DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-12-2017 11:00
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.12.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu Ws (südliche Westlage), ab Freitag TrM (Trog Mitteleuropa)

Heute und in den nächsten Tagen unbeständig und windig mit Niederschlägen bei
schwankender Schneefallgrenze.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland im vorderen Delta der gut ausgeprägten,
über den mittleren Nordatlantik verlaufenden Frontalzone. Im Zuge einer
bevorstehenden, aber nur sehr gemächlich ablaufenden Austrogung über Westeuropa
dreht die Höhenströmung bei uns etwas zurück von Nordwest auf westliche
Richtungen. Zu der bereits aktuell im Westen wirksamen WLA kommt später auch
noch PVA im diffluenten Isohypsenfeld dazu, so dass unter dem Strich günstige
dynamische Hebungsimpulse gegeben sind, was sich auch im heutigen Wetter
widerspiegeln wird.
Da geht der erste Blick zunächst mal auf die Bodendruckverteilung, die auf der
kalten Seite der Frontalzone - also über Nord- und Nordwesteuropa - eine
umfangreiche Tiefdruckzone mit zwei Schwerpunkten zeigt. Das eine Tief (YVES),
das für uns eigentlich nicht mehr von Bedeutung ist, befindet sich heute Mittag
unweit des Nordkaps. Wichtiger ist das Doppelsystem mit den beiden Kernen ZUBIN
I und II über den Seegebieten nördlich Schottlands (ZUBIN II) bzw. südwestlich
Islands (ZUBIN I, jeweils heute 12 UTC). Beide Tiefs rücken im Tagesverlauf
unter Verkürzung ihres Abstands ostwärts vor, wodurch sie zunehmend Einfluss auf
unser Wettergeschehen nehmen und den anfänglich noch wetterwirksamen
Zwischenhocheinfluss aus der Nacht mehr und mehr abbauen. Einzig der äußerste
Osten und Südosten, etwa vom bayerischen Alpenrand über die Oberpfalz hoch bis
zur Lausitz und von dort weiter bis zum Oderhaff bleibt es bis zum Abend
niederschlagsfrei und gar nicht mal so unfreundlich mit längerem Sonnenschein.
Ansonsten rückt uns aber bald die Okklusion des östlichen Tiefkerns auf die
Pelle, was mit einer stetigen Bewölkungsverdichtung von der Nordsee und Benelux,
später auch von Nordostfrankreich einhergeht. Zudem setzt von Westen her noch in
den Morgenstunden Niederschlag ein, der bis zum Abend mit Ausnahme der eben
genannten Gebiete weite Teile des Landes erfasst. Allerdings lässt er am
Nachmittag und Abend in den westlichen Landesteilen vorübergehend nach. Anfangs
kann es bis in tiefe Lagen schneien (und auch mal etwas glatt werden) oder
zumindest "schneeregnen", bevor die Schneefallgrenze in der sukzessive
einfließenden milderen Atlantikluft (im Westen Anstieg der 850-hPa-Temperatur
bis zum Abend von aktuell -1 bis -4°C auf rund 0°C) etwa auf 400 bis 600 m, im
Westen später sogar auf 800 m steigt. In mittleren und höheren Lagen der vom
Niederschlag erfassten Mittelgebirge können 1 bis 5 cm, in höheren Staulagen
auch mal um 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Darüber hinaus rückt auch der Wind wieder stärker in den Blickpunkt des
Geschehens. Druckfall hat bereits weite Landesteile erfasst und sorgt für eine
Gradientverschärfung, die für auffrischenden, auf südliche Richtungen
rückdrehenden Wind sorgt. Zunächst mal ist das besonders im W und NW sowie
allgemein an der Küste und in höheren Lagen der Fall, während das ostdeutsche
Binnenland (bis zum Nachmittag) sowie der Süden (bis zum Abend) abzüglich des
höheren Berglands noch verschont bleiben. Ansonsten stehen Böen der Stärke 7
Bft, in freien Lagen sowie in begünstigen Leeecken 8 Bft auf der Karte. Böen 7-8
Bft gibt es auch an der See, wobei die Nordsee (dort auch einzelne "9er"
möglich) zunächst stärker betroffen ist als die Ostsee. Im Bergland muss je nach
Exposition mit Sturmböen bis Stärke 10 Bft, auf dem Feldberg im Schwarzwald
sowie dem Blocksberg im Harz mit orkanartigen Böen oder gar Orkanböen 11 bis 12
Bft gerechnet werden.
Die Tageshöchstwerte liegen zwischen 2 und 8°C, wobei es in den westlichen
Landesteilen (dort allerdings mit nasskaltem Touch) und im teilweise sonnigen
Osten am mildesten wird.

In der Nacht zum Donnerstag zieht die Okklusion unter Abschwächung ostwärts ab,
allerdings dauert es nicht lange, bis das nächste System nachfolgt. In den
Nachtanalysen wurde über dem Atlantik eine offene Welle mit darüber liegender
Konvergenz analysiert. Die Konvergenz wird sehr wahrscheinlich im Tagesverlauf
die Funktion einer sogenannten Pseudookklusion übernehmen, so dass am Ende ein
okkludierendes Frontensystem auf dem Papier steht, das uns in der kommenden
Nacht ostwärts überquert. Dabei kommt es zu weiteren, skalig motivierten
Niederschlägen, die relativ zügig nach Osten durchmarschieren. Vor dieser
zweiten (Pseudo)Okklusion wird kurzzeitig noch mal eine Portion milder
Meeresluft angezapft und nordwärts gesteuert, die T850 besonders im Süden auf
leichte Plusgrade, sonst auf Werte um den Gefrierpunkt steigen lässt. Damit
steigt die Schneefallgrenze vorübergehend auf 800 m, im Süden sogar auf über
1000 m an, bevor mit postfrontaler Winddrehung auf Südwest bis West wieder
kältere Meeresluft (T850 -2 bis -6°C) nach Osten und Süden vorstößt und die
Schneefallgrenze wieder auf rund 400 m im Westen sinkt. Allerdings wird die
mildere Luft im äußersten Süden und Südosten (Alpenrand, Oberbayern) bis zum
Morgen nicht ganz ausgeräumt.
Wie man sich leicht denken kann, macht es das Hin und Her mit mal kälterer, dann
milderer Luft nicht ganz einfach, das Niederschlagsgeschehen vernünftig in den
Griff zu bekommen. In tiefen Lagen jedenfalls fällt in der kommenden Nacht
überwiegend Regen, lediglich im Nordosten kann es mit der zweiten Front
schneien, für mehr als etwas Schneematsch dürfte es aufgrund der bis dato
erfolgten leichten Milderung aber nicht reichen. Ansonsten kommen oberhalb 600
bis 800 m, im Schwarzwald oberhalb 1000 m 5 bis 10 cm Neuschnee, in den
Hochlagen der ostbayerischen Mittelgebirge stellenweise auch um 15 cm Neuschnee
zusammen. Nach Westen und Nordwesten hin fällt später oberhalb 300 bis 400 m
feuchter Schnee (Schauer, einige Zentimeter), mit geringer Wahrscheinlichkeit
schneit es sogar bis ganz runter. An der Nordsee und im NW sind kurze
Graupelgewitter nicht ausgeschlossen (höhenkalte Luft mit T500 nahe -35°C). Im
südlichen und südöstlichen Bayern besteht in den dort vorhandenen Kaltluftseen
(leichter Frost, abgekoppelter Wind) vorübergehend die Gefahr von gefrierendem
Regen mit Glatteis.
Die zweite große Baustelle neben dem Niederschlag betrifft den Wind. Nach kurzer
Pause am Abend frischt er mit Annäherung und Passage der zweiten Okklusion
wieder auf mit Böen 7-8 Bft, exponiertes Bergland entsprechend mehr. Und als
wäre das nicht alles schon genug, folgt im Laufe der zweiten Nachthälfte noch
ein weiteres Windmaximum, das vor allem den Süden und Teile der Mitte erfasst.
Es ist einer Gradientverschärfung geschuldet, die sich südlich eines Bodentrogs
vollzieht, der etwa über die nördliche Mitte rasch ostwärts schwenkt. Dabei muss
ebenfalls mit Böen 7-8 Bft, vereinzelt sogar 9 Bft, im Bergland 8 bis 10 Bft,
exponiert bis 12 Bft gerechnet werden.

Donnerstag... zonalisiert die Höhenströmung bei gleichzeitig leichter
Südverlagerung der Frontalzone, was dem gesamten Strömungsregime den Anstrich
einer südlichen Westlage gibt. Unser Doppeltief ZUBIN erreicht zur Mittagszeit
den Skagerrak bzw. die nördliche Nordsee. Auf der Südflanke baut sich ein
veritabler Gradient auf, der anfangs einen mäßigen bis frischen SW- bis W-Wind
mit Böen 7-8 Bft, auf den Bergen bis zu 10 Bft (exponiert vereinzelt 11 Bft) zur
Folge hat. Etwas ausgenommen davon ist das nordostdeutsche Binnenland sowie
Südostbayern, bevor am Nachmittag und Abend eine allgemeine Windabnahme erfolgt.

Ansonsten bestimmt erwärmte und gut durchmische Meereskaltluft das
Wettergeschehen (T850 rund -5°C im Norden und nahe -1°C an den Alpen, T500 um
-35°C im Norden und nahe -30°C an den Alpen), in der es zu teils gewittrigen
Schauern kommt. Diese fallen oberhalb 300 bis 400 m als Schnee, wobei in den
Mittelgebirgen durchaus um oder etwas über 5 cm Neuschnee zusammenkommen können.
In tieferen Lagen sind je nach Intensität alle Phasen denkbar, für eine
Schneedecke wird es tagsüber aber nicht reichen. Ganz im Süden liegt die
Schneefallgrenze mit 600 bis 800 m, teils sogar um 1000 m, höher. Dort deutet
sich im Allgäu ein veritabler Neuschneezuwachs von deutlich über 10 cm innert 12
h an, punktuell sind sogar rund 20 cm möglich.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 4 und 9°C, im Oberrheingraben
reicht es lokal vielleicht mal für 10°C.

In der Nacht zum Freitag überquert eine flache und weit offene Welle die
mittleren Landesteile rasch ostwärts. Dabei gelangt in den äußersten Süden ganz
kurzzeitig noch mal geringfügig etwas mildere Meeresluft, eine Ausdehnung nach
Norden wird aber durch die Zonalströmung verhindert. Mit Ausnahme Bayerns und
BWs, wo der Gradient südlich der Welle kurzzeitig zunimmt und Böen 7-8 Bft, im
Bergland je nach Exposition 8-10 Bft, entfacht, nimmt der Wind weiter ab, so
dass kaum noch Warnungen nötig sein werden.
Während im Norden die Niederschlagsneigung mit Ausnahme der küstennahen Region
(dort Schnee-, Regen- und Graupelschauer, vereinzelt auch kurze Gewitter)
weitgehend zum Erliegen kommt, sorgt die Welle in der Mitte und im Süden für
weitere, ebenfalls teils gewittrige Schnee- und Regenfälle. Die Schneefallgrenze
liegt anfangs zwischen 400 und 600 m, im Süden vorübergehend bei 800 bis 1200 m,
bevor sie im Laufe der Nacht - bei allerdings von Nordwesten nachlassendem bzw.
ganz aufhörendem Niederschlag - auf 400 bis 200 m, an den Alpen rund 600 m
sinkt. Im südlichen Hochschwarzwald, im Bayerischen Wald und in den Alpen können
in höheren Lagen 10 bis 15 cm, punktuell um oder über 20 cm Neuschnee fallen. In
den weiter nördlich positionierten Mittelgebirgen ist der Neuschneezuwachs
geringer.
Die Temperatur geht stellenweise auf nahe 0°C zurück, gebietsweise tritt
leichter Bodenfrost auf. Dabei muss auch dort, wo es nicht schneit,
streckenweise mit gefrierender Nässe gerechnet werden.

Freitag... wird zwischen hohem Luftdruck über dem Ostatlantik - es handelt sich
um einen Ableger des Azorenhochs - und den mittlerweile über Südskandinavien
angelandeten Resten von ZUBIN straight ahead polare Meeresluft arktischen
Ursprungs weit nach Süden gesteuert, so dass der breite Höhentrog über West- und
Mitteleuropa gefüttert wird und wieder spitzere Züge annimmt. Schließlich
mutiert er zu einem LW-Trog, der über weite Strecken das dritte
Adventswochenende bei uns bestimmen wird. Vorderseitig der sich südlich der
Alpen herauskristallisierenden Trogspitze wird über Oberitalien eine Zyklogenese
angestoßen, die wettertechnisch (im Sinne von Niederschlägen) zwar nur wenig bis
gar keinen Einfluss auf Deutschland ausübt, dafür aber eine Gradientauffächerung
bedingt. Entsprechend wird der Wind bei uns keine prominente Rolle mehr spielen.
Lediglich im Südwesten könnte der S-SW-Wind noch mal vorübergehend auffrischen,
wenn ein Bodentrog (in dem ebenfalls Reste von ZUBIN stecken) von Benelux
hereinschwenkt - so zumindest die Lesart von ICON. Externe Modelle sind
defensiver aufgestellt.
Ansonsten entwickeln sich in der einfließenden maritimen Polarluft (T850 -2 bis
-6°C, T500 -31 bis -35°C) teils gewittrige Schauer, die oberhalb 300 bis 400 m
durchweg als Schnee, sonst in allen Formen fallen können. Der regionale
Schwerpunkt liegt im Westen und in der Mitte, was einem in den großen Trog
hineinlaufendem Sekundärtrog geschildet ist. In den betroffenen Mittelgebirgen
fallen in Staulagen um oder etwas über 5 cm Neuschnee. Temperaturmäßig landen
wir bei 2 bis 8°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Generalkurs wird von allen beteiligten Parteien gestützt. Die Schwierigkeit
liegt darin, das ständige Oszillieren der Schneefallgrenze sowie die Intensität
der Niederschläge einigermaßen richtig in den Griff zu bekommen und auch die
unruhige Windentwicklung (Durchgang mehrerer Maxima) vernünftig darzustellen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann