DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-12-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 17.12.2017 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit zeitweiligen Regen- und Schneefällen. Staulagen länger
anhaltend. Zunächst mild, zum Wochenende vorübergehend kälter. Bergland ab
Freitag stürmisch und zum Wochenende im Süden und Osten zunehmende Frostgefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 24.12.2017


Wie bereits am 9.12. in der Mittelfrist angedeutet kam es zur Verschiebung des
Anomaliemusters u.a. im 500 hPa Geopotentialfeld. Mittlerweile erstreckt sich
ein großräumiger Bereich positiver 500 hPa Geopotentialanomalie von
Nordwesteuropa bis nach Skandinavien und schwächt sich unter retrograder
Verlagerung in der Folge allmählich ab. Das Zentrum des stratosphärischen
Polarwirbels liegt zwischen der Barentssee und Sibirien/Ural und im Verlauf der
Mittelfrist etabliert sich zudem eine hochgradig anormale Potentialverteilung
über dem Nordostpazifik und Nordamerika. Zum Ende der Mittelfrist und darüber
hinaus weitet der Polarwirbel seinen Einfluss über Kanada und Grönland wieder
südwärts aus mit einer quasi-stationären Rossby-Welle über Nordamerika und
kurzwelligeren Anteilen über dem Nordatlantik (im niederstrat. Niveau). Dank der
eisigen Luftmasse über Nordkanada und Grönland sowie einhergehender geringen
Schichtdicke (u.a. daraus resultierend eine leicht positive NAO) und einer
nördlich versetzten Frontalzone kann sich das Azorenhoch einschließlich mehrerer
nordostwärts nach Skandinavien gerichteten Keilvorstöße zum Beginn der
Mittelfrist etablieren und bis nach Westeuropa ausweiten und zieht sich erst zum
Ende der Mittelfrist wieder westwärts zurück (einhergehend mit einem
vollständigen Aufweichen der bis dahin vorherrschenden Blockadelage). Dies
könnte eine erneute Umstellung der Großwetterlage bedeuten, allerdings sind die
Unsicherheiten dahin gehend noch sehr groß (auch ausgedrückt durch eine rasche
Spreizung der Memberschar in der Ensemblevorhersage der "Telekonnektionen" NAO
und AO auf der Nordhemisphäre).

Zum Beginn der Mittelfrist, am Mittwoch den 20.12.17, ist allerdings zunächst
die Druckverteilung "hohes Geopotential über Nordwesteuropa und über
Skandinavien und tiefes Potential über Ost und Südeuropa" weiter vorherrschend.
Deutschland liegt an der Südflanke des Azorenkeils und atlantische Fronten
schwächen sich bei dessen Durchquerung stark ab. Eine solche Front wird den
Mittwoch, abgesehen vom äußersten Osten, bedecket und trüb gestalten, wobei es
verbreitet länger anhaltende Niederschläge geben sollte. Diese fallen im Süden
und Südosten noch oberhalb von 400 bis 600 m als Schnee, gehen allerdings von
Westen rasch bis in Gipfellagen in Regen über, da postfrontal eine milde
maritime Atlantikluftmasse herangeführt wird. In der Nacht zum Donnerstag
verlagern sich die Niederschläge zunehmend in den Osten und dauern im Süden
weiter an. Detailfragen der Schneefallgrenze in Bayern und Sachsen können jetzt
naturgemäß noch nicht geklärt werden, doch besonders südlich der Donau könnte
die Schneephase tendenziell auch die Nacht hindurch andauern, gestützt durch
eine sich abschwächende Front, wo Hebungsabkühlung die schwächelnde
Advektionskomponente überflügelt. Postfrontal sorgt die feuchte und milde
Atlantikluft ebenfalls für trübe Verhältnisse und zeitweise kann es dort etwas
regnen.

Zum Donnerstag kommt es über Skandinavien und Osteuropa zu einem Zusammenschluss
zweier Zentren mit tiefem Geopotential. Der daraus resultierende
Geopotentialabbau über Mitteleuropa (am Westrand des Zusammenschlusses gelegen)
kann als beträchtlich eingestuft werden. Daher wandert der Azorenkeil progressiv
mit hohem Tempo nach Süden und Mitteleuropa wird von Nordwesten her zyklonal
durch den Nordmeertrog geprägt. Die atlantische Front vom Vortag wird von einer
zügig nach Südost ziehenden Kaltfront eingeholt und unter Okklusionsbildung nach
Süddeutschland geführt, sodass erneut deutschlandweit ein trüber und besonders
im Süden und Osten auch nasser Tag zu erwarten ist. Die Schneefallgrenze könnte
sich im Süden und Osten Bayerns zäh bei 600 m halten, sonst aber liegt sie bei
rund 1000 m (besonders nach Südwesten zu in einem möglicherweise noch offenen
Warmsektor auch deutlich darüber), bevor sie im Nachmittagsverlauf postfrontal
von Nordwesten her wieder auf 800 bis 600 m zurückgeht. Abgesehen von einzelnen
Schauern (besonders im Nordseeumfeld) bleibt es dann allerdings meist trocken.
In der Nacht zum Freitag schmiegt sich die Front an die Alpen bzw. wird mit
einsetzender Nordwestströmung Alpenstau in Gang gesetzt, was auch auf die
nördlichen und östlichen Mittelgebirge zutrifft, wo die feuchte Nordseeluft
gestaut wird und wie am Alpenrand länger anhaltende Niederschläge zu erwarten
sind. Diese fallen am Alpenrand oberhalb von 800 m, sonst oberhalb von 600 m als
Schnee. Sonst bleibt der Himmel bedeckt mit einem nur geringen Schauerrisiko im
Tiefland.

Am Freitag steilt die Strömung im Zuge agiler Tiefdrucktätigkeit südlich von
Grönland und Geopotentialanstiegs stromabwärts über Westeuropa weiter auf,
sodass Deutschland in eine Höhenströmung gerät, die zwischen Nordnordwest und
Nordwest pendelt. Um diesen über Irland und Schottland nordwärts ausgerichteten
Höhenkeil wird feuchte Atlantikluft über die Nordsee nach Deutschland geführt,
gepaart mit in der Strömung eingebetteten Fronten. Dies alles würde für
Deutschland insgesamt einen weiteren recht trüben Tag bedeuten, auch wenn sich
die Sonne besonders im Norden und der Mitte vorübergehend kurz zeigen kann. Am
Alpenrand staut sich die feuchte Luft und sorgt für anhaltende Niederschläge,
während eine Störung dem Norden und Osten im zweiten Tagesverlauf ebenfalls
länger anhaltende Niederschläge bringt. Die Schneefallgrenze verbleibt bei rund
800 m im Süden und 600 m über der Mitte. Westdeutschland profitiert von einem
leicht antizyklonal geprägten Krümmungsmuster und peripherem Absinken am Rande
des Azorenhochs. Abgesehen von einem geringen Schauerrisiko bleibt es in diesen
Bereichen meist trocken.
In der Nacht zum Samstag/Sonnabend zieht ein markanter Randtrog über Südschweden
und Polen/Ostdeutschland nach Tschechien. Eine an den Randtrog bzw. an eine im
Lee des Südskandinavischen Gebirges entstehende Bodentiefentwicklung gekoppelte
Front wird im Nachtverlauf südwärts über Deutschland geführt. Postfrontale
Kaltluftadvektion und potentieller "Skandiföhn" sorgen nicht nur für ein rasches
Abklingen der Niederschläge von Norden her mit durchgreifender
Wolkenauflockerung, sondern auch für ein deutliches Absinken der
Schneefallgrenze bis in tiefe Lagen. Präfrontal liegt die Schneefallgrenze im
Süden noch bei rund 500 m. In Verbindung mit Sturmböen im Bergland werden
Schneeverwehungen besonders im östlichen Bergland ein Thema werden.

Am Samstag/Sonnabend kippt die Strömung in der Höhe mit massiver Keilaufwölbung
über Nordwesteuropa und Skandinavien auf Nord bis Nordost und in tieferen
Troposphärenschichten zum Abend wieder zunehmend auf West (rückseitig der
schwächeren und progressiveren niedertroposphärischen Keilachse). Die Front aus
der Nacht wird rasch südwärts an die Alpen geführt, sodass es im Süden bis weit
in den Tag regnet oder oberhalb von 400 bis 600 m schneit, am Alpenrand sogar
bis in den Abend hinein. Postfrontal über der Mitte und dem Norden könnte ein
freundlicher Tag mit viel Sonnenschein bevorstehen, sollte eine atlantische
Warmfront über Westeuropa in den Folgeläufe nicht doch schneller auf Deutschland
übergreifen, als aktuell gezeigt wird. Dort bleibt es meist trocken. In der
Nacht zum Sonntag ändert sich daran nur so viel, dass die Bewölkung im Westen
und Norden dichter wird und einzelne Regentropfen fallen können. Sonst fallen im
Stau der Alpen noch letzte Flocken und im gesamten Süden und Osten lockert die
Wolkendecke noch stärker auf.

Am Sonntag (Heiligabend) verlagert die Höhenkeilachse ihren Schwerpunkt nach
Deutschland. Allerdings wird diese von einer schwachen atlantischen Front
unterwandert. Das Resultat wäre ein sehr wolkenverhangener Tag mit etwas
Sprühregen oder einzelnen Schauern. Im Süden lockert die Bewölkung stärker auf
und dort bleibt es trocken. Allerdings gibt es noch Unsicherheiten bezüglich der
Lage und Verlagerungsgeschwindigkeit dieses Keils.

Die Höchstwerte verbleiben die Mittelfrist über meist im milden Bereich von 2
bis 9 Grad (mit den mildesten Werten im Westen). Nachts nimmt die Frostgefahr
zum Wochenende im Süden und Osten deutlich zu. Ab Freitag gewinnt der
Nordwestwind im Osten an Kraft und weht das Wochenende über besonders im
Bergland stürmisch. __________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Es ergeben sich innerhalb der letzten EZMW-Läufe bezüglich der Lage der
synoptisch relevanten Keile und Tröge keine größeren Diskrepanzen, auch wenn die
Unterschiede naturgemäß zum Ende der Mittelfrist insgesamt gesehen etwas
zunehmen. Größere Differenzen gibt es bei der Platzierung kleinerer Wellen und
Randtröge, die für die Bestimmung der Dauer von Niederschlagsphasen von
Interesse sind. Diese Fragen können aber erst im weiteren Verlauf besser
eingeschätzt werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Innerhalb der weiteren Globalmodelle zeichnet sich bis einschließlich zum
23.12.2017 ein recht einheitliches Bild bezüglich der Platzierung von Keilen und
Trögen. Erst der progressivere Keil zum Heiligabend ist noch mit größeren
Unsicherheiten behaftetet, besonders mit Blick auf die Ausrichtung der
Keilachse. Diese entscheidet, wie schnell und wie durchgreifend mildere
Atlantikluft nach Deutschland übergreift. Alle Modelle sehen allerdings zum Ende
der Mittelfrist eine allmähliche Südverlagerung der Frontalzone mit tiefem
Luftdruck über der Nordsee.
Gröbere Unterschiede sind auch hier bei der Handhabung der Kurzwellentröge
auszumachen, die entscheidend sind für die Frage des Beginns und Endes der
jeweiligen Niederschlagsereignisse. Aber auch hier steht ein sehr wechselhafter
Wetterabschnitt mit variablem Temperaturniveau bevor.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clustervorhersage vom EZMW beginnt in der Mittelfrist mit 4 Clustern (alle
klimat. Regime "Blockade"), wobei der Kontroll- und der det. Lauf jeweils im
zweiten Cluster zu finden sind. Egal welchen Cluster man sich anschaut,
Deutschland liegt am Rand des Azorenhochkeils über Nordwesteuropa und
Skandinavien und im Übergangsbereich zu tiefem Geopotential über Osteuropa. Die
Hauptunterschiede sind in der Ausrichtung der Keilachse auszumachen, die
besonders im 3. Cluster Deutschland stärker beeinflussen würde. Insgesamt sind
die Differenzen jedoch zu vernachlässigen. In der Folge werden die Mittelfrist
über zwei Cluster gezeigt, deren klimat. Regime zwischen "Blockade",
"Atlantikrücken" und "positiver NAO" schwanken. Kontrolllauf und det. Lauf sind
beide im stärker besetzten ersten Cluster zu finden. Beide Cluster unterscheiden
sich insbesondere bei der Ausrichtung der das Azorenhoch umgebenden Keilachsen,
die im ersten Cluster tendenziell eher meridionaler und im zweiten Cluster eher
zonaler ausgerichtet sind. Die unterschiedlichen Resultate sind doch erheblich
und reichen am 24.12. von einer Keil-/Troglage über Mitteleuropa bis hin zu
einer reinen Keillage im zweiten Cluster. Dies entscheidet sicherlich noch, wie
schnell und massiv zu diesem Zeitraum Atlantikluft nach Deutschland vordringen
kann. In der weiteren Mittelfrist etabliert sich das klimat. Mittel "positive
NAO" mit einer Umstellung des Strömungsmusters, allerdings auch mit einer
deutlichen Zunahme der Unsicherheiten.

Die Meteogramme in Deutschland zeigen recht einheitlich den "Warmlufthügel" in
der 850 hpa Fahne (Spitze am Mittwoch mit abnehmender Amplitude nach Süden). Zum
Wochenende nehmen die Windgeschwindigkeiten zu und die Temperatur ab, was im
Einklang mit Kaltluftadvektion und besserer Durchmischung steht. Besonders der
Süden (z.B. München) zeichnet sich durch zahlreiche Niederschlagsspitzen aus,
die sonst in Deutschland abseits von Staugebieten geringer ausfallen. Zum
Wochenende nimmt die Spreizung der Memberschar zwar zu, was aber eher auf
zeitliche Unterschiede der Frontpassage zurückzuführen sein dürfte und weniger
auf eine unsichere Wetterentwicklung - zumal zum Sonntag wieder eine stärkere
Bündelung in den Rauchfahnen zu erkennen ist (sowohl Geopotential als auch 850
hPa Temperatur).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Beim EFI sind zumeist keine signifikanten Ausschläge auszumachen (abgesehen von
leicht positiven Werten beim Wind am Wochenende im Osten Deutschlands und da
besonders im Bergland). Die deutlichsten Signale sind beim Parameter
"Schneefall" besonders am Alpenrand und zeitweise auch entlang der östlichen
Mittelgebirge zu erkennen, was auf das Potential für teils kräftige
Stauniederschläge hindeutet - bei der sich einstellenden Nordwest- bis Nordlage
allerdings auch nicht weiter verwunderlich. Für die Berglagen könnte dies
besonders oberhalb von 800 bis 1000 m einen deutlichen Neuschneezuwachs
bedeuten.
EZMW-EPS sieht ab Freitag im östlichen Tiefland und am Freitag und Samstag
allgemein im Bergland höhere Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft 8 und für
denselben Zeitraum in den Staulagen der Alpen und östlichen Mittelgebirge
erhöhte Wahrscheinlichkeiten für markante Stauniederschläge (-schneefälle).
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, MOSMIX, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy