DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-01-2018 21:00
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 14.01.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zu Wochenbeginn stürmisch, auf exponierten Gipfeln schwere Sturm- bis Orkanböen.
Unbeständig mit häufigen Niederschlägen, zunächst im Bergland, später auch in
tieferen Lagen teils Schnee. Davor im Schwarzwald und an den Alpen markanter
Dauerregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befinden sich Nord- und Westdeutschland im Einflussbereich einer
Potenzialbrücke, die einen sich nach Nordfrankreich bzw. Benelux erstreckenden
Höhenrücken mit einer Höhenantizylone über Nordwestrussland verbindet. Flankiert
wird die Brücke von Höhentrögen über Ost- und Südosteuropa sowie von einem
hochreichenden und umfangreichen Zentraltief mit Zentrum sowohl am Boden als
auch in der Höhe knapp nördlich von Island. Letzteres weitet sich im Laufe der
Nacht Richtung Nordsee und Mitteleuropa aus, so dass die Brücke von Nordwesten
her abgebaut und nach Südosten abgedrängt wird. Damit wird ein Wechsel hin zu
einer deutlich zyklonaler geprägten Witterung eingeleitet.
Bereits im Laufe der Nacht setzt im Vorhersagebereich verbreitet Druckfall ein,
der Schwerpunkt des noch blockierend wirkenden umfangreichen und nach wie vor
kräftigen Bodenhochs über Nordosteuropa verlagert sich allerdings nur zögernd
ostwärts. Die daraus resultierende Gradientzunahme führt im Laufe der Nacht zu
einem weiteren Auffrischen des Südost- bis Südwindes an der Südwestflanke des
Hochs. An den Küsten ist der Wind ablandig, so dass warnrelevante Böen (Bft 7
bis 8) wohl nur auf den Nordseeinseln auftreten, vielleicht auch entlang
exponierter Küstenabschnitte. In den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge
reicht es im Laufe der Nacht ebenfalls für Böen Bft 7 bis 8, eventuell auch in
einigen Südost- Nordwest ausgerichteten Tälern entlang der östlichen
Mittelgebirge.
Ansonsten dominiert noch der antizyklonale Einfluss und die Nacht verläuft
wettertechnisch ruhig. Vor allem in der Südhälfte und im Nordosten hält sich
vielerorts Hochnebel, im Südosten Bayerns kann es aufgrund schwacher
Aufgleitprozesse am Rande des osteuropäischen Troges zeitweise leicht schneien
(wenige Zentimeter). Bei verbreitet leichtem Frost muss dort dann mit Glätte
gerechnet werden. Auch sonst gibt es - von wenigen Ausnahmen vor allem im Westen
abgesehen - verbreitet leichten, bei Aufklaren im Osten und an den Alpen auch
mäßigen Frost. Vereinzelt kann sich auch Nebel bilden.

Montag ... weitet sich der umfangreiche nordostatlantische Höhentrog nach Süden
aus und kommt ein wenig nach Osten voran. Auf dessen Vorderseite setzt markante
WLA ein. Bis Dienstag, 00 UTC greift die Trogachse dann allmählich auf
Mitteleuropa über.
Das korrespondierende Orkantief bei Island bleibt fast quasistationär und füllt
sich kaum auf. Dessen Frontensystem kommt unter fortschreitendem
Okklusionsprozess zunächst rasch, später dann aufgrund der nach wie vor
vorhandenen Blockadewirkung durch das russische Bodenhoch etwas langsamer nach
Osten voran und greift abends auf den Westen Deutschlands über. Mit Annäherung
des Frontensystems verschärft sich der Gradient weiter und der Wind frischt
deutlich aus Südost bis Süd auf. Mit Passage des Frontensystems dreht er auf
Südwest. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es zunehmend
stürmische Böen oder Sturmböen, abends auf exponierten Gipfeln (Brocken,
Fichtelberg) auch schwere Sturmböen oder orkanartige Böen. An den Küsten muss
mit stürmischen Böen, über der offenen See bzw. auf den Inseln mit Sturm-,
vereinzelt auch mit schweren Sturmböen (Helgoland) gerechnet werden.
Spätnachmittags und abends gibt es dann auch in den Niederungen West- und
Nordwestdeutschland steife Böen. Mit Passage des Frontensystems dreht der Wind
auf Südwest.
Präfrontal setzt am Nachmittag im Westen und Nordwesten Regen ein, die Mengen
bleiben aber noch gering, bis zum Abend werden kaum mehr als 5 mm simuliert.
Schnee fällt wohl nur in den höheren Mittelgebirgslagen, oberhalb von etwa 500
bis 600 m.
Im Osten und Süden bleibt es noch trocken, wobei sich vor allem im Osten Bayerns
und entlang der Donau gebietsweise Hochnebel halten kann und sich sonst aber
auch mal die Sonne zeigt. In den Hochnebelregionen kann es leichten Dauerfrost
geben, sonst werden Höchstwerte zwischen 1 und 8 Grad erreicht, die höchsten
Werte im Westen.

In der Nacht zum Dienstag kommt die Okklusion allmählich ostwärts voran und
erreicht morgens den Osten des Landes bzw. den äußersten Süden. Im Frontbereich
bzw. präfrontal gibt es verbreitet Niederschläge leichter, in den Weststaulagen
auch mäßiger Intensität, die nach Osten zu zunächst teilweise bis in tiefere
Lagen als Schnee fallen, dann aber bald in Regen übergehen. Nach Osten zu kann
es aber vor allem im Bergland noch einige Zentimeter Neuschnee geben.
Vor allem im Südosten, entlang der Donau sowie an den Alpen, vielleicht auch im
Nordosten kann es vorübergehend auch Regen mit Glatteisbildung geben (Unwetter
nicht ausgeschlossen). Die genaue Entwicklung diesbezüglich muss aber noch
abgewartet werden, erste Hinweise darauf ("warme Nasen" in den Prognosesoundings
bzw. die "Schlangen" in der Wetterinterpretation) tauchen in den Modellvorgaben
aber bereits auf.
Da die Front mangels Schubkomponente über Süddeutschland kaum mehr nach Süden
vorankommt und ins Schleifen gerät, stellt sich dort in einigen Regionen,
insbesondere in den Weststaulagen des Schwarzwaldes und im Oberallgäu eine
markante Dauerregenlage ein, die voraussichtlich bis Dienstagabend oder
Mittwochfrüh andauert, ehe die Schneefallgrenze deutlich absinkt. Signale für
unwetterartige Mengen (nur in flüssiger Phase) gibt es derzeit aber keine.
Auch in den Weststaulagen der übrigen Mittelgebirge regnet es kräftiger,
gebietsweise (von Modell zu Modell noch leicht unterschiedlich) werden um 20 mm
in 12 Stunden simuliert, am ehesten wohl in den Staulagen der Mittelgebirge in
den mittleren Landesteilen, wo es bis Dienstagmittag auch für markanten
Dauerregen (über 25 mm in 12 bzw. über 30 mm in 24 Stunden) reichen kann.
In den Norden und Westen sowie in die mittleren Landesteile gelangt postfrontal
ein Schwall höhenkalter Meeresluft polaren Ursprungs. Die Temperaturen in 500
hPa sinken auf -30 bis -34 Grad, in 850 hPa auf -2 bis -4 Grad. Die Folge sind
postfrontale Regen- und Graupelschauer, im Bergland, etwa oberhalb von etwa 600
bis 800 m auch Schneeschauer, wobei ein kurzes Gewitter vor allem ausgangs der
Nacht und im Nordwesten nicht ausgeschlossen werden kann.
Der Wind spielt natürlich weiterhin ebenfalls eine Rolle. Er dreht postfrontal
allgemein auf Südwest, wobei der Gradient nach Frontpassage vor allem im Norden
auffächert. Im Westen und Südwesten gibt es recht verbreitet steife Böen, in
freien Lagen auch stürmische Böen. Auf den Bergen muss mit Sturm- und schweren
Sturmböen gerechnet werden, auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg)
anfangs auch mit orkanartigen Böen.
Leichten Frost gibt es wohl nur noch im Südosten und Osten.

Dienstag ... weitet sich der umfangreiche Höhentrog noch weiter nach ost- und
Südosteuropa aus und wird in weiterer Folge durch einen von Westen
hereinlaufenden Randtrog im Bereich der Britischen Inseln und Nordsee wieder
regeneriert. Somit dreht die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet allmählich
mehr auf West und das Frontensystem über dem äußersten Süden des Landes kommt
mangels Schubkomponente zunächst nicht weiter nach Süden voran. Dabei bleiben
über der Südhälfte weiterhin durch WLA noch zusätzlich unterstützte frontale
Hebungsprozesse wirksam.
Die Folge sind weitere Niederschläge, die sich an den Westhängen der
Mittelgebirge (Schwarzwald, Bayerischer Wald) und auch im Oberallgäu stauen.
Dort werden nochmals 10 bis über 15 mm in 12 Stunden, in exponierten Staulagen
auch über 20 mm (bis 25 mm im Nordschwarzwald im aktuellen ICON-Nest) simuliert.
Die Schneefallgrenze liegt bis zum Abend noch meist bei 800 m (im
Nordschwarzwald und im bayerischen Wald eventuell schon darunter, an den Alpen
dagegen noch oberhalb von 1000 m), so dass die Dauerregenlage in einigen
Regionen anhält (mit Mengen zwischen 30 und 40 mm, punktuell darüber im Zeitraum
Mo, 18 bis Di, 18 UTC).
In den Norden und in die Mitte des Landes gelangt dagegen weiterhin Meeresluft
polaren Ursprungs, wobei die Temperaturen in allen Höhenlagen im Trogbereich
sukzessive zurückgehen. In 500 hPa sinken sie auch etwa -32 bis -37 Grad, in 850
hPa auf -4 bis -6 Grad. Die Folge sind weitere Regen-, Schneeregen- und
Graupelschauer sowie kurze Gewitter. Oberhalb von etwa 400 m fallen die Schauer
überwiegend in der festen Phase, so dass es auch einige Zentimeter Neuschnee
geben kann (im westlichen Bergland werden an die 10 mm in 12 Stunden simuliert,
also punktuell auch durchaus bis 10 cm Neuschnee, sonst meist weniger als 5). In
kräftigen Schauern kann es auch bis nach "ganz unten" vorübergehend Glätte durch
Matsch geben.
An der Windsituation ändert sich nur wenig, er kann vor allem im Süden und
Südwesten im Bereich einer durchschwenkenden flachen Welle entlang des
Frontensystems vorübergehend noch etwas zulegen. Dann gibt es dort auch in den
Niederungen verbreitet Böen Bft 7 bis 8, in freien Lagen eventuell auch Bft 9
(vor allem im Alpenvorland). Auf den Bergen muss mit Sturmböen bis hin zu
orkanartigen Böen auf exponierten Gipfeln gerechnet werden. Im Norden und Osten
gestaltet sich die Windsituation im Trogbereich etwas entspannter und es reicht
wohl nur in Schauernähe sowie an den Küsten für Böen Bft 7 bis 8, in kräftigeren
Schauern vielleicht auch mal für eine Bft 9 (Oberwind von 40 kn in 850 hPa).
Während es in der Südhälfte meist stark bewölkt bis bedeckt bleibt, kann sich im
Norden und in der Mitte zwischen den Schauern auch mal kurz die Sonne zeigen.
Die Temperaturen steigen in der gut durchmischten Meeresluftmasse auf 4 bis 8
Grad, im Südwesten örtlich auch bis auf 12 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch greift der oben genannte Randtrog auf das westliche
Mitteleuropa über. Trogvorderseitig kommt das Frontensystem über Süddeutschland
zunächst nur langsam nach Süden voran, passiert dann aber in den Frühstunden
doch mal endlich den Bayerischen Alpenrand südwärts. Somit dauern die
Niederschläge im Süden noch weiter an, gehen aber von Norden her zunehmend bis
in mittlere Höhenlagen in Schnee über und klingen später - mit Ausnahme des
Alpenrandes und des südlichen Vorlandes - ab. Somit geht die Dauerregenlage zu
Ende - im Schwarzwald werden nach Lesart des aktuellen ICON-Laufes nur noch 5
bis 15 mm, in exponierten Staulagen bis nahe 20 mm simuliert, wobei die
Schneefallgrenze allmählich bis auf etwa 400 m sinkt. Am Alpenrand sind es in
Staulagen dagegen 25 bis 40 mm (nach GFS bzw. ECMWF von 00 UTC weniger), wobei
es auch dort in der Früh bis in die Täler schneit. Somit wird wohl ziemlich
sicher eine markante Schneefallwarnung fällig, für Unwetter dürfte es bei
Inanspruchnahme der Einzelfallentscheidung für Lagen oberhalb von 800 m (dort
können durchaus über 20 cm fallen) wohl nicht reichen.
Mit Frontpassage kommt auch die Höhenkaltluft nach Süddeutschland voran, morgens
bewegen sich die Temperaturen in 500 hPa zwischen -33 Grad an den Alpen und -38
Grad im Westen, die Temperaturen in 850 hpa zwischen -4 und -7 Grad. Die Folgen
sind eine hochreichend labile Schichtung und weitere, teils gewittrige Schnee-,
Regen- und Graupelschauer, die allmählich auch auf Süddeutschland übergreifen.
Gewitter kann es auch mit Frontpassage an den Alpen bzw. im Alpenvorland geben.
Teilweise schneit es in den Schauern auch bis nach "ganz unten", wobei dann mit
Glätte zu rechnen ist. Oberhalb von etwa 300 bis 500 m fallen um 5 cm Neuschnee,
in Staulagen auch um 10 cm, im Hochschwarzwald bis an die 20 cm. Im
Norddeutschen Tiefland sowie in der Osthälfte werden nur vereinzelte Schauer
simuliert, da hier ein sehr flach ausgeprägter "Rücken", der sich zwischen den
beiden Trogachsen befindet, wirksam ist und für leichtes Absinken sorgt.
Der Wind nimmt auch im Südwesten und Süden postfrontal wieder ab, in Schauern
und Gewittern kann es aber Böen Bft 7, vereinzelt 8 aus West bis Südwest geben,
ebenso an den Küsten. Auf den Bergen bleibt es bei Sturm- bis schweren
Sturmböen, auf exponierten Alpengipfeln auch orkanartigen Böen.
Während es in den Niederungen vielerorts frostfrei bleibt, gibt es oberhalb von
etwa 300 bis 500 m wohl verbreitet leichten Frost.

Mittwoch ... schwenkt der kurzwellige Randtrog von Westnordwest her rasch über
das Vorhersagegebiet hinweg südostwärts, dahinter stellt sich eine nordwestliche
Höhenströmung ein. Im Bodenfeld verlagert sich das wetterbestimmende Zentraltief
allmählich ins Seegebiet östlich von Island und füllt sich zögernd auf. Im Lee
des Norwegischen Gebirges entwickelt sich über der Nordsee ein Bodentrog und
kommt allmählich ostsüdostwärts voran, was letztendlich auch über dem
Vorhersagegebiet zu einer Gradientverschärfung führt.
Im Trogbereich dauert die Advektion höhenkalter maritimer Polarluft weiter an
und erreicht mit Durchschwenken des Kurzwellentroges einen vorläufigen
Höhepunkt. Die Temperaturen in 500 hPa bewegen sich weiterhin um -38 Grad, in
850 hPa zwischen -4 und -8 Grad. Die Folge sind verbreitete Schneeregen-,
Schnee- und Graupelschauer, oberhalb von 200 bis 500 m fällt durchwegs Schnee.
Vor allem in den Staulagen des Schwarzwaldes und des Bayerischen Waldes sowie am
Alpenrand werden mehr als 10 mm in 12 Stunden simuliert, im Oberallgäu auch bis
über 20 mm. Somit können dort 10 bis 15 cm Neuschnee fallen, in den Staulagen
des Oberallgäus sind auch um 30 cm denkbar. In den übrigen Mittelgebirgen fallen
weniger als 10 mm (also etwa 5 bis 10 cm Neuschnee oberhalb von etwa 400 m), in
den Niederungen meist nur wenige mm, in einigen Leelagen kann es sogar trocken
bleiben.
Außer im Nordosten frischt der Wind auch außerhalb der Schauer überall wieder
auf und es gibt Böen Bft 7, in freien Lagen vor allem im Südwesten und Süden
sowie an der Nordsee auch stürmische Böen (Bft 8). In Schauern kann es generell
stürmische Böen geben. Auf den Berggipfeln muss mit Böen Bft 9 bis 11 gerechnet
werden.
Die Temperaturen gehen allgemein etwas zurück und erreichen noch Höchstwerte
zwischen 3 und 7 Grad, oberhalb von 400 m (in der Mitte) und 700 m (im Süden)
gibt es Dauerfrost.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristbereich eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Natürlich gibt es noch kleine Differenzen bzgl. der genauen
Verteilung und Intensität der Niederschläge. Nahezu alle Modelle simulieren
allerdings im Zeitraum Montag, 18 UTC bis Dienstag, 18 UTC in den Weststaulagen
der meisten Mittelgebirge Niederschlagsmengen, die die Warnschwellen für
markanten Dauerregen knapp überschreiten. Auch die probabilistischen Verfahren
führen zu einem ähnlichen Ergebnis.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff