DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-05-2016 09:00
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.05.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z, Übergang zu N z
Abgesehen vom Norden Entwicklung einzelner, zum Teil heftiger Gewitter mit
Starkregen. Morgen Gewitter mit Starkregen in den Niederschlag eingelagert.
Außerdem im Süden einsetzender Dauerregen, in Staulagen ergiebig (Unwetter),
erst im Laufe des Samstags nachlassend.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... liegt Deutschland zwischen einer Hochbrücke, die sich von Island
über die nördliche Nordsee, Südskandinavien bis nach Karelien erstreckt und
einer Tiefdruckrinne, die von Nordfrankreich über Süddeutschland hinweg bis nach
Kärnten reicht. Das Bodentief bildet sich inzwischen derartig in der Höhe ab, so
dass von dem bisherigen Hochdruckeinfluss nicht mehr die Rede sein kann. Die
Situation als Troglage zu bezeichnen wäre eher treffend. Schwacher
antizyklonaler Einfluss lässt sich nur noch ganz im Norden finden. Im
Grenzbereich zu der über Südskandinavien liegenden Hochbrücke bleibt ein
kräftiger Gradient bestehen, so dass im gesamten Norden und in der Mitte im
Tagesverlauf durchaus auch wieder Windböen, auf höheren Berggipfeln vor allem
der nördlichen Mittelgebirge Böen bis Sturmstärke auftreten können.
Ansonsten setzt sich im gesamten Süden Deutschlands feuchtere (mit einem Gehalt
an niederschlagbarem Wasser bis 30 mm), aber nur wenig labilere Luft durch. In
einem breiten Bereich, der sich von den westlichen Mittelgebirgen (Eifel) bis
nach Sachsen und in die Uckermark erstreckt, ist die Labilität höher. Folglich
kann es in diesen Regionen zu konvektiven Umlagerungen kommen; dabei ist
aufgrund der geringen Verlagerung auch Starkregen möglich.
Im Bereich einer flachen Tiefdruckrinne, die sich von der Pfalz bis ins
Salzburger Land erstreckt, kann es zu heftigeren konvektiven Entwicklungen
kommen; aufgrund der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit sind auch stärkere
Niederschläge (vielleicht sogar bis in den unwetterrelevanten Bereich hinein)
möglich. Starkregen ist demnach wahrscheinlicher als an den Tagen zuvor. Ob es
generell bereits für unwetterartige Entwicklungen reicht, ist noch nicht sicher.
Zumindest die nahezu nicht vorhandene Scherung spricht dagegen.
In Richtung Alpen macht sich zunächst noch anhand des Kondensationsniveaus eine
föhnbedingte Austrocknung bemerkbar. Mit der Verlagerung der Tiefdruckrinne
etwas weg von den Alpen sollten aber auch dort die Voraussetzungen für hoch
reichende Konvektion eher gegeben sein.
Zudem kommt von Südwesten her, d.h. im (südlichen) Schwarzwald, entlang vom
Hochrhein, in der Bodenseeregion bis hin zum Allgäu ein Aufgleiten zum Tragen,
was Dauerniederschläge (die durchaus und durch Stau begünstigt über einen
längeren Akkumulationszeitraum hinweg auch die Unwetterschwellen erreichen
können) wahrscheinlicher werden lässt. Diese können zumindest anfangs noch
konvektiv durchsetzt sein und auch mit Gewittern einhergehen. Diese
Dauerniederschläge können bis in den Samstag hinein andauern. Für eine genaue
Abschätzung und vor allem Regionalisierung ist die Entwicklung allerdings noch
zu unsicher. Regional können größere Unterschiede bei den zu erwartenden
Niederschlagssummen auftreten; auch längere, weitgehend niederschlagsfreie
Abschnitte sind vorstellbar. Bis Samstagmittag kommend dabei 40 bis 60, in
Staulagen innerhalb von 48 Stunden bis 100 mm zusammen.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden und in der Mitte noch einmal 20
bis 25, an der Küste Werte um 18 Grad. Im Mittelgebirgsraum und südlich davon
bewegen sich die Temperaturen je nach Einstrahlung zwischen 16 und 21, im
Bergland sowie bei länger andauerndem Regen um 13 Grad.
In der Nacht zum Freitag stößt vom Nordmeer kommend ein Trog bis nach
Südskandinavien vor. Stromab, d.h. an der Südflanke dieses Troges, greift ein
Keil auf den Norden Deutschlands über. Dies lässt von der Nordsee her den
Luftdruck etwas ansteigen. Zudem dringt in Verbindung mit einer stabilen
Kaltfront deutlich kühlere Luft bis in den Küstenbereich und in den Nordwesten
vor.
Im Südwesten und im Süden sind im Bereich der dort noch vorhandenen
Tiefdruckrinne weitere Starkniederschläge möglich, die anfangs auch noch von
Gewittern begleitet sein können. Ausgangs der Nacht zum Freitag sollten diese
Niederschläge mehr und mehr einen stratiformen Charakter annehmen.

Freitag... wird das bisherige, über dem Süden Deutschlands liegende Höhentief
durch den von Skandinavien nach Süden vorstoßenden Trog aufgenommen. Das
korrespondierende Bodentief verlagert sich in das östliche Mitteleuropa.
Folglich stellt sich eine zunächst nordöstliche, später auf Nord drehende
bodennahe Windkomponente ein. Mit dieser gelangt in den Norden und Westen
spürbar kühlere und trockenere Luft, wodurch die bisherige, relativ feuchte und
auch labile Luftmasse nach Osten und Süden abgedrängt wird.
Da sich zum Bodenhoch südlich von Island hin ein kräftiger Gradient entwickelt,
sind im nordwestlichen Binnenland Windböen, an der Nordsee durchaus auch
stürmische Böen möglich. Hier kommt dann auch noch der Tagesgang zum Tragen.
Mit der Drehung der Strömung auf Nord entwickelt sich südlich der Donau eine
Dauerregenlage, die sich durch Stau verschärft. Da die Luftmasse in einem
breiten Streifen etwa von der Mosel bis zur Warthemündung südwärts bis in den
noch labil geschichtet ist, sind diese Niederschläge stark konvektiv bis hin zu
Gewittern durchsetzt. CAPE erreicht mehr als 1000 J/kg, der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser mehr als 25 mm. Meist dürfte es sich um Ereignisse
handeln, die in ein breites Niederschlagsband eingelagert sind. Somit sollte
das 6-std. Starkregenkriterium eher zum Ansatz kommen.
Die Temperaturen gehen gegenüber den Vortagen etwas zurück. Mit Hilfe der Sonne
sind in der rückseitig einfließenden trockeneren Luft 17 bis 22 Grad, im Süden
bei länger andauerndem Niederschlag 11 bis 16 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Samstag schiebt sich der o.g. Trog bis in den Nordwesten
Deutschlands vor. Hierdurch wird die feuchte und anfangs noch labil geschichtete
Luft endgültig nach Polen und nach Süddeutschland. Dabei kommt es vom
Schwarzwald bis hin zum östlichen Alpenrand weiterhin zu länger andauernden
Niederschlägen, die anfangs auch noch konvektiv durchsetzt sein können. Ausgangs
der Nacht zum Samstag sollte aber auch dort der stratiforme Charakter
überwiegen.
Nördlich der Mittelgebirge bleibt dabei ein kräftiger Gradient bestehen, so dass
an der Nordsee weiterhin Wind- und stürmische Böen und auf höheren Berggipfeln
Böen bis Sturmstärke auftreten können. In diesen Gebieten kann es längere Zeit
aufklaren, so dass dort Temperaturminima im deutlich einstelligen Bereich zu
erwarten sind.

Samstag... gelangt Deutschland in den Bereich des sich nach Süden ausweitenden
Troges. Dabei gehen im 850 hPa-Niveau die Temperaturen im Norden und Westen auf
Werte um oder etwas unter 0 Grad zurück. Mit einer nördlichen bodennahen und
relativ kräftigen Strömung werden die Reste der feuchtwarmen Luft nach Süd- und
Südosteuropa abgedrängt. Reste dieser Luftmasse lassen in Verbindung mit Stau
die Niederschläge im südlichen Schwarzwald und in Richtung Alpen noch andauern,
wobei der konvektive Niederschlagsanteil keine Rolle mehr spielen sollte.
Durch Überströmung der südskandinavischen Gebirge entsteht in deren Lee ein
kleinräumiges Tief, das in die westliche Ostsee gesteuert wird. An dessen
Westflanke verstärkt sich der Gradient deutlich, so dass im Nordwesten und im
westlichen Mittelgebirgsraum erneut Windböen, an der Nordseeküste und im
küstennahen Binnenland stürmische Böen auftreten können. Zum Abend hin sind an
der Nordseeküste und auf höheren Berggipfeln der nördlichen Mittelgebirge Böen
bis Sturmstärke möglich. Zudem gelangt in den Nordwesten deutlich labilere Luft,
was dort die Gewittertätigkeit aufleben lässt. Dabei handelt es sich um typische
Kaltluftgewitter, die sehr wahrscheinlich nicht weiter als etwa 6 km
hinaufreichen.
Abgesehen von den Gebieten etwa vom Schwarzwald bis zum Bayerischen Wald, wo
zumindest noch zeitweise Niederschläge zu erwarten sind und den nordseenahen
Regionen, wo in Verbindung mit dem Leetief Schauer und kurze Gewitter aufkommen,
sind ansonsten keine nennenswerten Niederschläge zu erwarten. Dabei ist es
wechselnd wolkig mit Auflockerungen, im Lee der Mittelgebirge sind auch
Aufheiterungen möglich. Generell erfolgt gegenüber den Vortagen ein deutlicher
Temperaturrückgang. Maxima bis 17 oder 18 Grad sind allenfalls noch ganz im
Osten möglich. Ansonsten bewegen sich die Temperaturen zwischen 9 und 15 Grad.
In der Nacht zum Sonntag bleibt die Troglage über Mitteleuropa bestehen. Das
oben beschriebene Leetief verlagert sich zwar nach Südschweden, hält aber über
dem Norden und zum Teil auch über den mittleren Gebieten einen kräftigen
Gradienten aufrecht, so dass an der Küste weiterhin stürmische Böen und bis weit
ins nördliche Binnenland hinein Windböen auftreten können. Zudem bleibt die Lage
konvektiv geprägt; im gesamten Norden sind weiterhin Schauer und kurze Gewitter
möglich.
An den Alpen lassen die Niederschläge nur allmählich nach; sehr wahrscheinlich
kommen dann keine warnrelevanten Summen mehr zusammen. Auflockerungen sind in
einem breiten Streifen vom Westen und Südwesten Deutschlands bis in den Osten
hinein am wahrscheinlichsten. Generell sind Temperaturminima im mittleren
einstelligen Bereich zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Problematisch ist nach wie vor die Prognose der in Süddeutschland zu erwartenden
Niederschläge. Unstrittig ist, dass wenigstens das 48-std. Dauerregenkriterium
zum Ansatz kommen sollte. Auch kein Zweifel sollte daran bestehen, dass in
einigen Regionen die Unwetterschwelle überschritten wird. Der meiste
Niederschlag fällt wohl etwa von heute Nachmittag bis gegen Samstagmittag; dabei
sind 40 bis 60, in Staulagen auch bis 100 mm Niederschlag möglich. Bisher
zeichnen sich der südliche Schwarzwald und der gesamte Alpenrand als die Gebiete
ab, wo eine Überschreitung der Unwetterschwellen am wahrscheinlichsten ist.
Bemerkenswert ist auch, dass von Modelllauf zu Modellauf sowohl bei einigen
deterministischen Modellen als auch bei probabilistischen Verfahren wir
COSMO-LEPS und dem EPS des EZMW die zu erwartenden Niederschläge erhöht wurden.

Unsicher ist aber auch, wie weit diese Niederschläge nach Norden ausgreifen,
d.h. ob die Donauregion und vielleicht auch der Bayerische Wald ebenfalls davon
erfasst werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann