DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-01-2018 10:59
SXEU31 DWAV 200800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.01.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Winkelförmige Westlage
Unbeständig mit Niederschlägen, zunächst noch häufig als Schnee, an den Alpen
und im Schwarzwald teils markante Schneefälle. Am Montag dort aber Dauerregen
und Tauwetter, teils Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines breit angelegten
Höhentroges mit mehreren Drehzentren über Nordwest- und Nordeuropa. Im
Tagesverlauf verlagert sich an dessen Südwestflanke ein kurzwelliger Randtrog
mit seiner Achse von den Britischen Inseln bis Sonntag, 00 UTC rasch nach
Südwestdeutschland. Kräftige WLA, im Tagesverlauf zunehmend unterstützt durch
PVA auf der diffluent konturierten Trogvorderseite führen ab heute Nachmittag
bis in die kommende Nacht hinein zu markanten Hebungsprozessen im Südwesten und
Süden des Landes.
Im Bodenfeld kann sich eine mit dem Trog korrespondierende Warmfrontwelle
aufgrund der Hebung im Tagesverlauf deutlich intensivieren, wobei sich ein
abgeschlossenes Wellentief ausbildet, das über Nordfrankreich hinweg ostwärts
bis zum Abend nach Südwestdeutschland und bis 00 UTC unter beginnendem
Auffüllungsprozess weiter nach Südostbayern zieht. Die damit korrespondierenden
skaligen Niederschläge greifen bereits zur Mittagszeit auf den Südwesten
Deutschlands über, verlagern sich rasch ostwärts und erreichen in der ersten
Nachthälfte auch den Südosten Bayerns. In der im Trogbereich wetterbestimmenden
Polarluftmasse mit Temperaturen um -5 Grad in 850 hPa fällt zunächst - mal
abgesehen vom südlichen Oberrheingraben - bis in tiefe Lagen meist Schnee, wobei
sich die Niederschläge bis auf die "südliche Mitte" (Nordgrenze etwa Eifel -
Westerzgebirge) ausweiten. Im Warmsektor der Welle steigt die Temperatur im
Südwesten und im äußersten Süden allerdings bis auf 0 Grad in 850 hPa (im
Dreiländereck kurzzeitig bis +2 Grad), so dass die Schneefallgrenze etwa vom
Südschwarzwald bis zum Allgäu vorübergehend bis auf nahe 1000 m oder gar knapp
darüber steigt, sonst meist auf etwa 200 bis 600 m (von Nordost nach Südwest
ansteigend). Meist werden im Zeitraum 12 bis 00 UTC Mengen zwischen 3 und 10 mm
simuliert, vor allem nach Südwesten zu und Richtung Alpen auch bis 15 mm, an den
Alpen und im Schwarzwald in Staulagen nach Lesart des ICON-EU bis über 20 mm.
Unterhalb von 200 m dürfte es somit nach Norden und Osten zu nur für wenige
Zentimeter Neuschnee reichen. Zwischen 200 und 600 m sind aber in dem genannten
Zeitraum gebietsweise auch mehr als 5 cm in 6 bzw. um 10 cm in 12 Stunden, im
südlichen Alpenvorland bis 15 cm denkbar (also teils markante Schneefälle), in
den höheren Lagen des Schwarzwaldes und des Allgäus können in Staulagen bis über
20 cm fallen. GFS hat aufgrund der etwas nördlicheren Zugbahn des Tiefs
allerdings insgesamt etwas geringere Mengen auf der Karte. Unsicherheiten
bestehen nach wie vor speziell nach Süden zu, was die Schneefallgrenze angeht.
Vor allem an den Alpen und im Alpenvorland, aber auch im Schwarzwald lassen sich
die Neuschneehöhen aufgrund dessen nur sehr schwer abschätzen. So zeigt PEPS
direkt am Alpenrand im Zeitraum 18 bis 06 UTC sehr hohe Wahrscheinlichkeiten für
einen Schneeanteil vom 10 mm in 6 Stunden (Unwetter), während COSMO-DE-EPS
diesbezüglich deutlich defensiver agiert. Unter Berücksichtigung der
Einzelfallentscheidung (10 bis 15 cm Neuschnee in sechs Stunden im Stau der
Alpen sind halt dort nichts Besonderes) sollte aber eine markante Warnung dort
ausreichen.
An der Südflanke des Tiefs verschärft sich der Druckgradient, so dass der Wind
vorübergehend deutlich aus West auffrischt. Im Gegensatz zu einigen Vorläufen
dürfte davon aber nur noch der alleräußerste Süden (etwa Hochrhein, Bodensee,
Oberschwaben, südliches Alpenvorland) betroffen sein. Dort kann es in den
Niede5rungen abends und in der ersten Nachthälfte steife bis stürmische Böen,
auf den Berggipfeln des Schwarzwaldes und der Alpen Sturm- und schwere
Sturmböen, auf exponierten Alpengipfeln vielleicht auch orkanartige Böen geben.
Da die stärksten Böen mit der mildesten Phase zusammenfallen, dürften
Schneeverwehungen wohl nur in höheren Lagen eine Rolle spielen.
Die Nord- und Osthälfte befinden sich heute weiterhin im Einflussbereich
höhenkalter Luftmassen (-35 bis -38 Grad in 500 hPa und -6 in 850 hPa).
Vorderseitig des Kurzwellentroges setzt dort von Westen her nachmittags und
abends aber vorübergehend Stabilisierung ein. Vorher gibt es aber noch weitere
Schneeregen-, Schnee- und Graupelschauer, mitunter auch kurze Gewitter. Dabei
kann es kurzzeitig auch in tiefen Lagen Glätte durch Matsch geben. In der gut
durchmischten polaren Luftmasse werden Höchstwerte zwischen 2 und 8 Grad
erreicht.

In der zweiten Nachthälfte verlagern sich Trog und Bodentief rasch weiter
ostwärts und die Niederschläge in der Südhälfte lassen von Westen her nach bzw.
in einzelne Schneeschauer übergeht. Mit dem Trog gelangt allerdings vor allem in
den Nordosten und Osten erneut ein Schwall Höhenkaltluft (bis -39 Grad in 500
hPa), so dass es dort ebenfalls erneut Schauer geben kann, bis in tiefe Lagen
überwiegend als Schnee und Graupel, auch kurze Gewitter sind weiterhin nicht
ausgeschlossen. Die Neuschneehöhen sind zumeist gering, allerdings tritt
vielerorts Glätte durch Schnee und überfrorene Nässe auf. Im Harz und Erzgebirge
sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum können in der zweiten Nachthälfte
gebietsweise auch noch mehr als 5 cm Neuschnee fallen, im Stau der Alpen auch
bis 10 cm. Abgesehen von einigen Niederungen Südwest- und Westdeutschlands sowie
vom Nordseeumfeld gibt es verbreitet leichten Frost.
Der Wind im Süden nimmt in der zweiten Nachthälfte wieder ab, auf den
Berggipfeln kann es aber noch Sturmböen und in den Kammlagen Schneeverwehungen
geben.


Sonntag... zieht der Trog ostwärts ab und das Vorhersagegebiet gelangt auf
dessen Rückseite unterhalb einer recht glatten und kräftigen nordwestlichen
Höhenströmung. Das Bodentief zieht rasch weiter nach Südosteuropa und von Westen
her weitet sich ein Höhenrücken nach Süd- und Westdeutschland aus. Vor allem die
Osthälfte verbleibt aber noch länger im Einflussbereich der höhenkalten
Luftmasse, die nur zögernd nach Osten abgedrängt wird, so dass sich dort
einzelne Schnee- und Graupelschauer entwickeln können, bevorzugt vom Harz bis
zum Erzgebirge, wo in Staulagen auch mehr als 5 cm Neuschnee bis zum Abend
fallen können. Ansonsten reicht es - wenn überhaupt - nur für wenige Zentimeter.
Vereinzelt kann es auch kurze Gewitter geben.
Auch im Südosten gibt es zunächst noch leichte Schneefälle, die aber von Westen
her mehr und mehr nachlassen. Nennenswerte Mengen kommen noch im Stau der Alpen
zusammen, wo durchaus bis zum Abend gebietsweise noch mehr als 10 cm Neuschnee
fallen können.
Vor allem im Nordwesten und Westen sowie im Nordosten setzt sich aber mehr und
mehr Absinken durch und es bleibt bei flacher Quellbewölkung (schwache
Absinkinversion in 870 bis 900 hPa) meist trocken. Zeitweise scheint auch die
Sonne. Der Wind spielt höchstens anfangs auf den Alpen- und Bayerwaldgipfeln
(Sturmböen aus Nordwest) eine Rolle, lässt am Nachmittag und Abend aber auch
dort nach. Die Temperaturen bewegen sich meist zwischen 1 und 6 Grad, im
südlichen Oberrheingraben können bis 8 Grad erreicht werden, im Bergland gibt es
leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag schwenkt von Nordwesten her ein flacher Höhenrücken über
Mitteleuropa hinweg ostwärts, der von kräftiger WLA überlaufen wird. In den
Frühstunden erreicht ein flacher Kurzwellentrog von Nordwesten her den Nordteil
der Deutschen Bucht, ein weiterer befindet sich dann am Westausgang des
Ärmelkanals. Aufgrund der WLA setzt - unterstützt von schwacher PVA auf der
Vorderseite der Kurzwellentröge - im Laufe der Nacht von Südwesten her erneut
verstärkt Hebung ein.
Im Bodenfeld greift die Warmfront eines Tiefs südlich von Island im Laufe der
zweiten Nachthälfte auf den äußersten Westen und Südwesten des Landes über.
Vorderseitig setzen Niederschläge ein, die wohl zunächst noch bis in tiefe Lagen
als Schnee fallen ("günstige" Tageszeit sowie Temperaturen zwischen -2 und -5
Grad in 850 hPa, dazu bodennah Südostwind). Vom Emsland und dem Niederrhein bis
nach Ostbayern kann es einige Zentimeter Neuschnee geben, im Südosten Bayerns
auch über 5 cm in kurzer Zeit (markant). Mit Warmfrontpassage steigt die
Temperatur in 850 hPa bis 06 UTC im Westen und Südwesten aber bereits auf über 0
Grad und die Niederschläge gehen rasch in Regen über. Eine kurze
Glatteisregenphase im Südwesten und Süden (vor allem in einigen Alpentälern
eventuell auch bis auf Unwetterniveau) ist dabei denkbar, steht aber wohl eher
nicht im Fokus des Warngeschehens. In diesen rücken nämlich mehr und mehr der
Dauerregen und das Tauwetter im Schwarzwald und im Allgäu. ICON-EU simuliert
bereits bis 06 UTC dort mehr als 40 bis 50 mm Niederschlag in 12 Stunden, meist
als Regen, GFS etwas, ECMWF deutlich weniger. Das gesamte Niederschlagsdargebot
dürfte sich aber - zumal das Tauwetter und die Niederschläge auch noch Montag
tagsüber andauern - auf jeden Fall im Unwetterbereich bewegen.
Der Wind frischt zunächst aus Südost auf mit steifen bis stürmischen Böen im
Bergland und eventuell auch Bft 7 über der Nordsee. Im Südwesten dreht er mit
Warmfrontpassage auf Südwest, wobei sich der Gradient noch etwas verschärft und
auf exponierten Gipfeln auch Sturmböen möglich sind.
Außer ganz im Westen und am Oberrhein gibt es nochmals verbreitet leichten, nach
Osten zu bei vorübergehendem Aufklaren auch mäßigen Frost, von Südwesten her
steigen die Temperaturen aber bereits in der zweiten Nachthälfte wieder an.

Montag... verbleibt das Vorhersagegebiet unterhalb der nordwestlichen
Höhenströmung. Darin eingebettet, überqueren uns flache kurzwellig Anteile, die
vor allem über dem Süden des Landes weiterhin für Hebung sorgen.
Im Bodenfeld kommt die parallel in die Höhenströmung eingebettet Warmfront unter
fortschreitendem Okklusionsprozess mangels Schubkomponente nur sehr langsam nach
Osten voran. Bis zum Abend erreicht sie (als Okklusion) in etwa das Gebiet
zwischen Weser und Elbe, die Kaltfront greift auf den Westen Deutschlands über,
hängt aber nach Südwesten zu zurück und geht über in die Warmfront eines
nächstfolgenden flachen Wellentiefs.
Somit verbleibt die Südhälfte weiterhin im Warmsektor des Tiefs, die Temperatur
in 850 hPa steigt dort verbreitet auf über 0 Grad. Erst gegen Abend kommt die
Kaltfront allmählich etwas nach Süden voran. Im Warmsektor gibt es weitere
Niederschläge, bis weit über 1000 m hinaus als Regen, die sich an den Alpen und
anfangs auch noch an den Westhängen des Schwarzwaldes stauen. ICON-EU simuliert
bis zum Abend im Schwarzwald nochmals 25 bis 40 mm in 12 Stunden, an den Alpen
ebenfalls, im Oberallgäu in Staulagen auch über 50 mm. Zusammen mit dem
abtauenden Schnee ergibt sich nach SNOW4 bis Dienstag, 00 UTC im Schwarzwald und
im Allgäu ein Niederschlagsdargebot von verbreitet mehr als 50 mm in 24 Stunden,
in der Spitze auch bis über 80 mm. Selbst unter Berücksichtigung der vor allem
vom ECMWF simulierten etwas geringeren Regenmengen dürfte es in den Regionen für
Unwetter-Tauwetter reichen.
In der Mitte und im Norden gibt es im Bereich des okkludierten Frontensystems
ebenfalls Niederschläge, meist aber weniger als 5 mm in 12 Stunden, lediglich in
den Staulagen einiger Mittelgebirge etwas mehr. Diese fallen nach Osten zu
anfangs als Schnee, gehen aber bei auf etwa -2 bis -3 Grad steigenden 850
hPa-Temperaturen in den Niederungen meist in Regen über, im Bergland kann es
einige Zentimeter Neuschnee geben. Ob da am Vormittag noch irgendwo die
Glatteisregenphase ins Spiel kommt, ist nicht ausgeschlossen, aber fraglich.
Trocken bleibt es wohl nur ganz im Nordosten und auch im Nordwesten bzw. Westen
klingen die Niederschläge später ab.
Der Wind frischt vor allem auf den Bergen noch etwas auf. Präfrontal kommt er im
Nordosten aus Südost, sonst aus Südwest bis West. In den Kamm- und Gipfellagen
einiger Mittelgebirge und der Alpen gibt es Sturmböen, vereinzelt schwere
Sturmböen. Präfrontal kann es im Nordseeumfeld einzelne steife Böen aus Südost
geben.
Im Nordosten kann man sich noch eventuell an etwas Sonnenschein erfreuen, sonst
bleibt es meist stark bewölkt bis bedeckt. Die Temperaturen steigen präfrontal
in der Ost- und Nordosthälfte auf etwa 0 bis 4 Grad, im Westen und Südwesten
werden 4 bis 10 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Zwar besteht bezüglich der Zugbahn und Intensität des Tiefs in der kommenden
Nacht inzwischen einigermaßen Einigkeit innerhalb der zur Verfügung stehenden
Modellwelt, dennoch ist eine genaue Abschätzung der Schneefallgrenze vor allem
im Schwarzwald und an den Alpen sehr problematisch. Da bieten sich warntechnisch
Kompromisslösungen an. So können die in manch einer "gelben" Warnung
postulierten 5 bis 10 cm Schnee auch mal in kürzerer Zeit als in 10 oder 12
Stunden fallen, so dass kleinräumig dann die Kriterien für eine markante Warnung
erfüllt wären. Wo das passieren kann, lässt sich im Vorfeld aber so gut wie
unmöglich abschätzen. "Hot spots" für markante Warnung sind allerdings der
höhere Schwarzwald sowie die Alpen und das Alpenvorland. An den Alpen sind
gebietsweise auch unwetterartige Mengen möglich, aber wohl eher nur in höheren
Lagen, so dass dann die Einzelfallregelung zum Tragen kommt.
Eine ähnliche Problematik ergibt sich übrigens für die Nacht zum Montag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff