DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-05-2016 21:00
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.05.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Alpenrand und im Vorland anhaltender, teils ergiebiger Dauerregen. Samstag
von Nordwesten her deutliche Abkühlung, sinkende Gewitterneigung, aber
auffrischender Nordwestwind.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... In der Nacht zum Samstag weitet sich ein nordeuropäischer Höhentrog
nach Süden aus. Die schwachgradientige Geopotentialsituation geht somit
zumindest im Nordwesten unseres Landes zu Ende, wo damit auch schon kältere Luft
(um -25 Grad) in 500 hPa einströmt. Die Trogachse weist über die
Deutsch-Niederländische Grenze hinaus nach Frankreich, so dass Deutschland
komplett trogvorderseitig liegt. Bodennah intensiviert sich in dem großräumigen
Tiefdruckkomplex, der von den Alpen bis ins Baltikum und zum Schwarzen Meer
reicht, ein Randtief über dem Süden Schwedens. Dieses sorgt für eine auf
Nordwest drehende Bodenströmung, andererseits für eine leichte Verschärfung des
Druckgradienten über der Nordsee, so dass von Norden noch etwas zügiger Kaltluft
über der Nordsee nach Süden geführt wird. Bis zum Morgen sinken die Temperaturen
in 850 hPa an der Nordseeküste und im angrenzenden Binnenland schon etwas unter
null Grad, in den übrigen Gebieten liegen sie noch im positiven Bereich, wobei
es an den Alpen mit Werte um 7 Grad am wärmsten ist. Die im Bodendruckfeld zu
findende Kaltfront erreicht am Morgen die Mitte Deutschlands, sie verläuft in
einem weiten Bogen von Vorpommern bis in die Eifel, präfrontal kommt es in den
Abendstunden noch zu einzelnen Gewittern, die aber, wenn überhaupt, nur
vereinzelt Unwetterpotential besitzen und gebietsweise zu Starkregengebieten
zusammenwachsen. Die Wetteraktivität an der Front ist sehr reduziert,
Niederschlag ist kaum zu erwarten, und dies gilt zumindest bis zum Morgen auch
für die postfrontal einsickernde labile Luftmasse. Am Alpenrand sowie im Vorland
bleibt es bei Stauniederschlägen, die mit der Okklusion in Verbindung stehen.
Diese wiederrum gehört zu einem Kern des o. e. großräumigen Tiefdruckkomplexes,
welcher zu diesem Zeitpunkt über Polen zu finden ist. Die Nacht bleibt allgemein
frostfrei, im Süden ist in den Dauerregengebieten mit Nebel zu rechnen.

Samstag ... schwenkt der Trog einerseits allmählich nach Osten und damit bis in
die westliche Mitte Deutschlands. Andererseits weiter er sich etwas nach Süden
aus, so dass die -25 Grad Isotherme in 500 hPa bis etwa zur
Mittelgebirgsschwelle vorankommt, in den äußersten Norden strömt dagegen schon
Luft mit einer Temperatur von fast -30 Grad. Im 850-hPa-Niveau
dringt die 0-Grad-Isotherme weiter nach Süden und Osten vor und erreicht bis zum
Abend den Main und Ostdeutschland. Mit einer nördlichen, nur schwach
mäandrierenden bodennahen und relativ kräftigen Strömung werden die Reste der
feuchtwarmen Luft nach Süd- und Südosteuropa abgedrängt. Reste dieser Luftmasse
lassen durch Staueffekte die Niederschläge im südlichen Schwarzwald und in
Richtung Alpen andauern. Dabei geht der skalige Charakter am Nachmittag
zunehmend in einen konvektiven über. Bis zum Abend sind nochmals gebietsweise 10
bis 20 mm Regen zu erwarten, bei durchaus möglicher lokaler konvektiver
Durchsetzung bzw. zusätzlichen Schauern und lokalen Gewittern am Nachmittag auch
noch etwas mehr. Am Rand des Tiefs über Südschweden herrscht vor allem im Norden
und in Teilen der Mitte ein kräftiger Gradient, der vor allem im Nordwesten und
im Mittelgebirgsraum erneut zu Windböen führt, an der Nordseeküste und im
küstennahen Binnenland können stürmische Böen auftreten. Zum Abend hin sind an
der Nordseeküste und auf höheren Berggipfeln der nördlichen Mittelgebirge Böen
bis Sturmstärke möglich. Zudem gelangt in den Nordwesten wieder deutlich
labilere Luft, was vor allem im unmittelbaren Küstenumfeld und der bei der dort
vorhandenen Luftmasse merklichen diabatischen Unterstützung die
Gewittertätigkeit aufleben lässt. Dazu kommt die Labilisierung durch ein
separates Höhentief, welches sich im Tagesverlauf innerhalb des Troges von der
Südspitze Norwegens nach Schleswig-Holstein verlagert hat. Dabei handelt es sich
um typische Kaltluftgewitter, die weder hoch reichend noch langlebig sein
werden. Bemerkenswert ist der gegenüber den Vortagen deutliche
Temperaturrückgang. Maxima um 18 Grad sind allenfalls im Osten und südlich des
Mains möglich. Ansonsten bewegen sich die Temperaturen zwischen 10 und 16 Grad,
im Bergland noch etwas darunter.

In der Nacht zum Sonntag bleibt die Troglage über Mitteleuropa bestehen. Das in
den Trog eingebettete Tief verlagert sich in der Nacht nach Osten auf die
Ostsee, wobei es bis zum Morgen etwa bis zum Stettiner Haff vorankommt. Mit ihm
verlagert sich auch die höhenkälteste Luft, die dann, weiterhin mit Temperaturen
unter -30 Grad, etwa über Vorpommern liegt. Mit der Verlagerung des Höhentiefs
ist auch ein südliches und östliches Ausgreifen der Niederschlagstätigkeit vom
Nordseeumfeld aus zu beobachten, wobei Schauer weiter vor allem im Umfeld der
warmen Nordsee zu finden sein werden, in den übrigen Gebieten wird es, auch
tagesgangbedingt, eher skalig regnen. Das Bodentief wandert zeitgleich in
Richtung Bornholm, hält aber über dem Norden und zum Teil über den mittleren
Gebieten den kräftigen Gradienten aufrecht, so dass an der Küste starke bis
stürmische Böen, vor allem in Verbindung mit Schauern, und bis ins nördliche
Binnenland hinein Windböen auftreten können.

An den Alpen lassen die Niederschläge allmählich weiter nach, lokal sind über
die Nacht hinweg, staubedingt nochmals 5 bis vereinzelt 15 mm Regen möglich. Zum
Sonntagmorgen sinkt die Schneefallgrenze mit der eintreffenden Kaltluft dort
vorübergehend auf etwa 1000m, im Mittelgebirgsraum ist die Schneefallgrenze bei
etwa 600 bis 800 m anzusiedeln. Auflockerungen sind in einem breiten Streifen
vom Westen und Südwesten Deutschlands bis in den Osten hinein am
wahrscheinlichsten, wobei diese in der zweiten Nachthälfte von Norden schon
weniger werden, weil dort neue Niederschläge, in Gipfellagen als Schnee oder mit
Schnee vermischt, aufkommen. Generell liegen die Temperaturminima im mittleren
einstelligen Bereich. Im Bergland ist in ungünstigen Lagen vereinzelt Luftfrost,
etwas häufiger Bodenfrost zu erwarten.

Sonntag ... liegt Deutschland im Bereich des Troges, wobei sich das eingebettete
Höhentief weiter nach Osten bzw. Nordosten verlagert (es erreicht am Abend die
Südwest-, am Morgen Ostküste Gotlands) und Deutschland sich somit auf der
Rückseite der Trogachse befindet. Im Bereich des Höhentiefs liegt die
500-hPa-Temperatur bei unter -30 Grad, wobei auch die höhenkälteste Luft zum
Abend nach Nordosten abgezogen ist. Dennoch sorgt die labile Schichtung für
Hebung, so dass es im Bereich des Höhentiefs zu Schauern und kurzen Gewittern
mit stürmischen Böen, vereinzelt auch mit Sturmböen und Graupel kommt. Das Tief
am Boden dürfte am Abend ebenfalls mit Schwerpunkt etwa über Gotland liegen, was
einer weiteren Entwicklung nicht in die Karten spielt. Somit ist zum Tagesende
und in der Nacht das dominierende Tief im Ostseebereich eher jenes über dem
südlichen Finnland, wobei auch dieses sich bezüglich des Kerndrucks kaum ändert.
So oder so, wir befinden uns weiterhin in einer nördlichen bis nordwestlichen
Strömung, mit der die Meeresluft polaren Ursprungs die Alpen erreicht, die
Temperaturen im 850hPa-Niveau werden dann dort unter null, im Nordwesten
ausgangs der Nacht sogar unter -4 Grad liegen. Die angesprochene nordwestliche
Strömung schwächt sich durch eine Auffächerung des Gradienten im Tagesverlauf
etwas ab, sie legt am Abend und in der Nacht aber schon wieder zu, da im Westen
ein sich kräftigender Höhenrücken auf die Britischen Inseln übergreift. Dieser
bzw. das sich ebenfalls kräftigende Bodenhoch sorgt über Westeuropa für
Druckanstieg. Aufgrund des sich verschärfenden Gradienten zwischen dem Bodenhoch
im Westen und dem Tiefdruckkomplex über der Ostsee frischt der nordwestliche
Wind in der Nacht wieder kräftig auf und in weiten Teilen des Nordens, des
Ostens und der Mitte kann es bis in tiefe Lagen starke Windböen geben. Auf den
Bergen sowie im Nordosten auch in tiefen Lagen sind stürmische Böen, in
exponierten Lagen des Berglandes auch Sturmböen möglich. Im Alpenraum kann es
noch zu etwas Niederschlag kommen, wobei in den Alpen oberhalb von etwa 1200m
Schnee fällt. In der kalten Luftmasse ist in der Nacht zum Montag in geschützten
Muldenlagen der Mittelgebirge vereinzelt Luft- und Bodenfrost möglich.

Montag ... Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden
Pfingstmontag liegt Deutschland am Rande eines hochreichenden Tiefs mit
Drehzentrum über der mittleren Ostsee. Auf seiner Westflanke gelangt maritime
Polarluft in den Vorhersageraum (T850 um oder etwas unter 0°C), die bis
einschließlich Dienstag für wechselhaftes und kühles Schauerwetter sorgt. In
Staulagen sowie im äußersten Nordosten ("herumgeholte Warmluft") sind auch
länger andauernde Niederschläge möglich.



Modellvergleich und -einschätzung
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Unterm Strich simulieren die Modelle die anstehende Situation recht ähnlich.
Bezüglich des Niederschlages im Alpenraum wie auch in den möglichen Schauern und
Gewittern simulieren die höher aufgelösten Modelle naturgemäß mehr Niederschlag
als die globalen, die Deutschen Modelle sind im Stau der Alpen
Niederschlagsaffiner als die externen (GFS, EZMW). Bezüglich des Windes ist EZMW
am morgigen Samstag offensiver als ICON oder ICON-Nest, allerdings legt das
konvektionserlaubende COSMO-EU noch etwas forscher los und sieht auch im
Binnenland schon am Vormittag auch stürmische Böen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas