DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-01-2018 09:00
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.01.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SE z
Am Abend und in der Nacht zum Mittwoch im Nordosten Gefahr von gefrierendem
Sprühregen und somit örtlich Glatteis. Außerdem heute bis in die Nacht zum
Mittwoch hinein an der Küste und im Bergland Sturmböen, auf Alpengipfeln durch
Föhn anfangs schwere Sturm- und orkanartige Böen. Am Mittwoch wahrscheinlich nur
noch auf höheren Berggipfeln einzelne Sturmböen. Ansonsten keine markanten
Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... wird der über Deutschland liegende Höhenrücken durch einen von
Südfrankreich nach Nordosten ausgreifenden Trog nach Osten abgedrängt. Dieser
Trog, der in höheren Troposphärenschichten bereits als Cut-Off-Tief in
Erscheinung tritt, ist Bestandteil eines über dem nahen Ostatlantik liegenden
Langwellentroges. Allerdings weist dieses Gebilde nur geringe dynamische
Antriebe auf, so dass vorderseitige Hebung zwar von Westen und Südwesten her
wieder mehrschichtige Bewölkung, aber keine nennenswerten Niederschläge
übergreifen lässt. Dabei ist diese Aussage mit Vorsicht zu genießen, worauf
später noch detailliert eingegangen wird. Die Niederschläge konzentrieren sich
staubedingt auf die Südseite des Alpenhauptkammes. Zumindest hat Druckfall
eingesetzt, wodurch nach Norden und Osten hin ein kräftiger Gradient bestehen
bleibt. Hierdurch treten an den Küsten weiterhin Wind- und stürmische Böen und
im Bergland Sturmböen auf; zudem tritt am Erzgebirgsrand und in Teilen der
Lausitz der "Böhmische Wind" mit Wind- und stürmischen Böen in Erscheinung. Am
Alpenrand bleibt die Föhnlage mit Böen bis hin zu Orkanstärke auf exponierten
Berggipfeln vorerst noch bestehen.
Nach Norden und Osten hin hält ein Hochkeil dagegen, der von einem Hoch über der
Ukraine nach Südskandinavien gerichtet ist. Bei klarem Himmel trat dort erneut
verbreitet leichter Frost auf, wenngleich bedingt durch den kräftigen Gradienten
die Temperaturen nicht mehr ganz so tief lagen wie in der Nacht zuvor. Aber
advektiv (in diesen Gebieten hält sich ja eine kräftige Ostströmung) ist dort
tagsüber nur ein geringer Temperaturanstieg zu erwarten. Vielmehr zeichnet sich
ab, dass sich dort zuvor mehrschichtige Bewölkung hereinschiebt, was einen
Temperaturanstieg vereiteln dürfte.
Auflockerungen sind somit im Nordosten und föhnbedingt auch am Alpenrand noch am
wahrscheinlichsten. In diesen Gebieten sind zumindest anfangs längere sonnige
Abschnitte nicht auszuschließen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden
und Nordosten nur wenig über 0 Grad. In der Mitte und im Westen sowie im
Südwesten sind 3 bis 9 Grad zu erwarten, im Süden und Südosten wird es
föhnbedingt mit 9 bis 14 Grad sehr mild.
Am Abend und in der Nacht zum Mittwoch gewinnt der von Frankreich übergreifende,
aber antriebsschwache Trog vollends und auch im Nordosten die Oberhand. Durch
kurzwellige Anteile, die nach Norden ablaufen, wird Hebung ausgelöst. Hierdurch
können die Niederschläge, die bereits zuvor im Südwesten eingesetzt haben, nach
Nordosten ausgreifen. Mit welcher Intensität dies geschieht, ist noch sehr
unsicher. Sollten der Nordosten von nennenswerten Niederschlägen erfasst werden,
fallen diese infolge der durchweg positiven Temperaturen in der unteren
Troposphäre in flüssiger Phase. Aufgrund des in diesen Gebieten gefrorenen
Erdbodens besteht die Gefahr von Glatteis. In Abhängigkeit von den zu
erwartenden Niederschlagssummen ist dann die Warnstufe zu wählen, wobei, die
entsprechenden Niederschläge vorausgesetzt, durchaus unwetterartige Auswirkungen
vorstellbar sind.
Mit dem Zurückweichen des Hochkeils und dem Übergreifen der Tiefdruckrinne auf
den Nordosten fächert der Gradient auf, so dass der Wind abflaut und auch der
Föhn an den Alpen zusammenbricht. Ab der zweiten Nachthälfte sollten
warnrelevante Böen nur noch an einigen Abschnitten der Ostseeküste sowie auf
höheren Berggipfeln und durch "Böhmischen Wind" bedingt anfangs auch noch in
Teilen der Lausitz auftreten.

Mittwoch... verbleibt Deutschland im Einflussbereich des breiten und
antriebsschwachen Troges, wobei eine schwache südwestliche und durch kurzwellige
Anteile bedingt leicht mäandrierende Strömung erkennbar ist. Schwache
Hebungsprozesse lassen Niederschläge von meist geringer Intensität auf den
Norden und Nordosten sowie auf Teile Westdeutschlands übergreifen. Nach Osten
und Südosten hin dürfte es weitgehend trocken bleiben. Auflockerungen sind dort
am wahrscheinlichsten.
Im Nordosten und ganz im Norden ist infolge des dort noch gefrorenen Bodens
zumindest in den Frühstunden noch die gefrierende Phase vorstellbar, wenngleich
unwetterartige Auswirkungen zum einen aufgrund der ohnehin nur geringen
Niederschläge, zum anderen aus der fortschreitenden Erwärmung resultierend wenig
wahrscheinlich sind. Immerhin setzt sich in Bodennähe die südwestliche, wenn
auch schwache Strömung auch in diesen Gebieten durch. Für warnrelevante Böen
dürfte es daher nur auf höheren Berggipfeln und anfangs auch an der Ostseeküste
reichen. Die Temperatur steigt auf 7 bis 12, ganz im Norden und Nordosten auf 3
bis 7 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag verbleibt Deutschland in einem schwachgradientigen
Bereich und in einem von geringen Geopotentialunterschieden geprägten Umfeld.
Eine kräftige Tiefentwicklung vor der Bretagne bleibt ohne Einfluss auf unser
Wettergeschehen. Geringe Niederschläge treten dann allenfalls noch im Nordwesten
und Westen auf. Ansonsten ist das Wettergeschehen durch Prozesse der
Luftmassenalterung geprägt. Dort, wo am Tage zuvor dir Wolken auflockern
konnten, bildet sich alsbald Nebel. Zuvor kann dort eine Abkühlung in den
Bereich leichten Frostes erfolgen, so dass durch Reif Glättegefahr besteht.

Donnerstag... weitet sich der wetterbestimmende Trog mehr nach Süden aus, so
dass sich das durch dynamische Antriebe geprägte Wettergeschehen in den
Mittelmeerraum verlagert. Über West- und dem nördlichen Mitteleuropa setzt
Druckanstieg ein, was in der Bildung einer Hochbrücke mündet. Diese stellt die
Verbindung zwischen dem seit längerer Zeit über Nordosteuropa liegenden Hoch und
einem Hoch südlich der Azoren dar. Insgesamt verbleibt Deutschland in einem
gradientschwachen Umfeld, das jedoch zusehends antizyklonal geprägt ist.
Nennenswerte Niederschläge sollten daher nicht auftreten; auch der Wind bietet
keinen Anlass für entsprechende Warnungen. Die Luftmassenalterung wird somit
voranschreiten.
Auflockerungen dürften daher nicht mehr so verbreitet auftreten wie an den Tagen
zuvor und auf die Nordseiten einiger Mittelgebirge beschränkt bleiben mit der
Folge, dass sich gegenüber den Vortagen ein Temperaturrückgang ergibt. Je nach
Auflösung von Nebel und Hochnebel sind 1 bis 6, im Westen und Nordwesten, wo es
aufgrund von Bewölkung in der Nacht zuvor frostfrei blieb, bis 8 Grad zu
erwarten.
In der Nacht zum Freitag setzt sich auch mitteltroposphärisch zusehends
antizyklonaler Einfluss durch, in dessen Folge sich über Nordeuropa ein breiter
Rücken aufwölbt. Als Gegenspieler zu dem Höhentief über dem zentralen
Mittelmeerraum ergibt sich eine "High over Low"-Situation, die vorerst relativ
stabil sein dürfte. Dies führt zu einer Kräftigung der über dem nördlichen
Mitteleuropa liegenden Hochbrücke. Schwache Hebungsprozesse, die aus dem
südeuropäischen Höhentief resultieren, können dann auf den östlichen Alpenrand
und vielleicht den östlichen Mittelgebirgsraum übergreifen und dort oberhalb von
etwa 800 Metern für geringe Schneefälle sorgen. Allerdings reicht es dort nur,
wenn überhaupt, für wenige Zentimeter Neuschnee. Für die anderen Gebiete bleibt
nur, eine fortschreitende Luftmassenalterung zu beschreiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Allerdings ergeben sich bzgl. der abgeleiteten Prognosefelder zu
Beginn des Vorhersagezeitraumes durchaus signifikante Unterschiede. Hier sollen
zuerst die Niederschläge genannt werden, die ab heute Abend auf den Nordosten
Deutschlands übergreifen und dort zu Glatteis führen können. Während die
deutsche Modellkette mit Niederschlagssummen bis knapp 5 mm innerhalb von 6
Stunden operiert, wären nach EZMW nur 1 bis 2 mm zu erwarten, die dann dort
fallen würden, wo der Erdboden ohnehin nicht gefroren ist. EURO4 belässt es
weitgehend niederschlagsfrei; GFS stützt jedoch die Variante der deutschen
Modellkette. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes zeigt zwar eine ähnliche
Niederschlagsverteilung wie die deutsche Modellkette, belässt es aber bei Summen
von meist weniger als 1 mm innerhalb von 6 Stunden. Abgeleitete Verfahren wie
Model Mix liefern Signale für Glätte (nicht für Glatteis) in Gebieten, wo der
Boden meist nicht mehr gefroren ist. Um die Lage adäquat abzuwarnen, bleibt nur
noch Nowcasting anhand aktueller Beobachtungen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann