DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-12-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.12.2017 um 10.30 UTC



Im südöstlichen Bergland weiter winterlich, sonst von Nordwesten Milderung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 23.12.2017


Zu Beginn des anstehenden Mittelfristzeitraums am kommenden Dienstag befindet
sich Mitteleuropa auf der Vorderseite eines massiven Rückens. Mit positiver
Achsenneigung erstreckt sich dieser ausgehend von den Azoren bis zum Nordkap,
wobei dabei ein für die Jahreszeit bemerkenswert massiver Warmluftvorstoß mit
Temperaturn von -20 Grad in 500 hPa bis zu den Lofoten stattfindet. So
verwundert es auch nicht, dass speziell über Skandinavien beträchtliche
Warmluftadvektion stattfindet, die allerdings über Deutschland östlich der
Keilachse im strömungsparallelen Umfeld von Isothermen und Isohypsen in 500 hPa
limitiert und damit nur auf die untere Troposphäre beschränkt ist. Bodennah hat
sich in Mitteleuropa verbreitet antizyklonaler Einfluss durchgesetzt, wobei das
Zentrum mit rund 1040 hPa im Bereich der Bretagne zu finden ist. In der
nordwestlichen Strömung ist an der deutschen Nordseeküste eine Warmfront
eingelagert, deren schwache Aufgleitprozesse aufgrund der Achsenneigung weit ins
Landesinnere vorauseilen. Die Niederschlagsphase wird als Folge der limitierten
vertikalen Mächtigkeit der Hebungsvorgänge im Norden und der Mitte mehrheitlich
die flüssige sein (unterkühltes Wasser aus Schichten zwischen 0 und -5 Grad), im
Süden kann sich die Kaltluft noch länger halten und oberhalb von rund 600 Metern
sollte noch meist Schnee fallen. Je nach nächtlicher Vorgeschichte sind aber
auch in tiefen Lagen (insbesondere in orographisch gegliedertem Gelände)
langlebige "Kältelöcher" wahrscheinlich, in denen die ohnehin nur schwachen
Niederschläge gefrierend sein können (Glatteisbildung!), da der Gradient und
damit auch vertikale Austausch überschaubar ist.

Am Mittwoch kommt die Achse des Rückens über Skandinavien rasch, über
Deutschland allerdings nur sehr schleppend ostwärts voran. Entsprechend zäh
verhält es sich auch mit der Verlagerung der Warmfront nach Südosten und
fortschreitender Milderung aus Nordwesten. Südlich der Mittelgebirgsschwelle
wird diese vorrangig nur in höheren Luftschichten stattfinden und auch nicht
sonderlich effektiv sein. In den zentralen und westlichen Mittelgebirgen setzt
vorübergehend bis in die Kammlagen Tauwetter ein, die Regenfälle bleiben aber
schwach, so dass voraussichtlich keine Hochwassersituation droht. Südöstlich
einer Linie Erzgebirge- Schwarzwald stehen die Chancen gut, dass die Schneedecke
oberhalb 800 Metern weitestgehend von Tauprozessen verschont bleibt. Sonst
bleibt es nasskalt und trüb bei Temperaturen zwischen 4 bis 8 Grad. Zum Abend
nähert sich von der Nordsee die wellende Kaltfront eines Randtiefs über
Skandinavien.

Am Donnerstag läuft an der Nordostflanke der stationären Antizyklone über dem
Ostatlantik ein flacher Randtrog über Deutschland südostwärts ab. Dadurch
verschärft sich von Nordwesten der Gradient, womit der Okklusionsprozesse rasch
voranschreitet und die Front gegen die Alpen gepresst wird. Durch die nun etwas
bessere Durchmischung steigt die Schneefallgrenze auch im Süden auf etwas über
1000 Meter an.

Am Freitag findet ein markanter Trogvorstoß vom Europäischen Nordmeer
südostwärts statt, so dass der komplette skandinavische Raum und das Baltikum
von höhenkalter Luft unter -30 Grad in 500 hPa geflutet werden. Dadurch steilt
die Höhenströmung bei uns etwas auf und dreht auf Nordwest bis Nord. Im
baroklinen Grenzbereich löst sich über der Nordsee eine Warmfrontwelle ab und
wird südostwärts gesteuert. Oberhalb etwa 800 Meter sollte in den östlichen
Mittelgebirgen dabei Schnee fallen, sonst leichter Regen.

Am Samstag, dem Tag vor Heiligabend, stößt der Trog in der Höhe zum Balkan vor.
Über Deutschland verbleibt somit eine Luftmassengrenze zwischen erwärmter
Meeresluft im Südwesten und Kaltluft polaren Ursprungs über dem Nordosten, in
der die Höchstwerte nur noch mit Mühe den Gefrierpunkt überschreiten würden.
Während es im Südwesten bis in höchste Lagen zeitweise regnet, spricht die
Konfiguration der Höhenströmung für eine potentielle Skandinavienföhnlage im
Bereich der Elbe. Eventuell reicht es im Trograndbereich entlang von Oder und
Neiße für einzelne Schneeschauer.

Die entscheidende Frage ist natürlich, was in der erweiterten Mittelfrist an den
Weihnachtsfeiertagen passiert. Dabei deutet derzeit vieles auf die rasche
Abfolge von flachen Trog-/Keilstrukturen in einer strammen zonal-orientierten
Strömung hin. Dabei hätte der Heiligabend zunächst die Abdrängung der Polarluft
auch aus dem Nordosten im Programm, bevor zum 1. Weihnachtsfeiertag die Rückkehr
subpolarer Meeresluft aus Westen parat stünde. In beiden Fällen könnte man
selbst bei Phasenverschiebungen oberhalb von 800 Metern zuversichtlich, oberhalb
von 400 Metern resthoffnungsvoll, sonst aber lediglich noch verzweifelt auf
weiße Weihnachten hoffen - am ehesten wohl östlich der Elbe (siehe
Modellvergleich und Clusterbewertung).
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen muss die gute Konsistenz des EZ-Hauptlaufs trotz der
komplexen Wetterlage positiv hervorgehoben werden. So bestehen bei den
synoptisch relevanten Basisfeldern kaum nennenswerte Diskrepanzen.
Am Donnerstag läuft ein flacher Randtrog schneller und intensiver südostwärts
ab. Zum Ende des Mittelfristzeitraums am kommenden Samstag erhält die
Wetteraktivität der Luftmassengrenze im Südwesten des Landes etwas mehr Gewicht,
auch wenn kaum synoptisch relevante Unterschiede in den Basisfeldern auszumachen
sind.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die 00 UTC Läufe des Europäischen Zentrums und des GFS sehen über den gesamten
Mittelfristzeitraum hinweg wirklich sehr ähnlich aus. Alternative Lösungen
werden auch vom GEM nicht aufgezeigt. Auch das ICON zeigt in seiner Simulation
ähnlich Ergebnisse. Es prognostiziert am kommenden Freitag zwar ein
kleinräumiges Randtief über den Britischen Inseln, das in den westlichen
Mittelmeerraum gesteuert wird. Die als Folge westlichere Verlagerung der
Luftmassengrenze würde die bevorstehende erneute Milderung von Westen zu den
Weihnachtsfeiertagen aber lediglich verzögern statt aufhalten (möglicherweise
aber den entscheidenden zeitlichen Vorteil einer weißen Bescherung im Osten und
Südosten des Landes bringen?).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW zeigen spätestens ab Freitag (22.12.) ein stark
divergentes Verhalten, was dem Trogvorstoß von Skandinavien Richtung Balkan und
der damit verbunden Lage der Luftmassengrenze über Deutschland geschuldet ist.
Die Milderung im Vorfeld ist gewissermaßen beschlossene Sache, die Frage ist
lediglich wie stark und schnell diese auch im Südosten des Landes (vor allem
auch bodennah) durchgreift. Während in den ostdeutschen Städten Haupt- und
Kontrolllauf noch um unteren Temperaturzweig um -8 Grad in 850 hPa verleiben,
scheren sie nach Westen hin rasch zu positiven Werten aus, obwohl eine gewisse
Bündelung der Member auch dort noch im deutlich negativen Bereich um -6 Grad
verbleibt. Zu den Feiertagen gehen aber auch den "kalten" Membern zunehmend die
Argumente aus. Folglich ist eine voranschreitende Zonalisierung/Milderung zu den
Feiertagen recht wahrscheinlich, die Unsicherheiten beim zeitlichen Ablauf sind
aber noch recht groß. Zudem wird auch die Hoffnung auf eine rasche Rückseite mit
Schnee bis ins Flachland zunichte gemacht, wenn man sich die starken Windsignale
(Median landesweit größer 10 Knoten Mittelwind) und das überschaubare
Temperaturniveau mit gerade einmal -5 Grad in 850 hPa (wenig überraschend aus
Nordwest) vor Augen führt.

Die Clusterung zeigt im Zeitraum 120 bis 168h (Do-Sa) trotz vier Szenarien recht
einheitlich eine Nordwestlage, die mal mehr mal weniger zyklonal geprägt ist bei
zugleich zunehmendem Gradienten. Speziell für die Ostsee besteht demnach ein
gewisses Sturmpotential am 23.12., auch wenn der EFI diesbezüglich noch keine
oder nur sehr schwache liefert (siehe unten).

In der erweiterten Mittelfrist divergieren die Lösungen dann zwar schon recht
stark, die Mehrheit ist aber eindeutig zyklonal geprägt mit Zufuhr milder
Atlantikluft von Westen. Lediglich Cluster 3 mit insgesamt 10 Membern zeigt ein
winterfreundliches Szenario mit einem Abtropfprozess Richtung Mittelmeer bei
gleichzeitigem Druckanstieg über Polen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI liefert keine Hinweise auf signifikante Wettererscheinungen. Ins Auge
springt allerdings das markante Temperatursignal positiver Anomalien, das mit
der WLA vom Seegebiet nördlich der Azoren bis nach Skandinavien und zur
Barentssee in Verbindung steht.

Im Nordweststau von Erzgebirge, Bayrischem Wald und Alpenrand ist bis auf eine
kurze Tauphase zum Donnerstag und Freitag hin, bei der die Schneefallgrenze
vorübergehend auf etwas über 1000 Meter ansteigt über den gesamten
Mittelfristzeitraum immer wieder mit leichten bis mäßigen Schneefällen zu
rechnen, die binnen 24 Stunden 10 bis 20 cm Neuschnee bringen (COSMO-LEPS
robuste Signale mit 20 bis 30% hierfür), was nicht gerade zu einer Entspannung
der erhöhten Lawinengefahr beiträgt. Die kleinräumige Glatteisproblematik in den
Kältelöchern bei nur zögernder Milderung aus Nordwesten zu Beginn des
Mittelfristzeitraums wurde bereits oben im Text ausführlich diskutiert.

Zum Freitag und Samstag sind in den Kammlagen der östlichen Mittelgebirge
zunehmend Sturmböen zwischen 70 und 85 km/h (Bft 8 bis 9) aus Nordwest
wahrscheinlich (mit Gefahr von Verwehungen).
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen