DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-12-2017 21:00
SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 19.12.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts im Südosten und im zentralen Mittelgebirgsraum leichter Schneefall und
Glätte, vereinzelt auch Glatteisregen möglich. Mittwoch und Donnerstag weitere
Niederschläge, auch im Südosten zögernd milder, Donnerstagfrüh aber nochmals
Gefahr von Glatteisregen!

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem vom nahen Ostatlantik über
England und die Nordsee bis nach Finnland reichenden Höhenrücken und einem
Langwellentrog, der sich von Osteuropa über den zentralen Mittelmeerraum bis
nach Nordafrika reicht unterhalb einer nordöstlichen Höhenströmung. Beide
Gebilde erweisen sich zunächst fast schon als quasistationär. Die Achse des
Höhenrückens wird nur geringfügig aufgrund allmählicher Südausweitung der weiter
nördlich ablaufenden kräftigen und zonal orientierten Frontalzone nach Süden
gedrückt. Als dynamischer Hebungsantrieb fungiert quasi im gesamten
Vorhersagebereich WLA. Gleichzeitig verlagert sich an der Nordwestflanke des
Osteuropatroges ein Randtrog über das östliche Mitteleuropa südwestwärts zur
Adria. Auf dessen Vorderseite sorgt PVA zusätzlich zur WLA vorübergehend für
etwas markantere Hebungsprozesse in Südostbayern.
Im Bodenfeld hat die Warmfront eines nach Spitzbergen ziehenden Sturmtiefs
inzwischen den Nordwesten des Landes erreicht, kommt aber aufgrund ihrer
höhenströmungsparallelen Exposition kaum nach Osten voran, sondern weitet sich
sogar noch ein wenig nach Süden aus. Das kräftige Hochdruckgebiet mit
Schwerpunkt vor der französischen Biskayaküste schwächt sich ein wenig ab, so
dass die Strömung niedertroposphärisch mehr und mehr auf West bis Nordwest
dreht. Diese bleibt aber weiterhin schwach ausgeprägt und vermag die kältere
Luftmasse über dem Südosten Deutschlands nicht verdrängen. Die Temperatur in 850
hPa steigt bis zum Morgen auf 4 Grad im Nordwesten, während sie in Südostbayern
bei -6 Grad verharrt. Insgesamt kommt die mildere Luft mit der Warmfront aber
geringfügig südostwärts voran.
Im Bereich der Warmfront bzw. unmittelbar präfrontal intensivieren sich die
Niederschläge mit Rückzug des Hochdruckgebietes und etwas zunehmender
Baroklinität im Verlauf der ersten Nachthälfte ein wenig, in erster Linie in
einem Streifen vom Westmecklenburg über das östliche Niedersachsen und den
zentralen Mittelgebirgsraum bis in die Region Hunsrück/Saarland. Bis
Mittwochfrüh werden dort gebietsweise mehr als 5 mm in 12 Stunden simuliert.
Dabei dürfte in den Regionen die flüssige Phase zumindest unterhalb von 400 bis
600 m dominieren, allerdings kann es im Übergangsbereich zur kälteren Luft
speziell im zentralen Mittelgebirgsraum auch bis in etwas tiefere Lagen schneien
(bis maximal 5 cm) oder stellenweise auch gefrierenden Regen geben.
Weiter östlich und südlich intensivieren sich die Niederschläge mit Annäherung
der Warmfront ebenfalls ein wenig, dort fallen allerdings meist nur wenige mm.
Lediglich am ostbayerischen Alpenrand kommen höhere Mengen zusammen, in
Staulagen sogar bis etwa 10 mm oder knapp darüber (GFS weniger). Dort fällt
meist bis in tiefe Lagen Schnee, so dass sich Neuschneehöhen zwischen 1 und 5 cm
ergeben, an den Alpen auch mehr (5 bis 10 cm, in Staulagen des Chiemgaus und des
Berchtesgadener Landes örtlich bis über 15 cm). Vor allem in Ostbayern sowie im
östlichen Mittelgebirgsraum kann es örtlich auch etwas gefrierenden Regen oder
Nieselregen geben.
Im Nordosten bleibt es überwiegend trocken, ab und zu lockern die Wolken auf,
eventuell auch später im Nordwesten. Dann kann sich örtlich Nebel bilden.
Ansonsten bleibt es bedeckt und trüb mit tiefen Wolkenuntergrenzen, so dass es
auch in den Kammlagen der Mittelgebirge Sichtbehinderungen geben kann.
Während es im Norden und Westen überall frostfrei bleibt, muss im Süden und im
äußersten Osten sowie teilweise auch im zentralen Mittelgebirgsraum verbreitet
mit leichtem Frost gerechnet werden.

Mittwoch ... kippt die Achse des Höhenrückens mehr und mehr in die Zonale, kommt
aber weiterhin kaum nach Süden voran. Abends erstreckt sie sich über den
Ärmelkanal und die südliche Nordsee ostnordostwärts über Schleswig-Holstein bis
nach Nordwestrussland. Auch der Osteuropatrog zeigt kaum Verlagerungstendenz, so
dass sich an der großräumigen Potenzialverteilung nur wenig ändert und der
Vorhersagebereich unterhalb der nordöstlichen Höhenströmung verbleibt. Dabei
bleibt weiterhin WLA aktiv.
Im Bodenfeld bleibt es am Rande des Biskayahochs bei recht schwachen
Luftdruckgegensätzen über Deutschland, wobei sich ein Keil des Hochs über
Süddeutschland etwas verstärkt. Somit kommt auch die von Nordost nach Südwest
quer über das Vorhersagegebiet verlaufende Warmfront kaum nach Südosten voran.
Sie erstreckt sich am Abend in etwa von Nordbrandenburg nach Nordbaden. Auch an
der niedertroposphärischen Temperaturverteilung ändert sich nur wenig, etwas
kommt die milde Luft aber nach Südosten voran.
Im Frontbereich gibt es weiterhin Niederschläge, die von den Modellen noch
leicht unterschiedlich simuliert werden, aber mengenmäßig eine ähnliche
Größenordnung wie in der Nacht haben dürften. Dabei dominiert die flüssige
Phase, auch im zentralen Mittelgebirgsraum steigt die Schneefallgrenze
allmählich bis in die Kammlagen. Weiter südöstlich lassen die Niederschläge
bereits ausgangs der Nacht mit Abzug des weiter oben angesprochenen Randtrog
nach, dort kommen maximal an den Alpen noch wenige mm zusammen, sonst keine
nennenswerte Mengen mehr. Somit kann es an den Alpen noch wenige Zentimeter
Neuschnee geben. Ansonsten fällt etwas Schneegriesel oder Nieselregen, der vor
allem im östlichen Bergland und in Ostbayern bevorzugt vormittags und wieder
abends stellenweise zu Glatteis führen kann. Gebietsweise bleibt es auch
trocken.
Auch postfrontal im Nordwesten fällt kaum mehr Regen. Insgesamt bleibt die
Wolkendecke weitgehend geschlossen, die niedrigen Wolkenuntergrenzen können in
den Mittelgebirgskammlagen zu Sichteinschränkungen führen. Chancen auf
Wolkenlücken bestehen am ehesten noch am Alpenrand und vielleicht in der
Lausitz. Die mildere Luft kommt etwas nach Südosten voran, Dauerfrost gibt es
höchstens noch im ost- und südostdeutschen Bergland sowie in höher gelegenen
Alpentälern. Im Nordwesten werden dagegen mit leicht auffrischendem Südwestwind
bis zu 9 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Höhenrücken etwas schneller nach Südosten
voran, wird aber mit Übergreifen der Frontalzone auch auf Südskandinavien mehr
und mehr "abgehobelt". Morgens verläuft dessen Achse quer über die Mitte des
Landes ostwärts. Keilvorderseitig bleibt weiterhin WLA aktiv und verstärkt sich
sogar noch ein wenig. Über Norddeutschland dreht die Höhenströmung dagegen auf
Nordwest.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront des Sturmtiefs bei Spitzbergen ein wenig
schneller nach Süden voran und erreicht in der Früh eine Linie Oberfranken -
Bodensee (in etwa kompatibel zum Verlauf der 0 Grad-Isotherme in 850 hPa). Nach
Südwesten zu verliert sie allerdings zunehmend an Wetterwirksamkeit, da sich von
Frankreich her der nach Süddeutschland gerichtete Bodenhochkeil weiter
verstärkt. Die Kaltfront des Tiefs kommt ebenfalls beschleunigt nach Süden voran
und greift auf den Nordwesten Deutschlands über. Ihr folgt ein Schwall erwärmte
Meeresluft, immer noch mit positiven Temperaturen in 850 hPa. Somit greifen die
Niederschläge meist geringer Intensität im Laufe der Nacht etwa bis zur Donau
und auch auf die Lausitz aus. Schnee (wenige Zentimeter) fällt meist nur noch in
höheren Lagen der östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge. Da aber mangels
Gradient vor allem in Tälern sowie in Mulden und Senken die bodennahe Frostluft
insbesondere im östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgsraum, aber auch im
Donauraum nicht verdrängt werden kann, besteht dort die Gefahr gefrierenden
Regens. Auch unwetterartige Erscheinungen können nicht ausgeschlossen werden.
Für Details diesbezüglich ist es aber noch zu früh. An den Alpen und im
Alpenvorland sowie im südlichen Baden-Württemberg bleibt es weitgehend trocken.
Insgesamt kommt es über dem Vorhersagegebiet mit Annäherung der Kaltfront zu
einer Gradientverschärfung und der Wind frischt aus westlichen Richtungen auf.
Auf exponierten Gipfeln einiger Mittelgebirge (Brocken, Fichtelberg) reicht es
eventuell schon für einzelne stürmische Böen (Bft 8).

Donnerstag ... verlagert sich der Höhenrücken unter weiterem Kontur- bzw.
Amplitudenverlust vergleichsweise rasch nach Süden und erreicht die Alpen.
Dahinter stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine nordwestliche Höhenströmung
ein, innerhalb derer mehrere kurzwellige Troganteile über die südliche Ostsee
südostwärts nach Polen ziehen.
Im Bodenfeld zeigt die Warmfront über dem Südosten Deutschlands zunehmende
Auflösungserscheinungen und zieht südostwärts ab. Die Kaltfront kommt am
Nordostrand des sich weiter verstärkenden Hochs mit Schwerpunkt über der Biskaya
aufgrund der Gradientzunahme vor allem nach Osten zu ebenfalls recht rasch nach
Südosten voran und erreicht abends die Alpen. Vorderseitig der kurzwelligen
Troganteile wird sie aufgrund zunehmender Hebungsantriebe vor allem nach Osten
zu ein wenig aktiviert. Nach Westen zu wird sie eingebremst und geht bereits
über in die Warmfront eines Nordatlantiktiefs. Postfrontal gelangt ein Schwall
erwärmter Polarluft vor allem in den Norden und Osten des Landes. Die Temperatur
in 850 hPa sinkt auf -3 Grad im Nordosten und +1 Grad im Südwesten. Im
Frontbereich gibt es vor allem nach Osten zu schauerartige Niederschläge, die
erst oberhalb von etwa 500 bis 900 m als Schnee fallen. Im Südosten werden nach
Lesart des ICON 5 bis über 10 mm simuliert, GFS zeigt am östlichen Alpenrand
sogar noch etwas höhere Mengen (bis über 15 mm), ECMWF von 00 UTC etwas weniger.
Vor allem im ostbayerischen Bergland, an der unteren Donau, eventuell aber auch
im Osterzgebirge und Zittauer Gebirge wird die bodennahe Kaltluft nur sehr
zögernd ausgeräumt und es kann anfangs auch noch gefrierenden Regen (das wäre
dann Unwetter) bzw. bis in tiefe Lagen Schnee geben. Ansonsten fallen nur in
höheren Lagen relevante Neuschneemengen (bis 10 cm oder gar etwas mehr erst
oberhalb von 800 m).
Postfrontal ist die Luftmasse nicht allzu labil geschichtet und die
Niederschläge klingen in Norddeutschland rasch ab. Für größere Wolkenlücken
reicht es am ehesten an den Küsten.
Der Wind dreht auf Nordwest und frischt noch ein wenig auf, in den Kamm-. und
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und des Harzes kann es stürmische Böen
geben, entlang der vorpommerschen Ostseeküste reicht es eventuell für steife
Böen (Bft 7).
Die Temperaturen steigen nun auch im Südosten endgültig weiter an auf
Höchstwerte zwischen 1 Grad im ostbayerischen Mittelgebirgsraum und 9 Grad im
Nordwesten und Westen.

In der Nacht zum Freitag löst sich die Kaltfront unter Hochdruckeinfluss über
Süddeutschland mehr und mehr auf und die Niederschläge im Süden klingen nach
Lesart des ICON allmählich ab. An den Alpen gibt es aber oberhalb von etwa 600
bis 800 m noch durchaus 5 bis 10 cm Neuschnee, in Staulagen nach Osten zu vor
allem nach Lesart des GFS auch mehr. Übrig bleibt bis zum Morgen dann noch die
Warmfront eines Sturmtiefs über der Dänemarkstraße, die über dem äußersten
Westen des Landes quasistationär verbleibt. Dort gibt es ebenfalls noch geringe
Niederschläge, die nach ICON-EU weiter nach Osten reichen als nach GFS, wo nur
der äußerste Westen noch betroffen wäre. Die Wolken lockern bevorzugt im Norden
und Nordosten auch mal auf, sonst bleibt es meist bedeckt und trüb. Frost gibt
es lediglich noch im höheren Bergland, im äußersten Südosten und bei
aufgelockerter Bewölkung vielleicht auch stellenweise im Nordosten. Der Wind
schwächt sich wieder etwas ab.

Freitag ... verbleiben wir unterhalb der nordwestlichen Höhenströmung, die sich
ein wenig aufsteilt. Insgesamt stellt sich wieder mehr und mehr WLA ein, wobei
die dynamischen Hebungsantriebe aber eher schwach ausgeprägt bleiben.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront über dem westlichen Mitteleuropa wieder ein
wenig nach Osten voran, wobei Niederschläge leichter bis mäßiger Intensität
zumindest nach ICON-EU den gesamten Westen und Süden sowie die mittleren
Landesteile erfassen. Meist werden weniger als 5 mm in 12 Stunden simuliert,
lediglich im west- und südwestdeutschen mittelgebirgsraum sind es mehr, in
einigen Staulagen (Bergisches Land, Schwarzwald) auch um 10 mm. Schnee fällt
dabei nur noch in Lagen oberhalb von etwa 800 bis 1000 m, also im
Hochschwarzwald und an den Alpen.
GFS lässt die Warmfront dagegen nicht nach Südwestdeutschland vordringen und
simuliert lediglich im äußersten Südwesten sowie an den Alpen leichte
Niederschläge (bis 5 mm bei ähnlichen Schneefallgrenzen). Dafür gelangt am Rande
des Troges über Nord- und Nordosteuropa sowohl nieder- als auch
mitteltroposphärisch kältere Luft in den Nordosten und Osten, wo die Temperatur
in 850 hPa wieder auf -5 bis -7 Grad sinkt, nach ICON-EU bewegt sie sich dagegen
in der Region zwischen 0 und -3 Grad. Vereinzelte Schauer, die das GFS -
ebenfalls im Gegensatz zum ICON - dort simuliert, fallen somit teilweise als
Schnee und Graupel, bringen aber selbst im Bergland (Erzgebirge) keine
nennenswerten Neuschneemengen.
Allen Modelldifferenzen zum Trotz dürfte sich die Sonne nur in wenigen Regionen
zeigen, am ehesten noch im Norden. Die Temperaturen bewegen sich zwischen 2 Grad
im Südosten (nach Lesart des GFS auch im Nordosten) und 9 Grad im Westen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptischen Basisfelder werden von allen vorliegenden Modellen sehr ähnlich
simuliert. Differenzen ergeben sich bzgl. der Niederschlagsintensität und vor
allem auch bzgl. der Phase. Hinweise auf Regen mit Glatteisbildung gibt es am
ehesten noch (abgeschwächt) für Mittwoch-, vor allem aber für Donnerstagfrüh,
wobei die Unwetterschwelle schnell mal erreicht ist. Im Detail lässt sich das
Ganze aber noch nicht abschätzen und warntechnisch sind diese Phänomene wohl
erst recht kurzfristig in den Griff zu bekommen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff