DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-05-2016 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 11.05.2016 um 10.30 UTC



Am Samstag am Alpenrand zögernd abklingende Regenfälle. Nachfolgend kühles und
zeitweise windiges Schauerwetter mit einzelnen Gewittern. Schnee ist im Bergland
möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 18.05.2016


Während der Mittelfrist schwächt sich die blockierende Wetterlage
("Omegablockade") über dem Nordostatlantik allmählich ab und mündet in ein
zonaler geprägtes Strömungsmuster. Bis dahin haben wir es jedoch über Nordeuropa
weiterhin mit einem beständigen Trog zu tun, der die Ostflanke des "Omega"
markiert.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Samstag den 14. Mai, liegt der bereits erwähnte
markante Höhentrog mit seiner neutral ausgerichteten Achse über dem Europäischen
Nordmeer, Norwegen und Deutschland. Kleinere Randtröge, hauptsächlich im 500hPa
Temperaturfeld erkennbar, zirkulieren um den Haupttrog und beeinflussen auch
weite Bereiche des zentralen Mittelmeers und des Balkans. Niedertroposphärisch
liegt über Skandinavien und Osteuropa ein komplexes Tiefdruckgebiet, welches
Hand in Hand mit einem kräftigen Bodenkeil westlich von Irland die Zufuhr
modifizierter Polarluft nach Deutschland stützt. Dieses Tief mündet in ein
diffus strukturiertes Bodentief über Norditalien und bildet somit eine
Bodentiefdruckrinne, die noch weite Bereiche des Alpenraums und auch
Süddeutschland erfasst.
Somit muss tagsüber besonders südlich der Donau mit länger anhaltenden und teils
auch kräftigen Regenfällen gerechnet werden, ausgelöst durch die dort noch
lagernde feucht-labile Luftmasse der nur allmählich südwärts ziehenden
Bodentiefdruckrinne und Hebung dank PVA des scharf zyklonal gekrümmten
Höhentroges. Auch einzelne Gewitter sind möglich. Die Niederschläge klingen im
Tagesverlauf allmählich von Nordwesten ab.
Im restlichen Deutschland prägt hochreichende Kaltluftadvektion das
Wettergeschehen und im Nordosten und Norden muss wiederholt mit Schauern
gerechnet werden - besonders abends beim Durchschwenken einer Trogachse. Dank
einer Verschärfung des Luftdruckgradienten muss dort auch mit stark böigem,
teils auch stürmisch auffrischendem Nord- bis Nordwestwind gerechnet werden.

Bereits in der Nacht zum Sonntag tropft der Höhentrog über Norddeutschland und
der westlichen Ostsee ab und sorgt am Sonntag tagsüber deutschlandweit für
windiges und schaueranfälliges Wetter. Es treten auch einzelne Gewitter auf. Die
Niederschlagsneigung nimmt dabei in Richtung Südwesten ab, wo ein Keil des
Azorenhochs etwas Wetterberuhigung ermöglichen könnte. Besonders im Küstenumfeld
und auf den Bergen, aber auch in Schauer- und Gewitternähe muss in
Nordostdeutschland teils mit stürmischen Böen gerechnet werden. In der Nacht zum
Montag tritt in geschützten Senken und Muldenlagen örtlich Frost in Bodennähe
auf und Schauer, die sich bis in die erste Nachthälfte halten, können im oberen
Bergland (oberhalb von 800 m) etwas Neuschnee bringen. Mehr muss über diesen Tag
wohl nicht gesagt werden.

Zum Montag und Dienstag ändert sich synoptisch gesehen sehr wenig. Das
abgetropfte Höhentief bleibt über der südlichen Ostsee und Polen liegen und
sorgt für eine Fortdauer der teils regen Schaueraktivität. Der Gradient nimmt
jedoch im Vergleich zum Vortag ab, sodass mit einer allmählichen
Windabschwächung, verglichen zum Sonntag, gerechnet werden kann. Da die Luft nun
auch nicht mehr auf direktem Weg aus polaren Breiten über die Nordsee, sondern
über Irland und Großbritannien nach Deutschland geführt wird, sollten die
Höchsttemperaturen zudem geringfügig zum Vortag ansteigen.
Besonders im Alpenstau können die Niederschläge zeitweise auch länger anhalten.
Je nach Niederschlagsstärke und Tageszeit sinkt die Schneefallgrenze dabei auf
rund 1000 m ab, wobei je nach genauer Anströmungsrichtung und eingebetteter
Feuchtegebiete auch größere Neuschneemengen nicht ausgeschlossen werden können.
Zudem muss in der Mitte und im Süden weiterhin örtlich mit Frost in Bodennähe
gerechnet werden.

In der Nacht zum Mittwoch tropft ein weiteres Höhentief nordwestlich von Irland
ab und wird durch das stärkere Höhentief über der südlichen Ostsee / über Polen
in Richtung Biskaya geführt. Deutschland gelangt dadurch zwischen die Stühle und
somit in einen Bereich schwachen Geopotentialanstiegs. Dank der einhergehenden
Stabilisierung der mittleren Troposphäre nimmt am Mittwoch tagsüber die
Schauerneigung deutlich ab und es wird besonders in der Höhe milder - die 850
hPa Temperatur steigt mal wieder über die +5 Grad-Marke! Ein kleiner
Wermutstropfen könnte sein, dass bereits zum Abend die Fronten des Biskayatiefs
auf den Westen Deutschlands übergreifen, aber dies ist noch sehr unsicher.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Montag werden die großräumigen Trog- und Keilstrukturen über
weiten Bereichen Europas sehr gut erfasst!

Der einzige Unterschied ist über der Biskaya am Montag auszumachen, wo der 12
UTC Lauf vom 10. Mai versuchte einen Trog zu entwickeln, während der jeweils
ältere und neuere Lauf einen schwachen Keil zeigen (576 gpdm Isohypse mit einer
horizontalen Differenz von 1700 km!). Dies hat einen Einfluss auf die
Entwicklung am Dienstag, wo fraglich ist, ob ein schwacher Bodenkeil nach
Deutschland reichen könnte.
Der neueste Lauf (11. Mai 00 UTC) belässt zudem das Höhentief über Polen und
somit westlicher als in den Vorläufen angezeigt. Das würde für Deutschland einen
stärkeren zyklonalen Einfluss mit entsprechend höherer Schaueraktivität
bedeuten. Dieser Trend reiht sich in die Vorstellung der anderen Globalmodelle
ein, sodass dieser Entwicklung in weiteren Modellläufen eine größere
Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Zudem wird ein weiterer Abtropfprozess
über dem Nordostatlantik sehr unsicher behandelt, was ebenfalls Auswirkungen auf
eine mögliche Keilaufwölbung über Westeuropa hat.

Zusammengefasst sind die Unsicherheiten bei den vergangenen EZMW Läufen ab
(einschließlich) Dienstag sehr groß und somit die Wetterentwicklung noch
ungewiss. Dies sollte allerdings auch nicht groß verwundern, haben wir es dann
doch mit gleich zwei abgetropften Höhentiefs über West-/ und Mitteleuropa zu
tun. Auch die niedertroposphärische Druckverteilung kann ab Dienstag als
unsicher angesehen werden kann.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch bei den Globalmodellen herrscht bis einschließlich Montag hinsichtlich der
großräumigen synoptischen Strukturen eine gute Übereinstimmung!

Feine Unterschiede gibt es bei den um das Höhentief geführten Kurzwellen, die
natürlich für die entsprechende Niederschlagsverteilung und Windentwicklung von
Interesse sind. Auch der Abtropfprozess wird bisher eher von EZMW gezeigt,
während GFS und ICON weiter eine Höhentrogstruktur andeuten. Dies hat jedoch auf
das Wetter in Deutschland bis einschließlich Montag keine Auswirkungen.
Zum Dienstag nehmen auch hier die Differenzen deutlich zu. Zum einen gewinnt nun
die vorhin angesprochene Unsicherheit des Abtropfens an Bedeutung. Das EZMW
belässt das Höhentief recht ortsfest über Polen und der südlichen Ostsee liegen,
während z.B. GFS den Trog allmählich nach Osten verlagert. Ein weiterer Trog,
der sich Irland nähert und je nach Modell ebenfalls beginnt am Dienstag
abzutropfen, wird noch sehr unterschiedlich behandelt.
Zum Mittwoch nehmen die Unsicherheiten dieses nordostatlantischen Troges weiter
zu und zwischen EZMW und ICON ist eine Abweichung des Tiefkerns von mehr als
1000 km auszumachen (EZMW südwestlich von Irland, ICON nördlich von Schottland).
ICON favorisiert zudem eine Zonalisierung mit einer strammen Westströmung,
während EZMW und GFS eher auf einen Abtropfprozess setzen. Zudem vergrößern sich
die Unterschiede des zweiten Höhentiefs über Polen weiter, wobei EZMW das
westlichste Modell ist und GFS das östlichste.
Um es kurz zu machen, ab Dienstag nehmen die Unsicherheiten stark zu und machen
sich auch für Deutschland bemerkbar, wo Schauer bei kühlen Temperaturen oder
Sonnenschein bei milden Temperaturen erwartet werden können.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Beim Blick auf die Cluster ist die Tendenz der zunehmenden
Vorhersageunsicherheit, besonders ab Dienstag, gut zu erkennen. Am Samstag wird
nur ein Cluster (blockierender Atlantikkeil) gezeigt, wobei der Trog Deutschland
voll erfasst. Von der Biskaya über Island bis nach Südgrönland erstreckt sich
ein Bereich positiver Geopotentialanomalien, welcher in Verbindung mit der
weiter vorherrschenden "Omegablockierung" gebracht werden kann. Von Sonntag bis
Dienstag schwächt sich die Blockade allmählich ab, ist jedoch weiterhin
erkennbar, was sich an der Einteilung der jeweiligen Cluster zeigt. Es werden 3
relativ gleich besetzte Cluster gezeigt, die alle dem Regime "Atlantikkeil"
zugeschrieben werden können. Der Kontrolllauf ist im ersten Cluster zu finden.
Dabei ist die "Omegastruktur" bis einschließlich Montag in allen Clustern noch
sehr gut zu erkennen, wobei der Trog weiterhin über der südlichen Ostsee / über
Polen zu finden ist. Für Deutschland sind die Unterschiede innerhalb der Cluster
eher als gering anzusehen und haben für die Wetterentwicklung keine große
Bedeutung.
Erst zum Dienstag werden die Unterschiede auch hier größer, wobei zwei der
Cluster ein deutliches Abschwächen des Höhentiefs zeigen (Cluster 1 und 3),
während der zweite Cluster noch eine markante Trogstruktur aufweist. Zudem baut
sich über der Biskaya eine positive Geopotentialanomalie auf, die jedoch von
Stärke und Lage sehr unterschiedlich erfasst wird. Die zum Mittwoch weiter
zunehmende Unsicherheit spiegelt sich in 5 Clustern wider, die von einer
Zonalisierung (Cluster 1,4 und 5 mit positiver NAO) über Blockade bis hin zur
Fortdauer des Atlantikkeils alles zeigen. Entsprechend ist dann von einer kühlen
Nordwestströmung bis hin zu einer warmen Südwestströmung alles möglich.

Auch die Rauchfahnen zeigen z.B. in Offenbach bis Montag eine enge Bündelung mit
einer 850 hPa Temperatur zwischen -1 und -3 Grad. Der ab Dienstag einsetzende
Erwärmungstrend wird noch unsicher behandelt, wobei die Mehrzahl der Member sich
schwer tut die 0°C-Marke in 850 hPa zu überspringen. Entsprechend einer
schaueranfälligen Nordwestströmung sind die Niederschlagsmaxima während der
zweiten Tageshälfte zu finden und sind besonders am Sonntag und Montag
deutlicher ausgeprägt. Zum Dienstag nehmen sie im Einflussbereich eines
möglicherweise nach Deutschland ragenden Keils etwas ab.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Falls noch nicht deutlich genug hervorgehoben, soll dies nun beim Blick auf die
EFI-Temperaturen geschehen - es wird sehr kühl. Am Sonntag und Montag liegt der
EFI besonders in der Mitte und im Süden Deutschlands bei -0.7 bis -0.8. Diese
Anomalie schwächt sich erst zum Dienstag allmählich ab. Es muss in den Nächten
in windgeschützten Senken- und Muldenlagen örtlich mit leichtem Frost in
Bodennähe gerechnet werden.

Beim Wind springt besonders der Sonntag ins Auge, wo die EFIs über dem Nordosten
Deutschland erhöht sind. Es ist zwar keine Sturmlage abzusehen, doch wird die
kühle Meeresluft tagsüber genug labilisiert, dass der vertikale Impulstransport
in Schwung kommen kann und besonders in Schauer- und Gewitternähe mit einzelnen
Sturmböen bis ins Tiefland gerechnet werden muss. Auch am Montag sind die Werte
im Nordosten noch leicht erhöht, doch sollte sich das nur noch durch einen
böigen Nordwestwind äußern.
Dies wird auch von COSMO-LEPS mit Wahrscheinlichkeiten von 20-40% am Sonntag
gestützt, wobei die stochastische Verteilung der Maxima auf einen erhöhten
konvektiven Anteil hinweist.

Ebenfalls deutet der EFI Möglichkeiten für Schnee in den Berglagen an, wobei das
jedoch von der jeweiligen Tageszeit und der Intensität der Niederschläge
abhängt. Besonders am Alpenrand sind auch bei den Ensembleverfahren die
Wahrscheinlichkeiten für Neuschnee in den Hochlagen erhöht.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy