DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-12-2017 21:00
SXEU31 DWAV 161800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.12.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin etwas Schneefall in den Mittelgebirgen, an den Alpen auch etwas mehr.
In der Nacht zum Montag von Nordwesten Regen und Schnee, ICON nun mit deutlich
westlicherem Ansatz. Trotzdem oder gerade deswegen räumliche Verteilung noch
unsicher.
Ach ja, und der EffZeh kann es doch noch, wenn auch "nur" gegen inspirationslose
"VW-Söldner".

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem mit hochreichender Kaltluft
gefüllten Höhentrog, der aber "auf dem Sprung" ist und sich langsam aber sicher
nach Osten verlagert. Am frühen Morgen liegt die Hauptachse bereits knapp
östlich von uns, so dass wir zunehmend unter eine relativ glatte nördliche
Höhenströmung gelangen, die durch einen veritablen Höhenrücken über dem nahen
Ostatlantik gestützt wird. Während sich mitteltroposphärisch von Westen her eine
allmähliche Erwärmung durchsetzt - um 06 UTC sind es in 500 hPa keine -30°C
mehr, während im Osten gebietsweise noch knapp unter -35°C gemessen werden -,
bleibt es in der unteren Troposphäre konstant frisch (T850 um -7°C). Mit anderen
Worten, die Stabilität der Schichtung nimmt zu, was aber nicht bedeutet, dass
das Niederschlagsgeschehen beendet wird.
Zwischen dem bis zum südlichen Mitteleuropa gerichteten Azorenhoch bzw. dessen
Keil und diversen Tiefs über Nordeuropa gelangt mit west-nordwestlicher
Bodenströmung weiterhin maritime Polarluft nach Deutschland, in der es auch in
der Nacht zu zeitweiligen Niederschlägen kommt. Diese fallen oberhalb 200 m
durchweg als Schnee, darunter kann es Schnee/Schneeregen, Graupel aber auch
Regen/Nieselregen sein. Die apostrophierten Neuschneemengen in den
entsprechenden Lagen (>200-300 m) liegen zwischen 1 und 3 cm, lokal bei 5 cm, im
Schwarzwald in exponierten Staulagen bei 10 cm. An den Alpen schneit es
häufiger, dort kommen bis morgen früh weitere 5 bis 10 cm, lokal bis zu 15 cm
Neuschnee dazu.
Mit Ausnahme einiger Regionen in der Nordhälfte (Kölner Bucht/Niederrhein bis
hinüber ins südliche BB nebst unmittelbarer Peripherie) gibt es leichten, im
Süden vereinzelt mäßigen Frost. Dabei kann es an der einen oder anderen Stelle
glatt werden durch Schnee, Matsch oder gefrierende Nässe.
An der Nordsee treten anfangs noch ein paar 7er-Böen aus NW auf, bevor damit im
Laufe der Nacht Schluss ist. Auf dem Brocken und dem Fichtelberg hingegen stehen
weitere 8er-Böen auf der Karte.

Sonntag ... braut sich eine nicht unbrisante Wetterlage zusammen, von der
tagsüber bei uns aber noch nichts zu spüren ist. Der dritte Advent fällt unter
dem Strich eher beschaulich aus, womit ein vergleichsweise unspektakulärer
Wetterablauf gemeint ist.
Die Ursache dafür liegt zum einem im weiter nach Osten abziehenden Höhentrog,
der nicht nur das Potenzial, sondern auch den Bodendruck steigen lässt. So
verstärkt sich der zonal über die Südhälfte nach Osten verlaufende
Azorenhochkeil noch etwas, was aber etwaige, überwiegend leichte Niederschläge
nicht davon abhält, auch am Sonntag noch mal zuzuschlagen. Betroffen davon sind
vor allem die südlichen und östlichen Landesteile sowie der zentrale
Mittelgebirgsraum, wo es zu zeitweiligen Schneefällen, in tiefen Lagen teils
auch Regen oder Schneeregen kommt. Bis zum Abend kommen oberhalb 200-300 m noch
mal 1 bis 3 cm, in einigen Staulagen bis 5 cm, an den Alpen in Staulagen
stellenweise um 10 cm Neuschnee zusammen.
Weitgehend niederschlagsfrei - abgesehen von ein paar Schauern an der Nordsee -
bleibt es im Norden und Nordwesten, wo sich sogar die Sonne für einige Stunden
mal die Ehre gibt. Am Nachmittag und Abend wird aber auch dort die Bewölkung von
der Nordsee und den Beneluxstaaten her immer dichter, was für den einen oder
anderen ein Menetekel darstellen wird (siehe später). Gleichzeitig beginnt der
von W auf SW rückdrehende Wind an der Nordsee allmählich zuzulegen, allerdings
bleiben Böen der Stärke 7-8 Bft bis zum Abend wahrscheinlich auf die offene See
und Helgoland beschränkt. Der Brocken und der Fichtelberg hingegen warten
weiterhin mit einigen 8er-Böen auf. Temperaturmäßig steuern wir auf eine Spanne
von rund 0°C am Alpenrand und +6°C an Nordsee und Niederrhein. Im höheren
Bergland hält sich leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag läuft von Norden, sprich von der Nordsee her ein
ausgeprägter Sekundärtrog in der nördlichen Höhenströmung nach Süden ab. Er
verfügt über eine diffluente Vorderseite, auf der PVA mit Unterstützung von WLA
für einen satten Hebungsantrieb sorgt. Dieser wiederum interagiert mit einem
okkludierenden Frontensystem, das zu einem von Island zur Norwegischen See
ziehenden Tief gehört. Dabei bildet sich über der Nordsee am Okklusionspunkt ein
kleines Teiltief um 1010 hPa, das ganz langsam südwärts zieht. Ohnehin muss man
sagen, dass sowohl in der Höhe als auch am Boden die Bewegungsrichtung der o.e.
synoptischen Strukturen eher nach Süden als nach Osten gerichtet ist, weil die
Wellenlänge der langen planetarischen Wellen offensichtlich so geartet ist, dass
Quasistationarität herrscht, was für uns den Erhalt der steuernden nördlichen
Höhenströmung bedeutet.
Ja und wie wird nun das Wetter? - Während in der ersten Nachthälfte im Südosten
die letzten Schnee- oder Schneeregenschauer das Ende des dritten Advents
einläuten, setzt im Westen und Nordwesten skaliger Regen oder Schneefall ein,
der sich aber nur wenig nach Osten, dafür umso mehr nach Süden ausbreitet. In
der zweiten Nachthälfte erreicht der Niederschlag die Pfalz, Hessen und BW sowie
Unterfranken, wo überall bis in tiefe Lagen Schnee fällt und für entsprechende
Behinderungen im Berufsverkehr sorgen wird, auch wenn es meist nur wenige
Zentimeter Neuschnee oder Schneematsch sein werden. In den westlichen
Mittelgebirgen wie Eifel, Hunsrück, Taunus, Westerwald und vielleicht auch noch
Bergisches Land sind hingegen 5 bis 10 cm Neuschnee möglich. Dagegen deutet sich
von der Kölner Bucht über das Ruhrgebiet und das Münsterland bis hoch ins
westliche Niedersachsen ein Übergang in die flüssige Phase oder in die sehr
nasse Schneephase an, die in der jetzigen Version aber schleppender
vonstattengeht als in den Vorläufen.
Um das noch mal klarzustellen, der heutige 12-UTC-Lauf von ICON hat gegenüber
seinen Vorgängerversionen einen deutlichen Rückzieher der gesamten geschilderten
Entwicklung nach Westen gemacht (siehe dazu auch Synoptische Übersicht Kurzfrist
von Samstagmorgen). Die 0°C-Isotherme in 850 hPa bleibt nun außen vor, die
östliche Kante des großflächigen Niederschlagsgebietes am Montag 06 UTC (in der
aktuellen 12-UTC-Version etwa von der nordfriesischen Küste westlich an Hannover
vorbei und die hessisch-thüringische Grenze entlang bis in den Osten BWs
reichend) liegt etwa 150 bis 180 km!! weiter westlich als in den Läufen zuvor.
Daran wird deutlich, dass das letzte Wort über die genaue Entwicklung noch immer
nicht gesprochen ist, zumal GFS im 12-UTC-Lauf den Niederschlag nach wie vor
weiter nach Osten ausgreifen lässt.
Konsequenzen hätte die aktuelle Variante u.a. auch auf den Wind, der z.B. an und
auf der Nordsee nicht auf NW dreht und dabei stürmisch auffrischt, sondern nun
aus südlichen Richtungen eher zahnlos daherkommt. Auch im Westen allgemein und
dort auf den Bergen im Speziellen wäre nun weniger Speed in der Atmosphäre als
zuvor simuliert. Warten wir also ab, in welche Richtung die folgenden
Modellläufe hintendieren.
Erwähnenswert sei nur noch die Tatsache, dass die Temperatur mit Ausnahme des
Westens und Nordwestens sowie Teile des Oberrheingrabens in den leichten, an den
Alpen und den östlichen Mittelgebirgen örtlich mäßigen Frostbereich zurückgeht.


Montag ... schwenkt der KW-Trog über Belgien und Ostfrankreich hinweg südwärts,
um in den Abendstunden über dem westlichen Mittelmeer zwischen Balearen und
spanischem Festland anzulanden. Dahinter glättet sich die nördliche
Höhenströmung wieder, der o.e. Rücken verbleibt zunächst noch westlich von uns.
Im Bodendruckfeld etabliert sich eine meridional exponierte Tiefdruckrinne auf
hohem Druckniveau (über 1020 hPa), die von der Nordsee über die Alpen hinweg bis
zum Ligurischen und Tyrrhenischen Meere reicht. Das kleine Teiltief läuft mit
zugehöriger Okklusion von der Nordsee in diese Rinne rein, wo es über dem
Festland (im Grenzbereich von Niedersachsen zu den Niederlanden) zunehmend an
Eigenständigkeit verliert. Westlich steigt der Luftdruck über England weiter an,
und auch über dem östlichen Mitteleuropa etabliert sich eine eigenständige
Hochparzelle mit Schwerpunkt über Nordpolen.
Die anfangs im Südwesten noch auftretenden Niederschläge (überwiegend Schnee)
ziehen bis Mittag in den Westen Österreichs, in die Schweiz und nach Frankreich
ab. Dabei können im Bergland rund 5 cm Neuschnee fallen. Nachfolgend kommt es in
den westlichen Landesteilen in der eingeflossenen Nordseeluft nur noch
gebietsweise zu etwas Nieselregen, in höheren Lagen etwas Schneegriesel.
Ansonsten bleibt es im gesamten Norden und Osten sowie in weiten Teilen Bayerns
weitgehend niederschlagsfrei. Besonders im Osten setzt zeitweise, teils sogar
für längere Zeit die Sonne durch. Die Temperatur steigt auf 0 bis 6°C, im W und
NW bis zu 8°C. Der Wind spielt aus warntechnischer Perspektive keine Rolle.

In der Nacht zum Dienstag wird der Rücken von der Nordsee her durch WLA
überlaufen, die die Annäherung einer neuen Warmfront oder auch einer
Warmfrontwelle signalisiert. Dabei breitet sich kompakte Bewölkung mit leichten
Niederschlägen über die westlichen Landesteile süd-südostwärts bis nach BW und
zu den Alpen aus. Dabei ist grob betrachtet von Regen oder Nieselregen, im
Bergland sowie nach SO hin mit Schnee zu rechnen; Detailangaben über
Schneefallgrenze und dergleichen sind derzeit noch nicht vorhersagbar. Im S und
O gibt es leichten, vereinzelt mäßigen Frost, sonst bleibt es meist frostfrei.


Dienstag ... schwenkt der mit positiver Achse versehene Rücken dichter an den
Vorhersageraum heran und auch der Luftdruck in Bodennähe steigt weiter an. Es
baut sich eine umfangreiche, von den Azoren bis zum Schwarzen Meer reichende
Hochdruckzone auf, deren Schwerpunkt mit fast 1040 hPa über Westfrankreich liegt
(12 UTC). Was nach Hochdruckeinfluss riecht, entpuppt sich am Ende aber als
ziemlich trübe Soße, in der es bei uns gebietsweise zu WLA-getriggerten
Niederschlägen in Form von Regen/Nieselregen, im Süden und in höheren Lagen
teils auch als Schnee kommt. Vereinzelt ist in sogenannten Kältelöchern der
Mittelgebirge auch gefrierender Regen/Nieselregen nicht ausgeschlossen.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Der Hauptunterschied zu den externen Modellen - zur progressiveren GFS-Lösung
haben sich mittlerweile auch EURO4, ARPEGE und AROME in ihren 12-UTC-Läufen
gesellt - bzw. die mäßige Konsistenz von ICON wurde im Text ausführlich
beschrieben. Auch die o.e. Entwicklung am Montag ist vor diesem Hintergrund zu
sehen. Es besteht jedenfalls kein Anlass, die heutigen Vorhersagen nur auf Basis
des aktuellen 12-UTC-Laufs von ICON völlig über den Haufen zu werfen. Im Laufe
des Sonntags allerdings wird man dann vor allem auch in warntechnischer Hinsicht
"Farbe bekennen" müssen - auf der Warnkarte im wahrsten Sinne des Wortes.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann