lockert die
Wolkendecke mehr und mehr auf, so dass sich besonders die südlichen Landesteile
von BW und Bayern über einige Sonnenstunden freuen können. Aber auch zwischen
Donau und Main lockert es im Tagesverlauf hier und da mal auf. Nahezu chancenlos
diesbezüglich ist man hingegen in Norddeutschland, wo die Wolkendecke weitgehend
geschlossen bleibt. Immerhin bleibt es nach Abzug des anfänglichen Nieselregens
über weite Strecken des Tages trocken, erst gegen Abend beginnt es mit
Annäherung der o.e. Kaltfront im äußersten Nordwesten zu regnen.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht das Randtief die norwegische Küste unweit
von Kap Svinöy, von wo aus es einen Nordostkurs auf die Haltenbank zu
einschlägt. Die zugehörige Kaltfront kommt ein Stück landeinwärts voran,
allerdings mit gebremstem Schaum, was ihrer weitgehend
(höhen)strömungsparallelen Exposition geschuldet ist. Bis zum frühen Morgen wird
sie etwa eine Linie Eifel-Harz-Oderbruch erreichen. Das zugehörige, relativ
schmale Regenband verlagert sich ebenfalls südostwärts, wobei ein Großteil des
Niederschlags auf der kalten Seite (Anacharakter) der Front fällt. Akkumuliert
über 12 h bleiben die Regenmengen meist im einstelligen Bereich, lediglich im
westlichen Mittelgebirgsraum können staubedingt stellenweise auch mal 10 bis 15
mm zusammenkommen, was vor allem von der deutschen Modellkette, u.a. aber auch
von GFS und EURO4 propagiert wird.
Im Süden zeigt sich präfrontal zunächst noch aufgelockerte Bewölkung oder sogar
klarer Himmel, was Richtung Alpen sowie im südlichen Vorland leichten Frost und
stellenweise Glätte durch gefrierendes Schmelzwasser zur Folge hat. Aufreißen
wird die Wolkendecke auch in der postfrontal einfließenden erwärmten
Meereskaltluft (T850 0 oder -1°C), Frost ist dort aber kein Thema.
Der Wind erreicht im Nordwesten mit Passage der Kaltfront seinen Höhepunkt,
bevor der Gradient beginnt auseinanderzureißen. Am frühen Morgen bleiben nur
noch in exponierten Hochlagen einige Böen 8-9 Bft (Brocken 10/11 Bft) und an der
nordfriesischen Küste vielleicht ein paar 7er-Böen übrig.

Donnerstag... nähert sich der Höhentrog vom Ostatlantik unter Verkürzung seiner
Wellenlänge dem europäischen Kontinent an, wodurch die südwestliche
Höhenströmung bei uns etwas aufsteilt. Da gleichzeitig der Druckgradient noch
weiter auffächert, hat die diagonal von SW nach NO über Deutschland liegende
Kaltfront kaum eine Chance, noch nennenswerten Boden nach Südosten hin
gutzumachen. Stattdessen deutet sich von Frankreich her eine flache Welle an,
die an der Front nach Nordosten hin abläuft und diese sogar leicht rückläufig
werden lässt. Nach einer vorübergehenden Abschwächung intensiviert sich der
Regen von Nordostfrankreich und Luxemburg her, was den Mittelgebirgsregionen vom
Saarland und dem Hunsrück bis hinüber nach Nord- und Mittelhessen gebietsweise
eine 12h-Tagesration von 10 bis 15, lokal um 20 mm bringt. Akkumuliert über 24 h
bleiben die Mengen von wenigen Einzelpeaks abgesehen wahrscheinlich unterhalb
der kritischen 30mm-Schwelle, so dass sich eine markante Dauerregenwarnung aus
jetziger Sicht nicht aufdrängt, andererseits aber auch nicht vollständig
abgeschrieben werden sollte.
Trocken bleibt es am Donnerstag zum einen auf der "kalten" Seite (T850 um -1°C,
T2m 8 bis 11°C) der Front in weiten Teilen Nord- und vor allem
Nordwestdeutschlands, wo es hier und da auch mal etwas auflockert. Trocken bleib
es auch präfrontal in weiten Teilen BWs (Süden und Osten) und Bayerns (dort
außer in Unterfranken). Bevorzugt südlich der Donau scheint sogar für längere
Zeit die Sonne. An Oberrhein und Neckar sind erneut bis 15°C, punktuell
vielleicht sogar 16 oder gar 17°C möglich.
In höheren Lagen weht anfangs noch ein frischer, in Böen teils stürmischer (8-9
Bft) SW-Wind, der im Laufe des Tages aber zusehends nachlässt. An und in den
Alpen wird es leicht föhnig mit einzelnen stürmischen Böen auf einigen Gipfeln.

In der Nacht zum Freitag erreicht der mittlerweile nur noch recht kurzwellige,
aber immer noch mit satter Amplitude ausgestattete Höhentrog den Westen des
europäischen Festlands, was bei uns ein weiteres Rückdrehen der schwächer
werdenden Höhenströmung zur Folge hat. Die Luftmassengrenze bleibt wie eine
Spiegelachse, die Deutschland in eine NW- und SO-Hälfte teilt, diagonal über dem
Vorhersageraum liegen, weil der Gradient weiter auffächert und somit etwaige
Antriebsmechanismen - schon im Vorfeld kaum vorhanden - ausbleiben. Allerdings
steilen sich auch Front und zugehöriges Regengebiet etwas auf, das Regenband
reicht dann etwa von Oberrheingraben über Hessen und Thüringen hinweg bis nach
Vorpommern, wobei die Intensität der Regenfälle in der zweiten Nachthälfte
abnimmt. 12-stündig kommen kaum noch 10 mm zusammen, 24-stündig hingegen (bis 00
UTC) poppen hier und da und je nach Modell mal kleine Nester mit etwas über 30
mm auf (z.B. Vogelsberg, Hunsrück), was aber rein aus deterministischer
Perspektive keine markante Dauerregenwarnung rechtfertigen würde. Da auch die
probabilitischen Verfahren nicht gerade mit erdrückenden Hinweisen auf
warnwürdigen Dauerregen aufwarten, besteht diesbezüglich aktuell kein
Handlungsbedarf.
Ergänzend sei noch hinzugefügt, dass sich sowohl nach Westen als auch nach
Südosten hin stellenweise Nebel bilden kann und dass die Temperatur Richtung
Alpen und Vorland auf 0°C oder den leichten Frostbereich zurückgeht.

Freitag... ändert sich nichts Substanzielles an der Großwetterlage. Zwar tropft
der Höhentrog Richtung Iberische Halbinsel/westliches Mittelmeer ab, da das
nördliche Residuum uns aber erst am Samstag ostwärts überquert, verbleiben wir
zunächst noch unter einer relativ schwachen süd-südwestlichen Höhenströmung. Und
auch im Bodendruckfeld fächert der Gradient noch weiter auf, so dass letztlich
ein amorpher Sumpf mit Tiefdruckrinnencharakter (zwischen tiefem Luftdruck über
Nordeuropa und einem Tief über dem westlichen Mittelmeer) übrigbleibt, in dem
sich - inzwischen Treuepunkte verdienend - unsere diagonal exponierte
Luftmassengrenze hält. Sie bringt in einem schmalen, vom Oberrheingraben über
die Mitte bis zur Oder reichenden Korridor weiteren Regen, wobei punktuell nahe
10 mm innert 12 h zusammenkommen können. Im Zuge langsam aber sicher von
Nordwest nach Südost vorankommender niedertroposphärisch etwas kälterer Luft
(T850 bis -3°C) mischen sich in den vom Niederschlag betroffenen Hochlagen
zunehmend Schneeflocken unter den Regen, ohne dass daraus eine große Nummer
wird.
In Ost-Südostbayern zeigt sich noch längere Zeit die Sonne, und auch im
Nordwesten lockert die Wolkendecke mal auf. Dazu gibt es Tageshöchstwerte von 6
bis 9°C, im südöstlichen Bayern auch etwas darüber. Möglicherweise greift dort
anfangs der Föhn durch, der später aber mehr und mehr abnimmt. Ansonsten spielt
der Wind keine prominente Rolle.

In der Nacht zum Samstag "drückt" das sich von Westen langsam nähernde
Trogresiduum die Luftmassengrenze und den dazugehörigen Niederschlag zunehmend
in den Südosten. Die Schneefallgrenze sinkt von NW her auf 1000 bis 800 m, viel
Schnee fällt aber nicht. Im Südosten Bayerns, wo es zuvor noch mal leichten
Frost geben kann, besteht örtlich eine geringe Wahrscheinlichkeit für
gefrierenden (Niesel)Regen mit Glatteis oder gefrierende Nässe (es muss nicht
unbedingt der frontale Niederschlag sein, der für Glätte sorgt; vorher kann sich
Nebel/Hochnebel bilden, der etwa angehoben wird und dabei geringfügigen
Regen/Nieselregen induziert). Leichter Frost ist stellenweise auch im Nordwesten
möglich, wenn es für längere Zeit mal auflockert. Dort kann sich ebenfalls Nebel
bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte Entwicklung wird von den einschlägigen Modellen sehr ähnlich
gesehen. Zwar gibt es leichte Unschärfen hinsichtlich der
Niederschlagsintensität an der schleifenden, später quasistationären Front, die
räumliche Kongruenz ist aber ziemlich gut.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann