DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-11-2017 09:00
SXEU31 DWAV 220800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.11.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW a, Übergang zu SW z
Heute nur in einigen Gipfellagen sowie an der Nordsee stürmische und exponiert
auch Sturmböen. Am Donnerstag im Nordwesten und Westen weitere Windzunahme, an
der Nordsee und im Bergland Sturmböen bis Bft 9, exponiert schwere Sturmböen und
bis weit ins nordwestliche Binnenland hinein wahrscheinlich stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland unter einem Höhenrücken, der sich vom westlichen
Mittelmeer bis nach Südskandinavien erstreckt. Warmluftadvektion an dessen
Nordostflanke lässt diesen Rücken in seinem nördlichen Teil rasch ostwärts
schwenken, was die zunächst noch west- nordwestliche antizyklonal gekrümmte
Strömung bis zum Abend auf West-Südwest drehen lässt. Hierdurch verstärkt sich
die Zufuhr warmer Luft von Südwesteuropa, was durch einen zunehmenden Gradienten
begünstigt wird. Dieser kommt durch einen Tiefdruckkomplex über den Britischen
Inseln zustande. Ein auf den nahen Ostatlantik übergreifender Trog induziert vor
Cornwall eine Wellenentwicklung, wogegen das "Haupttief" über der mittleren
Nordsee zu finden ist. Diese Konstellation bringt auch in der unteren
Troposphäre eine südwestliche Strömung mit sich.
Absinken im Bereich des Höhenrückens lässt zumindest in den Leegebieten der
Mittelgebirge sowie in weiten Teilen Süddeutschlands die Wolken auflockern.
Abgesehen vielleicht von einigen Teilen der Donauniederung sollten sich Nebel
und Hochnebel, begünstigt auch durch den leicht zunehmenden Gradienten, alsbald
auflösen. Der Wind spielt vorerst warntechnisch nur im Bergland (auf Gipfeln mit
Böen bis Sturmstärke) sowie an der Nordseeküste (mit Wind- und stürmischen Böen)
und in einigen freien Lagen eine Rolle. Tagsüber können aber ein paar Windböen
auch auf das nordseenahe Binnenland ausgreifen. Somit sollte einem
Temperaturanstieg auf 10 bis 15 Grad nicht viel im Wege stehen. Lediglich im
Bergland, ganz im Osten (wo noch geringe Niederschläge aus der abziehenden
Warmfront fallen) und bei einigen zähen Nebelfeldern im Süden sind nur um 8 Grad
zu erwarten.
In der Nacht zum Donnerstag läuft aus dem Trog über dem nahen Ostatlantik ein
unscheinbarer kurzwelliger Anteil heraus, der auf die Benelux-Staaten
übergreift. Der wesentlich markantere nördliche Teil dieses Kurzwellentroges
überquert Schottland, so dass sich (vor allem durch positive Vorticityadvektion)
die zuvor beschriebene Welle zu einem ausgewachsenen Randtief intensiviert, das
in die Nordsee östlich von Schottland gesteuert wird. An der Südostflanke dieses
Tiefs nimmt der Gradient weiter zu, was sich aufgrund der stabilen Schichtung
vor allem im Bergland in Form von stürmischen Böen bemerkbar machen sollte.
Exponiert sind dann schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Abgesehen vom
Südosten, wo die Luftdruckgegensätze gering bleiben und es zudem noch aufklart,
sollte es ansonsten keinen Nebel geben. Auch winterliche Wetterereignisse sind
vorerst nicht in Sicht.

Donnerstag... wird durch den breiten durchschwenkenden Kurzwellentrog der zuvor
wetterbestimmende Höhenrücken nach Osteuropa abgedrängt, so dass sich die
anfänglich antizyklonale Südwestlage in eine zyklonale Situation umwandelt. Das
weiter oben beschriebene Randtief wird in das bisherige Tief integriert, woraus
sich ein Zentraltief über der Norwegischen See ergibt. Die (wenig
wetterwirksame) Kaltfront dieses Tiefs wird schleifend in den Nordwesten
Deutschlands gedrückt. Mit Annäherung der Kaltfront erfolgt im Nordwesten und
Westen eine weitere Gradientzunahme, so dass verbreitet Wind- und in freien
Lagen Nordwestdeutschlands stürmische Böen zu erwarten sind. An der Nordseeküste
sind dann Sturmböen, in exponierten Berglagen schwere Sturmböen (Brocken
durchaus darüber) nicht auszuschließen. Auch in den mittleren Gebieten und an
der Ostsee frischt der Wind auf; über Windböen sollte die Windentwicklung jedoch
nicht hinausgehen. Mit dem Übergreifen der Kaltfront, die bis zum Abend etwa die
Linie Vorpommern - Rheinland erreicht, fächert der Gradient alsbald auf, so dass
ab dem Abend warnrelevante Böen auf die Küste und Mittelgebirgslagen beschränkt
bleiben, wo allerdings nach wie vor auch stürmische Böen nicht auszuschließen
sind.
Der Süden und Südosten bleiben von dieser Entwicklung verschont. Zwar zieht
auch dort etwas mittelhohe Bewölkung auf, aber es bleibt niederschlagsfrei. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 12 bis 17, bei leicht föhnigem Einfluss im
Südwesten bis 19, im Südosten sowie im Bergland jedoch kaum mehr als 8 Grad.
In der Nacht zum Freitag wird die Kaltfront durch eine nachfolgende Welle, die
über Südengland hinweg zur Doggerbank gesteuert wird, rasch rückläufig.
Hierdurch intensivieren sich die Niederschläge über dem Nordwesten und Westen
Deutschlands, ohne jedoch Warnschwellen zu erreichen. An der Südostflanke der
sich nähernden Welle nimmt der Gradient erneut etwas zu, so dass im Westen in
freien Lagen und im Bergland Wind- und exponiert vielleicht auch stürmische Böen
vorstellbar sind. Abgesehen davon lässt sich Erhaltungsneigung beschreiben,
wobei die Gefahr von Nebel am ehesten in den Flussniederungen Süd- und
Südostdeutschlands gegeben ist.

Freitag... wird die Welle ohne wesentliches Entwicklungspotential über
Norddeutschland und die Südspitze Schwedens hinweg ost- nordostwärts gesteuert.
Die Kaltfront dieser Welle dringt dann schleifend immerhin bis in die mittleren
Gebiete Deutschlands vor. Dies geht vor allem in den westlichen Mittelgebirgen
mit einer weiteren leichten Intensivierung der Niederschläge einher, wobei
selbst in Staulagen wahrscheinlich noch keine warnrelevanten Schwellenwerte
erreicht werden.
Somit ist die Windentwicklung weiterhin das warntechnisch einzig zu
beschreibende Element. Mit der Verlagerung der Welle ost- nordostwärts treten an
deren Südflanke auch in den mittleren und später in den östlichen Teilen
Deutschlands Windböen, im Bergland stürmische und exponiert auch Sturmböen auf.
Allerdings fächert nach Passage der Welle der Gradient rasch auf, so dass ab dem
Abend nur noch in höheren Berglagen warnrelevante Böen auftreten.
Auflockerungen sind nur noch im Südosten und ganz im Osten vorstellbar.
Ansonsten dominiert mehrschichtige Bewölkung. Dies dämpft die
Temperaturentwicklung etwas, so dass 11 bis 15, in den Leegebieten der
Mittelgebirge mit Hilfe der Sonne bis 17 Grad zu erwarten sind. Ganz im
Nordwesten werden nur noch 7 bis 11 Grad erreicht.
In der Nacht zum Samstag wird eine weitere, aber relativ flache Welle über die
Mitte Deutschlands hinweg ost- nordostwärts gesteuert, wobei sich die
Gradientzunahme nur in den süddeutschen Mittelgebirgen in Form von Sturmböen auf
höheren Berggipfeln bemerkbar machen dürfte. Allerdings gelangen die Staulagen
dieser Mittelgebirge zusehends in den Schleifbereich der Front, so dass dort
längere Zeit Regen fallen dürfte und auch eine Überschreitung der Warnschwellen
für Dauerregen vorstellbar ist. Nach Südosten hin kann sich (falls die Bewölkung
noch einmal auflockert) noch einmal Nebel bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Differenzen ergeben sich im wesentlichen in der Ausprägung der Wellen.
Während die erste Wellenentwicklung, die am Freitag Norddeutschland überquert,
von der deutschen Modellkette am kräftigsten gezeigt wird, simuliert bei der
zweiten Welle (in der Nacht zum Samstag) GFS die intensivste Entwicklung.
Hinsichtlich der zu erwartenden Niederschläge ergeben sich ebenfalls keine
signifikanten Unterschiede. Die Möglichkeit von Dauerregen in den
südwestdeutschen Mittelgebirgen ab der Nacht zum Samstag wird auch von
COSMO-LEPS so gesehen. Die anderen deterministischen Modelle wie auch
probabilistischen Verfahren sind hier deutlich zurückhaltender.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann