DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-12-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.12.2017 um 10.30 UTC



Zum Wochenende TrM (Trog Mitteleuropa) mit Schauern, teils bis in tiefe Lagen
als Schnee. Kommende Woche wahrscheinlich milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 19.12.2017


Der Countdown läuft, die Zeit bis Weihnachten wird immer kürzer und die Frage
aller Fragen wird allmählich immer häufiger gestellt. Um es vorweg zu nehmen,
man wird auch heute noch nicht sagen können, wo und ob überhaupt es an den
Weihnachtsfeiertagen weiß wird oder sich vielleicht eine milde Südwestströmung
einstellt oder eine anderes der unzählig vorstellbaren Wetterszenarien gezogen
wird. Trotzdem wird man natürlich genau hinschauen, wie sich die großräumige
Strömungskonfiguration in der kommenden Woche, also wenige Tage vor den
Feiertagen, entwickeln soll, um davon sich ausgehend ein paar Szenarien im
Konjunktiv zusammenzuspinnen, was nicht despektierlich gemeint sein soll.

Bevor wir aber so weit sind, gilt es erstmal, sich dem dritten Adventswochenende
zu widmen. Schon anhand der für Freitag simulierten Basisfelder kann man
erkennen, in welche Richtung das ganze Geschehen geht. Zu Beginn des Tages
liegen wir unter einem breiten, sich im weiteren Verlauf amplifizierenden
Höhentrog, dessen Drehzentrum über Südskandinavien zu finden ist. Dort befindet
sich auch das steuernde Bodentief, das auf seiner Westseite maritime Polarluft
arktischen Ursprungs anzapft und südwärts bis nach Deutschland steuert. Da sich
über der Nordsee ein kleines Randtief bildet, ist die Luftmasse gezwungen,
zunächst noch einen kleinen Bogen zu schlagen, so dass sie leicht erwärmt bei
uns aufschlägt. Am Samstag wird der Weg direkter und die Temperatur in 850 hPa
sinkt deutschlandweit auf rund -6°C. Gleichzeitig legt sich mit reichlich
Kaltluft gefüllte Höhentrog (T500 um -35°C) über weite Teile Mitteleuropas und
somit auch üb der Vorhersageraum. Dabei kommt es zu schauerartigen, in
West-Nordweststaulagen des Berglands zu länger andauernden Niederschlägen, die
oberhalb 200-300 m durchweg, darunter z.T. als Schnee fallen.

Am Sonntag ändert sich nicht allzu viel an der geschilderten Situation, auch
wenn sich der Höhentrog ganz allmählich nach Osten verlagert. Die Zufuhr
maritimer Polarluft (T850 um 12 UTC um -7°C) jedenfalls dauert zwischen dem
mittlerweile zum Baltikum gezogenen Tief und hohem Luftdruck über Südwesteuropa
an.

Zu Beginn der neuen Woche formiert sich über dem nahen Ostatlantik und
Westeuropa ein Höhenrücken, der mit SW-NO-exponierter Achse bis an den Westrand
Skandinaviens heranreicht. Auf seiner Ostflanke bleibt die Höhenströmung bei uns
auf Nord-Nordwest gestellt, wobei ein unscheinbarer KW-Trog von Norden her
süd-südostwärts gesteuert wird. Er korrespondiert mit einem Bodentrog, in den
eine Okklusion mit Warmfrontcharakter eingebettet ist. Trog und Front greifen im
Tagesverlauf von der Nordsee, Benelux, und Frankreich her in abgeschwächter Form
auf die westlichen Landesteile über, bevor das System bei weiterer
Ostverlagerung noch schwächer wird und sich schließlich auflöst.
Danach zeigt die Prognose eine vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel
bis nach Weißrussland bzw. zur Ukraine reichende Hochdruckzone, die aber auf
ihrer Nordwestflanke über Mitteleuropa eine deutliche Schwachstelle aufweist. In
diese Achillesferse stößt bereits am Dienstag der nächste Tiefausläufer rein,
der im Tagesverlauf auch Deutschland mit Niederschlägen traktieren soll. Dabei
wird die zuvor wetterbestimmende Kaltluft zunehmend durch mildere Atlantikluft
ersetzt (Anstieg der 850-hPa-Temperatur bis Tagesende bis auf nahe +8°C im
Nordwesten, gleichzeitig im O und SO noch leicht negative Temperaturen).

Im weiteren Verlauf der Woche bis Freitag (erweiterte Mittelfrist) bleibt die
Hochdruckzone über dem Vorhersageraum äußerst brüchig, was zyklonal bestimmtes
"Gruselwetter" mit weitgehend flüssigen Niederschlägen bei deutlich steigender
Schneefallgrenze zur Folge hätte.
Großräumig gilt es festzustellen, dass die Frontalzone über dem Atlantik und
Nordeuropa recht weit nach Norden verschoben ist. Mit südwestlicher Strömung
stößt sehr milde Luft (T850 teils um 10°C) bis zum nahen Ostatlantik vor. Ob
sich diese Luftmasse in der Folge auch bis zum europäischen Kontinent
vorarbeitet oder sich dort vielleicht doch Hochdruckeinfluss mit etwas
hausgemachter Kaltluft durchsetzt (Inversion), kann heute - schon mal gar nicht
auf Basis eines einzigen, am übernächsten Freitag endenden deterministischen
Modelllaufs - nicht beantwortet werden. Somit bleibt weiterhin Platz für
Spekulationen, wodurch sich der Reigen zu den einleitenden Worten schließt.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der jüngsten IFS-Läufe vom ECMF kann guten Gewissens als robust
bezeichnet werden. Demnach steht einer erneuten Troglage (siehe oben) am 3.
Adventswochenende nichts im Wege. Die Tatsache, dass der Trog im Gegensatz zur
gestrigen 00-UTC-Version nun wohl doch nicht nach Süden abtropft, hat in Bezug
auf die großräumigen Basisfelder - und um die geht es im Wesentlichen in der
mittelfristigen Prognose - nur marginalen Einfluss. So soll z.B. der für Montag
geplante schwache Tiefausläufer, der von Westen her auf den Vorhersageraum
übergreift, nun geringfügig später antreten.
Noch nicht ganz sicher ist, wie stark der im Anschluss signalisierte
Hochdruckeinfluss ausfällt. Der heutige 00-UTC-Lauf misst weder dem sich von
Nordwesten nähernden Höhenrücken noch der korrespondierenden Bodenhochdruckzone
nachhaltigen Einfluss zu, so dass eher von zyklonalem Wettergeschehen bei
steigender Temperatur auszugehen ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) zeigen während des
gesamten Mittelfristbereichs bis nächsten Dienstag trotz kleiner Unschärfen sehr
ähnliche Lösungen. Danach steigt ICON aus der Vorhersage aus (UKMO tut das schon
einen Tag vorher), während GFS und GEM im Rennen bleiben. GEM schlägt sich dabei
auf die Seite des zyklonal bestimmten IFS-Szenarios mit wiederholten, besonders
an den Alpen auch ergiebigen Niederschlägen (die beim simulierten
Temperaturniveau z.B. bis in höhere Lagen als REGEN fallen und erhebliches
Tauwetter zur Folge haben würden). Ganz anders die GFS-Version, die nur
anfänglich auf Zyklonalität setzt, im Laufe der Woche dann aber trockenes
Hochdruckwetter präferiert.

FAZIT: Bis zu Beginn der neuen Woche steht die Vorhersage auf Basis des
Modellensembles auf breitem Fuß. Danach divergieren die Prognosen, wobei man
aber das Gefühl nicht los wird, dass alles in Richtung Milderung geht.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Fast erwartungsgemäß nach den bisherigen Schilderungen zeigen die
ECMF-EPS-Rauchfahnen ausgewählter deutscher Städte bis kommenden Sonntag sehr
eng gebündelte Potenzial (500 hPa)- und Temperatur(850 hPa)kurven. Danach nimmt
besonders bei T850 der Spread zu, während er sich bei Pot500 in Grenzen hält.
Der Trend ist aber eindeutig: bis nächsten Mittwoch (im Norden (Referenz HH) nur
bis Dienstag) steigen beide Parameter bei gleichzeitig auftretenden
Niederschlagssignalen an. Danach wird das Bild uneinheitlich (sogar ein paar
kalte Lösungen), so dass eine belastbare Aussage nicht mehr möglich ist.
Die GFS-EPS-Rauchfahnen bieten einen sehr ähnlichen Verlauf wie ECMF-EPS an,
allerdings sind die begleitenden Niederschlagssignale in der nächsten Woche
etwas schwächer und weniger zahlreich.
Bei der Clusterung von ECMF-EPS liegt für den ersten Zeitraum T+72...96h (Freitag
zu Samstag) ein einziges Cluster vor, das die o.e. Amplifizierung des anfänglich
breiten aber eher flachen Höhentrogs widerspiegelt. Trotz zunehmender Streuung
in den Rauchfahnen bleibt es für T+120...168h (Sonntag bis Dienstag) bei einem
Cluster. Erst danach (T+196...240h, Mittwoch bis Freitag) kommt etwas Bewegung ins
Geschehen, wenn sich die Zahl der Cluster auf drei erhöht (25 Fälle + HL/KL, 17,
9). CL 1 und CL 3 zeigen Deutschland am Ostrand eines Höhenrückens über dem
nahen Ostatlantik (Strömungsregime "Blockierung"), wobei der antizyklonale
Einschlag bei CL 3 etwas stärker ist. CL 2 hingegen setzt auf eine milde und
windige Westlage (NAO positiv).

FAZIT: Auch die Probabilistik bietet bis Anfang nächster Woche eine recht
sichere Prognose. Danach wird es zwar unsicherer, allerdings mit einer recht
hohen Wahrscheinlichkeit für ein Mildszenario (entweder Hochrandlage mit
Nordseeluft oder Durchbruch einer Westwetterlage).

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mit der am Freitag einsetzenden und über das Wochenende andauernden Troglage
verliert der zuvor äußerst lebhafte WIND (mit STURMBÖEN) deutlich an Fahrt.
Markante Böen größer/gleich Stärke 8 Bft sind dann erstmal - wenn überhaupt -
auf einige wenige exponierte Kamm- und Gipfellagen des Berglands beschränkt. Die
probabilistischen Vorhersagetools jedenfalls zeigen entweder keine oder nur ganz
dünne Überschreitungswahrscheinlichkeiten für Böen 8 Bft. Auch zu Beginn der
neuen Woche zeichnet sich keine Starkwindlage ab.

Dafür sinkt in der ab Freitag ins ganze Land einfließenden Kaltluft die
Schneefallgrenze wieder bis in tiefe Lagen ab. Allzu große NEUSCHNEEMENGEN
stehen in der mehrtägigen Akkumulation aber nicht auf der Karte. Ganz unten wird
es zumindest tagsüber sowieso schwer, überhaupt eine dünne Schneedecke
hinzubekommen. Oberhalb 200 bis 400 m können am Samstag insbesondere in
West-Nordweststaulagen der Alpen und einiger Mittelgebirge punktuell mal 10 cm
oder etwas mehr Neuschnee zusammenkommen. Ansonsten bleiben die Schneefallraten
meist unter 10 cm/12 h.
Ab Montag deuten sich weitere Niederschläge bei von Westen allmählich steigender
Schneefallgrenze an. Für Details ist es aufgrund zunehmender Modellunterschiede
aber noch zu früh.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann