DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-12-2017 09:00
SXEU31 DWAV 250800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 25.12.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wa

Im Norden windig, im Süden ruhig und teils freundlich. In der Nacht zum und am
2ten Weihnachtstag im Nordwesten kräftig auflebender Wind.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland unter einem breiten und flachen Höhenrücken, dessen
Achse bei einer gleichmäßig antizyklonalen Krümmung nur schwer auszumachen ist.
Im Laufe des Tages wandert der Rücken allmählich nach Osten. Dabei tritt auch
seine Achse wieder klarer hervor, sie soll zum Abend etwa vom Balkan über den
Westen Polens bis nach Südschweden verlaufen. Damit gelangt vor allem der Westen
Deutschlands zunehmend auf die Vorderseite eines Langwellentroges über dem nahen
Ostatlantik und damit auch unter eine mehr südwestliche bis südliche
Höhenströmung. Bodennah korrespondiert mit dem Rücken ein Hoch über den Alpen,
das im Tagesverlauf mit seinem Schwerpunkt nach Rumänien wandert. An seiner
Nordwestflanke macht sich über dem Nordwesten Deutschlands zunehmend tiefer
Luftdruck bemerkbar, u.a. zeigt sich dies in einem leicht schärferen Gradienten
und einem in der Folge lebhaften Wind, vor allem an den Küsten und im
angrenzenden Binnenland. Nennenswerte Modellunterschiede lassen sich dabei nicht
ausmachen. Sowohl die Deutsche Modellkette als auch EZMW und GFS liefern
bezüglich der Max-Winde als Modelloutput an der Küste und im angrenzenden
Binnenland Windböen, an der Küste auch stürmische Böen und ganz vereinzelte
Sturmböen. Auf dem Brocken sind schwere Sturmböen möglich. Diese Sicht wird auch
von der Probabilistik geteilt, COSMO-LEPS und auch PEPS liefern im Norden für
Windböen teils Wahrscheinlichkeiten bis 100%. Weiter im Süden ist es
windtechnisch vergleichsweise ruhig, allenfalls in Gipfellagen kann es einzelne
Böen Bft 7 geben. Vor allem dort beschränkt sich die Wolkendecke auf dünnen
Stratus in der Grundschicht. Da die Inversion, an der sich der Stratus gebildet
hat, im Tagesverlauf durch das Absinken unter dem Rücken ebenfalls gedrückt
wird, ragen die höheren Lagen im Süden zunehmend aus der Wolkendecke heraus.
Ebenfalls zunehmend freundlich, wenn auch deutlich zögerlicher, wird es mit auf
Südwest drehendem Wind im Nordostlee der Mittelgebirge, zumal mit dem leichten
Auflegen des Windes auch die Durchmischung verbessert wird.

In der Nach zu Dienstag greift vom Atlantik her der Langwellentrog auf
Westeuropa über, Deutschland gelangt somit auf dessen Vorderseite. Das
zugehörige Bodentief sehen die Modelle (ICON, GFS, EZMW) vor der Südwestküste
Norwegens. Dabei simuliert allerdings EZMW ein sehr markantes Randtief über den
südwestlichen Niederlanden, welches speziell auf der Süd- und Südostflanke des
Tiefs den Gradienten deutlich verschärft. Nach diesem Modell, wobei hier der
12-UTC-Lauf des gestrigen Sonntags zugrunde liegt, müsste ausgangs der Nacht in
Eifel und Hunsrück mit Böen bis Bft 10/11 gerechnet werden, letzteres per
definitionem Unwetter. Die heutigen 00-UTC-Läufe von ICON und GFS sehen diesen
Randtrog wesentlich schwächer, was auch eine entsprechend schwächere
Windentwicklung zur Folge hat. Darüber hinaus wird von diesem Modellen das
Hauptwindfeld auf der Nordsee gerechnet, was an den Küsten Bft 8/9, im
Binnenland Bft 7 zur Folge haben sollte. Zwar simulieren diese Modelle auf dem
Brocken auch Böen Bft 10, allerdings sind die übrigen Hoch- und Gipfellagen nur
mit Böen Bft 7/8 mit von der Partie. Die zu dem Tief gehörende Kaltfront greift
in der Nacht auf den Nordwesten über, bis zum Morgen soll sie etwa eine Linie
Elbmündung-Eifel erreichen, wobei die Modelle den daran geknüpften Niederschlag
postfrontal rechnen. Im Niederschlagsmuster etwas anders erscheint, aufgrund der
angesprochenen unterschiedlichen Druckverhältnisse, die EZMW-Lösung. Hier
erscheint es ratsam, den 00-UTC-Lauf abzuwarten, um zu schauen, ob die aktuelle
singuläre Lösung dann immer noch auftaucht. Die bis zum Morgen simulierten
Niederschlagsmengen liegen bei den betrachteten Modellen in der Spitze unisono
nur bei einigen wenigen mm (Maximum: GFS mit etwa 3 mm), und obwohl die
Schneefallgrenze im Nordwesten und Westen rasch von Werten deutlich über 1000 m
auf etwa 700 Meter absinkt, sollte bis zum Morgen durchweg Regen fallen. Größere
wolkenarme Gebiete zeigen sich vor allem südlich des Mains. Dort ist leichter,
an den Alpen auch mäßiger Frost zu erwarten, wobei die (mittelhohen) Berge
oberhalb der Inversion frostfrei bleiben. Auch Nebel ist in Teilen Bayerns und
Baden-Württembergs wieder ein Thema.

Dienstag... wird der Langwellentrog über dem Atlantik regeneriert, sein mehr
kurzwelligen Charakter annehmender Teil über der Nordsee schwächt sich deutlich
ab und wird rasch über den Norden hinweg ostwärts geführt. Die höhenkalte Luft
dort (unter -33 Grad in 500 hPa) könnte dabei für so viel Labilität sorgen, dass
auch ein kurzes Gewitter ausgelöst werden kann. Das zum Langwellentrog gehörige
Bodentief liegt zum Abend zwischen Oslo-und Tromsöfjord. Die Kaltfront des Tiefs
überquert den Norden ebenfalls zügig, sie soll zum Mittag schon Polen erreichen,
allerdings in ihrem südlichen Teil leicht schleifend werden. Dies lässt sich
auch in den Feuchtefeldern erkennen, in denen südliches des Mains zum Abend hin
Werte von weit über 90% rel. Feuchte in 700 hPa zeigen, wogegen die Luft über
dem Norden zusehends austrocknet. Dies ist nicht nur der grundsätzlich
trockeneren Luftmasse geschuldet, sondern auch einem Austrocknen infolge
Absinkens. Letzteres ist einer konfluenten Höhenströmung und einem schwachen
Rücken geschuldet, der sich über dem Ärmelkanal zwischen einem Höhentief über
Südnorwegen und einem weiteren, das sich südwestlich der Britischen Inseln
bildet, aufwölbt. Entsprechend entspannt sich die Windsituation über den Tag
hinweg. Sind anfangs an der Küste schwere Sturmböen (Bft 10) und möglicherweise
auch orkanartige Böen (Bft 11) zu erwarten, so soll der Küstenbereich zum Abend
nur noch von Böen Bft 7/8, vereinzelt vielleicht auch noch Bft 9 betroffen sein.
In den Mittalgebirgen liegt die Windspanne wohl ebenfalls zwischen 7 und 11 Bft,
mit den höchsten Werten auf dem Brocken. Rückseitig der Kaltfront fließt kalte
Luft ein, die Temperaturen in 850 hPa sollen zum Abend im Norden um -5 Grad
liegen. Südlich einer Linie Bodensee - Oberpfalz bleiben die Werte noch im
positiven Bereich. Entsprechend fällt nur in den Hochlagen der Mittelgebirge
oberhalb von etwa 600 bis 800 m Schnee oder Schneeregen, die Mengen bleiben
ohnehin überschaubar. In der ersten Tageshälfte, wenn vor allem die Westhälfte
von Niederschlägen betroffen sein wird, zeigen die Modelle (ICON, GFS, EZMW,
EURO4, COSMO-DE) maximal Mengen bis 5 mm in 6 Stunden. Insgesamt lassen die
Niederschläge in der 2ten Tageshälfte nach, nur in einem Streifen von Sachsen
und Thüringen bis zum Oberrhein soll es noch geringen - meist Regen -
Niederschlag geben, mit (wohl nicht warnwürdigen) Stausignalen am Schwarzwald.


In der Nacht zu Mittwoch regeneriert und amplifiziert sich der Trog über
Westeuropa, seine Achse greift zum Morgen in Richtung Pyrenäen aus. Zwischen
diesem Langwellentrog und dem kurzwelligen Residuum über der nördlichen Ostsee
zeigt sich über dem Nordwesten Deutschlands ein schwacher Rücken, über dem Süden
ist die Südwestliche Höhenströmung weitgehend gradlinig. An den Langwellentrog
gekoppelt zieht von West nach Ost ein Tief über die Britischen Inseln, welches
ausgangs der Nacht über dem Nordausgang des Ärmelkanals liegt. Sein Windfeld
greift aber voraussichtlich noch nicht auf Deutschland über. Somit könnte die
Nacht zu Mittwoch bezüglich Wind nur wenige Warnungen erforderlich machen, davon
einzelne aber an den Alpen, wo sich ein Föhnstiuation einstellt mit Böen bis in
den orkanartigen Bereich. Allerdings ist, wenn der Föhn nicht bis zum Boden
durchgreift, südlich der Donau und auch in höheren Mittelgebirgslagen wieder mit
leichtem Frost und entsprechender Glätte zu rechnen, lokal kann in den höchsten
Lagen der Mittelgebirge auch etwas Schnee fallen, der ICON-Schneeanteil ist
diesbezüglich aber sehr defensiv.

Mittwoch... und in der Nacht zu Donnerstag greift der Langwellentrog nach Osten
aus, in der Nacht zu Donnerstag liegt ganz Deutschland im Einflussbereich des
Troges. Das Tief am Ärmelkanal zieht über die Deutsche Bucht zur Nordspitze
Dänemarks, die Luftdruckgegensätze in seinem Bereich sind allerdings gering.
Erst Rückseitig zieht der Gradient wieder etwas an, so dass lokal starke Böen
auftreten können. Die Windsituation liefert warntechnisch zwar keinen Grund zur
Beunruhigung, der Wind ist aber lebhaft und sorgt für gute Durchmischung, so
dass Frost nur noch in Hochlagen ein Thema sein sollte. Bezüglich des
Niederschlages sieht das anders aus. Ausgangs der Nacht liegen die 850er
Temperaturen im Westen und Süden zwischen -2 und -5 Grad, so dass dort
Schneefall, möglicherweise auch kräftigerer, möglich ist. Dies ist auch einem
Tief über dem Golf von Genua geschuldet, welches feuchte Luft über die Alpen
nach Norden transportiert. Die Modelle liefern an den Alpen 6-stündige
Niederschlagsmaxima von über 10 mm, was über die Nacht hinweg in höheren Lagen
bis zu 30 cm Neuschnee bedeuten könnte. Da die Modelle allerdings, wie
geschildert, schon in den nächsten 24 Stunden deutliche Unterschiede zeigen,
sollen die Modellunterschiede am Mittwoch hier nicht im Detail erörtert werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen schon in den nächsten 24 Stunden deutliche Unterschiede. EZMW
modelliert Sturm und orkanartige Böen im Nordseeumfeld und im Südwesten, ICON
und GFS zeigen solch starken Wind nur im Nordwesten (und, wie auch EZMW, auf
exponierten Berggipfeln). Diese Unterschiede in den Windfeldern zeigen sich auch
beim inzwischen verfügbaren 00-UTC-Lauf von EZMW. In der Folge unterscheiden
sich z.B. auch die Niederschlagsfelder und die Verlagerung der Front und der
nachfolgenden Kaltluft (Temperaturen 850 hPa). Gemein ist den Modellen aber,
dass sie am Dienstag insgesamt nur wenig Niederschlag simulieren. Weitere
Details zu den Modellunterschieden sind im Text zu finden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas